Wissen als Rettungsanker Flashcards

1
Q

Nennen Sie mindestens zwei Gründe, die zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung beim Rücktritt führen! Erläutern Sie Ihre Antwort unter Angabe der jeweiligen Norm und einem passenden Beispiel!

A

323 II Nr. 1 BGB: endgültige und ernsthafte Leistungsverweigerung
§ 326 V 2. Hs. BGB: Unmöglichkeit der Leistung
(alternativ: Unternehmerregress § 323 II Nr. 1, Nr. 2 BGB, Nacherfüllung
verweigert oder fehlgeschlagen, § 440 BGB)

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2
Q

Erklären Sie den Begriff Akzessorietät beim Pfandrecht!

A

Abhängigkeit von der zugrundeliegenden Forderung, Beispiel für Einwendungen:
Vertrag nicht zustandegekommen, Erlöschen der Forderung = Erlöschen
Pfandrecht

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3
Q

Was können Sie wie lange unternehmen, wenn Sie von einem Staubsaugervertreter zu Hause aufgesucht und zu einem Vertragsschluss „überredet“ worden sind? Erläutern Sie Ihre Antwort mit Hilfe des Gesetzes! (3 Punkte)

A

§ 312 BGB, Haustürgeschäft, 14tägiges Widerrufsrecht, § 355 I, II BGB,
Erlöschen des Kaufpreisanspruchs, Rückgewähr des Kaufpreises,
§§ 357, 346 I BGB

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4
Q

Worin unterscheidet sich die Gehilfenhaftung nach § 278 BGB von der nach
§ 831 BGB? (8 Punkte)

A

Die Gehilfenhaftung nach § 278 BGB ist wesentlich strenger als die nach § 831 BGB. Das liegt daran, dass § 278 BGB im Gegensatz zu § 831 BGB ein bestehendes Schuldverhältnis voraussetzt. § 278 BGB ist eine Zurechnungsnorm, aufgrund derer sich der Schuldner ein Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen muss.
Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen im Pflichtenkreis des Schuldners tätig wird. Auf die Rechtsbeziehung zwischen ihnen kommt es nicht an. Es besteht keine Exkulpationsmöglichkeit des Schuldners.
§ 831 BGB ist hingegen eine eigene Anspruchsgrundlage. Der Geschäftsherr haftet hier nicht für fremdes Verschulden, sondern für vermutetes eigenes Verschulden.
Der Verrichtungsgehilfe i.S.d. § 831 BGB ist weisungsgebunden und insoweit durch den Geschäftsherr steuerbar. Dieser kann sich von seiner Haftung exkulpieren, wenn er nachweist, dass er den Verrichtungsgehilfen sorgfältig ausgewählt und überwacht hat, vgl. § 831 Abs. 1 S. 2 BGB.

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5
Q

Wie viele und welche Rechtsgeschäfte kommen beim Erwerb einer Zeitung
am Kiosk zustande? (4 Punkte)

A

Drei, nämlich ein Verpflichtungs- und zwei Verfügungsgeschäfte. Zunächst wird ein Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB geschlossen, der den Verkäufer zur Übergabe und Übereignung der Zeitung und den Käufer zur Kaufpreiszahlung verpflichtet. Anschließend werden zur Erfüllung dieser Verbindlichkeiten zwei Verfügungsgeschäfte gem. § 929 S. 1 BGB eingegangen, durch die das Eigentum an der Zeitung und dem Geld übertragen wird.

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6
Q

Sicherungsübereignung und Pfandrecht dienen der Besicherung von
Forderungen. Welche der in den §§ 929 ff BGB genannten Übertragungsarten
ist für eine Sicherungsübereignung ausreichend und welche Voraussetzungen
sind für die Entstehung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache
erforderlich? (4 Punkte)

A

Für die Sicherungsübereignung einer beweglichen Sache genügt gem. § 930 BGB die Vereinbarung eines Besitzkonstituts. Der Sicherungsnehmer erlangt dadurch den mittelbaren Besitz und das Sicherungseigentum an der Sache, der Sicherungsgeber kann die Sache als unmittelbarer Besitzer weiter nutzen. Zur Bestellung eines Pfandrechts ist gem. § 1205 BGB neben der Einigung grundsätzlich die Übergabe ader Pfandsache erforderlich

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7
Q

Das BGB sieht für manche Rechtsgeschäfte besondere Formvorschriften vor.
Nennen Sie zwei Beispiele und erläutern Sie deren Funktionen! (4 Punkte)

A

Typische Formvorschriften des BGB sind § 311b Abs. 1 BGB, der die notarielle Beurkundung für Verpflichtungsgeschäfte über Grundstücke vorschreibt, und § 766 S. 1 BGB hinsichtlich der Schriftform der Bürgschaftserklärung. Sie haben meist eine Warnfunktion (= Übereilungsschutz des Erklärenden) und eine Beweisfunktion (=Klarstellung und Dokumentation des Vertragsinhalts). Durch die notarielle Beurkundung soll zudem die sachkundige Belehrung der Parteien sichergestellt werden (sog. Beratungsfunktion).

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8
Q

Was versteht man unter dem „Missbrauch der Vertretungsmacht“?
Erläutern Sie Voraussetzungen und Rechtsfolgen! (5 Punkte)

A

Beim Missbrauch der Vertretungsmacht ist der Vertreter zwar im Außenverhältnis voll berechtigt, z.B. aufgrund Prokura. Er überschreitet jedoch die Grenzen, die der Vertretene ihm im Innenverhältnis gesetzt hat. Es werden zwei Fallgruppen unterschieden:
Kollusion: Vertreter und Geschäftsgegner wirken bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammen.
Rechtsfolge: Nichtigkeit des Vertretergeschäfts gem. § 138 BGB (Sittenwidrigkeit)
Evidenz: Entweder der Geschäftsgegner weiß, dass die Vertretungsmacht überschritten wird, oder der Missbrauch der Vertretungsmacht ist aufgrund massiver Verdachtsmomente objektiv evident (musste sich “aufdrängen“). Behandlung wie im Fall des Vertreters ohne Vertretungsmacht, vgl. § 179 BGB.

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9
Q

Was sind die Voraussetzungen einer Duldungsvollmacht?

Worin unterscheidet sich diese von der Anscheinsvollmacht? (4 Punkte)

A

Bei der Duldungsvollmacht agiert eine Person für den Vertretenen, ohne dass der Vertretene
eine Vollmacht erteilt hat. Der Vertretene hat aber Kenntnis von diesem Verhalten und schreitet trotzdem nicht ein. Vielmehr erfüllt er die von dem ‘Vertreter‘ abgeschlossenen Rechtsgeschäfte, woraus der Dritte den Schluss zieht, dass der Vertretende dem Vertreter früher einmal Vertretungsmacht erteilt hat. Bei der Anscheinsvollmacht agiert der eigentlich vollmachtlose Vertreter, ohne dass ihm jemals Vertretungsmacht eingeräumt wurde und ohne die Kenntnis des Vertretenen. Der Vertretene könnte aber bei gehöriger Anstrengung von dem Handeln Kenntnis haben. Für diese vom Vertreter ohne Vertretungsmacht geschlossenen Verträge kann sich der Vertretene aber nicht aus der Verantwortung ziehen: Denn der jeweilige Dritte hat aufgrund der Passivität des Vertretenen darauf vertraut, dass die Person, die in Wahrheit keine Vollmacht hatte, mit umfassender Vertretungsmacht ausgestattet war.

