3: Aufmerksamkeit Flashcards
Was ist Aufmerksamkeit? Welche Prozesse umfasst Aufmerksamkeit?
- Fähigkeit auf bestimmte Reize zu fokussieren
- Selektiv: Eine Sache tun und dabei andere ignorieren (-> aktiv)
- Geteilt: Mehr als eine Sache zur Zeit verfolgen
- Aufmerksamkeitslenkung (Attentional Capture): durch besonders saliente Reize wird unsere Aufmerksamkeit darauf gelenkt (-> passiv)
- Visual Scanning (z.B. Raum scannen und versuchen herauszufinden, woher ein Geräusch kommt)
Was ist selektive Aufmerksamkeit?
- Selektive Aufmerksamkeit ist die Fähigkeit, auf eine Information zu fokussieren und alle anderen zu ignorieren
- Selektive Aufmerksamkeit ignoriert einen großen Teil der Information der Umwelt
- Einige Informationen werden herausgefiltert und andere werden bevorzugt verarbeitet
Dichtotisches Hören
• Unterschiedliche Nachrichten im rechten und linken Ohr
• “Shadowing”: Proband spricht eine der beiden Nachrichten laut nach
• Probanden konnten Nachricht im “anderen Ohr” nicht wiedergeben
• Aber: Existenz eines
Sprechers und dessen Geschlecht konnte wiedergegeben werden
-> selektive Aufmerksamkeit
Modelle selektiver Aufmerksamkeit
Frühe Selektion (Early Selection Models): Information wird früh gefiltert und schafft es nicht in weitere Verarbeitungsstufen, z.B. Gedächtnis
• Broadbent (1958)
• Treisman (1964)
Späte Selektion (Late Selection Models)
• Theorie der späten Auswahl (Deutsch & Deutsch, 1963)
• Evidenz von McKay (1973)
Broadbent’s Filter Model
Nachrichten werden gefiltert, bevor sie auf ihren Inhalt
hin prozessiert werden (vom Detektor)
Messages => Sensory memory => Filter -> Detector -> To memory
Zentrale Annahmen:
• Sensorisches Gedächtnis: Speichert Informationen für Bruchteile von Sekunden und transferiert sie dann weiter
• Filter: Frühe Selektion auf Basis von physikalischen Reizen (z.B. welches Ohr)
• “Alles- oder Nichts” – Prinzip der Reizweiterleitung
• Einkanalhypothese: serielle, kapazitätslimitierte Verarbeitung
• Multiplexing: rasches Umschalten bei Teilung der
Aufmerksamkeit
Vorteile und Nachteile von Broadbent’s Filter Model
Vorteil:
• Erstes richtiges Modell
• Erlaubt die Ableitung testbare Vorhersagen
• Stimulierte so weiteren Erkenntnisgewinn
Nachteile:
• Konnte Cocktail-Party-Phänomen nicht erklären
• Konnte “Dear Aunt Jane” – Phänomen nicht erklären
Cocktail-Party Phänomen
Man redet auf Party mit Gesprächspartner, aber schnappt von anderem Gespräch Dinge auf, die einen interessieren, zB wenn eigener Name fällt oder bestimmte Interessen
Nach Broadbents Theorie würde man aber alles ausblenden, um sich auf Gesprächspartner zu konzentrieren
Dear Aunt Jane - Phänomen
Rechtes Ohr hört: 9 - Aunt - 6
Linkes Ohr hört: Dear - 7 - Jane
Anweisung: Spreche die Info auf deinem linken Ohr nach: “Dear - 7 - Jane”
Was hast du gehört? “Dear Aunt Jane”
Nach Broadbents Theorie würde man rechtes Ohr ausblenden, stattdessen wählt man aber nach Sinnhaftigkeit aus.
Treismans Abschwächungsmodell der Aufmerksamkeit (Treisman‘s Attenuation Model of Attention)
• Anstelle eines Filters tritt ein Attenuator
(“Abschwächer”)
• Analyse der hineinkommenden Information
auf (a) physische, (b) sprachliche Eigenschaften und (c) Bedeutung
(Physische Eigenschaften auch schon bei Broadbent. Neu ist Analyse auf sprachliche Eigenschaften und Bedeutung.)
