2/4 (Sachurteilsvoraussetzungen II; Mehrheit von Parteien, Parteiwechsel und Drittbeteiligung; Prozessuale Sondersituationen) Flashcards
Sachurteilsvoraussetzungen: Besondere Sachurteilsvoraussetzungen: Objektive Klagehäufung, § 260
- Mehrzahl von Anträgen oder Mehrzahl von Lebenssachverhalten
- > nicht bei materieller Anspruchskonkurrenz (mehrfach begründeter einheitlicher Anspruch)
- Kumulative Klagehäufung: zwei oder mehrere Streitgegenstände werden unbedingt verfolgt
- > auch bei Erweiterung des Klageantrags um Feststellung präjudizieller Rechtsverhältnisse, § 256 II
- Eventualklagehäufung: mindestens ein Streitgegenstand wird unter einer bestimmten Bedingung verfolgt (und mind. ein Streitgegenstand unbedingt, da Prozessrechtsverhältnis als solches nicht bedingt werden kann)
- > Prozesshandlungen grds. bedingungsfeindlich, jedoch innerprozessuale Bedingungen möglich, idR Entscheidung über den Hauptantrag (hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird auflösend bedingt rechtshängig, bei Eintritt der Bedingung ex tunc nicht rechtshängig geworden, § 269 III analog)
- Eventuelle subjektive Klagehäufung (Klage gegen einen, hilfsweise gegen den anderen): unzulässig, da Prozessrechtsverhältnis zu anderer Partei nicht bedingt sein kann
Sachurteilsvoraussetzungen: Besondere Sachurteilsvoraussetzungen: Klageänderung, §§ 263, 264
- nach §§ 263, 264 zulässig
- bei Beschränkung des Klageantrags durch Teilrücknahme (§ 269 (analog)
- > eA: Kumulationstheorie: nach Beginn der mündlichen Verhandlung ist zusätzlich nach § 269 I Einwilligung des Gegners erforderlich
- > aA: Kumulationstheorie mit § 267 analog (rügelose Einlassung)
- > wA: Kumulationstheorie nur bei quantativer Beschränkung, nicht bei qualitativer Beschränkung (bspw. Umstellung von Leistung auf Feststellung)
- > neA: Kumulationstheorie weder bei qualitativer noch quantitativer Beschränkung
pro: auch bei quantitativer Beschränkung ist nicht zu besorgen, dass - was § 269 I garantieren will - der Prozess einseitig beendet wird; vielmehr kann der Beklagten hinsichtlich des weggefallenen Teils sogar negative Feststellungswiderklage erheben - bei unzulässiger Klageänderung: neu geltend gemachter Anspruch ist durch Prozessurteil abzuweisen, alter Anspruch nach § 139 zu bestimmen, ob Kläger an ihm festhalten will
Sachurteilsvoraussetzungen: Besondere Sachurteilsvoraussetzungen: Widerklage, § 33: Grundsatz
- Gerichtsstand des Prozessgerichts, § 33 (forum reconventionis)
- > str. auch sachlich/instanzielle Zuständigkeit?
con: Systematischer Zusammenhang legt örtliche Zuständigkeitsregelung nahe
pro: Wortlaut § 33 “Gericht der Klage”
pro: Telos: vor gleichem Gericht - Auch zur Feststellung präjudizieller Rechtsverhältnisse möglich
- Auch in Kombination mit Prozessaufrechnung zur Geltendmachung der restlichen Gegenforderung möglich
- Auch zur Verteidigung gegen eine possessorische Klage (§§ 861, 862 BGB) möglich, als petitorische Widerklage können Einwendungen angeführt werden, die nach materiellem Recht beim possessorischen Anspruch unberücksichtigt blieben, § 864 II analog (!)