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10
Q

Was versteht man unter einem Gestaltungsrecht?

Nennen Sie zwei Beispiele aus dem BGB! (3 Punkte)

A

Gestaltungsrechte gestatten es einer Person, einseitig dem Vertrag eine andere Wendung zu geben (z.B. Kündigung, Anfechtung, Rücktritt).
Kündigung: Einen Mietvertrag kann der Mieter unter Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn er woanders hinzieht.
Anfechtung: Wer beim Vertragsschluss getäuscht wurde, kann den geschlossenen Vertrag anfechten

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11
Q

Nennen Sie zwei Leistungsverweigerungsrechte, die der Unmöglichkeit aus
§ 275 Abs. 1 BGB gleichgestellt werden! Bilden Sie jeweils ein Beispiel!
(4 Punkte)

A

Faktische Unmöglichkeit/ Unverhältnismäßigkeit nach § 275 Abs. 2 BGB Bsp.: Der Ring am Grund des Sees
Persönliche Unmöglichkeit/ Unzumutbarkeit nach § 275 Abs. 3 BGB Bsp.: Die Opernsängerin, die nicht auftritt, weil sie ihr schwerkrankes Kind versorgen muss

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12
Q

Nennen Sie zwei Unterschiede und zwei Gemeinsamkeiten zwischen der
Produzentenhaftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB und der Produkthaftung nach
dem ProdHaftG! (4 Punkte)

A

Mögliche Unterschiede (2 Unterschiede sind darzustellen, Aufzählung nicht abschließend):
Die Produzentenhaftung nach § 823 Abs. 1 BGB ist eine Verschuldenshaftung. Der Schädiger haftet aus verschuldetem Unrecht. Die Produkthaftung nach ProdHaftG stellt eine Gefährdungshaftung dar. Hier kommt es auf das Verschulden nicht an. Die Tatbestände der Gefährdungshaftung sind gesetzlich geregelt, wie z.B. ProdHaftG. Die Produzentenhaftung aus § 823 Abs. 1 BGB ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Sie ist eine Ausprägung der Verkehrssicherungspflicht. Das ProdHaftG ist durch die Umsetzung einer EU-Richtlinie entstanden. Diese Richtlinie zielte auf die Verbesserung der Wettbewerbsneutralität und des Verbraucherschutzes. Die Produzentenhaftung ist vor allem durch die Rechtsprechung des BGH geprägt worden. Der Begriff des Herstellers ist ein anderer. Der Begriff aus § 4 ProdHaftG ist weiter und kann z.B. auch den Händler, Lieferanten oder Importeur umfassen. Die Haftung ist im ProdHaftG der Höhe nach beschränkt gemäß §§ 10, 11 ProdHaftG. Die Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB ist nicht beschränkt.
Mögliche Gemeinsamkeiten (2 Gemeinsamkeiten sind darzustellen, Aufzählung nicht abschließend):
Die beiden Haftungstatbestände unterscheiden sich nicht wesentlich. Es geht in beiden Fällen um die Fehlerhaftigkeit von Produkten. Sowohl Produzenten- als auch Produkthaftung setzen beim Inverkehrbringen der Ware als maßgeblichen Zeitpunkt an. In beiden Fällen gibt es für den Schädiger die Möglichkeit, seine Haftung zu vermindern: im Falle des § 823 Abs. 1 BGB durch Widerlegung des Verschuldens, das vermutet wird, und im Falle des ProdHaftG durch Entlastungsmöglichkeiten. Ersatzfähig sind bloß Schäden am Eigentum und an der körperlichen Integrität, aber nicht reine Vermögensschäden.

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13
Q

Tourist T nimmt im Aachener Dom aus einem Zeitschriftenregal einen
Domführer. Daneben ist ein Preis von 2 € angeschlagen. Den Betrag wirft der
T in Form einer Zwei-Euro-Münze in den Schlitz der bereitgestellten Kasse.
Welche Rechtsgeschäfte sind dadurch zustande gekommen? (6 Punkte)

A

Der wirtschaftlich einheitliche Vorgang setzt sich aus mehreren Rechtsgeschäften zusammen. Zunächst das Verpflichtungs- oder Kausalgeschäft, hier ein Kaufvertrag gem. § 433 BGB; Daneben steht die Erfüllung der durch das Kausalgeschäft begründeten Pflichten durch die Erfüllungsgeschäfte. Vorliegend die Übereignung des Kirchenführers gem. § 929 S.1 BGB bzw. die Übereignung der Geldstücke gem. § 929 S.1 BGB. Die vertragliche Einigung kommt durch das konkludente Angebot in Form der bereitgestellten Domführer zum angeschlagenen Preis und die konkludente Annahme durch Entnahme des Heftes und Zahlung des Kaufpreises zustande. Die dingliche Einigung kommt konkludent zustande durch die Bereitstellung der Hefte und die Entnahme bzw. die Bereitstellung der Kasse und das Einwerfen der Münze zustande.

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14
Q

Erklären Sie die Begriffe Stückschuld und Gattungsschuld! Nennen Sie jeweils
ein Beispiel! (4 Punkte)

A

Bei der Stückschuld ist der Gegenstand der Leistung durch individuelle Merkmale bestimmt. Geschuldet ist ein konkreter Gegenstand (z.B. das Bild Der Schrei von Edvard Munch, etc.). Bei einer Gattungsschuld ist der geschuldete Gegenstand nur nach gattungsmäßigen Merkmalen bestimmt (z.B. ein Zentner Kartoffeln).

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15
Q

Was bedeutet Konkretisierung bei der Gattungsschuld? (3 Punkte)

A

Als Konkretisierung wird im Schuldrecht der Vorgang bezeichnet, der die Umwandlung einer
Gattungs- in eine Stückschuld bewirkt. Gem. § 243 II BGB ist dazu ausreichend, dass der Schuldner alles seinerseits zur Leistung der geschuldeten Sache Erforderliche tut. Was dies im Einzelfall ist, bestimmt sich nach dem Inhalt des betr. Schuldverhältnisses insbes. Nach der Art der Schuld.

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16
Q

Welchen Einfluss hat die Konkretisierung für die Leistungsgefahr? (3 Punkte)

A

Mit der Konkretisierung geht die Leistungsgefahr auf den Käufer über.

