1. Empirische Methoden (insb. experimentelle) Flashcards
Wie können ökonomische Fragestellungen
wissenschaftlich untersucht werden?
- Theoretische Analyse
- Verbalanalytische Überlegungen über Zusammenhänge
- Beschreibung komplexer Umgebungen möglich - häufig nur spekulative Aussagen über Zusammenhänge
→ mikroökonomisches Modell
→ Felddaten
→ Experimente
→ Fallstudien
Mikroökonomisches Modell
- Analyse mit Spiel- und Vertragstheorie (Mathematik)
- Beschränkung auf das Wesentliche
Felddaten (“Happenstance Data”)
- Ergebnisse in realen Unternehmen mit ökonometrischen Methoden ausgewertet
- Leider stehen nur wenige Unternehmensdatensätze zur Verfügung
Experimente
- Sehr vereinfachte Situation
- Genauer Test einer Theorie möglich, da sehr viele Faktoren kontrollierbar
- Feldexperimente: Manipulation meist außerhalb des Labors
Fallstudien
- Nur beschreibend
- Stets nur ein Einzelfall
- Aber: fördert das genauere Verständnis der Situation
Was ist ein ökonomisches Experiment?
- Definition
„methodisch-planmäßige Herbeiführung von
reproduzierbaren, meist variablen Umständen zum
Zwecke wissenschaftlicher Beobachtung“ - (Brockhaus)
„Ein Experiment (von lateinisch experimentum „Versuch, Beweis, Prüfung, Probe“) im Sinne der Wissenschaft ist eine methodisch angelegte Untersuchung zur empirischen Gewinnung von Information (Daten).“ - (deutsche Wikipedia)
Was ist ein wirtschaftswissenschaftliches Experiment?
“Nachspielen” einer ökonomisch relevanten Entscheidungssituation im Labor
Experiment
- Kontrolle
- Kontrolle ist der wichtigste Vorteil von ökonomischen Experimenten
- Gleiche Bedingungen für alle Teilnehmer (c.p.)
→ Experimentator, Instruktionen, Computer, Raum, Uhrzeit, Temperatur, etc. - Kontrolle über Präferenzen durch monetäre Anreize
→ Monetäre Präferenzen soll „wahres Entscheidungsverhalten“ offenlegen
→ Annahme: Nutzen aller Individuen steigt für jede zusätzliche Einheit Geld - Konstanter Ablauf → Replizierbarkeit möglich
- Kontrolle über Informationsstand der Teilnehmer
- Kontrolle und Steuerung über Sprache (Instruktionen) → Framing
- Kontrolle / Messung der tatsächlichen Entscheidungen
- Keine TÄUSCHUNG der Teilnehmenden!
Welche Daten stehen der Forschung zur Verfügung?
Felddaten - Zufällige Daten:
→ Bruttosozialprodukt, Inflationsraten
→ Beobachtetes Verhalten von Wirtschaftsakteuren
Felddaten - Experimentelle Daten:
→ Gesetzesänderungen, Exogene Schocks
→ Feldexperimente
Labordaten - Zufällige Daten:
→ Entdeckung des Penizillins
Labordaten - Experimentelle Daten:
→ Wirtschaftliches Verhalten, Entscheidungsverhalten
→ Experimente
Felddaten - Zufällige Daten:
Forschungsfrage: Die Bundesagentur für Arbeit möchte wissen, ob Bewerbertrainings die Jobchancen von Arbeitslosen (=AL) erhöhen.
Typische Vorgehensweise:
1. Anteil der Trainingsteilnehmer, die 1 Jahr nach dem Training einen Job haben bestimmen („Anteil in der Treatmentgruppe“)
2. Anteil der AL, die nicht an einem Training teilnahmen und dennoch 1 Jahr später einen Job haben bestimmen („Anteil in der Kontrollgruppe“)
→ Häufiges Resultat: T-Gruppe > K-Gruppe
Alternative Erklärungsansätze:
- Selbstselektion
→ Motiviertere AL nehmen eher an Training teil
→ Hätten auch ohne Training eher Job gefunden
- Kritisch: Kontrollgruppe vergleichbar mit Treatmentgruppe?
