Vorlesung 6 Flashcards
Grundlagen des Messen
Ausgangspunkt
• Konzeptspezifikation, Operationalisierung
- Konzepte und Dimensionen
- nicht direkt beobachtbare Sachverhalte
- latente Variablen (z.B. Einstellungen)
• Indikatoren
- beobachtbare Sachverhalte
- manifeste Variablen
• Items
Fragen bzw. Aussagen (Statements), denen die Befragten zustimmen oder die die Befragten ablehnen sollen
- dichotom (z.B. bei Einstellungsfragen: Zustimmung versus Ablehnung)
- polytom (z.B. bei Einstellungsfragen: trifft voll und ganz zu; trifft eher zu; trifft eher nicht zu; trifft überhaupt nicht zu)
Definition Messen
Messen
„Messen ist die Zuordnung von Zahlen zu Objekten oder Ereignissen nach bestimmten Regeln.“ (S. Smith Stevens 1946)
Anforderung: strukturtreue Abbildung, d.h. korrekte Wiedergabe der Relationen der Objekte durch die Relationen der zugeordneten Zahlen
empirisches Relativ: Menge von Objekten, über die eine Relation definiert wurde
numerisches Relativ: Menge von Zahlen, über die eine Relation definiert wurde
Skalen
Skala = mindestens homomorphe Abbildung eines empirischen Relativs in ein numerisches Relativ
axiomatische Messtheorie Angabe von Bedingungen (Axiome), die erfüllt sein müssen, damit folgende Probleme gelöst werden:
1. Repräsentationsproblem (Gibt es eine mind. homomorphe Abbildung?)
2. Eindeutigkeitsproblem (Welche Klassen von Transformationen sind erlaubt, ohne dass die Strukturtreue der Abbildung verloren geht?)
3. Bedeutsamkeitsproblem (Welche mathematischen Operationen sind sinnvoll, ohne dass sich der Wahrheitswert der statistischen Aussagen ändert?)
axiomatische Messtheorie
Angabe von Bedingungen (Axiome), die erfüllt sein müssen, damit folgende Probleme gelöst werden:
1. Repräsentationsproblem (Gibt es eine mind. homomorphe Abbildung?)
• Angabe der Bedingungen, die im empirischen Relativ vorliegen müssen, damit eine mindestens homomorphe Abbildung möglich ist
• diese Bedingungen sind empirisch prüfbar
2. Eindeutigkeitsproblem (Welche Klassen von Transformationen sind erlaubt, ohne dass die Strukturtreue der Abbildung verloren geht?)
• Eindeutigkeit der Abbildungsfunktion muss durch Transformationen erhalten bleiben
• Angabe der mathematischen Operationen, die für numerisches Relativ zulässig sind, ohne dass Strukturtreue der Abbildung verloren geht
3. Bedeutsamkeitsproblem (Welche mathematischen Operationen sind sinnvoll, ohne dass sich der Wahrheitswert der statistischen Aussagen ändert?)
