4: Kurzzeitgedächtnis und Arbeitsgedächtnis Flashcards
Was ist das Gedächtnis?
• Gedächtnisprozesse sind immer dann aktiv, wenn wir
Informationen über Dinge behalten, wiederherstellen,
und verwenden, nachdem diese Dinge nicht mehr
vorhanden sind.
-> Dinge = Stimuli, Bilder, Ereignisse, Ideen, Fähigkeiten
• Gedächtnis ist immer dann aktiv, wenn unsere
vergangene Erfahrung einen Einfluss auf unser
aktuelles oder zukünftiges Denken oder Verhalten hat
=> Alles beruht auf dem Gedächtnis
Welche Arten von Gedächtnis gibt es?
- Sensorisches / Ultrakurzzeitgedächtnis
- Kurzzeit-/Arbeitsgedächtnis
- Lanzeitgedächtnis: episodisch, prozedural, semantisch
Aufbau des Modal Model of Memory von Atkinson und Shiffrin (1968)
Input: Kein Filter, alle Reize werden durchgelassen ins…
… sensorische Gedächtnis: Bestimmte Teile des sensorischen Gedächtnisses schaffen es ins KZG
-> Kann man mit Filterprozessen vergleichen
Kurzzeitgedächtnis:
- Rehearsal: a control process -> Durch Wiederholung längeres Behalten im KZG oder sogar Speicherung im LZG
- Pfeil von KZG zu LZG und umgekehrt: was wir vom LZG ins KZG zurückholen, wird uns erst dann bewusst und wir können die Info verarbeiten (sonst sind Inhalte des LZG “verborgen”)
- > KZG entscheidend für Output
Was postuliert das Modal Model of Memory?
• Es ist ein Modell (vgl. Broadbent, etc.) = es ist wissenschaftlich vernünftig, es ist brauchbar, es ist testbar; man kann es widerlegen oder erweitern
In der kognitiven Psychologie sind Modelle besonders wichtig, da wir nicht ins Gehirn gucken können
• Es postuliert drei Formen von Gedächtnis:
- Sensorisches Gedächtnis: Speichert sämtliche hineinkommende Information für Sekunden bzw. Sekundenbruchteile
- Kurzzeitgedächtnis (KZG): Speichert 5 bis 7 Items für 15 bis 20 Sekunden
- Langzeitgedächtnis (LZG): Speichert eine große Menge von Informationen für Jahre bis Dekaden
• Es postuliert Kontrollprozesse: (= können wir aktiv ausführen, wenn wir sie brauchen, z.B:)
- Rehearsal: Wiederholung von Items hilft, sie im KZG zu halten
- Assoziation mit Information aus LZG (-> bessere Enkodierung)
- Selektive Aufmerksamkeit (-> Interferierende Reize ausblenden, z.B. Lärm)
• Es postuliert Austausch zwischen KZG und LZG
- Enkodierung: Speicherung im LZG
- Retrieval: Zurückholen von LZG ins KZG
Was ist das sensorische Gedächtnis?
Definition: Das sehr kurze “Behalten” (ca. 0,5s) der Auswirkungen von sensorischer Stimulation
Visuelle Persistenz: Fortbestehen des Licht-Reizes jenseits seiner physikalischen Dauer, z.B.:
• “Lichtschwanz” von Wunderkerzen
• Frames in einer Videoaufnahme (24 Bilder/sec -> ein Bild, dann ein neues Bild und daraus setzen wir konsistente Realität zusammen)
Aufgaben / Funktion:
• Sammeln und Behalten von sensorischer Information für die initiale Bearbeitung
Das Sperling Experiment (1960)
- Beweis dafür, dass es ikonisches Gedächtnis gibt
- Messung der Kapazität des sensorischen Gedächtnisses
3 Reihen á 4 Buchstaben werden angezeigt
a) “Whole report method”: alle Buchstaben berichten
• Ergebnis: 4.5 von 12 (37.5%)
b) “partial report method”: nur die Reihe berichten, die durch Ton gekennzeichnet war
• Ergebnis: 3.3 von 4 (82%)
• Egal welche Reihe!!!