• “unattended” messages werden
abgeschwächt, aber z.B. eigener Name und
andere bekannte Wörter werden trotzdem
durchgelassen (und von Dictionary unit erkannt)
Theorie der späten Auswahl (Deutsch & Deutsch, 1963)
• “…eine Nachricht erreicht dieselben perzeptuellen und
diskriminativen Mechanismen, ob ihr Beachtung
geschenkt wird oder nicht; und die Informationen
werden dann von diesen Prozessen gruppiert oder
segregiert” (Deutsch & Deutsch, 1963, S. 83).
Vorhersagen:
• Vollständige Analyse aller Eingangsreize (inkl. lexikalischer Analyse)
• Selektion erfolgt spät, näher an der Reaktion
• Weiterverarbeitung nur von Reizen, die für die momentane Aufgabe wichtig sind
• Erfordert effektiven Prozessor, der mehr können muss als seriell arbeiten (nämlich parallel)
Evidenz für spätes Selektionsmodell von McKay (1973)
- Linkes Ohr: ”Sie warfen Steine auf die Bank” (Shadowing)
- Rechtes Ohr: “Park” oder “Geld”
Später: Welche von diesen Sätzen habt ihr schon mal gehört?
• Sie warfen Steine auf den Sitz
• Sie warfen Steine auf die Sparkasse
Ergebnis:
• “Park” begünstigt “Sitz”, “Geld” begünstigt “Sparkasse” => Verarbeitung hat sehr spät stattgefunden -> näher an der Reaktion, also der Abfrage
• Probanden war nicht bewusst, dass sie die biasing words “Park” oder “Geld” gehört hatten -> Wörter wurden nicht umgeleitet, sodass sie uns bewusst geworden wären, sondern haben implizit Einfluss auf die Reaktion genommen
Unterschiede zwischen Theorien früher und später Selektion
Early Selection: Selektierung aufgrund von physikalischen Eigenschaften
- Broadbent: attentionale Selektion durch physikalische Charakteristiken und frühere Anleitungen (z.B. rechtes Ohr)
- Treisman: Attentuator lässt alle Nachrichten durch, schwächt aber einige ab und begünstigt wiederum andere -> Bei höheren kognitiven Prozessen Aufmerksamkeitslenkung auf bestimmte Reize, z.B. mein Name oder mir Vertrautes
Late selection: Selektieren aufgrund der Bedeutung -> wahrscheinlicher, siehe Experimente, Phänomene
Deutsch&Deutsch: Es gibt keinen Filter -> Selektion findet in höheren kognitiven Prozessen statt
=> Am wahrscheinlichsten -> Experimente und Phänomene
Anschließend: Weitere Verarbeitung, Prozessierung, Gedächtnisbildung
Perceptual Load – Theorie (Lavie, 1995)
Zwei Konzepte:
1. Verarbeitungskapazität (Processing capacity)
• Die Menge der Information die gleichzeitig bearbeitet werden kann (-> hat ein Limit)
2. Perzeptuelle Belastung (Perceptual load)
• Spezifische Schwierigkeit einer bestimmten Aufgabe
-> High-load (schwierige) Aufgaben verbrauchen mehr Verarbeitungskapazität
-> Low-load (einfache) Aufgaben verbrauchen weniger
Verarbeitungskapazität
Perceptual Load – Theorie: Experiment von Forster und Lavie (2008)
- Experiment: bei N oder X Knopf drücken
Ergebnis: schwierige Bedingung dauert länger als leichte - Experiment: gleiche Aufgabe aber mit “task irrelevant stimulus” = Distraktor (z.B. Hundegesicht)
Ergebnis: stärkerer negativer Einfluss auf leichte Bedingung
Interpretation im Sinne der Perceptual Load Theorie:
• Beim „Low- Load“ Task ist noch Verarbeitungskapazität vorhanden
• Daher höhere Ablenkbarkeit durch irrelevante Stimuli
Stroop Effekt (Stroop, 1935)
- Der Farbname des Wortes interferiert mit der Fähigkeit die Farbe zu benennen
- Der “task-irrelevante Stimulus” wird so stark, weil das Lesen des Wortes eine hoch-automatisierte Funktion ist.
- Die beiden Aufgaben konkurrieren um Verarbeitungskapazität