- > bspw. Vermieter wird von Mieter (nach wirksamer Kündigung) auf Wiedereinräumung des Besitzes nach § 862 verklagt und erhebt Widerklage zur Geltendmachung seines Herausgabeanspruches
- Zeitpunkt: Klägernanspruch muss rechtshängig geworden sein und darf Rechtshängigkeit noch nicht eingebüßt haben
- > unterliegt nicht der Präklusion nach § 296
- Zusammenhang: keine Konnexität erforderlich
pro: Systematik
pro: § 145 II (“kein rechtlicher Zusammenhang”) - > jedenfalls nach §§ 39, 295 ZPO durch rügelose Einlassung heilbar (BGH)
Sachurteilsvoraussetzungen: Besondere Sachurteilsvoraussetzungen: Widerklage, § 33: Sonderkonstellationen
- Drittwiderklage = jedenfalls auch gegen einen Dritten erhobene (Wider)Klage des Beklagten
a. Parteierweiternde Drittwiderklage (bei Streigenossenschaft)
b. Isolierte Drittwiderklage (Ausnahme bei engem Sachzusammenhang und keinen entgegenstehenden schutzwürdigen Belangen Dritter)
- > v.a. Zessionsfälle - Eventualwiderklage = Entscheidung über Widerklage steht unter einer innerprozessualen Bedingung, die an die Entscheidung über die Klage anknüpft
- > v.a. bei Prozessaufrechnung: Gegenforderung wird über Widerklage für den Fall geltend gemacht, dass die Hauptforderung (des Klägers) unabhängig von der Aufrechnung verneint wird - Wider-Widerklage
Sachurteilsvoraussetzungen: Besondere Sachurteilsvoraussetzungen: Prozessaufrechnung
- Zulässigkeit (+), da keine Bedingung iSd § 388 S. 2, sondern Anknüpfen an Existenz der Hauptforderung und damit an tatbestandliche Voraussetzung von § 387
- Dogmatik (unklar): hemmt Verjährung der Gegenforderung, aber begründet keine Rechtshängigkeit
- Doppelnatur
- > Erfüllungssurrogat nach § 389 BGB
- > Verteidigungsmittel nach § 282 I ZPO
- -> ggf. nach § 296 ZPO Präklusion -> nach § 139 BGB analog tritt damit auch die materiell-rechtliche Wirkung der Aufrechnung nach § 389 nicht ein (Gleichlaufargument)
- Bei Aufrechnung mit umstrittener Gegenforderung
- > Vollstreckungstitel durch Vorbehaltsurteil nach § 302 (auflösend bedingtes Endurteil)
- > Bedingung tritt ein, wenn Aufrechnungseinwand im Nachverfahren für begründet erachtet wird
- > bei Klage und Widerklage: über jeden selbständig geltend gemachten Anspruch kann durch Teilurteil entschieden werden § 301
Sachurteilsvoraussetzung: Prüfung
I. Ordnungsgemäße Klageerhebung, §§ 253, 130
II. Gerichtsbezogene Sachurteilsvoraussetzungen
- Deutsche Gerichtsbarkeit, §§ 18 ff. GVG
- Internationale Zuständigkeit
- Zivilrechtsweg, § 13 GVG, §§ 2, 2a ArbGG, § 40 VwGO
- Örtliche Zuständigkeit, §§ 12 ff.
a. Ausschließlicher Gerichtsstand
b. Gerichtsstandsvereinbarung und rügelose Einlassung
c. Allgemeiner Gerichtsstand, wahlweise
d. Besonderer Gerichtsstand - Sachliche Zuständigkeit, §§ 23, 71 GVG
- Bindende Verweisung, § 17a II GVG, § 281
III. Parteibezogene Sachurteilsvoraussetzungen
- Parteifähigkeit, § 50
- Prozessfähigkeit, § 51
- Postulationsfähigkeit, § 78
- Prozessführungsbefugnis/Prozessstandschaft
IV. Streitgegenstandsbezogene Sachurteilsvoraussetzungen
- Außergerichtlicher Schlichtungsversuch, § 15a EGZPO
- Bestimmtheit des Streitgegenstandes, § 253 II Nr. 2
- Keine anderweitige Rechtshängigkeit, § 261 III Nr. 1
- Keine entgegenstehende Rechtskraft, §§ 322, 705
- Rechtsschutzbedürfnis
V. Besondere Sachurteilsvoraussetzungen
- Objektive Klagehäufung, § 260
- Subjektive Klagehäufung, §§ 59, 60, 62
- Klageänderung, §§ 263, 264
- Gewillkürter Parteiwechsel
- Feststellungsinteresse, § 256
- Widerklage, § 33
- Prozessaufrechnung
VI. Präklusion von Prozesseinreden, §§ 267, 282 III, 295, 296 III
Mehrheit von Parteien: Subjektive Klagehäufung
- aktive (mehrere Kläger) vs. passive (mehrere Beklagte) Streitgenossenschaft
- einfache vs. notwendige Streitgenossenschaft
- > jeweils mehrere Prozessrechtsverhältnisse
- > jedoch bei notwendiger Streitgenossenschaft nicht selbständig (§ 62 ordnet Vertretung für säumigen Streitgenossen durch Nichtsäumige an)
Mehrheit von Parteien: Subjektive Klagehäufung: Notwendige Streitgenossenschaft
- Prozessrechtlich notwendig (§ 62 I Alt. 1)
= wenn in einem möglich Prozess gegen einen Streitgenossen auch im Verhältnis zum anderen Rechtskrafterstreckung eintreten würde (Rechtskrafterstreckung muss ausdrücklich angeordnet sein, bspw. §§ 325 ff.)
