ZPR Flashcards

1
Q

Haben Kantone, die ein Handelsgericht i.S.v. ZPO 6 I geschaffen haben, einen Spielraum, welche Streitigkeiten sie diesem Gericht zuweisen?

A
  • Besteht ein Handelsgericht, müssen handelsrechtliche Streitigkeiten i.S.v. ZPO 6 II zwingend der Handelsgerichtsbarkeit unterstellt werden.
  • Für eine weitere Zuständigkeitsregelung in Bezug auf handelsrechtliche Streitigkeiten durch die Kantone verbleibt kein Raum (BGE 140 III 155, E. 4.3).
  • Die Kantone können dem Handelsgericht jedoch auch Streitigkeiten nach ZPO 6 IV zuweisen.
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2
Q

Welche Besonderheit besteht bei der Anfechtung von Urteilen kantonaler Handelsgerichte vor BGer?

A

Es besteht gem. BGG 74 II lit. b i.V.m. ZPO 6 kein Streitwerterfordernis.

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3
Q

Was wird unter der sachlichen Zuständigkeit verstanden? Wo wird sie geregelt?

A
  • Unter sachlicher Zuständigkeit ist die Verteilung von Zivilprozessen auf allenfalls verschiedene Gerichte bzw. gerichtsinterne Organisationseinheiten zu verstehen.
  • Geregelt wird sie in den entsprechenden kantonalen Erlassen (bspw. GOG ZH, GOG BS etc.).
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4
Q

Was wird unter funktioneller Zuständigkeit verstanden?

A
  • Funktionelle Zuständigkeit ist die Verteilung der gerichtlichen Aufgaben auf verschiedene Gerichtsinstanzen oder gerichtliche Funktionsträger in einer bestimmten Angelegenheit.
  • Sie bildet einen Teil der sachlichen Zuständigkeit.
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5
Q

Was wird unter örtlicher Zuständigkeit verstanden?

A

Die örtliche Zuständigkeit bestimmt, an welchem Ort das Gericht anzurufen ist (sog. Gerichtsstand oder forum).

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6
Q

In welcher Reihenfolge ist die Zuständigkeit zu prüfen?

A
  1. Örtliche Zuständigkeit
  2. Sachliche Zuständigkeit
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7
Q

Wann ist von einem internationalen SV auszugehen und was ist die Folge davon?

A
  • Immer dann, wenn der SV einen IPR-relevanten Auslandsbezug aufweist, insb. dann, wenn eine Partei ihren Wohnsitz im Ausland hat.
  • Dann bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit in erster Linie nach allfälligen Staatsverträgen; bestehen keine solchen, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit aus dem IPRG.
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8
Q

Wer ist zur Regelung der sachlichen und funktionellen Zuständigkeit kompetent?

A

Die Kantone, sofern die ZPO nicht etwas anderes bestimmt (ZPO 4 I).

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9
Q

Welche Arten von Zuständigkeiten werden nach der ZPO unterschieden?

A
  • Ausschliessliche und alternative Zuständigkeiten
  • Absolut bzw. relativ zwingende (auch teilzwingende genannt) und nicht zwingende Zuständigkeiten
  • Allgemeine und besondere Zuständigkeiten
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10
Q

Wann handelt es sich um einen ausschliesslichen Gerichtsstand?

A
  • Ein Gerichtsstand ist dann ausschliesslich, wenn neben ihm kein anderer im Gesetz vorgesehener Gerichtsstand zur Verfügung steht.
  • Ausnahmen davon sind die Einlassung (ZPO 18) sowie die Gerichtsstandsvereinbarung (ZPO 17), welche zulässig sind bei ausschliesslichem und nicht zwingendem Gerichtsstand.
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11
Q

Wann spricht man von einem alternativen Gerichtsstand?

A

Wenn das Gesetz dem Kläger eine Auswahl an Gerichtsständen zur Verfügung stellt.

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12
Q

Wie ist erkennbar, ob es sich um einen zwingenden Gerichtsstand handelt?

A

Gemäss ZPO 9 I sind Gerichtsstände nach ZPO ausschliesslich dann zwingend, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht.

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13
Q

Wann ist ein Gerichtsstand absolut zwingend? Was sind die Folgen davon?

A
  • Wenn die Parteien von ihm nicht abweichen können (ZPO 9 II).
  • Es ist weder eine Einlassung (ZPO 18) noch eine Gerichtsstandsvereinbarung (ZPO 17) möglich.
  • Teilweise sieht das Gesetz alternativ mehrere zwingende Zuständigkeiten vor, sodass der Kläger die Wahl hat (z.B. ZPO 13, 23-27).
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14
Q

Wann ist ein Gerichtsstand relativ zwingend (bzw. teilzwingend)?

A
  • Wenn auf ihn seitens der “sozial schwächeren” Partei (Mieter, Arbeitnehmer etc.) weder im Voraus (durch Gerichtsstandsvereinbarung) noch durch Einlassung verzichtet werden kann (ZPO 35).
  • Stets zulässig ist hingegen der Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung nach Entstehung der Streitigkeit (ZPO 35 II).
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15
Q

Was wird unter dem allgemeinen Gerichtsstand verstanden und wann steht er zur Verfügung? Was sind besondere Gerichtsstände?

A
  • Der Gerichtsstand am Wohnsitz bzw. Sitz der beklagten Partei (ZPO 10 I lit. a und b).
  • Alle übrigen Gerichtsstände heissen besondere Gerichtsstände.
  • Der allgemeine Gerichtsstand steht nur dann zur Verfügung, wenn das Gesetz keinen besonderen Gerichtsstand vorsieht (ZPO 10 I Satz 1).
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16
Q

Welche Aspekte der Zuständigkeit können mit einer Gerichtsstandsvereinbarung i.S.v. ZPO 17 vereinbart werden?

A

Lediglich die örtliche Zuständigkeit - nicht aber die die sachliche Zuständigkeit (BGE 138 III 471, E. 3).

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17
Q

Wie beurteilt sich die Gültigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung, die vor Entstehung einer Streitigkeit im Anwendungsbereich eines relativ zwingenden Gerichtsstands geschlossen wurde?

A

Die Gerichtsstandsvereinbarung ist für die “sozial schwächere” Partei einseitig unverbindlich (ZPO 35 I).

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18
Q

Was ist die Bedeutung von ZPO 17 I Satz 2?

A
  • Es handelt sich um eine Vermutung zugunsten der Ausschliesslichkeit der Gerichtsstandsvereinbarung.
  • Wenn ein anderes als das vereinbarte Gericht angerufen wird, kann der Beklagte dessen Unzuständigkeit einwenden und es liegt am Kläger, die Nicht-Ausschliesslichkeit zu beweisen.
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19
Q

In welcher Form kann eine Gerichtsstandsvereinbarung geschlossen werden?

A
  • Siehe ZPO 17 II.
  • Der Schriftlichkeit gleichgestellt sind Vereinbarungen mittels E-Mail oder Fax.
  • Ebenfalls zulässig ist die mündliche Vereinbarung mit nachfolgender schriftlicher Bestätigung.
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20
Q

Was bedeutet Einlassung i.S.v. ZPO 18?

A

Einlassung bedeutet, dass eine prozessuale Handlung der beklagten Partei nachträglich zur örtlichen Zuständigkeit des Gerichts führt, die ursprünglich nicht vorlag.

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21
Q

Was stellt insbesondere keine Äusserung zur Sache i.S.v. ZPO 18 dar?

A
  • Die Erhebung der Unzuständigkeitseinrede (sog. nichteinlässliche Klageantwort) oder
  • das Vorbringen sonstiger prozessualer Vorfragen.
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22
Q

In welchen Fällen ist keine Einlassung möglich?

A
  • “Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt” stellt einen Vorbehalt zugusnten der zwingenden Zuständigkeitsvorschriften dar.
  • Besteht also eine absolut oder relativ zwingende Zuständigkeit, hat sich das Gericht von Amtes wegen für unzuständig zu erklären (ZPO 60).
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23
Q

(Wie) Muss das Gericht seine Zuständigkeit überprüfen?

A
  • Das Gericht hat gem. ZPO 60 seine Zuständigkeit von Amtes wegen zu prüfen.
  • Angesichts der Möglichkeit der Einlassung wird dabei aber nur geprüft, ob eine (teil-)zwingende örtliche Zuständigkeit besteht.
  • Stets zu prüfen hat das Gericht hingegen seine sachliche Zuständigkeit.
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24
Q

Was ist die Folge fehlender örtlicher oder sachlicher Zuständigkeit?

A
  • Das Vorliegen örtlicher und sachlicher Zuständigkeit ist eine Prozessvoraussetzung (ZPO 59 II lit. b).
  • Zwingende Folge fehlender Zuständigkeit ist demnach ein Nichteintretensentscheid (siehe ZPO 236 I).
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25
Q

Was geschieht, wenn der Kläger (rechtzeitig) ein unzuständiges Gericht anruft?

A
  • Nach dem Nichteintretensentscheid würde grds. die Rechtshängigkeit entfallen (vgl. ZPO 65).
  • Dem wirkt jedoch ZPO 63 I entgegen: Tritt das Gericht aufgrund fehlender örtlicher (nur diese wird in der ZPO geregelt!) Zuständigkeit nicht ein oder wird die Klage zurückgezogen und reicht der Kläger die Klage innert eines Monats beim zuständigen Gericht neu ein, so gilt als Zeitpunkt der Klageanhebung das Datum der ersten Einreichung.
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26
Q

Was ist die sog. perpetuatio fori und wann tritt sie ein?

A
  • Die Fixierung des Gerichtsstands.
  • Massgebend sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit.
  • Ändert der Beklagte nachträglich seinen Wohnsitz, bleibt der einmal begründete Gerichtsstand dennoch bestehen (er wird perpetuiert) (ZPO 64 I lit. b).
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27
Q

In welchen Fällen ist die Bestimmung von ZPO 14 I überhaupt von Bedeutung?

A
  • Nur dann, wenn für die Widerklage eine andere örtliche Zuständigkeit gelten würde als für die Hauptklage.
  • Dann ist nämlich der in ZPO 14 I genannte sachliche Zusammenhang (Konnexität) erforderlich, der die Begründung einer örtlichen Zuständigkeit für die Widerklage am Ort der Hauptklage rechtfertigt.
  • Die Konnexität ist demnach keine eigenständige allgemeine Voraussetzung der Widerklage i.S.v. ZPO 224.
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28
Q

Wann liegt Konnexität i.S.v. ZPO 14 vor?