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17
Q

Was ist eine selbstschuldnerische Bürgschaft? Wodurch unterscheidet sich
diese vom gesetzlichen Grundtypus der Bürgschaft im BGB? (3 Punkte)

A

In der Grundform der Bürgschaft gem. § 765 I BGB besitzt der Bürge die Möglichkeit, im Falle des Ausfalls des Hauptschuldners, die Einrede der Vorausklage gem. § 771 BGB gegen die Forderung des Gläubigers zu erheben. Er kann dann dem Gläubiger gegenüber seine Leistung so lange verweigern, wie dieser nicht im Wege der Zwangsvollstreckung fruchtlos gegen den Hauptschuldner vorgegangen ist. Diese Einrede kann durch Verzicht des Bürgen ausgeschlossen werden, § 773 I Nr.1 BGB. Er haftet dann als Selbstschuldner, aus einer sog. selbstschuldnerischen Bürgschaft.

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18
Q

Worin liegt der Unterschied zwischen der Abgabe und dem Zugang einer empfangsbedürftigen Willenserklärung? Wie lange kann der Widerruf einer jeden empfangsbedürftigen Willenserklärung erfolgen? (4 Punkte)

A

Mindestvoraussetzung einer Willenserklärung ist die Abgabe. Abgabe bedeutet, dass der Erklärende den Willen geäußert hat, d. h. willentlich in die Richtung des Empfängers abgegeben hat, so dass unter normalen Umständen mit einem Zugang gerechnet werden kann.
Voraussetzung des Zugangs ist, dass die Willenserklärung so in den Herrschaftsbereich des Adressaten gelangt ist, dass nach der Verkehrsauffassung bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse mit dessen Kenntnisnahme von der Erklärung zu rechnen ist. Nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB kann ein Widerruf des Erklärenden gegenüber dem Erklärungsempfänger gleichzeitig oder vor dem Zugang der Willenserklärung erfolgen.

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19
Q

Die Frist für die Anfechtung einer Willenserklärung wegen Täuschung beginnt zu einem anderen Zeitpunkt als die Frist für die Anfechtung wegen Drohung. Nennen Sie jeweils den Zeitpunkt des Fristbeginns! Erklären Sie, warum die Zeitpunkte unterschiedlich sind! (4 Punkte)

A

Nach § 124 Abs. 2 S. 1 BGB beginnt die Frist im Fall der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Im Fall der Drohung beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. Der Fristbeginn ist unterschiedlich, weil der Anfechtungsberechtigte sich jeweils in einer völlig anderen Situation befindet. Bei einer Täuschung merkt er nicht unbedingt sofort, dass er die Willenserklärung so nicht abgeben will. Die Frist läuft erst ab Kenntnis des Getäuschten von der Täuschung durch den Vertragspartner. Bei einer Drohung ist dem Anfechtungsberechtigten sehr wohl von Anfang an klar, dass er keine solche Willenserklärung abgeben will. Eine Bedrohung kann indes länger anhalten. Erst nach Wegfall der Bedrohung kann vernünftigerweise verlangt werden, dass angefochten wird.

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20
Q

Wodurch unterscheidet sich eine selbstschuldnerische Bürgschaft von einer gewöhnlichen Bürgschaft? Welche Besonderheiten gelten, wenn ein Kaufmann eine Bürgschaft im Rahmen seines Handelsgewerbes übernimmt? (4 Punkte)

A

Für beide Formen bedarf es der Schriftform nach § 766 BGB. Bei der gewöhnlichen Bürgschaft besteht die Einrede der Vorausklage nach § 771 BGB. Grundsätzlich muss der Gläubiger zunächst gegen den Hauptschuldner vorgehen, gegen ihn ein rechtskräftiges Urteil erwirken und einen Zwangsvollstreckungsversuch unternehmen. Diese Einrede besteht bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft nicht. Hier kann der Gläubiger bei Fälligkeit der Schuld sofort auch gegen den Bürgen vorgehen. Nach § 349 HGB steht dem Bürgen, wenn die Bürgschaft für ihn ein Handelsgeschäft ist, die Einrede der Vorausklage nicht zu (entspricht der selbstschuldnerische Bürgschaft). Nach § 350 HGB findet § 766 BGB keine Anwendung; die Bürgschaft bedarf somit nicht der Schriftform.

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21
Q

Erklären Sie die Begriffe antizipiertes Besitzkonstitut und Globalzession! Inwiefern wird bei beiden Phänomenen dem Bestimmtheitserfordernis nur in eingeschränktem Ausmaß Rechnung getragen? (6 Punkte)

A

Eine spezielle Ausprägung des Besitzkonstituts ist das sog. antizipierte oder vorweggenommene Besitzkonstitut. Bei diesem werden von der Sicherungsübereignung nicht nur bereits im Eigentum des Veräußerers stehende Sachen erfasst, sondern auch zukünftige. Z.B. ein Warenlager wird einer Bank zur Besicherung eines Kredits zur Sicherheit übereignet. Die Bank trifft mit dem Unternehmen die Absprache, dass von der Sicherungsübereignung nicht nur die bestehenden Waren erfasst sind, sondern auch solche, die jeweils neu angeliefert werden. An diesen erwirbt die Bank Sicherungseigentum, sobald sie in den Lagerraum geliefert werden. Es handelt sich dabei zumindest um eine Aufweichung des Spezialitätsgrundsatzes. Immerhin sind die Waren, an denen Sicherungseigentum begründet wird, noch bestimmbar, nämlich alle, die in den Lagerraum geliefert werden. Das Wort Globalzession kennzeichnet eine Abtretung, bei der alle, auch künftige Forderungen eines Kreditnehmers gegen Dritte oder einen best. Dritten an den Kreditgeber zur Sicherung der Kreditforderung abgetreten werden. Im Zessionsrecht gilt – wie im Sachenrecht – der Bestimmtheitsgrundsatz bzw. das Spezialitätsprinzip. Auch insoweit begnügt man sich mit der Bestimmbarkeit der künftigen Forderungen; so werden zum Beispiel beim verlängerten Eigentumsvorbehalt die Kundenforderungen aus der Weiterveräußerung der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Ware erfasst.

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22
Q

Weshalb steht dem Getäuschten eine längere Frist für die Anfechtung zu als einem in einen Erklärungsirrtum Irrenden? Und warum hat bei der Täuschung der Anfechtungsgegner anders als bei der Irrtumsanfechtung keinen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens? (4 Punkte)

A

Der Irrtum ist ein Willensmangel, der allein aus der Sphäre des Erklärenden stammt. Der Erklärungsempfänger wird deshalb von der Rechtsordnung in höherem Maße geschützt lst bei Täuschung, bei der typischerweise der Erklärungsempfänger in unzulässiger Weise Einfluss auf die Willensbildung des Erklärenden genommen hat.
Die Rechtsordnung sieht nur denjenigen als schutzwürdig an, der die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts weder kannte noch kennen musste. Bei der Täuschung ist der Täuschende der Anfechtungsgegner. Der Täuschende kennt die Anfechtbarkeit. Der Täuschende darf nicht auf das Geschäft vertrauen.