c) “partial report” mit delay von 1 Sekunde
• Ergebnis: 1 von 4 (25%)
-> je länger delay, desto schlechter Erinnerung, z.B. nach 0,3s nur noch 50%
Interpretation von Sperling’s Experiment
- Wir haben ein sensorisches Gedächtnis:
• es registriert (fast) alle Information der visuellen Rezeptoren
• aber diese Information zerfällt in weniger als einer Sekunde
• Das Ikonische Gedächtnis (iconic memory)
• Verantwortlich für visuelle Persistenz - Vergleichbar (aber nicht von Sperling):
• Das echoische Gedächtnis (echoic memory)
• Speichert auditive Information für wenige Sekunden (länger als ikonisches, weil Info nacheinander und nicht gleichzeitig kommt)
=> Das sensorische Gedächtnis speichert große
Informationsmengen für sehr kurze Zeit -> dadurch können wir sie auswerten und im KZG behalten
Kurzzeitgedächtnis (Aufgabe und Funktion)
- Speichert eine geringe Menge von Information für eine kurze Zeit (was übrig bleibt nach dem Delay bei Sperling)
- Das KZG ist trotzdem super wichtig:
- Das KZG ist für einen Großteil unseres Erlebens verantwortlich
- “short term memory is our window on the present”
- KZG wird befüllt von neuen Informationen aus dem sensorischen und “alten” Informationen aus dem LZG
Experiment von Peterson & Peterson (1959) zur Dauer der Speicherung im KZG
- Ablesen von Folge, z.B. FZL 45, BHM 87, usw.
- Ablesen der drei Buchstaben, dann der Zahl
- Rückwärts rechnen in 3-er Schritten
- Erinnern (Recall) der Buchstaben
Ergebnis: Erinnerung (recall):
• Nach 3 Sekunden: 80%
• Nach 18 Sekunden: 12%
Interpretation: Zerfall der Gedächtnisspur, wenn rehearsal verhindert wird
• KZG für 3-Buchstaben Gruppen von ca. 18
Sekunden
-> aber: Neuauswertung der Daten sagt anderes aus!
Neuauswertung der Daten zur Dauer der Speicherung im KZG durch Keppel & Underwood (1962)
Wenn man sich nur den ersten Versuch
ansieht: Minimale Verschlechterung bei 18
Sekunden!
Was bedeutet das?
Experiment zeigt nicht Dauer der Speicherung, sondern Prozess der proaktiven Interferenz
Proaktive Interferenz
Vorher gelernte Information interferiert mit neu zu lernender Information
• Beispiel: Französische Vokabeln lernen nachdem man spanische gelernt hat. = Vorher gelernte spanische Vokabeln interferieren mit neuen französischen Vokabeln -> Man schreibt im Französisch-Vokabeltest das spanische Wort
Retroaktive Interferenz
Neu gelernte Information interferieren mit vorher gelernter
• Beispiel: Französische Vokabeln lernen nachdem man spanische gelernt hat. = Später gelernte französische Vokabeln interferieren mit früher gelernten spanischen Vokabeln. -> Man will nach langer Zeit wieder Spanisch sprechen und einem fallen nur die aktuelleren französischen Wörter ein.
• Besseres Beispiel: Neue Handy-Nummer bekommen und gut gelernt, erschwert Erinnern der alten Handy-Nummer.
Verbreitete Meinungen über Kapazität des KZG
Digit-Span: Typisches Ergebnis -> 5 bis 9 digits
• Schlussfolgerung: Die Durchschnittliche
Kapazität des KZG ist 5 bis 9 Items (7+-2)
Change Detection
• Z.B. Experiment von Luck & Vogel (1997)
• Stimulus-Präsentation für 100ms
• Delay von 900ms
• Präsentation für 2000ms
• Aufgabe: Veränderung Erkennen (change
detection)
• Ergebnis: klappt besser wenn Anzahl Reize < 4,
wird ab 4 zunehmend schlechter
• Interpretation: KZG hat Kapazität von ca. 4 Items
Verbreitete Meinungen über Kapazität des KZG: Wie kann man die Diskrepanz (9 vs. 4 Items) erklären?
Chunking:
• Kombination kleiner Informationseinheiten zu größeren Einheiten mit gemeinsamer Bedeutung
• Ein Chunk ist eine Sammlung von Elementen die stark miteinander assoziiert sind, aber schwach mit anderen Elementen anderer Chunks
• Chunking = “Gruppieren nach Bedeutung”
• Ermöglicht die Speicherung größerer Mengen von Information
• Beispiel:
• ZRMISCGGEADRDFF
• ARDZDFGEZCSIMFG
Wie viel “Information” (nicht Items) kann im KZG gehalten werden?
Alvarez &Cavanaugh (2004):
• “Menge an Information” bei visuellen Objekten entspricht den visuellen Eigenschaften oder Details
• Experiment mit change detection Methode
• 6 Bilder wurden präsentiert
• Aufgabe: nach Delay Veränderung
erkennen (ja/nein)
Ergebnis:
• Je komplexer das Objekt, desto weniger
Items können im KZG gehalten werden
Interpretation:
• Menge von Information (z.B. durch Komplexität) ist wichtiger als Anzahl der Items