A
  • Wenn beide Ansprüche auf dem gleichen sachlichen oder rechtlichen Grund beruhen (z.B. auf dem gleichen Lebenssachverhalt oder Vertrag).
  • Nicht ausreichend sind jedoch allgemeine personelle Verflechtungen oder Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien (BGE 129 III 230, E. 3).
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29
Q

Welche Gründe fallen alle unter ZPO 14 II?

A
  • Nicht bloss Rückzug und Anerkennung der Hauptklage, sondern auch
  • Nichteintreten (z.B. infolge fehlender örtlicher Zuständigkeit oder Nichtleistung des Kostenvorschusses gem. ZPO 59 II lit. b und f).
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30
Q

Was ist subjektive Klagenhäufung i.S.v. ZPO 15 I?

A

Auf der Kläger- oder der Beklagtenseite (oder beiden) ist eine Mehrheit von Hauptparteien vorhanden.

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31
Q

Was ist objektive Klagenhäufung i.S.v. ZPO 15 II?

A
  • Objektive Klagenhäufung liegt vor, wenn die klagende Partei mittels einer einzigen Klage mehrere selbständige Ansprüche durchsetzen will (wozu sie auch mehrere selbständige Klagen erheben könnte).
  • Von objektiver Klagenhäufung kann jedoch nur gesprochen werden, wenn es sich um mehrere Streitgegenstände handelt.
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32
Q

Wann besteht ein sachlicher Zusammenhang i.S.v. ZPO 15 II?

A

Konnexität ist - wie auch im Zusammenhang mit ZPO 14 I sowie 15 I (i.V.m. 71 I) gegeben, wenn die Ansprüche des Klägers im Wesentlichen auf den gleichen Tatsachen oder Rechtsgründen beruhen.

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33
Q

Wann ist eine Berufung auf den Gerichtsstand der Streitgenossenschaft oder Klagenhäufung ausgeschlossen?

A

Wenn dadurch (also durch die Anwendung von ZPO 15) Vorschriften über zwingende oder teilzwingende Gerichtsstände verletzt würden.

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34
Q

Was wird unter dem Begriff Unparteilichkeit verstanden und woraus ergibt sich das Gebot der Unparteilichkeit?

A
  • Die Unvoreingenommenheit des Richters gegenüber einer Partei.
  • Das Gebot der Unparteilichkeit ergibt sich aus BV 30 I.
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35
Q

Wie ist das Vorgehen, wenn der Anschein mangelnder Unparteilichkeit besteht?

A
  • Die betreffende Gerichtsperson muss den Ausstandsgrund i.S.v. ZPO 47 bzw. BGG 34 von sich aus offenlegen und in den Ausstand treten (ZPO 48 bzw. BGG 35).
  • Unterbleibt dies, kann eine Partei ein Ausstandsgesuch stellen, damit die betreffende Gerichtsperson abgelehnt wird (ZPO 49 I, BGG 36 I), zu dem die betroffene Gerichtsperson Stellung nehmen muss (ZPO 49 II, BGG 36 II).
  • Der Anspruch auf Stellung eines Ausstandsgesuchs verwirkt, wenn die betroffene Partei nach Kenntnisnahme des Ausstandsgrundes zu lange zuwartet.
  • Bestreitet die Gerichtsperson den Ausstandsgrund, entscheidet das Gericht (ZPO 50 I, BGG 37 I).
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36
Q

Wonach wird das Vorliegen von Befangenheit beurteilt?

A
  • Entscheidend ist eine objektive Sichtweise.
  • Es genügt allerdings der Anschein der Befangenheit oder die Gefahr der Voreingenommenheit (BGE 140 III 221, E. 4.1).
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37
Q

Welche anderen Befangenheitsgründe i.S.v. ZPO 47 I lit. f sind denkbar?

A
  • Die Beziehung des Ehegatten eine Richters zu einer Partei (jedoch nicht zwingend, siehe BGer 1P.180/2004, E. 2).
  • Ein Richter, der Strafanzeige wegen Ehrverletzung erhoben hat, hat in einem späteren Verfahren, in dem der Urheber der Verletzer beteiligt ist, von sich aus in den Ausstand zu treten (BGE 134 I 20).
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38
Q

Wie ist die Aufzählung von ZPO 47 II zu verstehen?

A
  • Vorbefasstheit alleine genügt nicht zur Annahme einer Befangenheit.
  • Allerdings kann bei Vorliegen weiterer Umstände durchaus Befangenheit vorliegen.
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39
Q

In welcher Verfahrensart wird über ein streitiges Ausstandsbegehren entschieden? Wer ist zuständig?

A
  • Der Entscheid gem. ZPO 50 ergeht i.d.R. im summarischen Verfahren nach ZPO 248 ff.
  • Zuständig ist meist die Aufsichtsbehörde oder das Gericht unter Ausschluss der betroffenen Gerichtsperson (vgl. für den Kanton ZH GOG ZH 127).
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40
Q

Was wird unter dem Begriff der Parteifähigkeit verstanden?

A
  • Parteifähigkeit ist die Fähigkeit, an einem Prozess als Partei teilnehmen zu können
    • Als Kläger = aktive Parteifähigkeit
    • Als Beklagter = passive Parteifähigkeit
  • Es handelt sich um eine Prozessvoraussetzung (ZPO 59 II lit. c).
  • Die Parteifähigkeit ist gem. ZPO 66 das prozessrechtliche Spiegelbild der Rechtsfähigkeit i.S.v. ZGB 11 bzw. 53
  • Nicht bloss die klagende oder beklagte Partei, sondern auch Haupt- / Nebenintervenienten oder streitberufene Personen müssen parteifähig sein.
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41
Q

Welche Ausnahmen gibt es vom Grundsatz, dass die Parteifähigkeit sich nach der Rechtsfähigkeit bestimmt?

A
  • ZPO 66 2. Teilsatz
  • Das materielle Bundesrecht spricht an sich nicht rechtsfähigen Personengemeinschaften und Vermögensmassen in bestimmten Fällen die Parteifähigkeit zu.
    • Kollektivgesellschaft (OR 562)
    • Kommanditgesellschaft (OR 602)
    • Stockwerkeigentümergemeinschaft, soweit Streitigkeiten im Hinblick auf die Verwaltungstätigkeit der Gemeinschaft bestehen (ZGB 712l)
    • Liquidationsmasse im Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (SchKG 319 IV)
    • Etc.
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42
Q

Wie ist vorzugehen, wenn bei einer juristischen Person die Rechtsfähigkeit bzw. bei einer Partei die Prozessfähigkeit bestritten ist?

A
  • Ist die Frage Gegenstand des Prozesses, so wird die Parteifähigkeit (BGE 96 II 273, E. 1) bzw. die Prozessfähigkeit (BGE 118 Ia 236, E. 3) für die Dauer des Prozesses angenommen, selbst wenn sich am Ende herausstellt, dass dass der Partei keine Rechts- / Handlungsfähigkeit zukommt.
  • Es handelt sich in solchen Fällen demnach um eine doppelrelevante Tatsache.
  • Das Verfahren hat diesfalls mit einem Sachurteil zu enden.
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Perfectly
43
Q

Was wird unter dem Begriff der Prozessfähigkeit verstanden?

A
  • Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, in einem Prozess rechtswirksam Handlungen vorzunehmen.
  • Es handelt sich um das prozessrechtliche Abbild der Handlungsfähigkeit i.S.v. ZGB 12 ff. bzw. 54 f. (ZPO 67 I).
  • Die Prozessfähigkeit ist eine Prozessvoraussetzung (ZPO 59 II lit. c).
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44
Q

In welchem Umfang können beschränkt handlungsunfähige Personen Prozesse führen?

A
  • Siehe ZPO 67 III
    • Soweit es um die Ausübung von Rechten geht, die der Person um ihrer Persönlichkeit willen zustehen (ZPO 67 III lit. a, d.h. absolut oder relativ höchstpersönliche Rechte, etwa die Geltenmachung einer Genugtuung).
    • Treffen der nötigen Vorkehren, wenn Gefahr im Verzug ist (ZPO 67 III lit. b).
  • Aufzählung von ZPO 67 III ist jedoch nicht abschliessend. Prozesfähigkeit besteht etwa auch bei Durchsetzung von Ansprüchen gem. ZGB 323.
  • Aufgrund des Prozesskostenrisikos ist das selbständige Prozessieren von Minderjährigen / umfassend Verbeiständeten jedoch nicht generell mit Verweis auf ZGB 19 II (Erlangung unentgeltlicher Vorteile) zulässig.
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45
Q

Was wird unter dem Begriff der Postulationsfähigkeit verstanden?

A
  • Postulationsfähigkeit ist die Fähigkeit, im konkreten Prozess wirksam prozessuale Handlungen vorzunehmen.
    • In eigenem Namen oder
    • als Vertreter einer Partei (ZPO 68)
  • Da in der CH kein Anwaltszwang herrscht (anders als etwa in GER), ist grds. jede prozessfähige Person auch postulationsfähig.
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46
Q

In welchen Fällen kann ein Dritter in eigenem Namen Ansprüche, an denen andere Personen materiell berechtigt sind, prozessual geltend machen? Welche Beispiele gibt es?

A
  • Sog. Fälle der Prozessstandschaft, die auf spezieller Gesetzesvorschrift basieren (grds. keine gewillkürte Prozessstandschaft).
  • Dabei fallen die Sachlegitimation und die Prozessführungsbefugnis auseinander.
  • Beispiele:
    • Willensvollstrecker (ZGB 602 II und 518)
    • Erbschaftsverwalter (ZGB 596 sowie 602 III)
    • Gläubiger einer nach SchKG 131 II und 260 abgetretenen Forderung
      *
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47
Q

Wann liegt Berufsmässigkeit i.S.v. ZPO 68 II vor?

A
  • Ein Vertreter handelt bereits dann berufsmässig, wenn er bereit ist, in einer unbestimmten Zahl von Fällen tätig zu werden.
  • Nicht erheblich ist die Entgeltlichkeit bzw. der Erwerbszweck der Vertretung.

(BGE 140 III 555, E. 2)

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48
Q

K klagt gegen B teilklageweise auf 30’000 Fr. Schadenersatz.

