4 Essstörungen Flashcards
Def Essstörungen
Definition
Überdauernde Störung des Essverhaltens oder des Verhaltens, das auf Kontrolle des Körpergewichts abzielt (Adipositas nicht enthalten)
Folgen: erhebliche gesundheitliche und/oder psychische Beeinträchtigungen
Essstörungen nach DSM-IV-TR (bzw. DSM-5) und deren Hauptmerkmal:
Anorexia nervosa: selbst herbeigeführtes Untergewicht durch restriktives Essverhalten und/oder übermäßige körperliche Aktivität
Bulimia nervosa: wiederkehrende Essanfälle, auf die unangemessene, einer Gewichtszunahme gegensteuernde Maßnahmen (z.B. selbstinduziertes Erbrechen) folgen
Binge-Eating-Disorder: wiederkehrende Essanfälle, ohne regelmäßiges Ergreifen unangemessener Gegenmaßnahmen; Betroffene oft übergewichtig oder adipös
Gemeinsamkeiten
Ausgeprägt negatives Körperbild mit ausgeprägten Figur- und Gewichtssorgen
Ausgeprägt negatives Körperbild mit ausgeprägten Figur- und Gewichtssorgen
Einheit: kg/m2 (?)
verbindet
hohe Korrelation zum Körpergewicht (0.6 - 0.8)
- niedrige Korrelation zur Körperhöhe (-0.15)
-
Gewichtsklassen für Erwachsene (WHO)
- Untergewicht 18,5 kg/m²
- Normalgewicht 18,5 - 24,9
- Übergewicht 25,0 - 29,9
- Adipositas 30
Adipositas Grad I 30-34.9
Adipositas Grad II 35-39.9
Adipositas Grad III (per magna) >40
Perzentile ab denen Mädchen von 0-18 Anorexie bzw. Übergewicht haben
Anorexia Nervös Merkmale
Anorexia Nervosa
Merkmale:
ein selbst herbeigeführtes Untergewicht (Körpergewicht unter 85 % des zu erwartenden Wertes (oder BMI <= 17.5)
- Restriktives Essverhalten (Einschränkung der Nahrungsmenge; selektive Nahrungsauswahl)
- Oft verstärkte körperliche Aktivität
- z.T. „Purging“-Verhalten (z.B. selbstinduziertes Erbrechen; Missbrauch von Laxantien oder Diuretika)
- ein negatives Körperbild
- Betroffene fühlen sich meist trotz deutlichen Untergewichts zu dick
- Unrealistische Einschätzung des eigenen Körpergewichts
- Übermäßig starke Abhängigkeit des Selbstwertgefühls von Figur u. Gewicht
Essen spielt große Rolle in Gedankenwelt der Betroffenen:
- Starke gedankliche Beschäftigung mit Essen oder Kalorien
- Entstehung von Essritualen
Mögliche körperliche Veränderungen bei Esstörungen:
Anorexia nervosa
Mögliche körperliche Veränderungen bei Esstörungen:
Niedriges Gewicht: nicht Eintreten/Aufhören der Menstruation
Assoziierte hormonelle Veränderungen (Schilddrüsenfunktion) mit Spätrisiken (Infertilität, Osteoporose)
Stoffwechselverlangsamung (Kompensation der verringerten Kalorienzufuhr), Körpertemperatur sinkt ab, kälteempfindlich, Langbehaarung, Kaliummangel
Verstopfung, Völlegefühl nach minimaler Nahrung
Anämie und Nährstoffmangel
Hirnstoffwechselveränderungen und vergrößerte Ventrikel
Viele dieser Zeichen verschwinden in der Regel wenn Normalgewicht 3 Monate lang erreicht ist!
psychologische Merkmale
Anorexia Nervosa
psychologische Merkmale
- Selektives Essverhalten, „verbotene“ Nahrungsmittel
- Verdeckte gegensteuernde Maßnahmen wie z.B. Bewegungsdrang, Klistiere, Einläufe, Laxantien, Diuretika, Schilddrüsen-Präparate, etc.
- Affektive Instabilität
- Heimliches exzessives Wiegen, permanente Beschäftigung mit Essen, Kalorientabellen etc.
- Bei Restriktivem Typus: Rigidität (Starrheit in seiner Einstellung, der Zielsetzung oder der Meinung)
- andere bekochen (vgl.: Berufswahl!)
- Nicht in der Öffentlichkeit essen
- Familiäre Spannungen
- Änderung des Sexualverhaltens: Abneigung gegenüber Sex
Komorbiditäten
Anorexia Nervosa
Komorbiditäten: - Affektive Störungen - Angststörungen (v.a. Zwangsstörungen) - Störungen durch psychotrope Substanzen - Persönlichkeitsstörungen Ängstlich-Vermeidende PS Anankastische (zwanghafte) PS Emotional instabile (Borderline PS)
Diagnostik ICD10 Anorexie Nervosa
Diagnostik:
ICD-10
A.Gewichtsverlust oder bei Kindern fehlende Gewichtszunahme (min. 15% unter Normalgewicht oder dem für Alter und Körpergröße zu erwartenden Gewicht)
B.Gewichtsverlust ist selbst herbeigeführt durch Vermeidung „dickmachender“ Nahrung
C.Selbstwahrnehmung als zu dick, Furcht, zu dick zu werden, und Annehmen einer sehr niedrigen Gewichtsschwelle für sich selbst
D.Umfassende endokrine Störung der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse (bei Frauen Amenorrhoe ohne kontrazeptive Medikation; bei Männern Verlust des sexuellen Interesses o. der Potenz)
E.Kriterien A. und B. bei Bulimia nervosa nicht erfüllt
Typen Anorexia Nervosa
Restriktiver Typus (F50.00): Während der aktuellen Episode der Anorexia Nervosa hat die Person keine regelmäßigen „Fressanfälle“ gehabt oder hat kein „Purging“-Verhalten (z.B. selbstinduziertes Erbrechen oder Missbrauch von Laxantien, Laxantien oder Klistieren) gezeigt. Binge-Eating/PurgingTypus (F50.01): Während der aktuellen Episode der Anorexia Nervosa hat die Person regelmäßige „Fressanfälle“ und zeigt „Purging“-Verhalten (z.B. selbstinduziertes Erbrechen oder Missbrauch von Laxantien oder Klistieren).
