2: §12, Leitgedanken der Rechtsordnung Flashcards
Was ist der Unterschied von austeilender und ausgleichender Gerechtigkeit?
Austeilende Gerechtigkeit wird als Gleichheit verstanden, wobei es die absolut und relative Gleichheit gibt. Ausgleichende Gerechtigkeit wird als Richtigkeit verstanden, z.B. ist ein Preis gerecht?
Was ist der Unterschied zwischen absoluter und relativer Gleichheit?
Absolute Gleichheit: jeder wird gleich behandelt ->(absolut) Gleiches muss gleich behandelt werden
Relative Gleichheit: Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandeln, z.B. Leistungsfähigkeit ->Mehr Einkommen = mehr Steuern
Unterschied und Anwendung von Einzel- und Regelfallgerechtigkeit
Unser Recht arbeitet grundsätzlich mit Regelfallgerechtigkeit (generell-abstrakten Regeln). Dies ist effizient und sorgt für Rechtsicherheit ->Man kann sich danach ausrichten
Viele Rechtsätze lassen jedoch Raum für individuell-konkrete Umstände und Veränderungen in der Gesellschaft
Wie können gesetzliche Grundlagen für Einzelfallgerechtigkeit aussehen? (Privat- und Strafrecht)
->sog. Generalklauseln
- Entscheid durch richterliches ERMESSEN
- WÜRDIGUNG der Umstände
- WICHTIGE GRÜNDE
- BESONDERE UMSTÄNDE
- KANN-Vorschriften
- ZUMESSUNG der Strafe
Was ist im Verwaltungsrecht bei Einzelfallgerechtigkeit zu beachten?
- Legalitätsprinzip: Behörden dürfen nicht ohne gesetzliche Grundlage tätig werden (kein Ermessen)
- Bei den Rechtsfolgen bleibt jedoch viel Ermessen
Definition: Recht und Billigkeit
Billiges Recht ->Auf den Einzelfall zugeschnittenes Recht
Dies bedeutet, dass die objektiven, individuell-konkreten Umstände, jedoch nicht die Gefühle der Rechtsanwendenden berücksichtigt werden
Wo liegen die Probleme bei Billigkeitsentscheiden?
- Beeinträchtigung der Rechtssicherheit
- Schlechtere Vorhersehbarkeit rechtl. Konsequenzen
- Spannungsverhältnis zum Legalitätsprinzip und der Gewaltenteilung (eigentlich soll der Gesetzgeber (durch Volk gewählt) für Gerechtigkeit sorgen)
Definition: Willkürverbot
Gewährleistet einen minimalen Schutz vor krassen Verletzungen der Gerechtigkeit. D.h. Die Schranken für Willkür sind sehr hoch und es dürfen auch andere Lösungen existieren, ohne dass Willkür besteht
Definition: Rechtsmissbrauchsverbot
- 3 Aspekte, der offenbare Missbrauch eines Rechts findet keinen Rechtschutz (Art. 2 Abs.2 ZGB)
- Widersprüchliches Verhalten, z.B. zuerst Patent nicht einfordern, dann schon
- zweckwidrige Verwendung eines Rechtsinstituts, z.B. AG die Risiken sowieso nicht decken kann
- interessenlose, schikanöse Rechtsausübung, z.B. Stahlpfeiler um Flugzeug zu behindern
Definition: Opportunitätsprinzip
Behörden entscheiden nach ihrem Ermessen (mit Blick auf die konkreten Umstände) , welche Fälle sie weiterverfolgen/vor Gericht bringen, besonders bei geringer Schuld und Tatfolgen
Definition: Verhältnismässigkeit
Massnahme darf nur soweit gehen, als es erforderlich ist, um das Ziel auch wirklich zu erreichen. z.B. bei Härtefallklausel bei Ausweisung krimineller Ausländer*innen ->Einzelfallabwägung
Definition: Rechtssicherheit
- Klarheit, Voraussehbarkeit und Beständigkeit des Rechts ->keine zu häufigen Gesetzesänderungen und konstante Rechtsprechung
- Rechtsfrieden
- stabiles, funktionierendes Rechtssystem ->unabhängige Justiz, keine Korruption