B klagt widerklageweise auf Feststellung, dass der gesamte geltend gemachte Schadenersatzanspruch, beziffert auf mindestens 763’897 Fr., nicht besteht.

Ist die Widerklage zulässig?

A
  • Grds. wäre die Hauptklage aufgrund von ZPO 243 I im vereinfachten Verfahren, die Widerklage hingegen im ordentlichen Verfahren zu beurteilen, womit die Widerklage nach ZPO 224 I ausgeschlossen wäre.
  • Nach dem BGer besteht dazu jedoch eine Ausnahme im Fall von negativen Feststellungswiderklagen (BGE 143 III 506, E. 4.4):
    • Erhebt der Kläger eine echte Teilklage, für die aufgrund ihres Streitwerts von höchstens Fr. 30’000.- nach Art. 243 Abs. 1 ZPO das vereinfachte Verfahren gilt, hindert Art. 224 Abs. 1 ZPO die beklagte Partei nicht daran, eine negative Feststellungswiderklage zu erheben, auch wenn deren Streitwert die Anwendbarkeit des ordentlichen Verfahrens zur Folge hat.
    • Haupt- und Widerklage sind diesfalls zusammen im ordentlichen Verfahren zu beurteilen.
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49
Q

Welche zusätzliche (stillschweigende) Voraussetzung gilt für die subjektive Klagenhäufung?

A
  • Es muss die gleiche sachliche Zuständigkeit für alle eingeklagten Ansprüche gelten (BGE 138 III 471, E. 5.1).
  • Das setzt Art. 71 ZPO stillschweigend voraus; was für die Klagenhäufung gegen dieselbe Partei gilt (vgl. ZPO 90 lit. a), muss umso mehr für Klagen gegen eine einfache Streitgenossenschaft gelten.
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50
Q

Welche zusätzliche (stillschweigende) Voraussetzung gilt für die Streitverkündungsklage?

A

Die Voraussetzung der gleichen sachlichen Zuständigkeit ist in Art. 81 ZPO implizit mitenthalten.

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51
Q

Welche Rolle im Hauptprozess nimmt der Streitverkündungsbeklagte ein?

A

Der Streitverkündungsbeklagte ist im Hauptprozess nicht Hauptpartei, sondern streitberufene Person (BGE 142 III 271, E. 1.1).

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52
Q

Wie wird die Kostenverteilung einer Streitverkündungsklage vorgenommen, wenn die Hauptklage abgewiesen wird?

A
  • Wird die Hauptklage abgewiesen, entfällt nach BGer die Bedingung des in der Streitverkündungsklage geltend gemachten Regressanspruchs.
  • Die Streitverkündungsklage ist dann abzuweisen (wird nicht gegenstandslos!) und die Kosten der Streitverkündungsklage sind der Streitverkündungsklägerin aufzuerlegen (BGE 143 III 106).
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53
Q

Wie wird das Vorliegen des Rechtsschutzinteresses i.S.v. ZPO 59 II lit. a geprüft?

A
  • Bei positiven Leistungsklagen sowie Gestaltungsklagen in aller Regel gegeben
  • Vertieft zu prüfen bei Feststellungsklagen (sog. Feststellungsinteresse). Setzt kumulativ voraus:
    1. Ungewissheit oder Unsicherheit über die Rechtslage oder Gefährdung der Rechtsstellung des Klägers,
    2. deren Fortdauer für den Kläger unzumutbar ist und
      Insbesondere bei negativen Feststellungsklagen: Zuwarten auf Leistungsklage der Gegenpartei kann Kläger nicht zugemutet werden.
      • Ausgenommen im internationalen Verhältnis (BGE 144 III 175).
      • Grundsätzlich ausgenommen, wenn Gegenpartei gegen Kläger bereits Betreibung eingeleitet hat und rechtskräftiger Zahlungsbefehl vorliegt (BGE 141 III 68).
    3. Unmöglichkeit, die Ungewissheit oder Gefährdung anders (insbesondere durch Leistungs- oder Gestaltungsklage) zu beseitigen.
  • Vertieft zu prüfen bei Unterlassungsklagen:
    • Das Verhalten des Beklagten muss hier eine künftige Verletzung ernstlich befürchten lassen.
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54
Q

Streitgegenstandsbegriff: Was besagt die materiellrechtliche Theorie? Was ist davon zu halten? Wer wendet die Theorie an?

A
  • Der Streitgegenstand wird mit der dem Anspruch zugrunde liegenden materiellen Rechts- bzw. Anspruchsgrundlage gleichgesetzt.
    Bei einer Schadenersatzklage aus unerlaubter Handlung läge der Streitgegenstand also in der unerlaubten Handlung, bei einer Schadenersatzklage aus Vertragsverletzung in ebendieser.
  • Bei Anspruchskonkurrenz würden demnach mehrere Streitgegenstände vorliegen.
  • Die Theorie ist abzulehnen.
  • Die materiellrechtliche Theorie prägte lange Zeit die Praxis des BGer (heute allerdings nur noch sehr beschränkt).
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55
Q

Streitgegenstandsbegriff: Was versteht man unter dem eingliedrigen Streitgegenstandsbegriff? Was ist davon zu halten?

A
  • Der Streitgegenstand wird mit dem Rechtsbegehren gleichgesetzt.
  • Der Sachverhalt, wird lediglich - wo erforderlich (Leistungsklage auf Geld) - zur Auslegung herangezogen. Er stellt aber keine gleichwertige Grösse dar.
  • Dieser Streitgegenstandsbegriff führt zu einem zu weiten Streitgegenstand und damit auch zu einer zu weiten Rechtskraftwirkung und ist daher abzulehnen.
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56
Q

Was ist unter dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff zu verstehen? Was ist davon zu halten?

A
  • Der Streitgegenstand wird durch das Rechtsbegehren (Antrag) und den zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhaltskomplex (sog. «Identität des Lebensvorgangs», Klagegrund) gekennzeichnet.
  • Beiden Elementen kommt dabei die gleiche Gewichtung zu.
  • Materiellrechtliche Überlegungen werden nicht herangezogen. Somit wird vermieden, dass materiellrechtliche Anspruchskonkurrenz zu verschiedenen Streitgegenständen führt.
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57
Q

Welchem Streitgegenstandsbegriff folgt das BGer?

A
  • Das BGer bekennt sich nicht explizit zu einem der in der Lehre vertretenen Streitgegenstandsbegriffe.
  • Das BGer bemüht sich um eine eigene Definition.
  • Während es sich früher stark an der materiellrechtlichen Theorie orientiert hat, lehnt es sich heute vorwiegend am zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff an:
  • “[Die] Identität von prozessualen Ansprüchen [beurteilt sich] nach den Klageanträgen und dem behaupteten Lebenssachverhalt, d.h. dem Tatsachenfundament, auf das sich die Klagebegehren stützen […].”
  • In einigen Entscheidungen ist auch eine gewisse Annäherung an die vom EuGH ab 1987 entwickelte sog. Kernpunkttheorie erkennbar.
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58
Q

Wann ist die Feststellungsklage hinsichtlich eines Rechtsverhältnisses zwischen Dritten oder zwischen einer Partei und einem Dritten zulässig?

A
  • Feststellungsinteresse nur ausnahmsweise dann gegeben, wenn Bestand und Inhalt der Rechtsbeziehung unter den Parteien vom Bestehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses zwischen Dritten bzw. zwischen einer der Prozessparteien und Dritten abhängt (BGE 137 III 293, E. 4.2).
  • Das schutzwürdige Interesse fehlt, wenn die verlangte Feststellung gegenüber der betroffenen Person nicht verbindlich wäre, d. h. das angestrebte Feststellungsurteil den Dritten nicht zu binden vermag (BGer, 4C.147/2004, E. 2).
  • Das Feststellungsinteresse muss immer zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestehen (BGE 138 III 174 E. 2.3).
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59
Q

Wann ist das Rechtsschutzinteresse im Falle von Unterlassungsklagen gegeben?

A

Bei einer erst drohenden Rechtsverletzung kann eine vorsorgliche Unterlassungsklage erhoben werden,

  • wenn das Verhalten der beklagten Partei die künftige Begehung ernstlich befürchten lässt,
  • sie also unmittelbar droht.
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60
Q

Worauf ist bei Unterlassungsklagen besondere Aufmerksamkeit zu richten?

A
  • Das Unterlassungsbegehren muss genügend bestimmt sein.
  • Dem Bestimmtheitserfordernis wird bei der Unterlassungsklage dann ausreichend nachgekommen, wenn sie auf das Verbot eines genügend bestimmten Verhaltens gerichtet ist.
  • Es empfiehlt sich in der Praxis, die verschiedenen Handlungen, mit denen die Rechtsverletzung begangen werden könnte, im Rechtsbegehren aufzuzählen.
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61
Q

Streitgegenstandsbegriff: Was wird unter der Kernpunkttheorie verstanden? Wer wendet sie an?

A
  • Der «Kern des Prozesses» ist ausschlaggebend zur Bestimmung des Streitgegenstands.
  • Gem. EuGH ist darauf abzustellen,
    1. ob die fraglichen Klagen dieselbe Grundlage (in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht) aufweisen, und
    2. ob die Klagen denselben Gegenstand beinhalten, d.h. denselben Zweck verfolgen.
      Dies ist etwa bei einer Klage auf Vertragserfüllung und einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages erfüllt.
  • Die Kernpunkttheorie nähert sich damit dem dreigliedrigen Streitgegenstandsbegriff.
  • Die Kernpunkttheorie wird vom EuGH angewandt. Das BGer stützt wendet im Geltungsbereich von IPRG und LugÜ ebenfalls die Kernpunkttheorie an.
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62
Q

Wie ist das Verhältnis von ZPO 90 und 93 I?

A
  • Art. 93 Abs. 1 ZPO so zu verstehen, dass die Zusammenrechnung vorgängig zur Prüfung nach Art. 90 ZPO zu erfolgen hat.
  • Die Voraussetzungen der gleichen sachlichen Zuständigkeit (lit. a) und der gleichen Verfahrensart (lit. b) sind auf Grundlage der bereits addierten Streitwerte zu prüfen.
  • Dies gilt zumindest bei engem sachlichem Zusammenhang zwischen den gehäuften Ansprüchen (BGE 142 III 788, E. 4.2.3 ff.).
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63
Q

Welche Arten der Teilklage werden unterschieden?