-> (-) bei Verhältnis von Hauptschuldner zu Bürgen (einfache Streitgenossen)
-> (-) bei Verhältnis von Gesellschaft zu Gesellschaftern (einfache Streitgenossen) - Materiellrechtlich notwendig (§ 62 I Alt. 2)
= wenn mehrere materiellrechtlich in Rechtsgemeinschaft stehen und nur gemeinschaftlich verfügen können
-> selten auf Klägerseite, da Teilberechtigte meist für das ganze Recht prozessführungsbefugt sind (bspw. Miteigentümer)
Parteiwechsel
- Gesetzlicher Parteiwechsel
- > bspw. durch Tod einer Partei, §§ 1922, 1967 BGB - Gewillkürter Parteiwechsel
a. § 265 II, Übernahme durch Rechtsnachfolger nach Veräußerung (Zustimmungsbedürftig, außer § 266 I)
b. Allg. anerkannt als Unterfall der Klägeänderung (Rspr), § 263
aa. Durch Zustimmung des Gegners
bb. Wegen Sachdienlichkeit
Zu 2.:
- Bei Beklagtenwechsel
- > Erlöschen des Prozessrechtsverhältnisses mit vorherigem Beklagten: Einwilligung gem. § 269 I analog
- > Neuer Beklagter bei Sachdienlichkeit und Zustellung des Schriftsatzes durch Gericht (Rechtshängigkeit, § 261)
- -> grds. wegen Art. 103 GG keine Bindung (ohne Einwilligung) an das bisherige Prozessergebnis, es sei denn neuer Beklagter war mit bisherigem Beklagten so eng verflochten, dass mittelbare Einflussmöglichkeit auf Prozess
- Bei Klägerwechsel
- > Sowohl alter als auch neuer Kläger müssen einwilligen
- > Bei Sachdienlichkeit muss Beklagter nicht einwilligen
Intervention: Arten und Bedeutung
= Teilnahme als Streithelfer zur Beeinflussung des Prozessergebnisses (grds. ohne selbst Partei zu werden)
- Hauptintervention, § 64
- > Prätendentenstreit - Nebenintervention, § 66
- > Unterstützung der Partei (rechtliches Interesse) - Streitgenössische Nebenintervention, § 69
- > Bei Rechtskrafterstreckung ist Nebenintervenient auch Streitgenosse
Streitverkündung: Bedeutung
= Prozessergebnis wird auf Dritten erstreckt, womit widersprüchliche Entscheidung vermieden wird (litis denuntiatio), §§ 72 ff.
- Rechtswirkungen wie bei Nebenintervenient, §§ 74 III, 68
Prozessuale Sondersituationen: Erledigung der Hauptsache
- Schützenswertes Interesse hinsichtlich der Belastung mit Prozesskosten (§ 91 I)
- > bspw. nachträgliche Unzulässigkeit: Wegfall des Feststellungsinteresses
- > bspw. nachträgliche Unbegründetheit: Erfüllung
- Übereinstimmende Erledigungserklärung, § 91a
- Einseitige Erledigungserklärung
- nicht gesetzlich geregelt
- hM: privilegierte Klageänderung, § 264 Nr. 3
Prozessuale Sondersituationen: Veräußerung des Streitgegenstandes
- Veräußerung auch nach Rechtshängigkeit wirksam möglich, § 265 I
- (neben Klageänderung nach § 264 Nr. 3 auf SE oder Erledigung): Weiterführung des Rechtsstreits gegen ursprünglichen Beklagten (gesetzliche Prozessstandschaft für Erwerber, § 265 II S. 1) (hM)
- > Irrelevanztheorie (bei Veräußerung auf Beklagtenseite, Rspr): keine Änderung erforderlich, Beklagter bleibt; für Sachentscheidung ist die vor Veräußerung bestehende Rechtslage maßgeblich
con: gutgläubiger Erwerb bliebe außer Betracht
con: Interesse kann mit Klageänderung erreicht werden (auf SE oder Herausgabe des Erlangten) - > Relevanztheorie (bei Veräußerung auf Klägerseite, Rspr): Klageänderung erforderlich
- -> aA Lit
Prozessuale Sondersituationen: Prozessvergleich
- Doppelnatur:
1. Prozesshandlung, die Rechtsstreit beendet
2. Rechtsgeschäft, das Ansprüche der Parteien regelt (§ 779 BGB) - Einheitswirkung: wechselseitige Beeinflussung von Mängeln
pro: Rechtsgedanke des § 139
Prozessuale Sondersituationen: Säumnis: Versäumnisurteil gegen Beklagten: Prüfung
- Allgemeine SUV
- Antrag auf Erlass eines Säumnisurteils, § 331 I S. 1
- Säumnis des Beklagten, §§ 331 ff.
- Keine Unzulässigkeit, § 335
- Keine Vertagung, § 337
- Schlüssigkeit der Klage, § 331 I, II