1 Konzeptklärung und Definitionen Flashcards
Definition Klinische Psychologie
Befasst sich mit der Beschreibung, Erklärung, Vorhersage und Beeinflussung des menschlichen Erlebens und Verhaltens insofern es mit außergewöhnlichem Leid oder bedeutsamen Funktionsbeeinrächtigungen einhergeht.
Aufgabenbereiche:
- Psychopathologie: besteht aus Nosologie (Deskription, Klassifikation), Diagnostik, Ätiologie und Bedingungsanalyse.
- Intervention (Psychotherapie)
- Rehabilitätion
- Prävention (primär, sekundär, tertiär)
- Gesundheitsförderung
Teilgebiete der Klinischen
Epidemiologie: Beschäftigung mit Verbreitung (und Verlauf) psychischer Störungen Psychotherapie: Versucht psychische Erkrankungen mit psychologischen Methoden zu heilen/zu lindern
Versorgungsforschung: Analyse der Verfügbarkeit psychologischer Interventionsangebote Gesundheitspsychologie: Fokus auf Arbeit mit (noch) gesunden Personen (in Risikogruppen) Verhaltensmedizin: Beschäftigung mit psychischen Aspekten somatischer Erkrankungen Neuropsychologie: Einsatz psychologischer Methoden zur Behandlung neurologischer Erkrankungen
Abgrenzung zu Nachbardisziplinen:
Bild Psychologie - Medizin
Forschungsmethoden der Klinischen Psychologie
(Methodologie des empirisch-wissenschaftlichen Paradigmas wird verwendet)
Tierstudien (Analogstudien) zur Durchführung von Experimenten, die sich aus ethischen Gründen beim Menschen verbieten
Fallstudien: Beschreibung und Untersuchung einzelner Fälle psychischer Erkrankungen (Inspiration für Theorieentwicklung)
Introspektion: Grundlage für Modellbildung ist persönliche, innere Erfahrung des Wissenschaftlers
Quer- und Längsschnittstudien: korrelative Informationen vs. kausale Zusammenhänge
Experimente: systematische Variation der UV bei Konstanthaltung der Störfaktoren Aussagen über kausale Zusammenhänge
RCTs: Goldstandard für Überprüfung / Randomisierung, Vergleich mit Kontrollgruppe
Mechanismenforschung
Mediator
Moderator
Def Krankheit
Bundesgerichtshof
Bundessozialgericht
Bundesgerichtshof: „Krankheit ist jede Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers, die geheilt, das heißt, beseitigt oder gelindert werden kann.”
Bundessozialgericht: Krankheit = jeder regelwidrige Körper- und Geisteszustand, der Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat.
FUNKTIONALE GESUNDHEIT NACH DER ICF (International Classification of Functioning)
WHO 2001
- Ihre körperlichen Funktionen und Körperstrukturen allgemein anerkannten (statistischen) Normen entsprechen (Konzept der Körperfunktionen und -strukturen),
- Sie all das tut oder tun kann, was von einem Menschen ohne Gesundheitsprobleme erwartet wird (Konzept der Aktivität)
- Sie ihr Dasein in allen Lebensbereichen, die ihr wichtig sind, in der Weise und dem Umfang entfalten kann, wie es von einem Menschen ohne Beeinträchtigung der Körperfunktionen oder -strukturen oder der Aktivität erwartet wird
Kennzeichen von Psychischen Störungen
Besonderheiten in Bereichen:
Besonderheiten in den Bereichen:
Emotionen (z.B. ängstlich, verzweifelt, bedrückt etc.)
Denken (z.B. unlogische Gedankenketten – formal; wahnhaft, unrealistisch negativ)
Verhalten (aggressiv, verlangsamt, wiederholtes Händewaschen)
Körperliche Funktionen und Empfindungen (müde, kurzatmig, Herzrasen)
Definitionen Besonderheiten: Welche Besonderheiten?