A

Echte / unechte Teilklage:

  • Bei der echten Teilklage wird ein Teilbetrag (quantitativ) einer Gesamtforderung eingeklagt.
  • Bei der unechten Teilklage wird ein «individualisierter Anspruch», der sich entweder zeitlich oder aufgrund des Rechtsgrundes (z. B. Schadenersatz oder Lohnforderung) «von anderen aus demselben Lebenssachverhalt abgeleiteten Forderungen abgrenzen lässt» eingeklagt.

Offene / verdeckte Teilklage:

  • Eine offene Teilklage liegt vor, wenn die klagende Partei z. B. durch den Vorbehalt der Geltendmachung weiterer Ansprüche schon im Prozess über die Teilklage verdeutlicht (sich vorbehält), dass das gestellte Rechtsbegehren noch nicht alle Ansprüche aus dem der offenen Teilklage zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt ausschöpft;
  • andernfalls liegt eine verdeckte Teilklage vor.
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64
Q

Ist es zulässig, bei einer objektiven Klagehäufung nur einen Teil der Gesamtforderung einzuklagen (unter Vorbehalt der Nachforderung), es aber dem Gericht zu überlassen, auf welche konkrete Forderung der eingeklagte Teil angerechnet werden soll?

A

Seit der Rechtsprechungsänderung in BGE 144 III 452, E. 2.4: Ja.

  • In Änderung der Rechtsprechung ist auf das Erfordernis zu verzichten, dass, wenn mehrere Ansprüche in einer Teilklage gehäuft werden, in der Klage zu präzisieren ist, in welcher Reihenfolge und/oder in welchem Umfang die einzelnen Ansprüche geltend gemacht werden.
  • Es ist lediglich zu verlangen, dass die klagende Partei hinreichend substanziiert behauptet, es bestehe eine den eingeklagten Betrag übersteigende Forderung.
65
Q

Was ist zu beachten, damit das Gericht der obsiegenden Partei eine Parteientschädigung zuspricht?

A
  • Die Zusprechung einer Parteientschädigung unterliegt der Dispositionsmaxime.
  • Sie erfolgt damit nur auf Antrag der Partei hin (vgl. auch ZPO 105 II, der im Gegensatz zu 105 I keine Festsetzung von Amtes wegen vorsieht).
  • Die Höhe muss nicht beziffert werden, es kann allerdings eine Kostennote eingereicht werden (ZPO 105 II).
66
Q

Wie ist die Vorschrift von ZPO 98 zu verstehen?

A
  • ZPO 98 ist als kann-Vorschrift formuliert und auch so zu verstehen.
  • Das Gericht kann, muss aber keinen Gerichtskostenvorschuss erheben.
  • Allerdings ist die Erhebung des vollen Vorschusses die Regel und die Verfügung eines geringeren oder gar keines Kostenvorschusses die Ausnahme (BGE 140 III 159, E. 4.2).
  • Das Gericht muss allerdings nicht mit der Fristansetzung zur Klageantwort warten, bis der Vorschuss eingegangen ist (freies Ermessen des Gerichts zur Verfahrensbeschleunigung, siehe BGE 140 III 159, E. 4.2 f.).
67
Q

Wie erreicht die beklagte Partei, dass der Kläger eine Sicherheit für die Parteientschädigung leistet?

A
  • Der beklagte muss einen Antrag auf diese sog. Prozesskaution stellen (ZPO 99 I).
  • Es ist nicht notwendig, die Höhe der Prozesskaution zu beziffern (BGE 140 III 444).
68
Q

Wonach wird das Vorliegen von Mittellosigkeit i.S.v. ZPO 117 lit. a beurteilt?

A

Gegenüberstellung von:

  • den gesamten finanziellen Verhältnissen der gesuchstellenden Partei und
  • ihrer notwendigen Auslagen zum Lebensunterhalt + mutmasslichen Prozesskosten.

Wenn daraus das relative Unvermögen, mit den vorhandenen Mitteln zusätzlich die mutmasslichen Kosten eines konkreten Prozesses zu tragen, hervorgeht, liegt Mittellosigkeit vor.

69
Q

Wann erscheint ein Rechtsbegehren als nicht aussichtslos i.S.v. ZPO 117 lit. b?

A
  • Aussichtslos sind Begehren, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können.
  • Ein Begehren ist nicht aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese (BGE 138 III 217, E. 2.2.4).
70
Q

Wie sieht das Verfahren zur Gewährung der URP aus?

A
  • ZPO 119
  • Es handelt sich um ein separates Einparteienverfahren, die Gesuchstellerin ist Partei (BGE 140 III 501, E. 4.1.2).
  • Die URP kann nur auf Gesuch hin gewährt werden.
  • Der Entscheid erfolgt im Summarverfahren (ZPO 119 III).
  • Der Entscheid erfolg in Form einer prozessleitenden Verfügung (vgl. Art. 120 ZPO; nach Art. 121 beschwerdefähig).
  • Es werden keine Gerichtskosten im URP-Verfahren erhoben (ZPO 119 VI).
71
Q

Wie verhält es sich mit der Zulässigkeit der Prozessfinanzierung?

A
  • Durch Anwälte:
    • Verbot des reinen Erfolgshonorars (pactum de quota litis), BGFA 12 lit. e.
    • Zulässigkeit einer Erfolgsprämie zusätzlich zum kostendeckenden und angemessen gewinnbringenden Honorar hinzu, sofern nicht Hauptbestandteil (pactum de palmario). Die Prämie darf nur zu Beginn des Mandatsverhältnisses oder nach Beendigung des Rechtsstreits abgeschlossen werden, nicht aber während des laufenden Mandats.
    • Zulässigkeit von Pauschalhonoraren.
    • Zulässigkeit von pro-bono-**Mandaten.
  • Durch Dritte:
    • Grundsätzliche Zulässigkeit.
    • Prozessfinanzierer verlangen i.d.R. Streitwert von 300’000, teilweise wesentlich mehr, plus gute Prozess- und Vollstreckungschancen (inkl. Bonität der Gegenpartei)
72
Q

Was wird im Zivilprozessrecht unter beweisen verstanden?

A

Beweisen bedeutet,

  • das Gericht
  • durch Beibringung von Beweismitteln
  • von der Wahrheit oder Unwahrheit einer bestimmten behaupteten Tatsache zu überzeugen.
73
Q

Welche Beweismasse werden unterschieden?

A
  • Regelbeweismass (Vollbeweis/strikter Beweis):„Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ oder „volle Überzeugung“
  • Wo gesetzlich oder durch Rechtsprechung besonders vorgesehen:
  • „Hohe“* oder „überwiegende Wahrscheinlichkeit“
    • Insbesondere, wo ein strikter Beweis naturgemäss nicht möglich oder nicht zumutbar.
    • Z.B. BGE 132 III 715: Kausalverlauf bei natürlichem oder hypothetischem Kausalzusammenhang.
  • Wo gesetzlich vorgeschrieben:
  • „Glaubhaftmachen“* (z.B. Art. 261 Abs. 1 ZPO)
74
Q

Was regelt die (objektive) Beweislast?

A

Sie regelt, wer die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen hat.

75
Q

Wer trägt in welchen Fällen die Beweislast?

A

Beweislast trägt, wer aus einer Tatsache Rechte ableitet (ZGB 8), d.h.:

  • Rechtserzeugende Tatsache: Wer ein Recht behauptet (z.B. Recht auf Bezahlung von Schadenersatz nach Art. 41 OR)
  • Rechtsvernichtende Tatsache: Wer den Untergang des Rechts behauptet (z.B. Tilgung, Erlass, Verjährung)
  • Rechtshindernde Tatsache: Wer behauptet, das behauptete Recht sei wegen der rechtshindernden Tatsache gar nicht erst entstanden (z.B. anfängliche Unmöglichkeit oder Sittenwidrigkeit beim Vertragsschluss)

→ Sog. Normentheorie

76
Q

Wie hat die Beweiswürdigung durch das Gericht zu erfolgen?

A
  • Grundsatz der freien Beweiswürdigung (ZPO 157)
  • Nicht willkürliche Beweiswürdigung!
    • Pflichtgemässes Interesse
    • Begründungspflicht (ZPO 239 II)
77
Q

Was sind natürliche Vermutungen?

A
  • Schlussfolgerungen
  • von bewiesenen auf unbewiesene Tatsachen,
  • die das Gericht aufgrund der Lebenserfahrung zieht (keine Umkehr der Beweislast!)
78
Q

Welche Beweismittel sind zulässig?

A
  • ZPO 168 I stellt einen numerus clausus der zulässigen Beweismittel auf.
  • ZPO 168 II lässt Raum für die Zulässigkeit anderer Beweismittel (Freibeweis) bei Verfahren betreffend Kinderbelange in familienrechtlichen Angelegenheiten.
79
Q

Stellt ein Parteigutachten ein Beweismittel i.S.v. ZPO 168 I dar?

A
  • Nein (BGE 141 III 433, E. 2.6).
  • Insbesondere handelt es sich nicht um ein Gutachten i.S.v. ZPO 168 I lit. d.
  • Parteigutachten haben damit nicht die Qualität von Beweismitteln, sondern von blossen Parteibehauptungen.
  • Wird eine Tatsachenbehauptung von der Gegenpartei substanziiert bestritten, so vermögen Parteigutachten als reine Parteibehauptungen diese allein nicht zu beweisen.
80
Q

Wann ist ein Beweismittel tauglich i.S.v. ZPO 152?

A
  • Objektiv tauglich ist ein Beweismittel, wenn es nach seiner Natur geeignet ist, Beweiskraft zu entfalten.
  • Subjektiv beweistauglich ist ein Beweismittel, wenn es bezogen auf das Gericht nach dessen Überzeugung in der Lage ist, Beweiskraft zu entfalten.
81
Q

Was ist die antizipierte Beweiswürdigung und wann ist sie zulässig?

A
  • Das Gericht kann danach von der Abnahme des betreffenden Beweismittels absehen, wenn es dieses von vornherein als nicht geeignet hält, die behauptete Tatsache zu beweisen.
  • Nach BGer zulässig (z.B. 134 I 140, E. 5.3), wenn
    • „das Gericht aufgrund bereits abgenommener Beweise
    • seine Überzeugung bereits gebildet hat und
    • ohne Willkür annehmen kann, seine Überzeugung werde durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert“.
82
Q

Wie hat das gericht mit rechtswidrig beschafften Beweismitteln umzugehen?