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23
Q

Welche Risiken bestehen für den Vertretenen bei Erteilung einer eigenhändig unterschriebenen Vollmacht an den Vertreter, wenn der Vertretene die Vollmacht gegenüber dem Vertreter widerruft und sich der Vertreter weigert, die Vollmachtsurkunde wegen ausstehender Ansprüche gegen den Vertretenen zurückzugeben? (4 Punkte)

A

Bei Widerruf der Vollmacht ist diese zurückzugeben nach § 175 BGB. § 175 BGB ordnet zwar im Verhältnis Vertretener und Vertreter an, dass die Vollmachtsurkunde ohne Wenn und Aber zurückzugeben ist.
Aber im Verhältnis Dritter und Vertretener gilt die Vollmacht solange fort, bis die Vollmachtsurkunde dem Vertretenen zurückgegeben wird oder für kraftlos erklärt wird gemäß § 172 Abs. 2 BGB. Wenn der Vertreter eine eigenhändig unterschriebene Urkunde vorlegt, darf ein Dritter darauf vertrauen, dass die Vollmacht weiterhin in dem in der Urkunde umschriebenen Umfang zugunsten desjenigen, der die Vollmachtsurkunde vorlegt, besteht.
Das gilt nicht, wenn der Dritte das Erlöschen der Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt oder kennen musste, § 173 BGB.

24
Q

Nennen Sie zwei Fälle, in denen es zu einem rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb einer beweglichen Sache von einer Person, die nicht Eigentümer ist, kommt! (4 Punkte)

A

Vorherige Zustimmung des Eigentümers nach § 185 Abs. 1 BGB
Nachträgliche Genehmigung des Eigentümers nach § 185 Abs. 2 S. 1 BGB
Gutglaubenserwerb, wenn die Sache dem Eigentümer nicht abhandengekommen ist gemäß § 935 BGB
Besitzkonstitut

25
Q

Wenn ein Gläubiger seine Forderung durch zwei Bürgen besichert hat, weshalb kann es trotz außer Streit stehender Bonität des einen Bürgen für den Gläubiger gefährlich sein, vor Fälligkeit der Forderung den anderen Bürgen aus seiner Bürgschaftspflicht zu entlassen? (4 Punkte)

A

Es gilt § 769 BGB. Die Bürgen haften als Gesamtschuldner.
Hat der Gläubiger mehrere Sicherheiten, die allesamt ausreichen, um das Uneinbringlichkeitsrisiko der Forderung abzudecken, mag der Gläubiger geneigt sein, den einen oder anderen Sicherungsgeber aus der Haftung zu entlassen. Damit würde er jedoch in die Regressansprüche des später in Anspruch genommenen Bürgen eingreifen. Die Regressansprüche, mit denen der in Anspruch genommene Bürge einen Teil der Schuld auf andere Sicherungsgeber weiterwälzen hätte können, werden dadurch vereitelt.
Insofern führt die Entlassung anderer Besteller von Sicherheiten zu einer Benachteiligung des später in Anspruch genommenen Bürgen. Um diesen nicht schutzlos einem solchen Risiko preiszugeben, wird daher der Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen insoweit gekürzt, als der Bürge sich im Regressweg erholen hätte können (im Zweifel nach Kopfanteilen: 50 %).

26
Q

Nennen Sie 2 Richtlinien, die ins deutsche bürgerliche Recht umgesetzt worden sind! (2
Punkte)

A

Hier können u.a. genannt werden: Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, Verbraucherrechterichtlinie, Zahlungsverzugsrichtlinie, Haustürwiderrufsrichtlinie, Kontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen-Richtlinie, Verbraucherdarlehensrichtlinie; Verbraucherdarlehen-Richtlinie, Produkthaftungs-Richtlinie, E-Commerce-Richtlinie

27
Q

Was versteht man unter richtlinienkonformer und gespaltener Auslegung? Beschreiben
Sie das Phänomen der gespaltenen Auslegung an einem Beispiel! (6 Punkte)

A

Setzt der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben einer EU-RiLi in nationales Recht um, so hat die Auslegung dieser Norm sich an der umgesetzten Richtlinie zu orientieren (Richtlinienkonforme Auslegung).
Von gespaltener Auslegung spricht man, wenn dieselbe Norm, in Bezug auf einen bestimmten Sachverhalt richtlinienkonform, in Bezug auf einen anderen Sachverhalt aber im Sinne des nationalen Rechts ausgelegt werden muss.
Beispiel hierfür ist die gem. § 323 Abs. 1 BGB erforderliche Setzung einer Nacherfüllungsfrist. Sofern es sich um einen Verbbrauchgüterkauf handelt, erfordert eine richtlinienkonforme Auslegung, dass der Verbraucher auch ohne Nachfristsetzung vom Vertrag zurücktreten kann. Er muss hierfür lediglich eine angemessene Frist verstreichen lassen. Handelt es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf, so bleibt es hingegen bei der nationalen Regelung, also dem Fristsetzungserfordernis. Mindestens ebenso bedeutsam ist, dass im Rahmen der Gewährleistung die Aus- und Einbaukosten bei einer mangelhaften Ware nur bei einem Verbrauchsgüterkauf verlangt werden können, bei einem sonstigen Kauf jedoch nur, wenn die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch gegeben sind.

28
Q

Welche Bedeutung hat die Drittschuldnerverständigung bei der Abtretung einer Forderung
bei einer Sicherungsabtretung und bei einer Forderungsverpfändung? (4 Punkte)

A

Eine Drittschuldnerverständigung ist bei der Sicherungsabtretung für die Wirksamkeit nicht erforderlich; sie bewirkt aber immerhin, dass der Drittschuldner mit schuldbefreiender Wirkung nur an den Zessionar (Neugläubiger) leisten kann. Bei einer Forderungsverpfändung ist die Drittschuldnerverständigung schon für die Wirksamkeit der Forderungsverpfändung Voraussetzung.

29
Q

Welche Möglichkeiten stehen dem Beklagten offen, wenn er bereits bei Vorliegen der
Klageschrift erkennt, dass er in dem Rechtstreit unterliegen wird? (5 Punkte)

A

Erkennt der Beklagte bereits bei Vorliegen der Klageschrift, dass er in dem Rechtsstreit wahrscheinlich unterliegen wird, so kann er entweder keine Verteidigungsanzeige abgeben (dann ergeht gegen ihn ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren) oder er kann den Anspruch dem Gericht gegenüber anerkennen (das Gericht erlässt Anerkenntnisurteil gem. § 307 ZPO). Er kann den Anspruch auch durch Leistung an den Kläger erfüllen. Rechnet der Beklagte sich jedoch nach wie vor eine – wenn auch geringe – Chance aus, den Rechtsstreit doch noch zu gewinnen, so kann er auch versuchen, den Kläger zum Abschluss eines Vertrags (sog. Prozessvergleich) zu überreden.