→ Wenn ja: Unterschied in Anteilen dank Training (kausaler Effekt)
→ Wenn nein: „wahre“ Effekt des Trainings ist verzerrt oder „biased“
- Ökonomen sagen: Training ist nicht mehr „exogen“ sondern „endogen“
- Lösung: Versuch der Annäherung durch bestimmte Verfahren in Ökonometrie → selten überzeugende Lösungen
- Außerdem: Keine Kontrolle über sonstiges Verhalten der Leute in dem Jahr
Felddaten - Experimentelle Daten:
- Mindestlohnerhöhung und Beschäftigung
- New Jersey erhöht Mindestlohn (Treatmentgruppe)
- Pennsylvania nicht (Kontrollgruppe)
→ Ökonomische Theorie: Arbeitslosigkeit sollte in NJ steigen
→ Ergebnis: Mindestlohnerhöhung erhöht Beschäftigung
Vorteile dieser Studie:
+ „Natürliches Experiment“
+ Politische Entscheidung als exogene Veränderung („ceteris paribus“ Änderung)
→ Keine Selbstselektion in Treatmentgruppe wie bei Trainingsbeispiel
+ Kontrolle anderer Umwelteinflüsse/Zeit, wie Konjunkturveränderungen da vermutlich beide Staaten betroffen
+ Deutlich mehr Kontrolle als bei Bewerbertrainings
Dennoch:
- Pennsylvania gute Kontrollgruppe für New Jersey?
- Heterogene Erwerbsbevölkerungen?
- Kontrolle anderer Einflüsse? hält „ceteris paribus“?
- Kritik: Keine saubere Erhebungsmethodik
→ evtl. Messfehler
Labordaten - Experimentelle Daten:
- Randomisieren
Kontrolle durch Randomisieren:
- Zufällige Aufteilung der Teilnehmer in Treatment- und Kontrollgruppe
→ keine Selbstselektion möglich
→ Treatment und Kontrollgruppe gleich in allen Aspekten (große Stichproben)
→ Kausaler Effekt kann nun sauberer bestimmt werden
→ Idee: eine Variable (Treatmentvariable) verändern, alles andere konstant (c.p.)
Unterschiede im Verhalten sind nun auf diese eine Änderung zurückzuführen → „Treatmenteffekt“
Wozu brauchen wir Experimente nach Vernon Smith?
- Testen einer Theorie
→ z.B.: Ergebnisse aus Gefangenendilemma oder Ultimatumspiel - Untersuchung, warum eine Theorie „versagt“
→ z.B. inkorrekte Annahme (Risikopräferenzen, soz. / Zeitpräferenzen, begr. Rationalität) - Erhebung von “stylized facts“ als Basis für eine neue Theorie
→ Experimente = Startpunkt für Behavioral Theory bzw. Verhaltensökonomie
→ Abkehr von Homo Oeconomicus (bspw. wegen Risikoaversion / sozialer Präferenzen) - Vergleich von verschiedenen Umwelten
→ Kosten-/ Produktionsfunktionen, Ausstattungen, Anreizstrukturen - Vergleich von verschiedenen Institutionen
→ Auktionsformen, Reservationswerte, Löhne, neue Behörde - Bewertung und Testen von Strategien oder Politiken
→ in Realität: Tests versch. Strategien sehr teuer und Ergebnisse störanfällig
Kategorien von Experimenten nach Harrison&List
Konventionelles Laborexperiment:
- Studierende als Teilnehmer
- Abstrakter Kontext
Künstliches Feldexperiment:
- Teilnehmer sind nicht Studierende
Geframtes Feldexperiment:
- Teilnehmer sind nicht Studierende
- Aufgabe, Produkt oder Informationsset haben bestimmten Kontext
Natürliches Feldexperiment:
- Teilnehmer sind nicht Studierende
- Teilnehmer sind sich nicht bewusst, dass sie an einem Experiment teilnehmen
- Aufgabe wird in der dafür natürlichen Umgebung ausgeführt
Experimente in Virtual Reality
- TN wissen, dass sie an Experiment teilnehmen
- Aufgabe in realistisch modellierter virtueller Umgebung
- Neue Messmöglichkeiten durch millimetergenaues Tracking
- neue „hybride“ Methode aus konventionellen und
Feldexperimenten
+ Erhöhung externer Validität durch gesteigerten Realismus der Umgebung und Aufgabe ohne Vorteil der Kontrolle der Laborumgebung zu verlieren
+ sonst unmögliche, gefährliche oder sehr kostspielige Experimente möglich
Zusammenfassung
Analyse von Felddaten:
+ realitätsnah
- häufig nicht ausreichend Daten
- Identifikation kausaler Zusammenhänge ist schwierig
Laborexperimente:
+ Identifikation kausaler Zusammenhänge (Vergleich Treatments mit möglichst hoher Kontrolle und Veränderung nur einer Variable)
- mangelnde externe Validität
- Kosten
Feldexperimente:
= gezielte Manipulationen im Feld
+ Vorteile der anderen Methoden vereinbar
- häufig aufwendig