ZPR Flashcards
Haben Kantone, die ein Handelsgericht i.S.v. ZPO 6 I geschaffen haben, einen Spielraum, welche Streitigkeiten sie diesem Gericht zuweisen?
- Besteht ein Handelsgericht, müssen handelsrechtliche Streitigkeiten i.S.v. ZPO 6 II zwingend der Handelsgerichtsbarkeit unterstellt werden.
- Für eine weitere Zuständigkeitsregelung in Bezug auf handelsrechtliche Streitigkeiten durch die Kantone verbleibt kein Raum (BGE 140 III 155, E. 4.3).
- Die Kantone können dem Handelsgericht jedoch auch Streitigkeiten nach ZPO 6 IV zuweisen.
Welche Besonderheit besteht bei der Anfechtung von Urteilen kantonaler Handelsgerichte vor BGer?
Es besteht gem. BGG 74 II lit. b i.V.m. ZPO 6 kein Streitwerterfordernis.
Was wird unter der sachlichen Zuständigkeit verstanden? Wo wird sie geregelt?
- Unter sachlicher Zuständigkeit ist die Verteilung von Zivilprozessen auf allenfalls verschiedene Gerichte bzw. gerichtsinterne Organisationseinheiten zu verstehen.
- Geregelt wird sie in den entsprechenden kantonalen Erlassen (bspw. GOG ZH, GOG BS etc.).
Was wird unter funktioneller Zuständigkeit verstanden?
- Funktionelle Zuständigkeit ist die Verteilung der gerichtlichen Aufgaben auf verschiedene Gerichtsinstanzen oder gerichtliche Funktionsträger in einer bestimmten Angelegenheit.
- Sie bildet einen Teil der sachlichen Zuständigkeit.
Was wird unter örtlicher Zuständigkeit verstanden?
Die örtliche Zuständigkeit bestimmt, an welchem Ort das Gericht anzurufen ist (sog. Gerichtsstand oder forum).
In welcher Reihenfolge ist die Zuständigkeit zu prüfen?
- Örtliche Zuständigkeit
- Sachliche Zuständigkeit
Wann ist von einem internationalen SV auszugehen und was ist die Folge davon?
- Immer dann, wenn der SV einen IPR-relevanten Auslandsbezug aufweist, insb. dann, wenn eine Partei ihren Wohnsitz im Ausland hat.
- Dann bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit in erster Linie nach allfälligen Staatsverträgen; bestehen keine solchen, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit aus dem IPRG.
Wer ist zur Regelung der sachlichen und funktionellen Zuständigkeit kompetent?
Die Kantone, sofern die ZPO nicht etwas anderes bestimmt (ZPO 4 I).
Welche Arten von Zuständigkeiten werden nach der ZPO unterschieden?
- Ausschliessliche und alternative Zuständigkeiten
- Absolut bzw. relativ zwingende (auch teilzwingende genannt) und nicht zwingende Zuständigkeiten
- Allgemeine und besondere Zuständigkeiten
Wann handelt es sich um einen ausschliesslichen Gerichtsstand?
- Ein Gerichtsstand ist dann ausschliesslich, wenn neben ihm kein anderer im Gesetz vorgesehener Gerichtsstand zur Verfügung steht.
- Ausnahmen davon sind die Einlassung (ZPO 18) sowie die Gerichtsstandsvereinbarung (ZPO 17), welche zulässig sind bei ausschliesslichem und nicht zwingendem Gerichtsstand.
Wann spricht man von einem alternativen Gerichtsstand?
Wenn das Gesetz dem Kläger eine Auswahl an Gerichtsständen zur Verfügung stellt.
Wie ist erkennbar, ob es sich um einen zwingenden Gerichtsstand handelt?
Gemäss ZPO 9 I sind Gerichtsstände nach ZPO ausschliesslich dann zwingend, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht.