A
  • Formell rechtswidrig beschaffte Beweismittel:
    • Bsp. Art. 161 Abs. 2 ZPO: Zeugin wird nicht über Verweigerungsrechte aufgeklärt
    • dürfen nicht verwertet werden, können aber wiederholt bzw. allenfalls bestätigt werden.
  • Materiell rechtswidrig beschaffte Beweismittel:
    • Bsp. gestohlene Urkunde; illegal aufgezeichnetes Telefongespräch
    • dürfen nur verwertet werden, wenn das Interesse an der Wahrheitsfindung das Interesse am Schutz des betreffenden Rechtsguts überwiegt (Art. 152 Abs. 2 ZPO).
83
Q

Wie ist das Beweisverfahren aufgebaut?

A
84
Q

Was sind die Voraussetzungen der vorsorglichen Beweisführung?

A
  • Zunächst ist ein vorsorglicher Beweisführungsgrund i.S.v. ZPO 158 erforderlich.
    Ein schutzwürdiges Interesse liegt dabei insbesondere auch vor, wenn der Gesuchsteller seine Prozessaussichten klären will (BGE 140 III 24).
  • Zudem ist ein glaubhaft gemachter materieller Anspruch erforderlich, zum Beweis dessen Anspruchsgrundlagen das abzunehmende Beweismittel dienen kann (BGE 140 III 16 , E.2.2.2).
85
Q

Gilt die Pflicht zum persönlichen Erscheinen im Schlichtungsverfahren auch für juristische Personen?

A
  • Ja
  • ZPO 204 I gilt auch für juristische Personen (BGE 140 III 70)
86
Q

Was ist die Folge von Säumnis der klagenden Partei in der Schlichtungsverhandlung?

A
  • Das Schlichtungsgesuch gilt als zurückgezogen; das Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben (ZPO 206 I).
  • Die Abschreibung führt nicht zu Rechtskraftwirkung (ZPO 65 e contrario).
87
Q

Was ist die Folge von Säumnis beider Parteien im Schlichtungsverfahren?

A
  • Bei Säumnis beider Parteien wird das Verfahren als gegenstandslos abgeschrieben.
  • Dies führt nicht zu Rechtskraftwirkung (ZPO 65 e contrario).
88
Q

Wie sieht das Verfahren aus, wenn die Schlichtungsbehörde einen Entscheid fällen möchte?

A
  • Ggf. sind die Bestimmungen des vereinfachten Verfahrens bezüglich der Sachverhaltsfeststellung anwendbar (vgl. Art. 247 ZPO).
  • Ein Schriftenwechsel findet aber nicht statt (anders Art. 245 Abs. 2 ZPO).
  • Ein Entscheid kommt damit nur für einfache Fälle infrage, in denen sofort Beweis abgenommen und entschieden werden kann.
  • Es gelten die Beweisvorschriften von Art. 150 ff. ZPO.
  • Weil die Schlichtungsbehörde als erstinstanzliches Gericht entscheidet, müssen die Voraussetzungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK erfüllt sein.
89
Q

Wodurch zeichnet sich das vereinfachte Verfahren (ZPO 243 ff.) aus?

A
  • Geringere Formstrenge
  • Vorrang der Mündlichkeit
  • Erhöhte richterliche Fragepflicht
  • Weniger Komplexität (vgl. Art. 81 Abs. 3 ZPO)
  • Nicht: kürzere Fristen oder Verzicht auf Gerichtsferien
90
Q

Was ist eine vermögensrechtliche Angelegenheit i.S.d. ZPO? Wer entscheidet darüber, ob eine vermögensrechtliche Angelegenheit vorliegt?

A

Nach der Bundesgerichtspraxis ist massgebend,

  • ob der Rechtsgrund des strittigen Anspruchs «letzten Endes im Vermögensrecht ruht,
  • mit der Klage letztlich und überwiegend ein wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird».

Ob vermögensrechtlicher Streitgegenstand vorliegt, ist von Amtes wegen zu bestimmen (BGE 142 III 145).

91
Q

Welches Gericht ist bei handelsrechtlichen Streitigkeiten von genau CHF 30’000.- sachlich zuständig? Welche Verfahrensart findet Anwendung?

A
  • Nach ZPO 6 II wäre das Handelsgericht ab einem Streitwert von CHF 30’000.- in handelsrechtlichen Angelegenheiten sachlich zuständig.
  • Bis zu einem Streitwert von CHF 30’000.- findet nach ZPO 243 I das vereinfachte Verfahren Anwendung.
  • Dieses kommt gemäss ZPO 243 III aber nicht zur Anwendung in Verfahren vor dem Handelsgericht.
  • Deshalb sind solche Streitigkeiten von den ordentlichen Gerichten im vereinfachten Verfahren zu beurteilen.
92
Q

Worum handelt es sich bei der schriftlichen Stellungnahme i.S.v. ZPO 245 II? Was geschieht, wenn keine solche Stellungnahme beim Gericht eingeht?

A
  • Keine Klageantwort, die den Anforderungen von ZPO 222 entsprechen muss (str.)
  • Keine hohen Anforderungen
    Insb. ist nicht zwingend im Einzelnen darzulegen, welche Tatsachenbehauptungen anerkannt und bestritten werden.
  • Wenn der Beklagte die schriftliche Stellungnahme nicht fristgerecht einreicht, ist er säumig (ZPO 147 I).
  • Säumnisfolgen sinngemäss aus den Bestimmungen zum ordentlichen Verfahren (ZPO 219).
  • Kurze Nachfristansetzung (analog ZPO 223 I).
  • Geht auch innert der Nachfrist keine schriftliche Stellungnahme ein, trifft das Gericht den Endentscheid, wenn die Sache spruchreif ist (analog ZPO 223 II Satz 1);
  • andernfalls lädt das Gericht zur Verhandlung vor (analog ZPO 223 II Satz 2).
  • Diese Säumnisfolgen sind in der Nachfristansetzung anzudrohen.
93
Q

Wie gestaltet sich der Verfahrensablauf im vereinfachten Verfahren nach der Vorladung zur Verhandlung i.S.v. ZPO 245?

A
  • Unmittelbare Ansetzung Hauptverhandlung; soll möglichst am ersten Termin erledigt werden (ZPO 246 I)
  • Verfahrensablauf nach ZPO 228 ff. grundsätzlich auch hier anwendbar. Gericht hat aber bei der Verfahrensgestaltung grösseres Ermessen.
  • Parteien können auch gemeinsam nicht auf HV verzichten (str.). Jedenfalls kann aus konkludentem Verhalten kein Verzicht gefolgert werden.
  • Gericht darf nicht einseitig auf HV verzichten (BGE 140 III 450).
94
Q

Was beinhaltet die Verhandlungsmaxime i.S.v. ZPO 55 I?

A
  • Parteien haben Behauptungs- und Substantiierungslast.
  • Beweis wird nur über (durch substantiierte Behauptung und Bestreitung) bestrittene Tatsachen abgenommen.
  • Nur von Parteien vorgeschlagene Beweismittel werden abgenommen (subj. Beweislast).
  • Gericht darf Urteil nur auf von Parteien behauptete Tatsachen stützen.
95
Q

Welche drei Stufen richterlicher Fragepflicht unterscheidet die ZPO?

A
  • Fragepflicht im ordentlichen Verfahren (ZPO 56)
  • Verstärkte richterliche Fragepflicht im vereinfachten Verfahren (ZPO 247 I)
  • Soziale Untersuchungsmaxime in den Streitigkeiten nach ZPO 243 II sowie bei anderen Streitigkeiten aus Miete von Wohn-/Geschäftsräumen und landwirtschaftlicher Pacht und arbeitsrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von CHF 30‘000 (ZPO 247 II).
  • *Achtung**: Die soziale Untersuchungsmaxime von ZPO 247 II entspricht nicht der strengen Unteruchungsmaxime von ZPO 296 I!
96
Q

Wodurch zeichnet sich die soziale Untersuchungsmaxime nach ZPO 247 II aus?

A
  • Grundsätzlich: (weiter) verstärkte Frage-, Aufklärungs- und Hinweispflicht (BGE 141 III 569, E.2.3).
  • Parteien haben Behauptungs-, Substantiierungs- und subjektive Beweislast, aber:
    • Aufforderung an die Parteien, rechtlich relevante Beweismittel zu nennen und beizubringen.
    • Beweisabnahme ohne Parteiantrag möglich
    • Gericht kann Urteil auch auf Tatsachen stützen, auf die sich Parteien nicht ausdrücklich berufen.
    • Keine Novenschranke vor erster Instanz (ZPO 229 III).
97
Q

Wodurch zeichnet sich die strenge Untersuchungsmaxime i.S.v. ZPO 296 I aus?

A
  • Keine Behauptungs-, Substantiierungs- oder subjektive Beweislast der Parteien
  • Ermittlung sämtlicher rechtserheblicher Tatsachen von Amtes wegen.
  • Abnahme aller rechtlich relevanten Beweise auch ohne Parteiantrag.
  • Aber: Parteien haben Mitwirkungsobliegenheit.
98
Q

Was ist in Bezug auf das Rechtsmittelverfahren zu beachten bei Streitigkeiten, die erstinstanzlich dem vereinfachten Verfahren unterstanden?

A
  • Rechtsmittelverfahren eigenständig
  • Trotzdem:
    • erweiterte richterliche Fragepflicht,
    • soziale Untersuchungsmaxime gilt grundsätzlich auch hier
  • Aber: keine Anwendbarkeit von ZPO 229 III bei sozialer Untersuchungsmaxime (BGE 142 III 413).
99
Q

Wem gegenüber unterstehen Anwälte der anwaltlichen Sorgfaltspflicht?

A

Die Sorgfaltspflicht gem. BGFA 12 lit. a besteht gegenüber:

  • Klient
  • Behörden
  • Gegenpartei
  • Öffentlichkeit

(BGer 2A.545/2003, E. 3)

100
Q

Welche drei Aspekte der anwaltlichen Sorgfaltspflicht sind besonders wichtig?

