5: LZG I (Struktur) Flashcards
Die serielle Positionskurve (Murdoch, 1962)
- Teilnehmer bekamen eine Wortliste in einem kontinuierlichen Tempo präsentiert
- Im Anschluss erinnerte Wörter aufschreiben, egal in welcher Reihenfolge
• Ergebnis:
– Primacy effect
– Recency effect
=> zusammen: serieller Positionseffekt
• Interpretation:
– Primacy Effekt ist LZG
– Recency Effekt ist KZG
Primacy Effekt als Resultat von mehr Zeit zum Rehearsen? (Rundus, 1971)
– Teilnehmer bekamen eine Wortliste in einem kontinuierlichen Tempo präsentiert
– Im Anschluss erinnerte Wörter aufschreiben, egal in welcher Reihenfolge
– Variation zu seriellem Positionsexperiment: Ein beliebiges Wort während des 5-Sekunden-Intervalls laut wiederholen
Ergebnis:
– Erste Wörter werden am häufigsten wiederholt (nicht erinnert!), Kurve fällt dann immer weiter ab
Interpretation:
– Der Primacy Effekt beruht tatsächlich auf der häufigeren Wiederholung
-> Kritik: Korrelativer Befund, daher keine Kausalaussage möglich! Ist zwar wahrscheinlich, aber müsste man im Experiment testen.
Ist der Recency Effekt tatsächlich das Resultat vom KZG? (Glanzer and Cunitz, 1966)
– Teilnehmer bekamen eine Wortliste in einem kontinuierlichen Tempo präsentiert
– Im Anschluss erinnerte Wörter aufschreiben, egal in welcher Reihenfolge
– Variation zu seriellem Positionsexperiment: Nach Ende der Wortliste für 30 Sekunden lang rückwärts zählen
Ergebnis:
– Letzte Worte werden im Vergleich zur seriellen Positionskurve schlechter erinnert (Kurve geht nicht mehr hoch, sondern bleibt auf einem Level)
Interpretation:
– Der Recency Effekt beruht tatsächlich auf KZG, und wird nach 30 Sekunden Ablenkung eliminiert
Wie werden Informationen im LZG und KZG kodiert?
Visuelles Kodieren
- KZG: Ein Bild „vor dem inneren Augen halten“
- LZG: Visualisieren wie der Eiffelturm aussieht
Auditorisches Kodieren (dominant im KZG -> phonoloop):
- KZG: Den Klang von gelesenen Buchstaben oder Zahlen “hören“
- LZG: Sich einen oft gehörten Song „ins Gedächtnis rufen“
Semantisches Kodieren (dominant im LZG):
- KZG: Buchstaben basierend auf Bedeutung „chunken“
- LZG: Die generelle Story eines Romans erinnern, den man vor einem Monat gelesen hat
Semantisches Kodieren im KZG: Studie von Wickens et al. (1976)
- Versuch
- 4 Durchläufe: auditive Darbietung von jeweils 3 Früchten, 15 Sekunden rückwärts zählen, recall
- Ergebnis: Verschlechterung bei Trials 2-4
- Interpretation: Proaktive Interferenz - Versuch
- identisch, aber Trial 1 bis 3 ”Berufsgruppen”, gefolgt von “Früchten” bei Trial 4
- Ergebnis: Verschlechterung bei Trials 2-3, Trial 4 gut!
- Interpretation: Release von proaktiver Interferenz
Das bedeutet es findet eine semantische Kodierung statt!
Semantisches Kodieren im LZG: Studie von Sachs (1967)
• Versuchsaufbau:
– Hören einer Textpassage
– Testen von Recognition (Wiedererkennen)
• D.h. ob ein bestimmter Satz in exakter Formulierung
wiedererkannt wurde
• nicht zu verwechseln mit “recall” (freies produzieren)
• Ergebnis:
– Menschen neigen dazu, bei Textpassagen auch leicht
unterschiedliche Sätze ”wiederzuerkennen” (wenn sie semantisch übereinstimmen!)
• Interpretation:
– Semantische Kodierung findet im LZG statt (Eigentlich: Semantische Kodierung ist die dominante Form der Kodierung von Informationen im LZG)
Welche Hirnbereiche sind für LZG und KZG verantwortlich?