30
Q

Die Prozessgrundsätze sollen einem gerechten Interessenausgleich zwischen den
Prozessbeteiligten dienen. Nennen Sie 2 Grundsätze und erläutern Sie diese kurz. (4
Punkte) Die genannten Antworten sind alternativ, es müssen lediglich zwei davon
genannt werden, jeweils 2 Punkte

A

Anspruch auf rechtliches Gehör.
Dies folgt bereits aus Artikel 103 des Grundgesetzes. Dazu gehört, dass das Gericht nur Tatsachen und Beweise verwerten darf, zu denen sich die andere Partei vorher hat äußern können. Das Gericht muss zudem alle Behauptungen und Beweisanträge zur Kenntnis nehmen.
Gesetzlicher Richter (Art. 101 I GG).
Der zuständige Richter muss schon vor Prozessbeginn aufgrund Gesetz und Geschäftsverteilungsplan des Gerichts feststehen. Dies soll vor allem die Neutralität des entscheidenden Gerichts sicherstellen. Parteiherrschaft. Der Zivilprozess wird allein durch eine Partei in Gang gesetzt („Wo kein Kläger, da kein Richter“). Von sich aus mischt sich kein Gericht in eine zivile Streitigkeit zwischen Bürgern ein.
Dispositionsmaxime.
Die Parteien bestimmen den Gegenstand des Rechtsstreits, den sog. Streitgegenstand. Der Streitgegenstand wird nach herrschender Meinung durch zwei Komponenten gebildet, nämlich durch den an das Gericht gerichteten konkreten Antrag sowie den dazugehörigen Sachvortrag.
Beibringungsgrundsatz.
Die Parteien sind gehalten, dem Gericht den Streitstoff zu schildern. Wenn die Parteien auch darüber streiten, was sich tatsächlich zugetragen hat, müssen sie dem Gericht die Beweismittel benennen, die ihre Version des Geschehens belegen sollen und die Beweiserhebung beantragen. Was die Parteien dem Gericht nicht schildern, ist für das Gericht nicht existent.
Konzentrationsmaxime.
Danach ist das Gericht verpflichtet, den Rechtsstreit zügig zu entscheiden (Die Studierende müssen diese Paragrafen nicht kennen §§ 139, 273, 356, 358a ZPO). Auch die Parteien sind gehalten, den Prozess zügig zu fördern.

31
Q

Haften sämtliche oder nur manche Gesellschafter einer OHG bzw. KG mit ihrem
Privatvermögen für die Schulden der Gesellschaft? (4 Punkte)

A

In der OHG haften sämtliche Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen für die Schulden der OHG. Den Gläubigern steht also nicht nur das Gesellschaftsvermögen zur Verfügung, sondern auch das Privatvermögen aller Gesellschafter. In der KG haftet nur der Komplementär mit seinem Privatvermögen. Der Kommanditist haftet nur mit der Einlage, mit der er an dem Unternehmen beteiligt ist. Auf sein Privatvermögen kann nicht zugegriffen werden.

32
Q

Inwiefern unterscheidet sich die Rechtsposition des Dritten bei Bejahung einer
Rechtsscheinvollmacht gegenüber der Verneinung einer Rechtsscheinvollmacht? (6
Punkte)

A

Im Ausgangspunkt überschreitet der Vertreter seine Vollmacht oder eine Vollmacht ist nicht
vorhanden. Bei Bejahung der Rechtsscheinvollmacht wird eine Vertretungsmacht gleichwohl bejaht. Der Dritte hat gegen den Vertretenen einen Anspruch, so als ob Vertretungsmacht bestanden hätte. Das Setzen des Rechtsscheins wird dem Vertretenen also zugerechnet, wenn der Dritte auf den Rechtschein vertrauen durfte. Bei Verneinung der Rechtsscheinvollmacht hat der Dritte keinen Anspruch gegen den Vertretenen. Er kann aber vom Vertreter ohne Vertretungsmacht gem. § 179 I BGB entweder Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Der Dritte muss auch hier schutzwürdig sein, also den Mangel der Vertretungsmacht weder kennen noch kennen dürfen (§ 179 III BGB).

33
Q

Welche Bedeutung hat die Akzessorietät bei der Bürgschaft und was folgt hieraus
für den Bürgen? (6 Punkte)

A

Die Akzessorietät bedeutet eine Verklammerung der Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner mit der Forderung des Gläubigers gegen den Sicherungsgeber. Die Akzessorietät dient dem Schutz des Bürgen. Dieser muss nur insoweit zahlen, als auch der Hauptschuldner zur Zahlung verpflichtet wäre. Ist die Hauptschuld nicht wirksam entstanden oder später erloschen, ist aufgrund der Akzessorietät auch die Bürgschaftsschuld nicht gegeben. Der Bürge kann dem Gläubiger alle Einreden entgegensetzen, die diesem gegenüber dem Gläubiger zustehen, z.B. Mangelhaftigkeit der Ware, Erfüllung.

34
Q

Erklären Sie den Begriff der Dienstbarkeit! Geben Sie ein Beispiel für eine Dienstbarkeit bei einem Grundstück! Was bewirkt dabei die Eintragung im Grundbuch?
(6 Punkte)

A

Die Dienstbarkeit ist das beschränkt dingliche Recht an einer Sache, das den Eigentümer der Sache zugunsten des Berechtigten zu einem Dulden oder Unterlassen verpflichtet. Zu der Dienstbarkeit an einem Grundstück gehört die Einräumung eines Wegerechts über das eigene Grundstück zugunsten des Nachbarn oder das Unterlassen, über eine bestimmte Höhe zu bauen, um dem Berechtigten den Blick auf eine Sehenswürdigkeit nicht zu nehmen.
Die Dienstbarkeit führt beim Eigentümer des dienenden Grundstücks zu einer Belastung seines Eigentums, beim Eigentümer des herrschenden Grundstücks zu einer Erweiterung seiner Rechtsposition. Durch die Eintragung ins Grundbuch werden diese Rechte und Pflichten verdinglicht, bestehen somit zugunsten und zu Lasten des jeweiligen Eigentümers auch dann fort, wenn die Grundstücke veräußert werden.

35
Q

Nennen Sie Beginn und Dauer der regelmäßigen Verjährungsfrist! Wie unterscheiden diese sich zur Verjährung von Sachmängelgewährleistungs-ansprüchen bei beweglichen Sachen beim Kaufvertrag?
(4 Punkte)

A

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, § 195 BGB. Sie beginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis davon erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs 1 BGB).
Die Verjährung der Sachmängelansprüche für bewegliche Sachen beträgt zwei Jahre gem. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Die Verjährung beginnt mit der Ablieferung der Sache (§ 438 Abs. 2 BGB).

36
Q

Erklären Sie die Begriffe Richtlinie, richtlinienkonforme Auslegung und gespaltene Auslegung!
(6 Punkte)

A

Richtlinien sind Rechtsakte der Europäischen Union und als solche Teil des sekundären Unionsrecht. Sie müssen von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Bei der Umsetzung der Richtlinie besteht zumeist ein gewisser Spielraum für die Staaten. Setzt der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben einer EU-RiLi in nationales Recht um, so hat die Auslegung dieser Norm sich an der umgesetzten Richtlinie zu orientieren (richtlinienkonforme Auslegung). Von gespaltener Auslegung spricht man, wenn dieselbe Norm, in Bezug auf einen bestimmten Sachverhalt wegen der Vorgaben der Richtlinie richtlinienkonform, in Bezug auf einen anderen Sachverhalt, der von der Richtlinie nicht erfasst ist, aber im Sinne des nationalen Rechts ausgelegt werden muss.