Definition Besonderheiten:
Devianz (abweichend von statistischer oder gesellschaftlicher Norm, d.h. anders, extrem, ungewöhnlich, bizarr)
Leidensdruck (belastend und unangenehm)
Beeinträchtigung (störend bis hin zur Unfähigkeit, alltägliche Handlungen konstruktiv zu verrichten)
Gefährdung (sich selbst oder andere)
Normalitätsbegriffe:
Statistische Norm: “Normal ist, wer sich in einem bestimmten Bereich um den Mittelwert befindet”
Idealnorm: Zustand einer vordefinierten “Vollkommenheit”
Sozialnorm: gesellschaftlich definierte Verhaltensnormen
Subjektive Norm: Individuelle Definition
Funktionale Norm: Normal ist, wer bestimmte Funktionen erfüllt
Fazit Def Psych Störungen
Fazit: Kein Merkmal führt allein zu einer zufrieden stellenden Definition von Normalität und Besonderheit, zusammen liefern sie aber einen nützlichen Rahmen.
Definition Psychische Störung (APA, 2000)
Definition Psychische Störung (APA, 2000)
„… ein klinisch bedeutsames Verhaltens- oder psychisches Syndrom oder Muster, das mit momentanem Leiden (z.B. einem schmerzhaften Symptom) oder einer Beeinträchtigung (z.B. Einschränkung in einem oder mehreren Funktionsbereichen oder einem erhöhten Risiko zu sterben einhergeht. Unabhängig von dem ursprünglichen Auslöser sollte eine verhaltensmäßige, psychische oder biologische Funktionsstörung bei der Person zu beobachten sein.“
1 Definition Klassifikation
Klassifikation: Einteilung und Anordnung von klinisch bedeutsamen Phänomenen (z. B. Symptome), die durch gemeinsame Merkmale gekennzeichnet sind, in ein nach Klassen eingeteiltes System (= Klassifikationssystem)
Klassifikatorische Diagnostik: Untersuchungs- und Entscheidungsprozess, der zur Vergabe von einer oder mehreren Diagnosen führt
Ziele der Diagnostik
1 Klassifikation
2 Grundverständnis der Erkrankung (darauf aufbauend Therapieplanung)
Ziele von Klassifikationssystemen:
- Grundlage für die Indikationsstellung und Einleitung von Behandlungsmaßnahmen
- Vereinfachen des klinischen Denkens und Reduktion der Komplexität klinischer Phänomene durch Trennung einzelner Beobachtungsebenen
- Verbesserung der Kommunikation zwischen Klinikern in verschiedenen Berufsgruppen
- Charakterisierung von Patientengruppen in empirischen Studien (zur Epidemiologie, zur Entwicklung und Überprüfung therapeutischer Interventionen)
- Verbesserung der Kommunikation von Forschungsergebnissen
- Grundlage der Ausbildung
- Bedarfsplanung für Versorgungseinrichtungen
Klassifikationsprozess:
Bestimmte Verhaltensaspekte (z.B. Klagen und Beschwerden des Patienten physiologisch, verhaltensbezogen, kognitiv-affektiv) werden über diagnostische Konventionen (= Nomenklatur/ Glossar) als diagnostisch relevante Symptome definiert
und dann aufgrund der Störungslehre (Nosologie) zunächst in Syndromen
und dann über Zusatzannahmen (diagnostische Hierarchien/Differentialdiagnostik) zu Diagnosen verarbeitet.
Je besser und differenzierter die Merkmale und Kriterien explizit beschrieben sind, umso zuverlässiger sind sie beurteilbar!
Klassifikationssysteme sind nie ideal! (Konsensus)
Kategoriale Diagnostik: Vergabe von Diagnosen, als wären es klar zu trennende Zustände („gesund“ vs. „krank“)
Dimensionale Diagnostik: Berücksichtigung kontinuierlicher Übergänge zwischen den Polen „gesund“ und „krank
Historische Aspekte der Klassifikation: Emil Kraepelin 1896
Erster psychiatrischer Klassifikationsansatz mit Zuordnung zu ätiologischen Vermutungen
Aufteilung der psychischen Störungen in Psychosen und Neurosen. Bei Psychosen ist Realitätsempfinden substanziell gestört.