Wann ist ein Gerichtsstand absolut zwingend? Was sind die Folgen davon?
- Wenn die Parteien von ihm nicht abweichen können (ZPO 9 II).
- Es ist weder eine Einlassung (ZPO 18) noch eine Gerichtsstandsvereinbarung (ZPO 17) möglich.
- Teilweise sieht das Gesetz alternativ mehrere zwingende Zuständigkeiten vor, sodass der Kläger die Wahl hat (z.B. ZPO 13, 23-27).
Wann ist ein Gerichtsstand relativ zwingend (bzw. teilzwingend)?
- Wenn auf ihn seitens der “sozial schwächeren” Partei (Mieter, Arbeitnehmer etc.) weder im Voraus (durch Gerichtsstandsvereinbarung) noch durch Einlassung verzichtet werden kann (ZPO 35).
- Stets zulässig ist hingegen der Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung nach Entstehung der Streitigkeit (ZPO 35 II).
Was wird unter dem allgemeinen Gerichtsstand verstanden und wann steht er zur Verfügung? Was sind besondere Gerichtsstände?
- Der Gerichtsstand am Wohnsitz bzw. Sitz der beklagten Partei (ZPO 10 I lit. a und b).
- Alle übrigen Gerichtsstände heissen besondere Gerichtsstände.
- Der allgemeine Gerichtsstand steht nur dann zur Verfügung, wenn das Gesetz keinen besonderen Gerichtsstand vorsieht (ZPO 10 I Satz 1).
Welche Aspekte der Zuständigkeit können mit einer Gerichtsstandsvereinbarung i.S.v. ZPO 17 vereinbart werden?
Lediglich die örtliche Zuständigkeit - nicht aber die die sachliche Zuständigkeit (BGE 138 III 471, E. 3).
Wie beurteilt sich die Gültigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung, die vor Entstehung einer Streitigkeit im Anwendungsbereich eines relativ zwingenden Gerichtsstands geschlossen wurde?
Die Gerichtsstandsvereinbarung ist für die “sozial schwächere” Partei einseitig unverbindlich (ZPO 35 I).
Was ist die Bedeutung von ZPO 17 I Satz 2?
- Es handelt sich um eine Vermutung zugunsten der Ausschliesslichkeit der Gerichtsstandsvereinbarung.
- Wenn ein anderes als das vereinbarte Gericht angerufen wird, kann der Beklagte dessen Unzuständigkeit einwenden und es liegt am Kläger, die Nicht-Ausschliesslichkeit zu beweisen.
In welcher Form kann eine Gerichtsstandsvereinbarung geschlossen werden?
- Siehe ZPO 17 II.
- Der Schriftlichkeit gleichgestellt sind Vereinbarungen mittels E-Mail oder Fax.
- Ebenfalls zulässig ist die mündliche Vereinbarung mit nachfolgender schriftlicher Bestätigung.
Was bedeutet Einlassung i.S.v. ZPO 18?
Einlassung bedeutet, dass eine prozessuale Handlung der beklagten Partei nachträglich zur örtlichen Zuständigkeit des Gerichts führt, die ursprünglich nicht vorlag.
Was stellt insbesondere keine Äusserung zur Sache i.S.v. ZPO 18 dar?
- Die Erhebung der Unzuständigkeitseinrede (sog. nichteinlässliche Klageantwort) oder
- das Vorbringen sonstiger prozessualer Vorfragen.
In welchen Fällen ist keine Einlassung möglich?
- “Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt” stellt einen Vorbehalt zugusnten der zwingenden Zuständigkeitsvorschriften dar.
- Besteht also eine absolut oder relativ zwingende Zuständigkeit, hat sich das Gericht von Amtes wegen für unzuständig zu erklären (ZPO 60).
(Wie) Muss das Gericht seine Zuständigkeit überprüfen?
- Das Gericht hat gem. ZPO 60 seine Zuständigkeit von Amtes wegen zu prüfen.