37
Q

Welche Beweismittel gibt es im Zivilprozess? Nennen Sie 3 davon!
(3 Punkte)

A
Sachverständiger §§ 402-414 ZPO
Augenschein §§ 371 – 372a ZPO
Parteivernehmung §§ 445-455 ZPO
Urkunde §§ 415-444 ZPO
Zeuge §§ 373 – 401 ZPO
38
Q

Was sind besitzlose Sicherheiten? Nennen Sie 2 Beispiele! Welche besonderen Risiken trägt der Sicherungsnehmer (Gläubiger)?
(4 Punkte)

A

Bei besitzlosen Sicherheiten wird dem Gläubiger ein dingliches Recht eingeräumt, ohne dass sich die Sache in seinem Besitz befindet. Besitzlose Sicherheiten sind der Eigentumsvorbehalt und die Sicherungsübereignung. In beiden Fällen muss sich die Sache noch im Besitz des Sicherungsgebers befinden. Der Gläubiger trägt das Risiko, dass der Sicherungsgeber sie wirksam an einen gutgläubigen Dritten weiter veräußert oder die Sache gestohlen, beschädigt oder zerstört wird

39
Q

Nach Aufforderung zu zahlen, weil der Schuldner die offenen 5.000 Euro zum Fälligkeitszeitpunkt nicht beglichen hat, fordert der Gläubiger den Bürgen bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft auf, den offenen Betrag zu begleichen. Der Bürge leistet sogleich, ohne beim Schuldner rückzufragen. Es stellt sich heraus, dass die Forderung des Gläubigers bei dessen Aufforderung an Schuldner bzw. Bürgen bereits verjährt war. Das wusste der Bürge nicht. Kann der Bürge die geleisteten 5.000 Euro vom Schuldner oder Gläubiger zurückverlangen? Begründen Sie kurz Ihre Antwort!
(8 Punkte)

A

Der Bürge kann die 5.000 Euro nicht vom Gläubiger zurückverlangen. Verjährte Leistungen, die in Unkenntnis geleistet wurden, können nach § 214 Abs. 2 S. 1 BGB nicht zurückverlangt werden. Gegenüber dem Schuldner erfolgt grundsätzlich die Legalzession gem. § 774 BGB, wonach die Schuld gegenüber dem Gläubiger von Gesetzes wegen auf den Bürgen übergeht und zwar so, wie sie beim Gläubiger bestand. Damit geht die verjährte Forderung auf den Bürgen über und er kann sie beim Schuldner nicht mehr durchsetzen. Aufgrund des Innenverhältnisses zwischen Schuldner und Bürgen (unentgeltlicher Auftrag oder entgeltliche Geschäftsbesorgung) könnte der Bürge Ersatz der getätigten Aufwendungen gem. § 670 BGB begehren. Den Bürgen trifft aber die Obliegenheit, Rücksprache mit dem Schuldner zu halten, um die Zahlung ggf. berechtigterweise zu verweigern. Unterlässt er dies, dann hat er keinen Regressanspruch gegen den Schuldner.

40
Q

Was versteht man im Zusammenhang mit der Anfechtung eines Rechtsgeschäftes
unter den Begriffen „Inhaltsirrtum“ und „Erklärungsirrtum“? (4 Punkte)

A

Gem. § 119 Abs. 1 1. Alt. BGB kann eine Erklärung angefochten werden, wenn der Erklärende bei Abgabe seiner Erklärung „über den Inhalt im Irrtum“ gewesen ist. Kennzeichnend ist, dass er weiß, was er sagt, nicht jedoch, was er damit sagt. Gemeint sind die „Individualisierungsfehler“ (Objekts- bzw. Subjektsverwechslung) und der Verlautbarungsirrtum (Verwechslung von Maßen, Gewichten und Artbezeichnungen). Ein Erklärungsirrtum iSd § 119 Abs. 1 2. Alt. BGB liegt vor, wenn sich der Erklärende verschreibt oder verspricht.

41
Q

Was versteht man unter einem Empfangsboten? Wer ist typischer Empfangsbote und
zu welchem Zeitpunkt geht die Willenserklärung unter Einsatz eines Empfangsboten
beim Erklärungsempfänger zu? (4 Punkte)

A

Ein Empfangsbote ist eine Person, die nach der Verkehrsanschauung zur Entgegennahme von Willenserklärungen geeignet ist.
Typische Empfangsboten sind die Sekretärin, Ehegatten und volljährige Kinder.
Mit Zugang der Willenserklärung beim Empfangsboten liegt noch kein Zugang beim Empfänger vor. Der Zugang der Willenserklärung nach § 130 Abs. 1 BGB erfolgt beim Einsatz von Empfangsboten, wenn nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge die Weiterleitung an den Adressaten zu erwarten ist.

42
Q

Nennen Sie zwei Formerfordernisse und deren Voraussetzungen! Geben Sie jeweils
ein Beispiel an, in welchem die jeweilige Form einzuhalten ist! (4 Punkte)

A

(a) Schriftform, § 126 BGB: eigenhändige Unterzeichnung durch Aussteller
Bsp.: Bürgschaftserklärung (§ 766 BGB), Verbraucherdarlehensvertrag (§ 492 BGB);
(b) Textform, §°126b BGB: eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, muss auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden
Bsp.: Unterrichtung Betriebsübergang, § 613a Abs. 5 BGB; Widerrufsbelehrung Verbrauchervertrag, Art. 246 Abs. 3 S. 1 EGBGB; Mietrecht: neuer Abrechnungsmaßstab bei Betriebskosten (§ 556a Abs. 2 S.°1), Aufrechnungs-/ Zurückbehaltungsrecht des Mieters (§ 556b Abs. 2 S. 1), Änderung der Indexmiete (§ 557b Abs. 3 S. 1), Mieterhöhung (§ 558a Abs. 1), Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen (§ 559b Abs. 1 S. 1), Veränderung von Betriebskosten (§ 560 Abs. 1 S. 1 und § 560 Abs. 4)
(c) Öffentliche Beglaubigung, § 129 BGB: Erklärung muss schriftlich abgefasst und die Unterschrift des Erklärenden von einem Notar beglaubigt werden

43
Q

Welche Möglichkeiten bestehen für das Gericht nach Eingang der Klageschrift
bezüglich des weiteren Ablaufs des Verfahrens? Nennen Sie zwei! (2 Punkte)

A

Die ZPO liegt den Studierenden nicht vor, §§ müssen daher nicht genannt werden! Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens Bestimmung eines frühen ersten Termins

44
Q

Harry (H) will seinen Opel verkaufen und hängt in das Seitenfenster des Opels
folgenden Zettel: „Zu verkaufen! 10.000 Euro, 0151-123456“. Siggi (S) schreibt H eine
SMS mit „Habe den Opel gesehen. Der Deal steht! Dein Siggi“. Ist mit dem Zugang
der SMS von S an H ein Kaufvertrag zustande gekommen? Begründen Sie Ihre
Antwort! (6 Punkte)

A

Nein, es kommt kein Kaufvertag zustande. Der Zettel von H stellt kein Angebot iSd § 145 BGB dar. Eine Auslegung der Erklärung auf dem Zettel gem. §§ 133, 157 BGB ergibt, dass H sich schon gar nicht rechtlich binden wollte. Es ist davon auszugehen, dass H sich den Vertragspartner aussuchen möchte. Bei dem Zettel im Seitenfenster handelt es sich daher nur um eine sog. „invitatio ad offerendum“, bei welcher der Erklärende lediglich potenzielle Vertragspartner auffordert, ihrerseits ein Angebot zu machen. Somit ist in dem Zettel von H kein Angebot zu sehen. Mangels Angebot von H handelt es sich bei der SMS von S nicht um eine Annahmeerklärung, sondern um ein Angebot, welches jedoch von H noch angenommen werden müsste.