„exogene Psychosen“: Psychose durch aktive Hirnschädigung (Unfall; Drogen; Medikamente)
„endogene“ Psychosen: manisch-depressives Irresein; Dementia praecox; Ursache vor allem körperinnere Prozesse (z.B. genetisch; primär biologisch)
Neurosen (z.B. schwächere, reaktive Depressionen, Angstneurosen); vor allem durch Umwelt ausgelöst (z.B. Erziehung; Traumata)
DIE ENTWICKLUNG VON KLASSIFIKATIONSSYSTEMEN IN DER PSYCHIATRIE
1948 ICD-6 erste offizielle Klassifikation der WHO
1955 ICD-7 keine grundlegenden Änderungen ggü. der ICD-6
1952 DSM-I Definition der Kategorien, Beschreibung der Syndrome
1965 ICD-8 Erweiterung um neue Krankheitsgruppen; internationale Kooperation bei Entwicklung
1968 DSM-II
1972 SLK St.-Louis-Kriterien (Robbins & Guze; Feighner)
1975 RDC Research Diagnostic Criteria
1977 ICD-9 1980 DSM-III Deskriptiver Ansatz; Explizite beobachtbare Kriterien & Entscheidungsprozesse; multiaxiale Klassifikation; Feldstudien vor Einführung zur Bestimmung von Reliabilität und Validität
1987 DSM-lll-R Einführung des Komorbiditätsprinzips
1992 ICD-10 klinisch-diagnostische Leitlinien 1994 DSM-IV Revision des DSM-III-R
2000 DSM-IV-TR Textrevision zum DSM-IV 2013 DSM-5 Revision des DSM-IV
Der DSM 4 TR:
Multiaxiales System
Der DSM 4 TR:
- American Psychiatric Association, 1994 bzw. 2000
- Spezifizierung inhaltlicher und zeitlicher Kriterien
- deskriptiver Ansatz: detaillierte Beschreibung der diagnostischen Kriterien
- Operationalisierung der Kriterien durch Bezug auf Verhalten
- Verzicht auf theoretische und ätiologische Modelle
- multiaxiales System (5 Achsen)
- Komorbidität (z.B. sekundäre Depression)
Multiaxiales System des DSM 4:
Achse I: klinische Syndrome
Achse II: Persönlichkeitsstörungen und geistige Behinderung
Achse III: Körperliche Störungen und Zustände
Achse IV: Psychosoziale und umgebungsbedingte Belastungsfaktoren
Achse V: Global Assessment of Functioning (GAF)
ICD-10 (WHO, 1991)
- Folgt eher der psychiatrisch-europäischen Tradition („Neurose“)
- In Deutschland das am meisten genutzte System
- In Deutschland i.d.R. das für die Abrechnung mit den Krankenkassen offiziell genutzte System
- Fast komplett kompatibel mit DSM-IV
Kritik am DSM 4:
- Hohe Prävalenzraten (hoher Anteil der Bevölkerung wird als Krank klassifiziert)
- Hohe Komorbiditätsraten
- Informationsverlust durch Kategoriale Klassifikation
- NOS-Diagnosen häufiger als vorgesehen
- Fehlende und falsche Diagnosen
- Veraltet
DSM 5 (1999-2013):
Änderungen:
- Arabische statt römischen Ziffern (DSM-5.1, DSM-5.2,…)
- Codierung: Kombination aus arabischen Ziffern & Zahlen (z.B. Zwangsstörungen 300.3 => F42)
- Abschaffung des Multiaxialen Systems
- Spezifizierungen für jede diagnostische Kategorie: Schweregrad, Korrelierte Störungen und Suizidrisiko, Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und Kultur
- Berücksichtigung von Frühstadien der Erkrankung
- Kapitel Reorganisation