Hippocampus erforderlich für Speicherung im LZG -> H. M. + Clive Wearing
Parietallappen erforderlich für KZG
-> KF: Ausschliesslich Beeinträchtigungen des KZG, speziell des verbalen, nicht des visuellen: Digit Span = 2; LZG erhalten
Interpretation:
• Stimmt überein mit Baddeley‘s Modell des AG: getrennte Hirnbereiche für phonological loop und visuospatial sketch pad
=> Doppel-Dissoziation (bedeutet: separate Systeme)
– Hippocampus: Übertragung von KZG ins LZG
– Parietallappen: KZG (phonologisch)
Hippocampus und KZG: Imaging Studien (fMRT): Ranganath & D‘Esposito (2001)
• Messung von Hippocampus BOLD Signal Aktivität (= höhere Sauerstoffsättigung im Blut -> Interpretation: mehr Aktivität) während des „im Gedächtnis-haltens“ von Gesichtern
• Ergebnis:
– Neue Gesichter: Stärkere Aktivierung im Hippocampus
– Bekannte Gesichter: Geringere Aktivierung im Hippocampus
• Interpretation:
– Hippocampus ist auch an KZG beteiligt
=> LZG und KZG verwenden unterschiedliche, aber dennoch teilweise überlappende Hirnregionen
Formen des LZG
- explizit (bewusst), auch: deklarativ
- episodisch
- semantisch - implizit (unbewusst)
- prozedural
- priming
- Konditionierung
Episodisches vs. semantisches Gedächtnis: Art der Gedächtnisinhalte
Episodisches Gedächtnis:
• Gedächtnis für Erfahrungen
• ”mental time travel“: Wir können in der Zeit zurückreisen und Ereignisse „wiedererleben“ („reliving“)
• Kann beschrieben werden als „Selbst-Wissen“ bzw. „Erinnern“
Semantisches Gedächtnis
• Gedächtnis für Fakten (Konzepte, Vokabular, Zahlen)
• Erfahrung ist nicht geprägt durch „Zeitreise“, keine Erinnerung wann etwas gelernt wurde
• Kann beschrieben werden als „Wissen“
Episodisches vs. semantisches Gedächtnis: Auswirkungen von Hirnläsionen
– K.C.: Motorradunfall mit 30 Jahren, Verlust von Hippocampus
• Verlust des episodischen Gedächtnis
• Erhaltenes Faktenwissen (semantisches Gedächtnis)
– Italienische Patientin: Enzephalitis mit 44 Jahren
• Verlust des semantischen Gedächtnis
• Erhaltenes Episodisches Gedächtnis
• Interpretation: Double Dissociation
=> Unterschiedliche Hirnbereiche für episodisches und semantisches Gedächtnis
Episodisches vs. semantisches Gedächtnis: Unterschiede im fMRT
– Teilnehmer mussten Audio- Tagebücher führen, z.B. „Heute war meine letzter Spanisch-Kurs, und wir haben Kuchen gegessen“
– Und vorgegebene Fakten ebenfalls aufnehmen „Der Freistaat Bayern hat über 12 Millionen Einwohner“
– Abhören der Aufnahmen im fMRT
– Tagebücher aktivieren episodische Erinnerungen, Faktentapes nur Faktenwissen
– Unterschiedliche Bereiche aktiviert: (überlappen sich aber auch)
• Episodisches Gedächtnis: Frontale Bereiche, besonders PFC
Interaktionen zwischen episodischem und semantischem LZG
• Episodisches und semantisches Gedächtnis unterscheiden sich (distinction)… (…indem was sie tun, aber auch in den Hirnregionen, die sie benutzen -> man kann eins ausschalten, und das andere dennoch benutzen -> sie sind komplett dissoziiert)
…aber arbeiten auch zusammen (interaction) (Semantisches Gedächtnis entwickelt sich aus Erfahrungen, die ich mache.)
• Wissen beeinflusst Erfahrung:
– Wissen (semantisches Gedächtnis) kann unsere Aufmerksamkeit leiten und so die Erfahrung (Episodisches Gedächtnis) verändern.
– Beispiel Baseball (wenn man nicht mit Spiel vertraut ist, sieht man nicht immer in die richtige Ecke…)
• Autobiographisches Gedächtnis:
– Beinhaltet sowohl Wissen als auch Erfahrung
– Besonders Wissen über persönlich bedeutsame Fakten nennt sich persönliches semantisches Gedächtnis (z.B. was ist mein Lieblingscafe?)
Die Remember/know-Prozedur
Man kann …
• … sich erinnern ob ein Reiz bekannt ist, und die Umstände unter denen man ihn gesehen hat (“remember”)
• …wissen, dass der Reiz bekannt ist, aber nicht erinnern wo und wann (und ob) man ihn gesehen hat (”know”)
• …einen Reiz nicht erinnern (”don’t know”)
– Unterscheidet zwischen episodischem Gedächtnis
(remember) und semantischem Gedächtnis (know)
Experiment von Petrican et al. (2010) mit Remember/Know procedure
– Ältere Leute (Mage=63 yrs.) – Werden nach Ereignissen der zurückliegenden 50 Jahre gefragt: • Remember (episodisch) • Know (semantisch) • Don’t remember
– Ergebnis:
• Vergessen nimmt zu (no surprise!)
• Episodisches Gedächtnis nimmt viel stärker ab als semantisches!
– Interpretation:
• “Semantifizierung” weiter zurückliegender Gedächtnisinhalte
• Verlust episodischer Details über die Zeit
-> alles an Gedächtnis entsteht zunächst als episodisches Gedächtnis