45
Q

Erklären Sie die Begriffe Stückschuld und Gattungsschuld! Nennen Sie jeweils ein Beispiel! (4 Punkte)

A

Bei der Stückschuld ist der Gegenstand der Leistung durch individuelle Merkmale bestimmt. Geschuldet ist ein konkreter Gegenstand (z.B. das Bild Der Schrei von Edvard Munch, etc.). Bei einer Gattungsschuld ist der geschuldete Gegenstand nur nach gattungsmäßigen Merkmalen bestimmt (z.B. ein Zentner Kartoffeln).

46
Q

Was bedeutet Konkretisierung bei der Gattungsschuld? (3 Punkte)

A

Als Konkretisierung wird im Schuldrecht der Vorgang bezeichnet, der die Umwandlung einer Gattungs- in eine Stückschuld bewirkt.
Gem. § 243 II BGB ist dazu ausreichend, dass der Schuldner alles seinerseits zur Leistung der geschuldeten Sache Erforderliche tut.
Was dies im Einzelfall ist, bestimmt sich nach dem Inhalt des betr. Schuldverhältnisses insbes. nach der Art der Schuld.

47
Q

Was versteht man unter einem Empfangsboten? Wer ist typischer Empfangsbote und zu welchem Zeitpunkt geht die Willenserklärung unter Einsatz eines Empfangsboten beim Erklärungsempfänger zu? (4 Punkte

A

Ein Empfangsbote ist eine Person, die nach der Verkehrsanschauung zur Entgegennahme von Willenserklärungen geeignet ist.
Typische Empfangsboten sind die Sekretärin, Ehegatten und volljährige Kinder.
Mit Zugang der Willenserklärung beim Empfangsboten liegt noch kein Zugang beim Empfänger vor. Der Zugang der Willenserklärung nach § 130 Abs. 1 BGB erfolgt beim Einsatz von Empfangsboten, wenn nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge die Weiterleitung an den Adressaten zu erwarten ist.

48
Q

Was versteht man unter dem „Missbrauch der Vertretungsmacht“? Erläutern Sie Voraussetzungen und Rechtsfolgen! (5 Punkte

A

Beim Missbrauch der Vertretungsmacht ist der Vertreter zwar im Außenverhältnis voll berechtigt, z.B. aufgrund Prokura. Er überschreitet jedoch die Grenzen, die der Vertretene ihm im Innenverhältnis gesetzt hat. Es werden zwei Fallgruppen unterschieden:
Kollusion: Vertreter und Geschäftsgegner wirken bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammen.
Rechtsfolge: Nichtigkeit des Vertretergeschäfts gem. § 138 BGB (Sittenwidrigkeit)
Evidenz: Entweder der Geschäftsgegner weiß, dass die Vertretungsmacht überschritten wird, oder der Missbrauch der Vertretungsmacht ist aufgrund massiver Verdachtsmomente objektiv evident (musste sich “aufdrängen“).
Behandlung wie im Fall des Vertreters ohne Vertretungsmacht, vgl. § 179 BGB.

49
Q

Was sind die Voraussetzungen einer Duldungsvollmacht? Worin unterscheidet sich diese von der Anscheinsvollmacht? (4 Punkte)

A

Bei der Duldungsvollmacht agiert eine Person für den Vertretenen, ohne dass der Vertretene
eine Vollmacht erteilt hat.
Der Vertretene hat aber Kenntnis von diesem Verhalten und schreitet trotzdem nicht ein. Vielmehr erfüllt er die von dem ‘Vertreter‘ abgeschlossenen Rechtsgeschäfte, woraus der Dritte den Schluss zieht, dass der Vertretende dem Vertreter früher einmal Vertretungsmacht
erteilt hat.
Bei der Anscheinsvollmacht agiert der eigentlich vollmachtlose Vertreter, ohne dass ihm jemals Vertretungsmacht eingeräumt wurde und ohne die Kenntnis des Vertretenen. Der Vertretene könnte aber bei gehöriger Anstrengung von dem Handeln Kenntnis haben.
Für diese vom Vertreter ohne Vertretungsmacht geschlossenen Verträge kann sich der Vertretene aber nicht aus der Verantwortung ziehen: Denn der jeweilige Dritte hat aufgrund der Passivität des Vertretenen darauf vertraut, dass die Person, die in Wahrheit keine Vollmacht hatte, mit umfassender Vertretungsmacht ausgestattet war.

50
Q

Welche Beweismittel gibt es im Zivilprozess? Nennen Sie 3 davon!
(3 Punkte)

A
Sachverständiger §§ 402-414 ZPO
Augenschein §§ 371 – 372a ZPO
Parteivernehmung §§ 445-455 ZPO
Urkunde §§ 415-444 ZPO
Zeuge §§ 373 – 401 ZPO
51
Q

Worin unterscheidet sich die Gehilfenhaftung nach § 278 BGB von der nach § 831 BGB? (8 Punkte)

A

Die Gehilfenhaftung nach § 278 BGB ist wesentlich strenger als die nach § 831 BGB. Das liegt daran, dass § 278 BGB im Gegensatz zu § 831 BGB ein bestehendes Schuldverhältnis voraussetzt.
§ 278 BGB ist eine Zurechnungsnorm, aufgrund derer sich der Schuldner ein Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen muss.
Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen im Pflichtenkreis des Schuldners tätig wird. Auf die Rechtsbeziehung zwischen ihnen kommt es nicht an.
Es besteht keine Exkulpationsmöglichkeit des Schuldners.
§ 831 BGB ist hingegen eine eigene Anspruchsgrundlage.
Der Geschäftsherr haftet hier nicht für fremdes Verschulden, sondern für vermutetes eigenes Verschulden.
Der Verrichtungsgehilfe i.S.d. § 831 BGB ist weisungsgebunden und insoweit durch den Geschäftsherr steuerbar.
Dieser kann sich von seiner Haftung exkulpieren, wenn er nachweist, dass er den Verrichtungsgehilfen sorgfältig ausgewählt und überwacht hat, vgl. § 831 Abs. 1 S. 2 BGB.