- Angesichts der Möglichkeit der Einlassung wird dabei aber nur geprüft, ob eine (teil-)zwingende örtliche Zuständigkeit besteht.
- Stets zu prüfen hat das Gericht hingegen seine sachliche Zuständigkeit.
Was ist die Folge fehlender örtlicher oder sachlicher Zuständigkeit?
- Das Vorliegen örtlicher und sachlicher Zuständigkeit ist eine Prozessvoraussetzung (ZPO 59 II lit. b).
- Zwingende Folge fehlender Zuständigkeit ist demnach ein Nichteintretensentscheid (siehe ZPO 236 I).
Was geschieht, wenn der Kläger (rechtzeitig) ein unzuständiges Gericht anruft?
- Nach dem Nichteintretensentscheid würde grds. die Rechtshängigkeit entfallen (vgl. ZPO 65).
- Dem wirkt jedoch ZPO 63 I entgegen: Tritt das Gericht aufgrund fehlender örtlicher (nur diese wird in der ZPO geregelt!) Zuständigkeit nicht ein oder wird die Klage zurückgezogen und reicht der Kläger die Klage innert eines Monats beim zuständigen Gericht neu ein, so gilt als Zeitpunkt der Klageanhebung das Datum der ersten Einreichung.
Was ist die sog. perpetuatio fori und wann tritt sie ein?
- Die Fixierung des Gerichtsstands.
- Massgebend sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit.
- Ändert der Beklagte nachträglich seinen Wohnsitz, bleibt der einmal begründete Gerichtsstand dennoch bestehen (er wird perpetuiert) (ZPO 64 I lit. b).
In welchen Fällen ist die Bestimmung von ZPO 14 I überhaupt von Bedeutung?
- Nur dann, wenn für die Widerklage eine andere örtliche Zuständigkeit gelten würde als für die Hauptklage.
- Dann ist nämlich der in ZPO 14 I genannte sachliche Zusammenhang (Konnexität) erforderlich, der die Begründung einer örtlichen Zuständigkeit für die Widerklage am Ort der Hauptklage rechtfertigt.
- Die Konnexität ist demnach keine eigenständige allgemeine Voraussetzung der Widerklage i.S.v. ZPO 224.
Wann liegt Konnexität i.S.v. ZPO 14 vor?
- Wenn beide Ansprüche auf dem gleichen sachlichen oder rechtlichen Grund beruhen (z.B. auf dem gleichen Lebenssachverhalt oder Vertrag).
- Nicht ausreichend sind jedoch allgemeine personelle Verflechtungen oder Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien (BGE 129 III 230, E. 3).
Welche Gründe fallen alle unter ZPO 14 II?
- Nicht bloss Rückzug und Anerkennung der Hauptklage, sondern auch
- Nichteintreten (z.B. infolge fehlender örtlicher Zuständigkeit oder Nichtleistung des Kostenvorschusses gem. ZPO 59 II lit. b und f).
Was ist subjektive Klagenhäufung i.S.v. ZPO 15 I?
Auf der Kläger- oder der Beklagtenseite (oder beiden) ist eine Mehrheit von Hauptparteien vorhanden.
Was ist objektive Klagenhäufung i.S.v. ZPO 15 II?
- Objektive Klagenhäufung liegt vor, wenn die klagende Partei mittels einer einzigen Klage mehrere selbständige Ansprüche durchsetzen will (wozu sie auch mehrere selbständige Klagen erheben könnte).
- Von objektiver Klagenhäufung kann jedoch nur gesprochen werden, wenn es sich um mehrere Streitgegenstände handelt.
Wann besteht ein sachlicher Zusammenhang i.S.v. ZPO 15 II?
Konnexität ist - wie auch im Zusammenhang mit ZPO 14 I sowie 15 I (i.V.m. 71 I) gegeben, wenn die Ansprüche des Klägers im Wesentlichen auf den gleichen Tatsachen oder Rechtsgründen beruhen.