Unterscheidung von AN mit aktiven Maßnahmen zur Gewichtsabnahme und Bulimia Nervosa (BN): Bei BN dürfen die Kriterien A. (Untergewicht) und B. (selbst herbei geführt) nicht erfüllt sein
Bulimia Nervosa
Klassifikation:
ICD-10
Klassifikation:
ICD-10
A.Häufige Essanfälle (min. zwei Mal/Woche über Zeitraum von drei Monaten)
B.Andauernde Beschäftigung mit Essen, unwiderstehliche Gier o. Zwang zu essen
C.Versuche, der Gewichtszunahme durch eine oder mehrere der folgenden Verhaltensweisen gegenzusteuern:
- Selbstinduziertes Erbrechen
- Missbrauch von Laxantien
- Zeitweilige Hungerperioden
- Missbrauch von Appetitzüglern, Schilddrüsenpräparaten oder Diuretika oder Vernachlässigung der Insulinbehandlung
D.Selbstwahrnehmung als zu dick oder Furcht, dick zu werden
Unterscheidung:
- Purging Type („direkte Entleerung“)
- Non-Purging Type (Fasten; Bewegung)
Definition: „Purging“-Verhalten
Einsatz kompensatorischer Maßnahmen um Gewichtszunahme gegenzusteuern, z.B. selbstinduziertes Erbrechen, Missbrauch von Laxantien oder Diuretika (Abführ- oder Entwässerungsmittel)
Umfasst nicht kompensatorische Maßnahmen wie:
- Fasten
- Übermäßige körperliche Betätigung
Weitere Merkmale
BN
Siehe weitere Merkmale zur Anorexia nervosa plus:
- Affektive Instabilität
- Zuweilen eher Affinität zu Adipositas
- Auffälliges Sexualverhalten (eher Richtung: Impulsivität, Impulskontrollprobleme)
- Spezifische Folgen gegensteuernder Maßnahmen (z.B. Schwielen am Handrücken, Blutungen; Karies; Aufgewölbte Nägel, sog. „Uhrglas-Fingernägel“)
Binge Eating Disorder (BED)
Störungsbild
Störungsbild
Wiederkehrende Essanfälle mit erlebtem Kontrollverlust (d.h. Verzehr eindeutig größerer Nahrungsmengen als andere unter vergleichbaren Umständen)
Keine unangemessenen kompensatorischen Maßnahmen
Weniger: gezügeltes Essverhalten mit figur- oder gewichtskontrollierender Absicht
Häufig in Verbindung mit Übergewicht und Adipositas, aber auch bei Normalgewichtigen
Negatives Körperbild (unabhängig von Körpergewicht)
Sorgen um Essen, Kontrollverlustsangst, Schuldgefühle nach dem Essen
Diagnostik:
Allgemein: 1994 erstmals als Forschungsdiagnose in DSM-IV aufgenommen; Gemäß ICD-10 und DSM-IV-TR klassifiziert als „nicht näher bezeichnete Essstörung“
Forschungskriterien nach DSM-IV-TR:
- Wiederkehrende Essanfälle (an min. 2 Tagen /Woche für 6 Monate; im DSM-5 auf 3 Monate reduziert)
- Gefühl des Kontrollverlusts während der Essanfälle
- Mindestens drei der folgenden Verhaltensmerkmale:
Wesentlich schneller essen als normal Essen bis unangenehm voll Essen ohne hungrig zu sein Allein essen aus Verlegenheit über die Menge Negativer Affekt nach übermäßigem Essen deutliches Leiden wegen der Essanfälle
Keine unangemessenen kompensatorischen Verhaltensweisen/nicht nur im Verlauf von AN oder BN
Für die Praxis: Verwechslungsgefahr
BN BES
Für die Praxis: Verwechslungsgefahr
Abgrenzung von BN und Binge-Eating-Störung (BES) erschwert, wenn Betroffene ausschließlich durch Fasten versuchen, einer Gewichtszunahme Gegenzusteuern, denn:
Kennzeichen für BES sind ebenfalls wiederkehrende Essanfälle, aber diese gehen (im Unterschied zur BN) nicht mit regelmäßigen unangemessenen kompensatorischen Maßnahmen einher
Daher: Detaillierte Einschätzung und Erfassung von kompensatorischen Verhaltensweisen sowie von Merkmalen gezügelten Essverhaltens
- denn: stärkere Ausprägung bei BN
- Ermöglicht Einschätzung der Unangemessenheit