Definition und Funktion: Verjährung und Verwirkung
Bei der Verjährung kann ein Recht nach einer gewissen Zeit nicht mehr zwangsweise durchgesetzt werden, bei der Verwirkung geht das Recht automatisch (durch Zeit o.Ä.) unter
->Funktion: Zweckmässigkeit ->Irgendwann soll jede Angelegenheit ein Ende haben und die SV-Ermittlung wird immer schwerer
Zweck von Formvorschriften und Fristen
- Schaffung von Klarheit ->”es steht schwarz auf weiss” ->Register
- Schutz vor unüberlegtem Handeln ->Es braucht Zeit für das Einhalten der Formvorschriften ->überlegen
- “Tritt in den Arsch” durch Fristen ->speditiv
Definition und Zweck: Rechtskraft
Wenn kein ordentliches Rechtsmittel mehr ergriffen werden kann, dann ist die Rechtskraft erwachsen und ein auf den gleichen SV gestütztes Begehren ausgeschlossen
Zweck: Zweckmässigkeit ->alles soll einen Abschluss haben ->Rechtsfrieden
Definition: Revision (im Bezug auf ein Gerichtsverfahren)
Wenn trotz Rechtskraft noch ganz neue Beweismittel/Gegebenheiten gefunden werden, kann eine Revision des Verfahrens verlangt werden (kein ordentliches Rechtsmittel)
Inwiefern sind Gerichte an die Rechtssicherheit gebunden?
Gerichte schaffen Rechtskraftwirkung im Einzelfall, haben eine präjudizielle Wirkung, aus der jedoch keine förmliche Bindung erwächst. Wenn jedoch in langer Praxis ein Recht immer auf die Weise ausgelegt wird braucht es Voraussetzungen für eine Praxisänderung
Voraussetzungen für eine Praxisänderung in der Rechtsprechung
- ernsthafte und sachliche Gründe
- Grundsätzlichkeit
- Interessenabwägung zwischen Rechtsicherheit und korrekter Rechtsanwendung
Definition: Schutz berechtigten Vertrauens
Besteht aufgrund der Pflicht des Handelns nach “Treu und Glauben”. Berechtigtes Vertrauen darauf, dass eine Rechtslage besteht muss honoriert werden, was z.B. dazu führt, dass eine Rechtslage besteht, obwohl dies nicht korrekt wäre oder man Anspruch auf Schadenersatz hat
Wie gestaltet sich der Schutz berechtigten Vertrauens im Vertragsrecht aus?
Das Vertrauen des Empfängers einer Willenserklärung wird geschützt, indem mitunter nicht der vom Erklärenden gewollte, sondern vom Empfänger verstandene Sinn massgeblich sein kann ->faktischer Konsens (mit Voraussetzungen)
Was sind die Voraussetzungen vom Schutz berechtigten Vertrauens?
- nur berechtigtes Vertrauen, der Leichtgläubige verdient keinen Schutz (auch nur gutgläubige Personen)
- Vertrauensgrundlage muss existieren
- es müssen Dispositionen getroffen worden sein, die nicht ohne Schaden rückgängig gemacht werden können
- es darf kein überwiegendes öff. Interesse an der korrekten Ausführung bestehen
Wie wird eine Interessenabwägung vorgenommen?
1) Bestimmen der Interessen
2) Gewichten der Interessen
3) Interessenausgleich
Definition: Verhältnismässigkeit
Eine Norm/ein Entscheid soll die Interessen des Betroffenen nicht stärker einschränken, als es zum Schutz der entgegenstehenden Interessen erforderlich ist
->Verfassungsmässiges (subjektives) Recht
Wie wird die Verhältnismässigkeit (z.B. bei der Einschränkung von Grundrechten) bestimmt?
(1. Bestimmung des Ziels)
2. Eignung des Eingriffes zur Erreichung des Ziels
3. Erforderlichkeit (keine milderen Mittel)
4. Verhältnismässigkeit i.e.S. -> Interessenabwägung