Wann ist eine Berufung auf den Gerichtsstand der Streitgenossenschaft oder Klagenhäufung ausgeschlossen?
Wenn dadurch (also durch die Anwendung von ZPO 15) Vorschriften über zwingende oder teilzwingende Gerichtsstände verletzt würden.
Was wird unter dem Begriff Unparteilichkeit verstanden und woraus ergibt sich das Gebot der Unparteilichkeit?
- Die Unvoreingenommenheit des Richters gegenüber einer Partei.
- Das Gebot der Unparteilichkeit ergibt sich aus BV 30 I.
Wie ist das Vorgehen, wenn der Anschein mangelnder Unparteilichkeit besteht?
- Die betreffende Gerichtsperson muss den Ausstandsgrund i.S.v. ZPO 47 bzw. BGG 34 von sich aus offenlegen und in den Ausstand treten (ZPO 48 bzw. BGG 35).
- Unterbleibt dies, kann eine Partei ein Ausstandsgesuch stellen, damit die betreffende Gerichtsperson abgelehnt wird (ZPO 49 I, BGG 36 I), zu dem die betroffene Gerichtsperson Stellung nehmen muss (ZPO 49 II, BGG 36 II).
- Der Anspruch auf Stellung eines Ausstandsgesuchs verwirkt, wenn die betroffene Partei nach Kenntnisnahme des Ausstandsgrundes zu lange zuwartet.
- Bestreitet die Gerichtsperson den Ausstandsgrund, entscheidet das Gericht (ZPO 50 I, BGG 37 I).
Wonach wird das Vorliegen von Befangenheit beurteilt?
- Entscheidend ist eine objektive Sichtweise.
- Es genügt allerdings der Anschein der Befangenheit oder die Gefahr der Voreingenommenheit (BGE 140 III 221, E. 4.1).
Welche anderen Befangenheitsgründe i.S.v. ZPO 47 I lit. f sind denkbar?
- Die Beziehung des Ehegatten eine Richters zu einer Partei (jedoch nicht zwingend, siehe BGer 1P.180/2004, E. 2).
- Ein Richter, der Strafanzeige wegen Ehrverletzung erhoben hat, hat in einem späteren Verfahren, in dem der Urheber der Verletzer beteiligt ist, von sich aus in den Ausstand zu treten (BGE 134 I 20).
Wie ist die Aufzählung von ZPO 47 II zu verstehen?
- Vorbefasstheit alleine genügt nicht zur Annahme einer Befangenheit.
- Allerdings kann bei Vorliegen weiterer Umstände durchaus Befangenheit vorliegen.
In welcher Verfahrensart wird über ein streitiges Ausstandsbegehren entschieden? Wer ist zuständig?
- Der Entscheid gem. ZPO 50 ergeht i.d.R. im summarischen Verfahren nach ZPO 248 ff.
- Zuständig ist meist die Aufsichtsbehörde oder das Gericht unter Ausschluss der betroffenen Gerichtsperson (vgl. für den Kanton ZH GOG ZH 127).
Was wird unter dem Begriff der Parteifähigkeit verstanden?
- Parteifähigkeit ist die Fähigkeit, an einem Prozess als Partei teilnehmen zu können
- Als Kläger = aktive Parteifähigkeit
- Als Beklagter = passive Parteifähigkeit
- Es handelt sich um eine Prozessvoraussetzung (ZPO 59 II lit. c).
- Die Parteifähigkeit ist gem. ZPO 66 das prozessrechtliche Spiegelbild der Rechtsfähigkeit i.S.v. ZGB 11 bzw. 53
- Nicht bloss die klagende oder beklagte Partei, sondern auch Haupt- / Nebenintervenienten oder streitberufene Personen müssen parteifähig sein.