A
  • Pflicht zur Führung einer Kanzlei
    • Erreichbarkeit
    • Aktenführung
    • Vertraulichkeit
  • Pflicht, keine Zeugen zu beeinflussen. Vorprozessuale Zeugenkontakte sind nur erlaubt, wenn (BGE 136 II 551):
    • Sachlich notwendig
    • Im Interesse des Klienten
    • Kein Anschein der Beeinflussung
    • Keine Beeinträchtigung der Sachverhaltsermittlung
  • Treuepflicht ggü. Klienten
101
Q

Was gebietet die anwaltliche Sorgfaltspflicht im Verhältnis zu Klienten?

A
  • Treuepflicht ggü. Klienten
  • Aufklärungspflicht
  • Zweckmässige Vertretung
  • Rechnungslegungs- und Aktenherausgabepflicht
  • Keine Vertragsbeendingung zur Unzeit
  • Sanktioniert nur gravierendes Fehlverhalten, im übrigen Sache des Zivil- (Auftrags-)Rechts
102
Q

Was gebietet die anwaltliche Sorgfaltspflicht gegenüber Staat und Behörden?

A
  • Interessenwahrung ausschliesslich mit rechtlich zulässigen Mitteln
  • Keine bewusst unwahren Behauptungen
  • Keine aktive Irreführung
  • Gebot des anständigen und sachlichen Verhaltens
103
Q

Was gebietet die anwaltliche Sorgfaltspflicht gegenüber der Gegenpartei?

A
  • Gebot anständigen und sachlichen Verhaltens
  • Verbot des Direktkontakts der Gegenpartei
  • Vertraulichkeit von Vergleichsverhandlungen (BGE 144 III 473)
104
Q

Woraus setzt sich die nach BGFA erforderliche Unabhängigkeit von Anwälten zusammen?

A
  • Institutionelle Unabhängigkeit (BGFA 8 I lit. d)
    • Generell zu beurteilen
    • Anstellung durch körperschaftlich organisierte Kanzlei möglich, wenn sie ausschliesslich durch registrierte Anwälte beherrscht wird (BGE 138 II 440)
  • Materielle Unabhängigkeit (BGFA 12 lit. b)
    • Für das einzelne Mandat zu beurteilen
    • Unabhängigkeit von Staat, Klienten und Dritten
    • Wirtschaftliche Unabhängigkeit
105
Q

Wann liegt eine Verletzung des Berufsgeheimnisses i.S.v. BGFA 13 vor?

A

Berufsgeheimnis:

  • Im Zusammenhang mit Berufsausübung von Klienten oder Dritten anvertraut
  • Relative Unbekanntheit (nur beschränktem Personenkreis bekannt)
  • Geheimhaltungsinteresse
  • Geheimhaltungswille

In-Kauf-nehmen der Offenbarung genügt!

106
Q

Wie und in welcher Form wird das summarische Verfahren eingeleitet?

A
  • Durch Gesuch (ZPO 252 I).
  • Dieses muss in den Formen von ZPO 130 gestellt werden (ZPO 252 II), wobei eine Eingabe per Fax weder als schriftliches noch als elektronisches Gesuch gilt.
  • Das Gesuch hat direkt beim Gericht zu erfolgen, da kein Schlichtungsverfahren stattfindet (ZPO 198 lit. a.
  • Der Mindestinhalt des Gesuchs richtet sich aufgrund von ZPO 219 nach ZPO 221.
107
Q

Welche Form und welchen Inhalt muss die Stellungnahme der Gegenpartei im Rahmen des Summarverfahrens aufweisen?

A
  • Stellungnahme i.S.v. ZPO 253
  • Form ist mündlich oder schriftlich nach Ermessen des Gerichts
  • Der Inhalt richtet sich nach ZPO 219 i.V.m. 222 II und 221.
108
Q

Welche Besonderheit in Bezug auf die Verfahrensbeendigung besteht im Summarverfahren?

A

Beendigungsmöglichkeit ohne Anhörung der Gegenpartei, falls Gesuch

  • offensichtlich unzulässig (Nichteintritt) oder
  • offensichtlich unbegründet (Abweisung)

Das ist bei Klagen in den anderen Verfahrensarten nicht möglich, hingegen kennen die Rechtsmittel entsprechende Regelungen (ZPO 312 I und 322 I).

109
Q

Was ist die Folge von Säumnis betreffend die schriftliche Stellungnahme der Gegenpartei im Summarverfahren?

A
  • Im provisorischen Rechtsöffnungsverfahren: keine Nachfrist (in Abweichung von ZPO 223) (BGE 138 III 483).
  • Geltung auch für andere Summarverfahren?
110
Q

Was ist die Folge von beiderseitigem Nichterscheinen an der mündlichen Verhandlung im Summarverfahren?

A
  • OGer ZH PS180013 vom 19. März 2018 betr. beiderseitiges Nichterscheinen an mündlicher Verhandlung im Verfahren nach SchKG 265a I−III: keine Anwendung von ZPO 234 II.
  • Stattdessen ZPO 147 II.
  • Geltung auch für andere Summarverfahren?
111
Q

Was tritt im summarischen Verfahren an die Stelle eines zweiten Schriftenwechsels?

A
  • Ein zweiter Schriftenwechsel wird nicht durchgeführt.
  • Es besteht jedoch ein unbedingtes Replikrecht.
112
Q

Wann besteht im summarischen Verfahren die Novenschranke?

A
  • Eventualmaxime: Tatsachen und Beweismittel sind mit den ersten Vorträgen (Gesuch bzw. Stellungnahme) vorzubringen;
  • danach sind sie (grundsätzlich) nur noch unter den Voraussetzungen von ZPO 229 I zulässig.

(siehe BGE 144 III 117)

113
Q

Wann insb. erfordert im Rahmen des Summarverfahrens der Verfahrenszweck andere Beweismittel i.S.v. ZPO 254 II lit. b?

A
  • V.a. wenn Verfahren Rechtsstreit endgültig erledigt, d.h. zu einem materiell rechtskräftigem Entscheid führt (BGE 138 III 166 = Pra 101 (2012) Nr. 102).
  • Nicht jedoch Verfahren betr. Rechtsschutz in klaren Fällen nach ZPO 257.
114
Q

Entfalten Entscheide im summarischen Verfahren materielle Rechtskraft?

A
  • Ja, falls endgültig über die Rechtsstreitigkeit entschieden wird, z.B.:
    • gutheissender Entscheid im Verfahren betr. Rechtsschutz in klaren Fällen (BGE 138 III 620)
    • Entscheid über Anerkennung ausländischer Urteile (BGE 138 III 174 = Pra 101 [2012] Nr. 112)
  • Beschränkte materielle Rechtskraft, falls über die Rechtsstreitigkeit lediglich «provisorisch» entschieden wird, z.B.:
    • Vorsorgliche Massnahmen: abänderbar unter den Voraussetzungen von ZPO 268 I.
    • Rechtsöffnung: keine Rechtskraft bezüglich neuer Betreibung.
  • Keine Rechtskraft in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (ZPO 256 II).
115
Q

Wie lauten die Voraussetzungen des Rechtsschutzes in klaren Fällen?

A
  • Sachverhalt ist unbestritten oder wird – sofern vom Gesuchgegner bestritten – vom Gesuchsteller sofort voll bewiesen (zu den zulässigen Beweismitteln BGE 138 III 123). Dabei gilt (BGE 138 III 620):
    • Gesuchgegner braucht Einwendungen nur substantiiert und schlüssig zu behaupten (keine Glaubhaftmachung erforderlich)
    • Gesuchsteller erbringt vollen Beweis ohne zeitliche Verzögerung und ohne besonderen Aufwand (keine Beweismasssenkung)
  • Rechtslage ist klar:
    • Rechtsfolge muss durch Rechtsprechung und Lehre ohne weiteres eindeutig feststehen.
    • Nicht, wenn es an einschlägiger Praxis fehlt, wenn Lehrmeinungen kontrovers sind oder wenn Entscheid vom Ermessen abhängt (z.B. Treu und Glauben, wichtige Gründe)
  • Rechtsschutz in klaren Fällen ist ausgeschlossen in Verfahren unter Geltung der Offizialmaxime.
116
Q

Wie kann der Entscheid in Verfahren über den Rechtsschutz in klaren Fällen ausfallen?

A
  • Gutheissung oder Nichteintritt;
  • nicht möglich dagegen (rechtskräftige) Abweisung (BGE 140 III 315 = Pra 104 [2015] Nr. 4).
  • Bei Nichteintritt: keine Fristansetzung zur Klage; jedoch Rückbezug der Rechtshängigkeit, falls Klage innert Monatsfrist im ordentlichen Verfahren eingereicht wird (ZPO 63 II).
117
Q

Entfaltet ein Entscheid über Rechtsschutz in klaren Fällen materielle Rechtskraft?

A
  • Ja, falls Gutheissung (in Bezug auf den eingeklagten Anspruch, BGE 138 III 620).
  • Nein, falls Nichteintritt (in Bezug auf den eingeklagten Anspruch); jedoch kann nicht nochmals ein Gesuch im Verfahren betr. Rechtsschutz in klaren Fällen gestellt werden.
118
Q

Wer kann Adressat eines gerichtlichen Verbots i.S.v. ZPO 258 ff. sein?

A
  • Nur unbestimmter Personenkreis, d.h. grundsätzlich «jedermann».
  • Falls sich das Verbot hingegen nur gegen eine bestimmte Person richten soll, ist es im kontradiktorischen Verfahren gegen diese zu erwirken.
119
Q

Welche Verfahrensmaxime in Bezug auf die Feststellung des Sachverhalts gilt in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und weshalb?

A
  • Geltung der Untersuchungsmaxime (ZPO 255 lit. b).
  • Grund: Ausgleich für fehlende, nicht anzuhörende oder zu zahlreiche Gegenparteien bzw. Erlass völlig schematischer Anordnungen.
120
Q

Weisen Entscheide in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit Rechtskraft auf?

A

Nein, sie entfalten keine materielle Rechtskraft (ZPO 256 II).

121
Q

Wann handelt es sich um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit?