52
Q

Nach Aufforderung zu zahlen, weil der Schuldner die offenen 5.000 Euro zum Fälligkeitszeitpunkt nicht beglichen hat, fordert der Gläubiger den Bürgen bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft auf, den offenen Betrag zu begleichen. Dieser leistet sogleich ohne beim Schuldner rückzufragen. Es stellt sich heraus, dass die Forderung des Gläubigers bei dessen Aufforderung an Schuldner bzw. Bürgen bereits verjährt war. Das wusste der Bürge nicht. Kann der Bürge die geleisteten 5.000 Euro vom Schuldner oder Gläubiger zurückverlangen? Begründen Sie kurz Ihre Antwort. (8 Punkte)

A

Der Bürge kann die 5.000 Euro nicht vom Gläubiger zurückverlangen. Verjährte Leistungen, die in Unkenntnis geleistet wurden, können nach § 214 Abs. 2 S. 1 BGB nicht zurückverlangt werden.
Gegenüber dem Schuldner erfolgt grundsätzlich die Legalzession gem. § 774 BGB, wonach die Schuld gegenüber dem Gläubiger von Gesetzes wegen auf den Bürgen übergeht und zwar so, wie sie beim Gläubiger bestand. Damit geht die verjährte Forderung auf den Bürgen über und er kann sie beim Schuldner nicht mehr durchsetzen.
Aufgrund des Innenverhältnisses zwischen Schuldner und Bürgen (unentgeltlicher Auftrag oder entgeltliche Geschäftsbesorgung) könnte der Bürge Ersatz der getätigten Aufwendungen gem. § 670 BGB begehren. Den Bürgen trifft aber die Obliegenheit, Rücksprache mit dem Schuldner zu halten, um die Zahlung ggf. berechtigterweise zu verweigern. Unterlässt er dies, dann hat er keinen Regressanspruch gegen den Schuldner.

53
Q

Es wird eine Annahmeerklärung zu einem Vertrag am Freitagabend für den
Geschäftsführer der GmbH abgegeben
aa) beim Pförtner der GmbH
bb) bei einem Prokuristen der GmbH.
Wenn der Pförtner (aa) bzw. der Prokurist (bb) die Annahmeerklärung 10 Tage
bei sich behalten, ist die Annahmeerklärung trotzdem zugegangen und wenn ja,
zu welchem Zeitpunkt? (4 Punkte)

A

Dass beide die Nachricht erst nach 10 Tagen weitergeben, fällt nicht mehr in die Risikosphäre des Erklärenden.
aa) Der Pförtner ist Empfangsbote, da er als geeignet und ermächtigt anzusehen ist, eine Willenserklärung entgegen zu nehmen. Die Annahmeerklärung gilt dem Geschäftsführer als
zugegangen, wenn unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme durch den Empfänger
(den Geschäftsführer) zu rechnen ist. Im vorliegenden Fall ist das am Montagvormittag.
bb) Der Prokurist ist Empfangsvertreter, so dass die Erklärung mit dem Zeitpunkt des Zugangs
bei diesem auch dem Geschäftsführer als zugegangen gilt; daher vorliegend am Freitagabend.

54
Q

Max ist 10 Jahre alt und erhält von seinen Eltern wöchentlich 5 € Taschengeld
zur freien Verfügung. Vom Sparen hielt Max bislang nichts und gab das
Taschengeld im Laufe der Woche immer aus. Am 02.06.2018 geht er zum
Buchhändler B und entdeckt dort eine „Paris Flotter“-Sonderausgabe für 20 €.
Max will diese kaufen und vereinbart mit dem Buchhändler, dass er den
Kaufpreis in 4 Wochenraten zu je 5 € begleichen darf. Liegt am 02.06.2018
oder später ein wirksamer Kaufvertrag vor? (8 Punkte)

A

Max ist 10 Jahre alt und erhält von seinen Eltern wöchentlich 5 € Taschengeld zur freien Verfügung. Vom Sparen hielt Max bislang nichts und gab das Taschengeld im Laufe der Woche immer aus. Am 02.06.2018 geht er zum Buchhändler B und entdeckt dort eine „Paris Flotter“-Sonderausgabe für 20 €. Max will diese kaufen und vereinbart mit dem Buchhändler, dass er den Kaufpreis in 4 Wochenraten zu je 5 € begleichen darf. Liegt am 02.06.2018 oder später ein wirksamer Kaufvertrag vor? M und B wollen einen Kaufvertrag schließen, §§ 133, 157 BGB, welcher jedoch als gegenseitiger Vertrag nicht lediglich rechtlich vorteilhaft wäre. Als 10-jähriger ist M beschränkt geschäftsfähig (vgl. § 106 BGB) und seine Willenserklärung bedarf, da er durch sie nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangen würde, grundsätzlich nach § 107 BGB der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Diese liegt nicht vor.
Die Willenserklärung von M könnte jedoch nach § 110 BGB wirksam sein. Gem. § 110 BGB gilt
ein von einem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener
Vertrag als von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit
Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind. Auch wenn der sog. „Taschengeldparagraph“ vorliegend grundsätzlich Anwendung findet, scheitert er zumindest
zum Zeitpunkt des 02.06.2018 an dem Tatbestandsmerkmal „bewirkt“. Der Minderjährige muss die vertragsmäßige Leistung vollständig erfüllt haben. Das ist am 02.06.2018 nicht der Fall. Die Rechtsfolge des § 110 BGB tritt erst dann ein, wenn M alle 4 Raten an B gezahlt hat.

55
Q

Erläutern und begründen Sie den Umfang des Schadensersatzanspruches gem.
§ 122 Abs. 1 BGB; gehen Sie insbesondere darauf ein, warum „das eine
Interesse“ durch „das andere Interesse“ begrenzt ist. (6 Punkte)

A

Erläutern und begründen Sie den Umfang des Schadensersatzanspruches gem. § 122 Abs. 1 BGB; gehen Sie insbesondere darauf ein, warum „das eine Interesse“ durch „das andere Interesse“ begrenzt ist. Der Anfechtungsgegner, also der Vertragspartner des Irrenden, ist so zu stellen, als ob er sich auf die Gültigkeit des Vertrags nicht eingerichtet hätte. Bei der Irrtumsanfechtung ist der Schadensersatzanspruch des Anfechtungsgegners auf das Vertrauensinteresse gerichtet, aber durch das fiktive Erfüllungsinteresse begrenzt.
Vertrauensschaden: Hierunter versteht man den Schaden, der dem Geschädigten dadurch entstanden ist, dass er auf die Wirksamkeit des Vertrags vertraut hat und ihm dadurch Vertragskosten entstanden sind oder er auf den Abschluss eines anderen gewinnträchtigen
Geschäfts verzichtet hat.
Erfüllungsinteresse: Hierunter versteht man, wie der Geschädigte vermögensmäßig stünde,
wenn der Vertrag ordnungsgemäß abgewickelt worden wäre.
Die Begrenzung des Vertrauensinteresses ist damit zu begründen, dass kein Grund besteht,
den Gegner des Anfechtenden besser zu stellen als Erfüllung des Vertrags. Wenn er sich bewusst für ein weniger vorteilhaftes Geschäft entscheiden hat, muss er sich daran festhalten lassen.