• Angabe derjenigen mathematischen Operationen, die für zulässige Transformationen den Wahrheitswert statistischer Aussagen nicht verändert
• wichtig für Anwendung statistischer Verfahren
Skalenniveaus
Klasse der zulässigen Transformationen wird als Skalenniveau bezeichnet Skalenniveau wird durch Repräsentations- und Eindeutigkeitstheoreme
(Lösungen des Repräsentations- bzw. des Eindeutigkeitsproblems) der jeweiligen Messstruktur bestimmt Skalenniveau bestimmt dann die sinnvoll zu verwendenden mathematischen Operationen (siehe Bedeutsamkeitsproblem)
In Anlehnung an Stevens (1946) werden unterschieden:
- Nominalskalen
- Ordinalskalen
- Intervallskalen
- Ratioskalen
• Skalenniveau bestimmt, welche Berechnungen empirisch sinnvoll sind und welche statistische Verfahren angewendet werden dürfen
(z.B. Mittelwertberechnung erst ab Intervallskala)
• es gilt: alle bei niedrigeren Skalenniveaus zulässigen Berechnungen sind auch bei höheren zulässig, aber nicht umgekehrt
• höhere Messniveaus verfügen über höheren Informationsgehalt und sind deshalb wenn möglich zu präferieren (daher z.B.: Einkommen nicht von vornherein in Kategorien erheben)
Nominalskala - Anforderungen
Unterscheidung von Gleichheit/Verschiedenheit
Bsp: Geschlecht, Parteipräferenz
Ordinalskala - Anforderungen
Unterscheidung von Gleichheit/Verschiedenheit
+Rangordnung
Bsp: soziale Schicht, Zufriedenheit
Intervallskala - Anforderungen
Unterscheidung von Gleichheit/Verschiedenheit
+Rangordnung
+Gleichheit der Intervalle
Bsp: Intelligenzmessung, Geburtsjahr
Ratioskala - Anforderungen
Unterscheidung von Gleichheit/Verschiedenheit
+Rangordnung
+Gleichheit der Intervalle
+Gleichheit der Verhältnisse
Bsp: Einkommen, Dauer von Arbeitslosigkeit
Nominalskala - Eindeutigkeit (Zulässige Transformation)
eindeutige Transformationen
Bedeutsamkeit: Gleich oder verschieden
Ordinalskala - Eindeutigkeit (Zulässige Transformation)
positiv monotone Transformationen
Bedeutsamkeit: Größer, kleiner oder gleich
Intervallskala - Eindeutigkeit (Zulässige Transformation)
positiv lineare Transformationen (Multiplikation mit einem positiven Faktor und/oder Addition einer
Konstanten)
Bedeutsamkeit: Vergleichbarkeit von
Differenzen
Ratioskala - Eindeutigkeit (Zulässige Transformation)
positiv proportionale Transformationen (Multiplikation mit einem positiven Faktor)
Bedeutsamkeit: Aussagen über
Verhältnisse, prozentuale
Vergleiche
Skalenniveaus - Probleme
Problem in der sozialwissenschaftlichen Praxis: häufig Messung auf ungeprüftem Skalenniveau
Gründe:
1. Empirische Überprüfung der in Repräsentations- und Eindeutigkeitstheoremen
festgelegten Bedingungen (Axiome) sehr aufwendig
2. viele Messungen basieren auf vermuteten Zusammenhängen zwischen Indikatoren und latenten Variablen Skalenniveau per Annahme (vereinbartes Messen, measurement per fiat)
Gütekriterien der Messung
Ziel eines Messvorgangs: Erhebung möglichst exakter und fehlerfreier Messwerte
Zwei zentrale Arten von Gütekriterien
1. Zuverlässigkeit (Reliabilität):
Messung erbringt bei gleichbleibendem Sachverhalt gleichbleibende Ergebnisse
2. Gültigkeit (Validität):
Messung erfasst die inhaltlich intendierte Zieldimension
Reliabilität und Validität basieren auf Annahmen der klassischen
Testtheorie
grundsätzliche Idee: jede Messung hat Messfehler:
X = T + E
X: Messwert, T: wahrer Wert (Tau), E: Messfehler (Epsilon)
Grundlagen des Messen
(1) X = T + E Beobachtung = wahrer Wert + Fehler
(2) μ(E) = 0 Erwartungswert der Fehler = 0
(3) ρTE = 0 Messfehler korrelieren nicht mit wahrem Wert
(4) ρE1E2 = 0 Messfehler zweier Messreihen sind unkorreliert
(5) ρE1T2 = 0 Messfehler einer Messreihe korreliert nicht mit dem wahren Wert einer anderen Reihe
Reliabilität und Validität basieren auf Annahmen der klassischen Testtheorie
Annahmen sind Grundlage für mathematisch-statistisches Modell des Zusammenhangs zwischen Messinstrument und theoretischem Konstrukt (latenter Variable)
-> exakte Definition der Gütekriterien der Messung