Welche Ausnahmen gibt es vom Grundsatz, dass die Parteifähigkeit sich nach der Rechtsfähigkeit bestimmt?
- ZPO 66 2. Teilsatz
- Das materielle Bundesrecht spricht an sich nicht rechtsfähigen Personengemeinschaften und Vermögensmassen in bestimmten Fällen die Parteifähigkeit zu.
- Kollektivgesellschaft (OR 562)
- Kommanditgesellschaft (OR 602)
- Stockwerkeigentümergemeinschaft, soweit Streitigkeiten im Hinblick auf die Verwaltungstätigkeit der Gemeinschaft bestehen (ZGB 712l)
- Liquidationsmasse im Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (SchKG 319 IV)
- Etc.
Wie ist vorzugehen, wenn bei einer juristischen Person die Rechtsfähigkeit bzw. bei einer Partei die Prozessfähigkeit bestritten ist?
- Ist die Frage Gegenstand des Prozesses, so wird die Parteifähigkeit (BGE 96 II 273, E. 1) bzw. die Prozessfähigkeit (BGE 118 Ia 236, E. 3) für die Dauer des Prozesses angenommen, selbst wenn sich am Ende herausstellt, dass dass der Partei keine Rechts- / Handlungsfähigkeit zukommt.
- Es handelt sich in solchen Fällen demnach um eine doppelrelevante Tatsache.
- Das Verfahren hat diesfalls mit einem Sachurteil zu enden.
Was wird unter dem Begriff der Prozessfähigkeit verstanden?
- Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, in einem Prozess rechtswirksam Handlungen vorzunehmen.
- Es handelt sich um das prozessrechtliche Abbild der Handlungsfähigkeit i.S.v. ZGB 12 ff. bzw. 54 f. (ZPO 67 I).
- Die Prozessfähigkeit ist eine Prozessvoraussetzung (ZPO 59 II lit. c).
In welchem Umfang können beschränkt handlungsunfähige Personen Prozesse führen?
- Siehe ZPO 67 III
- Soweit es um die Ausübung von Rechten geht, die der Person um ihrer Persönlichkeit willen zustehen (ZPO 67 III lit. a, d.h. absolut oder relativ höchstpersönliche Rechte, etwa die Geltenmachung einer Genugtuung).
- Treffen der nötigen Vorkehren, wenn Gefahr im Verzug ist (ZPO 67 III lit. b).
- Aufzählung von ZPO 67 III ist jedoch nicht abschliessend. Prozesfähigkeit besteht etwa auch bei Durchsetzung von Ansprüchen gem. ZGB 323.
- Aufgrund des Prozesskostenrisikos ist das selbständige Prozessieren von Minderjährigen / umfassend Verbeiständeten jedoch nicht generell mit Verweis auf ZGB 19 II (Erlangung unentgeltlicher Vorteile) zulässig.
Was wird unter dem Begriff der Postulationsfähigkeit verstanden?
- Postulationsfähigkeit ist die Fähigkeit, im konkreten Prozess wirksam prozessuale Handlungen vorzunehmen.
- In eigenem Namen oder
- als Vertreter einer Partei (ZPO 68)
- Da in der CH kein Anwaltszwang herrscht (anders als etwa in GER), ist grds. jede prozessfähige Person auch postulationsfähig.
In welchen Fällen kann ein Dritter in eigenem Namen Ansprüche, an denen andere Personen materiell berechtigt sind, prozessual geltend machen? Welche Beispiele gibt es?
- Sog. Fälle der Prozessstandschaft, die auf spezieller Gesetzesvorschrift basieren (grds. keine gewillkürte Prozessstandschaft).
- Dabei fallen die Sachlegitimation und die Prozessführungsbefugnis auseinander.
- Beispiele:
- Willensvollstrecker (ZGB 602 II und 518)
- Erbschaftsverwalter (ZGB 596 sowie 602 III)
- Gläubiger einer nach SchKG 131 II und 260 abgetretenen Forderung
*
Wann liegt Berufsmässigkeit i.S.v. ZPO 68 II vor?