A

BGE 136 III 178:

  • “Der freiwilligen Gerichtsbarkeit […] werden diejenigen Zivilverfahren zugeordnet, die nicht unter den Begriff der Zivilrechtsstreitigkeit fallen […].
  • Als Zivilrechtsstreitigkeit gilt ein kontradiktorisches Verfahren zwischen mindestens zwei Parteien, das auf die endgültige, dauernde Regelung zivilrechtlicher Verhältnisse im Sinne einer res iudicata abzielt”.
  • Das hier befürwortete Zuordnungskriterium (str.): fehlende Gegenpartei.
122
Q

Wann fällt die Novenschranke im ordentlichen Verfahren?

A
  • Es gilt der Grundsatz, dass sich jede Partei zwei Mal umfassend äussern kann bzw. uneingeschränkt neue Tatsachen und Beweismittel einbringen kann.
  • Die erste Möglichkeit zur Äusserung ist die Klageschrift / Klageantwort (Schlichtungsverfahren wird nicht mitgezählt).
  • Findet keine Instruktionsverhandlung und kein zweiter Schriftwechsel statt, können neue Tatsachen und Beweismittel zu Beginn der HV unbeschränkt vorgebracht werden (ZPO 229 II). Zu Beginn der HV bedeutet, dass die Präklusionsschranke vor den ersten Parteivorträgen fällt (BGE 144 III 67).
  • Hat ein zweiter Schriftenwechsel und danach eine Instruktionsverhandlung stattgefunden, so fällt der Aktenschluss nach dem zweiten Schriftenwechsel.
  • nach Schriftenwechsel
  • Findet eine Instruktionsverhandlung oder ein zweiter Schriftenwechsel statt fällt die Novenschranke nach der Instruktionsverhandlung bzw. dem zweiten Schriftenwechsel.
    • Ausnahme: Gerichte machen Instruktionsverhandlungen im Sinne von eingeschränkten Vergleichsverhandlungen, ohne neue Tatsachen und Beweismittel zuzulassen – in diesem Fall fällt die Novenschranke noch nicht.
    • Vorladung zur Instruktionsverhandlung muss somit immer genau angeschaut werden.
  • Findet ein zweiter Schriftenwechsel und danach eine Instruktionsverhandlung statt, findet der Aktenschluss mit dem zweiten Schriftenwechsel statt (BGE 140 III 312).
  • Finden zwei Instruktionsverhandlungen statt, fällt der Aktenschluss nach der ersten Instruktionsverhandlung, trotz Wortlaut von ZPO 229 I lit. a.
123
Q

Zu welchem Zeitpunkt fällt die Novenschranke im vereinfachten Verfahren?

A
  • Klage ohne Begründung: Es wird sofort zur Verhandlung geladen und die Gegenseite hat sich noch nie geäussert und der Kläger hat ja auch keine Begründung gegeben. Bei den ersten Parteivorträgen ist die erste Äusserungsmöglichkeit (sicherlich für Beklagten). Die zweite Äusserungsmöglichkeit ist vor Beweisabnahme oder, falls eine Instruktionsverhandlung oder ein Schriftenwechsel angeordnet wird, bei der Instruktionsverhandlung bzw. Replik/Duplik.
  • Klage mit Begründung: In Begründung und Stellungnahme ist noch nicht die erste Äusserung zu sehen (umstritten), sondern erst bei den ersten Parteivorträgen. Die zweite Gelegenheit zur Äusserung erfolgt dann je nach Ausgestaltung, spätestens wohl bei Replik/Duplik.
124
Q

Wann fällt die Novenschranke im summarischen Verfahren?

A

ZPO 229 wird nicht analog angewandt. Der Aktenschluss fällt im Summarverfahren nach der ersten Äusserungsmöglichkeit.

  • Schreiten wir direkt zur mündlichen Verhandlung, so fällt Aktenschluss zu Beginn der Verhandlung für den Beklagten (umstritten bei Kläger).
  • Bei schriftlicher Stellungnahme fällt der Aktenschluss bereits hier.
  • Was geschieht, wenn das Gericht von sich aus nach der schriftlichen Stellungnahme eine mündliche Verhandlung anordnet? BGer hat diese Frage offengelassen (argumentieren).
125
Q

Was fällt unter die Novenschranke von ZPO 229?

A
  • Tatsachenbehauptungen zur Erstellung des SV sowie die entsprechenden Beweismittel.
  • Nicht: notorische Tatsachen – diese können bis zur Urteilsberatung eingebracht werden (öffentliche Register; ZPO 151).
  • Auch nicht: rechtliche Ausführungen (iura novit curia; ZPO 57).
  • Kontrovers sind Einreden (Verjährung; Willensmängel; Abzugrenzen von Einwendungen) und Gestaltungsrechte (Verrechnungserklärung). Hier gibt es zwei Meinungen: ZPO 229 gilt oder gilt eben nicht.
126
Q

Bis wann können neue Tatsachen und Beweismittel im Berufungsverfahren vorgebracht werden?

A

(BGE 142 III 413 S. 419)

  • Neue Tatsachen und Beweismittel, die bis zum Beginn der oberinstanzlichen Beratungsphase entstehen, können unter den Voraussetzungen von Art. 317 Abs. 1 ZPO noch im Berufungsprozess bis zum Beginn der Urteilsveratung vorgebracht werden.
  • Nachher können solche Noven nur noch im Rahmen einer Revision nach Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO geltend gemacht werden.
  • Demgegenüber können Tatsachen und Beweismittel, die erst nach Beginn der oberinstanzlichen Beratungsphase entstehen, auch mittels Revision nicht mehr geltend gemacht werden: Art. 328 Abs. 1 lit. a Satz 2 ZPO.
127
Q

Gilt ZPO 229 III auch in Rechtsmittelverfahren?

A
  • Nur bei strenger Untersuchungsmaxime.
  • Bei sozialer Untersuchungsmaxime gilt ZPO 317.
128
Q

Ist es zulässig, wenn die Schlichtungsbehörde der untentschuldigt von der Schlichtungsverhandlung fernbleibenden beklagten Partei eine Ordnungsbusse auferlegt?

A
  • Grundsätzlich ja (BGE 141 III 265). Eine Ordnungsbusse i.S.v. ZPO 128 ist zulässig.
  • Das BGer hat allerdings offengelassen, ob es dazu zusätzlicher qualifizierender Voraussetzungen bedarf.
  • Jedenfalls muss die Erteilung einer Ordnungsbusse vorgängig angedroht werden.
129
Q

Was sind die Voraussetzungen der Fristwiederherstellung?

A

ZPO 148

  • Glaubhaftmachung, dass
  • kein oder nur ein leichtes Verschulden vorliegt
  • Einhaltung der Frist (relativ und absolut)
  • Nicht erforderlich: gleichzeitige Vornahme der versäumten Handlung
130
Q

Wie ist mit Klagen zu verfahren, die den inhaltlichen Anforderungen von ZPO 221 nicht genügen?

A
  • Es kann keine Nachfrist nach Art. 132 ZPO zur Verbesserung der Mängel angesetzt werden (ZR 111 (2012) S. 218).
  • So berechtigt insb. eine fehlende Klagebegründung nicht zum Verbesserungsverfahren nach ZPO 132 I & II.
  • Immerhin muss einer Prozesspartei Gelegenheit zur Verbesserung einer mangelhaften oder zur Nachreichung einer fehlenden Begründung eingeräumt werden, wenn die Rechtsmittel- bzw. Klagefrist noch läuft, was sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nach ZPO 52 ergibt.
131
Q

Wann liegt in einer Sache Spruchreife i.S.v. ZPO 223 II vor?

A
  • Eine Sache ist spruchreif, wenn nach Massgabe der einschlägigen Rechtsnormen des Prozess- und Privatrechts ein Urteilsspruch über das klägerische Rechtsbegehren ergehen kann (einschliesslich Eintretensbegehren) .
  • Dies bedeutet:
    • Weder der Gehörsanspruch (ZPO 53).
    • noch die gerichtliche Fragepflicht (ZPO 56) verlangen die Ansetzung einer Hauptverhandlung.
  • Wenn keine Spruchreife und Vorladung zur HV: Für den Kläger besteht in der HV die zweite Äusserungsmöglichkeit. Die Beklagte hat sich noch gar nicht geäussert
      1. Lehrmeinung: zweite Möglichkeit in HV,
      1. Lehrmeinung: pönal nur unter Novenvoraussetzungen.
132
Q

Was geschieht bei Säumnis des Beklagten im vereinfachten Verfahren betreffend seine Stellungnahme nach ZPO 245 II?

A

OGer ZH, NP180002 vom 7. März 2018:

  • Die Stellungnahme ist keine Klageantwort im Sinne von ZPO 222.
  • Darum gibt es auch keine Säumnisfolgen im Sinne von ZPO 223 und das Verfahren wird i.S.v. ZPO 147 weitergeführt.
  • Auf die mündliche Verhandlung können die Parteien zwar verzichten; damit das gültig ist, müssen sie aber wissen, was für Vorteile und Verfahrensgarantien sie damit preisgeben.

Allerding strittig! Analoge Anwendung von ZPO 223 kann diskutiert werden.

133
Q

Wie ist bei Säumnis beider Parteien im summarischen Verfahren vorzugehen?

A

​OGer ZH, PS180013 vom 19. März 2018:

  • Erscheinen die Parteien nicht an der mündlichen Verhandlung, ist Säumnisfolge nicht das Nichteintreten, sondern das Verfahren geht ohne (zusätzliche) Stellungnahmen weiter (i.S.v. ZPO 147 II).
  • ZPO 234 II ist demnach nicht analog anwendbar.
  • Allerdings bezieht sich der Entscheid auf ein Verfahren nach SchKG 265a I - III.
  • Fraglich, ob verallgemeinerbar?
134
Q

Wonach lassen sich vorsorgliche Massnahmen unterscheiden?

A
  • nach dem zugrunde liegenden Anspruch
    • vorsorgliche Massnahmen (Art. 261 ff. ZPO ) oder
    • Arrest (Art. 271 ff. SchKG )
  • nach dem Inhalt
    • Sicherung,
    • Regelung oder
    • Leistung
    • (nicht möglich ist die provisorische Feststellung, allerdings str.)
  • nach dem Zeitpunkt
    • vor-,
    • während oder
    • nach dem Hauptsachverfahren
  • nach der Anhörung der Gegenpartei
    • provisorischer oder
    • superprovisorischer einstweiliger Rechtsschutz
135
Q

Was ist eine Leistungsmassnahme?