- Ein Vertreter handelt bereits dann berufsmässig, wenn er bereit ist, in einer unbestimmten Zahl von Fällen tätig zu werden.
- Nicht erheblich ist die Entgeltlichkeit bzw. der Erwerbszweck der Vertretung.
(BGE 140 III 555, E. 2)
K klagt gegen B teilklageweise auf 30’000 Fr. Schadenersatz.
B klagt widerklageweise auf Feststellung, dass der gesamte geltend gemachte Schadenersatzanspruch, beziffert auf mindestens 763’897 Fr., nicht besteht.
Ist die Widerklage zulässig?
- Grds. wäre die Hauptklage aufgrund von ZPO 243 I im vereinfachten Verfahren, die Widerklage hingegen im ordentlichen Verfahren zu beurteilen, womit die Widerklage nach ZPO 224 I ausgeschlossen wäre.
- Nach dem BGer besteht dazu jedoch eine Ausnahme im Fall von negativen Feststellungswiderklagen (BGE 143 III 506, E. 4.4):
- Erhebt der Kläger eine echte Teilklage, für die aufgrund ihres Streitwerts von höchstens Fr. 30’000.- nach Art. 243 Abs. 1 ZPO das vereinfachte Verfahren gilt, hindert Art. 224 Abs. 1 ZPO die beklagte Partei nicht daran, eine negative Feststellungswiderklage zu erheben, auch wenn deren Streitwert die Anwendbarkeit des ordentlichen Verfahrens zur Folge hat.
- Haupt- und Widerklage sind diesfalls zusammen im ordentlichen Verfahren zu beurteilen.
Welche zusätzliche (stillschweigende) Voraussetzung gilt für die subjektive Klagenhäufung?
- Es muss die gleiche sachliche Zuständigkeit für alle eingeklagten Ansprüche gelten (BGE 138 III 471, E. 5.1).
- Das setzt Art. 71 ZPO stillschweigend voraus; was für die Klagenhäufung gegen dieselbe Partei gilt (vgl. ZPO 90 lit. a), muss umso mehr für Klagen gegen eine einfache Streitgenossenschaft gelten.
Welche zusätzliche (stillschweigende) Voraussetzung gilt für die Streitverkündungsklage?
Die Voraussetzung der gleichen sachlichen Zuständigkeit ist in Art. 81 ZPO implizit mitenthalten.
Welche Rolle im Hauptprozess nimmt der Streitverkündungsbeklagte ein?
Der Streitverkündungsbeklagte ist im Hauptprozess nicht Hauptpartei, sondern streitberufene Person (BGE 142 III 271, E. 1.1).
Wie wird die Kostenverteilung einer Streitverkündungsklage vorgenommen, wenn die Hauptklage abgewiesen wird?
- Wird die Hauptklage abgewiesen, entfällt nach BGer die Bedingung des in der Streitverkündungsklage geltend gemachten Regressanspruchs.
- Die Streitverkündungsklage ist dann abzuweisen (wird nicht gegenstandslos!) und die Kosten der Streitverkündungsklage sind der Streitverkündungsklägerin aufzuerlegen (BGE 143 III 106).
Wie wird das Vorliegen des Rechtsschutzinteresses i.S.v. ZPO 59 II lit. a geprüft?
- Bei positiven Leistungsklagen sowie Gestaltungsklagen in aller Regel gegeben
- Vertieft zu prüfen bei Feststellungsklagen (sog. Feststellungsinteresse). Setzt kumulativ voraus:
- Ungewissheit oder Unsicherheit über die Rechtslage oder Gefährdung der Rechtsstellung des Klägers,
- deren Fortdauer für den Kläger unzumutbar ist und
Insbesondere bei negativen Feststellungsklagen: Zuwarten auf Leistungsklage der Gegenpartei kann Kläger nicht zugemutet werden.- Ausgenommen im internationalen Verhältnis (BGE 144 III 175).
- Grundsätzlich ausgenommen, wenn Gegenpartei gegen Kläger bereits Betreibung eingeleitet hat und rechtskräftiger Zahlungsbefehl vorliegt (BGE 141 III 68).
- Unmöglichkeit, die Ungewissheit oder Gefährdung anders (insbesondere durch Leistungs- oder Gestaltungsklage) zu beseitigen.
- Vertieft zu prüfen bei Unterlassungsklagen:
- Das Verhalten des Beklagten muss hier eine künftige Verletzung ernstlich befürchten lassen.
Streitgegenstandsbegriff: Was besagt die materiellrechtliche Theorie? Was ist davon zu halten? Wer wendet die Theorie an?
- Der Streitgegenstand wird mit der dem Anspruch zugrunde liegenden materiellen Rechts- bzw. Anspruchsgrundlage gleichgesetzt.
Bei einer Schadenersatzklage aus unerlaubter Handlung läge der Streitgegenstand also in der unerlaubten Handlung, bei einer Schadenersatzklage aus Vertragsverletzung in ebendieser. - Bei Anspruchskonkurrenz würden demnach mehrere Streitgegenstände vorliegen.
- Die Theorie ist abzulehnen.
- Die materiellrechtliche Theorie prägte lange Zeit die Praxis des BGer (heute allerdings nur noch sehr beschränkt).
Streitgegenstandsbegriff: Was versteht man unter dem eingliedrigen Streitgegenstandsbegriff? Was ist davon zu halten?
- Der Streitgegenstand wird mit dem Rechtsbegehren gleichgesetzt.
- Der Sachverhalt, wird lediglich - wo erforderlich (Leistungsklage auf Geld) - zur Auslegung herangezogen. Er stellt aber keine gleichwertige Grösse dar.
- Dieser Streitgegenstandsbegriff führt zu einem zu weiten Streitgegenstand und damit auch zu einer zu weiten Rechtskraftwirkung und ist daher abzulehnen.
Was ist unter dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff zu verstehen? Was ist davon zu halten?
- Der Streitgegenstand wird durch das Rechtsbegehren (Antrag) und den zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhaltskomplex (sog. «Identität des Lebensvorgangs», Klagegrund) gekennzeichnet.
- Beiden Elementen kommt dabei die gleiche Gewichtung zu.
- Materiellrechtliche Überlegungen werden nicht herangezogen. Somit wird vermieden, dass materiellrechtliche Anspruchskonkurrenz zu verschiedenen Streitgegenständen führt.
Welchem Streitgegenstandsbegriff folgt das BGer?
- Das BGer bekennt sich nicht explizit zu einem der in der Lehre vertretenen Streitgegenstandsbegriffe.
- Das BGer bemüht sich um eine eigene Definition.
- Während es sich früher stark an der materiellrechtlichen Theorie orientiert hat, lehnt es sich heute vorwiegend am zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff an:
- “[Die] Identität von prozessualen Ansprüchen [beurteilt sich] nach den Klageanträgen und dem behaupteten Lebenssachverhalt, d.h. dem Tatsachenfundament, auf das sich die Klagebegehren stützen […].”
- In einigen Entscheidungen ist auch eine gewisse Annäherung an die vom EuGH ab 1987 entwickelte sog. Kernpunkttheorie erkennbar.
Wann ist die Feststellungsklage hinsichtlich eines Rechtsverhältnisses zwischen Dritten oder zwischen einer Partei und einem Dritten zulässig?
- Feststellungsinteresse nur ausnahmsweise dann gegeben, wenn Bestand und Inhalt der Rechtsbeziehung unter den Parteien vom Bestehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses zwischen Dritten bzw. zwischen einer der Prozessparteien und Dritten abhängt (BGE 137 III 293, E. 4.2).