A

Leistungsmassnahmen i.S.v. ZPO 262 ermöglichen es, dass dem Gesuchsgegner (auch Gesuchsbeklagter) entweder

  • ein bestimmtes Tun verboten (negative Leistungsmassnahmen, z.B. das vor- sorgliche Verbieten einer Verletzung der Persönlichkeit, einer Markenschutzverletzung, einer Patentverletzung etc.; vgl. auch Art. 262 Bst. a ZPO) oder
  • er zu einer Handlung verpflichtet wird (positive Leistungsmassnahmen).
136
Q

Was ist eine Regelungsmassnahme?

A

Mit Regelungsmassnahmen soll für dauernde Rechtsverhältnisse eine vorläufige Friedensordnung erlassen werden, die, vorbehältlich einer allfälligen Abänderung, die Verhältnisse bis zum Endurteil regeln soll.
Derartige Massnahmen werden z.B. in einem Ehe- scheidungsprozess für die Obhut über die Kinder und den persönlichen Verkehr, den Unterhalt für Kinder und den berechtigten Ehegatten, die Benützung der Wohnung etc. erlassen (vgl. Art. 276 i.V.m. 271 ZPO).

137
Q

Was ist eine Sicherungsmassnahme?

A

Sicherungsmassnahmen schliesslich sollen sicherstellen, dass das Endurteil auch vollstreckt werden kann und durch die tatsächliche Entwicklung der Prozess nicht illusorisch wird. Diese Massnahmen haben konservierenden Charakter und bergen weniger als die anderen vorsorglichen Massnahmen die Gefahr in sich, dass das Prozessergebnis vorweggenommen wird.
Typische Beispiele von Sicherungsmassnahmen sind Verfügungsbeschränkungen und vorläufige Eintragungen im Bereich des Immobiliarsachenrechts (ZGB 960 und 961), das Verbot, das Streitobjekt zu verändern oder allenfalls gar die Anordnung zur gerichtlichen Hinterlegung.

138
Q

Wann können vorsorgliche Massnahmen in zeitlicher Hinsicht verlangt werden?

A
  • Vor Hängigkeit der Klage, dann Fristansetzung zur Prosequierung; ZPO 263),
  • Während des Hauptsacheverfahrens
  • Nach dem Hauptsacheverfahren (Vollstreckungssicherungsmassnahme).
  • Ausserdem im Rechtsmittelverfahren
139
Q

Was sind die Voraussetzungen zur Gewährung einer vorsorglichen Massnahme?

A
  • allgemeine Voraussetzungen (ZPO 261 I):
    • Glaubhaftmachen, dass
    • ein materieller Anspruch besteht (Hauptsacheprognose) und
    • ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil aufgrund einer bereits eingetretenen oder zu befürchtenden Verletzung dieses Anspruchs droht (Nachteilsprognose).
    • Zeitliche Dringlichkeit
    • Verhältnismässigkeit der vorsorglichen Massnahme
  • besondere Voraussetzungen bei periodisch erscheinenden Medien: ZPO 266
140
Q

Was bedeutet Glaubhaftmachen i.S.v. ZPO 261?

A
  • Glaubhaftmachen bedeutet, dass der Gesuchsteller nicht vollen Beweis erbringen muss.
  • Es muss wahrscheinlicher sein, dass die Voraussetzungen des behaupteten Rechts vorliegen wie umgekehrt.
141
Q

Was ist ein periodisch erscheinendes Medium i.S.v. ZPO 266?

A

Als periodisch erscheinende Medien gelten sämtliche

  • Informationsübertragungsmittel, die
  • für jedermann zugänglich sind und sich
  • in regelmässigen Abständen an ein
  • bestimmtes Publikum richten.
142
Q

In welchen Fällen kann das Gericht die Anordnung einer vorsorglichen Massnahme von einer Sicherheitsleistung abhängig machen?

A
  • Sicherheitsleistungen i.S.v. ZPO 264 I werden grundsätzlich nur auf Antrag angeordnet.
  • Eine Ausnahme besteht bei superprovisorischen Massnahmen, wo die Sicherheitsleistung von Amtes wegen angeordnet werden kann (ZPO 265 III).
143
Q

Was ist zu beachten, wenn das Gericht eine Frist zur Klageeinreichung i.S.v. ZPO 263 ansetzt?

A

Das Schlichtungsverfahren entfällt (ZPO 198 lit. h)!

144
Q

Wie ist die örtliche Zuständigkeit für den Erlass vorsorglicher Massnahmen geregelt?

A

ZPO 13

  • Mit Rechtshängigkeit der Hauptsache entfällt zwar die Wahlmöglichkeit unter allenfalls gegebenen mehreren Hauptsachengerichtsständen.
  • Die Wahlmöglichkeit bezüglich der Massnahmezuständigkeit an Vollstreckungsorten nach Massgabe von ZPO 13 lit. b bleibt jedoch erhalten.
145
Q

Erwachsen vorsorgliche Massnahmen in Rechtskraft?

A
  • Die Entscheide über vorsorgliche Massnahmen erwachsen nicht in Rechtskraft (vgl. ZPO 268).
  • Bei Abweisung gilt allerdings die beschränkte Rechtskraft: Eine erneutes Gesuch um eine identische vorsorgliche Massnahme gestützt auf identische Umstände ist nicht zulässig.
146
Q

Was ist zu beachten bei der Anfechtung von Entscheiden betreffend vorsorgliche Massnahmen?

A
  • Gegen vorsorgliche Massnahmen ist Berufung zulässig (ZPO 308 I lit. b).
  • In vermögensrechtlichen Streitigkeiten bedarf es aber des vorausgesetzten Streitwerts.
    Umstritten, ob der Streitwert der vorsorglichen Massnahme an sich oder der Hauptsache massgebend ist.
  • Die Berufung gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen hat keine aufschiebende Wirkung (ZPO 315 IV lit. b).
  • Bei Massnahmen zur Vollstreckungssicherung ist die Berufung ausgeschlossen (ZPO 309 lit. a).
147
Q

Wonach richtet sich die Anfechtung von Entscheiden über vorsorgliche Massnahmen vor BGer?

A
  • Vor BGer kommt BGG 93 zur Anwendung (Zwischenentscheide).
  • Entscheide über vorsorgliche Massnahmen gelten nur als Endentscheide, wenn sie in einem eigenständigen Verfahren ergehen und nicht während eines oder vor einem Hauptsacheverfahren.
  • *Ausnahme**: Eheschutzmassnahmen und Arrest
148
Q

Wann kann gegen eine superprovisorische Massnahme ein Rechtsmittel eingelegt werden?

A
  • Bei superprovisorischen Massnahmen kann entweder eine Rechtsverweigerungsbeschwerde vor Anhörung
  • oder sonst erst nach Anhörung ein Rechtsmittel erhoben werden.
149
Q

Ab wann besteht in einem Prozess ein absolutes Novenverbot?

A
  • Nachdem das Gericht in die Urteilsberatung eintritt, können Noven unabhängig von der Verfahrensart und unabhängig davon, ob die Verhandlungs- oder Untersuchungsmaxime gilt (vgl. Art. 229 Abs. 3 ZPO), nicht mehr vorgebracht werden.
  • Fraglich, ob das Gericht die absolute Unzulässigkeit von Noven nach Willkür herbeiführen kann, indem es den Parteien mitteilt, es trete in die Urteilsberatung ein (so wohl zumindest für das Berufungsverfahren BGE 142 III 413 E. 2.2.5), oder ob ein tatsächlicher Beginn der Urteilsberatung erforderlich ist.
150
Q

Was sind erhebliche Tatsachen bzw. entscheidende Beweismittel i.S.v. ZPO 328 I lit. a?

A
  • Dieser Revisionsgrund verlangt „erhebliche“ Tatsachen bzw. „entscheidende“ Beweismittel
  • D.h. solche, bei deren Berücksichtigung der Entscheid anders hätte ausfallen können.
151
Q

Was ist in Bezug auf die Rechtsbegehren wichtig, wenn Anerkennungsklage i.S.v. SchKG 79 erhoben wird?

A

Es muss ein ausdrücklicher Antrag auf Beseitigung des Rechtsvorschlags gestellt werden.

152
Q

In welcher Form ergeht der Entscheid über die unentgeltliche Rechtspflege?

A

Der Entscheid nach ZPO 119 stellt eine qualifizierte prozessleitende Verfügung i.S.v. ZPO 319 lit. b Ziff. 1 dar.

153
Q

Was ist ein Zwischenentscheid i.S.d. ZPO?

A

ZPO 237; 319 lit. a

  • Zwischenentscheide sind Entscheide über formelle und materielle Vorfragen,
  • die den Prozess beenden würden
154
Q

Wonach bestimmt sich der Streitwert bei Anfechtung eines ablehnenden Entscheids über die URP vor BGer?

A

Für den Streitwert nach BGG 74 I lit. b ist der Wert des Hauptsachebegehrens massgeblich.

155
Q

Wie ist das Verhältnis von Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde vor BGer, wenn der Streitwert nicht erfüllt ist?

A
  • Gemäss der Praxis tritt die Beschwerde in Zivilsachen betreffend eine «Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung» gegenüber der subsidiären Verfassungsbeschwerde zurück.
  • Soweit das BGer die vorgebrachten Rügen mit der gleichen Kognition im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde behandeln kann, wie dies im Rahmen des ordentlichen Rechtsmittels möglich wäre, nimmt es demnach keine Ausnahme vom Streitwerterfordernis an.
  • Beide Rechtsmittel sind in der gleichen Rechtsschrift einzureichen (BGG 119).
156
Q

Wann ist ein Entscheid vollstreckbar?

A

ZPO 336 I

  • Wenn der Entscheid rechtskräftig ist und das Gericht die Vollstreckung nicht aufgeschoben hat (ZPO 325 II und 331 II); oder
  • wenn der Entscheid nicht rechtskräftig ist, jedoch die vorzeitige Vollstreckung bewilligt wurde.
157
Q

Was ist ein Arrestentscheid in der Terminologie des BGG für ein Entscheid?

A

Es handelt sich um einen Endentscheid nach BGG 90.

158
Q

Ist im summarischen Verfahren die Einbringung von Noven nach dem Aktenschluss unter den VSS von ZPO 229 I zulässig?

A
  • Strittig.
  • Vom BGer offen gelassen (BGE 144 III 117).