- Das schutzwürdige Interesse fehlt, wenn die verlangte Feststellung gegenüber der betroffenen Person nicht verbindlich wäre, d. h. das angestrebte Feststellungsurteil den Dritten nicht zu binden vermag (BGer, 4C.147/2004, E. 2).
- Das Feststellungsinteresse muss immer zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestehen (BGE 138 III 174 E. 2.3).
Wann ist das Rechtsschutzinteresse im Falle von Unterlassungsklagen gegeben?
Bei einer erst drohenden Rechtsverletzung kann eine vorsorgliche Unterlassungsklage erhoben werden,
- wenn das Verhalten der beklagten Partei die künftige Begehung ernstlich befürchten lässt,
- sie also unmittelbar droht.
Worauf ist bei Unterlassungsklagen besondere Aufmerksamkeit zu richten?
- Das Unterlassungsbegehren muss genügend bestimmt sein.
- Dem Bestimmtheitserfordernis wird bei der Unterlassungsklage dann ausreichend nachgekommen, wenn sie auf das Verbot eines genügend bestimmten Verhaltens gerichtet ist.
- Es empfiehlt sich in der Praxis, die verschiedenen Handlungen, mit denen die Rechtsverletzung begangen werden könnte, im Rechtsbegehren aufzuzählen.
Streitgegenstandsbegriff: Was wird unter der Kernpunkttheorie verstanden? Wer wendet sie an?
- Der «Kern des Prozesses» ist ausschlaggebend zur Bestimmung des Streitgegenstands.
- Gem. EuGH ist darauf abzustellen,
- ob die fraglichen Klagen dieselbe Grundlage (in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht) aufweisen, und
- ob die Klagen denselben Gegenstand beinhalten, d.h. denselben Zweck verfolgen.
Dies ist etwa bei einer Klage auf Vertragserfüllung und einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages erfüllt.
- Die Kernpunkttheorie nähert sich damit dem dreigliedrigen Streitgegenstandsbegriff.
- Die Kernpunkttheorie wird vom EuGH angewandt. Das BGer stützt wendet im Geltungsbereich von IPRG und LugÜ ebenfalls die Kernpunkttheorie an.
Wie ist das Verhältnis von ZPO 90 und 93 I?
- Art. 93 Abs. 1 ZPO so zu verstehen, dass die Zusammenrechnung vorgängig zur Prüfung nach Art. 90 ZPO zu erfolgen hat.
- Die Voraussetzungen der gleichen sachlichen Zuständigkeit (lit. a) und der gleichen Verfahrensart (lit. b) sind auf Grundlage der bereits addierten Streitwerte zu prüfen.
- Dies gilt zumindest bei engem sachlichem Zusammenhang zwischen den gehäuften Ansprüchen (BGE 142 III 788, E. 4.2.3 ff.).
Welche Arten der Teilklage werden unterschieden?
Echte / unechte Teilklage:
- Bei der echten Teilklage wird ein Teilbetrag (quantitativ) einer Gesamtforderung eingeklagt.
- Bei der unechten Teilklage wird ein «individualisierter Anspruch», der sich entweder zeitlich oder aufgrund des Rechtsgrundes (z. B. Schadenersatz oder Lohnforderung) «von anderen aus demselben Lebenssachverhalt abgeleiteten Forderungen abgrenzen lässt» eingeklagt.
Offene / verdeckte Teilklage:
- Eine offene Teilklage liegt vor, wenn die klagende Partei z. B. durch den Vorbehalt der Geltendmachung weiterer Ansprüche schon im Prozess über die Teilklage verdeutlicht (sich vorbehält), dass das gestellte Rechtsbegehren noch nicht alle Ansprüche aus dem der offenen Teilklage zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt ausschöpft;
- andernfalls liegt eine verdeckte Teilklage vor.