Vorlesung 3 Flashcards
Wissenschaftstheorie
Teilgebiet der Philosophie: erforscht, wie die Wissenschaften die Regelmäßigkeiten der Außenwelt erkennen und erkennen sollen
dazu zählt insbesondere:
Epistemologie: Lehre von den Möglichkeiten der Erkenntnis
Methodologie: Lehre von der Vorgehensweise bei wissenschaftlicher Tätigkeit
Welche Begriffe sind zur Erklärung sozialer Phänomene notwendig?
• logische Begriffe (z.B. UND, ODER, NICHT) - Bedeutung als bekannt vorausgesetzt
• empirische Begriffe
- diese sind zu präzisieren
- Präzisierung erfolgt durch Nominaldefinitionen
Nominaldefinitionen
Festlegung der Bedeutung eines Begriffs (Definiendum) durch einen oder mehrere bereits bekannte Begriffe (Definiens)
Definiendum
Begriff, der zu definieren ist
Definiens
Begriffe, die Inhalt des Definiendum darstellen
Intension
Menge der Merkmale, die gegeben sein müssen, damit die Objekte mit dem Begriff bezeichnet werden können
Bsp.: Intension Engel: allgegenwärtiges, unsichtbares und den Menschen schützendes Wesen
Extension
Menge aller Objekte, die die Intension des Begriffs erfüllen
- Extension Engel: unklar, ggf. {}
- Extension Bundesland: {BW, BY, BE, BB, HB; HH, HE, MV, NI, NW, RP, SL, SN, ST, SH, TH}
Realdefinitionen
Definition eines Begriffes, die (möglichst wesentliche) Merkmale und Erscheinungen eines Gegenstandes wiedergibt, um den Gegenstand durch Hinweis auf seine charakteristischen Eigenschaften von allen anderen Gegenständen zu unterscheiden
operationale Definitionen
Zuordnung von Begriffen zu beobachtbaren Sachverhalten (siehe Operationalisierung)
Aussagen
Wahrheitsfähige Kombinationen von Begriffen
Analytische Aussage
Beurteilung des Wahrheitsgehalts (nur) durch Logik
• wahr oder falsch unabhängig vom Zustand der Welt - analytisch wahr Tautologie (Aussage, die, unabhängig vom Wahrheitswert der zugrunde liegenden Bestandteile, immer wahr ist, z.B.: „Es regnet oder es regnet nicht.“)
- analytisch falsch
Kontradiktion (Aussage, die, unabhängig vom Wahrheitswert der zugrunde liegenden Bestandteile, immer falsch ist, z.B.: „Es regnet und es regnet nicht.“)
Geltungsbereich:
- singuläre Aussagen (Elementarsätze)
- beziehen sich auf einzelnes Objekt (Ort/Zeit): Personen, Staaten, Organisationen, Situationen
- nicht-singuläre Aussagen mit eingeschränktem Geltungsbereich beziehen sich auf Teile der (Grund-)Gesamtheit der Objekte
- nicht-singuläre Aussagen mit uneingeschränktem Geltungsbereich beziehen sich auf (Grund-)Gesamtheit der Objekte
Geltungswahrscheinlichkeit:
- Deterministische Aussage
erlauben keine Ausnahmen im Geltungsbereich
- Probabilistische Aussage
erlauben Ausnahmen im Geltungsbereich
Normative Aussage
Beurteilung des Wahrheitsgehalts durch übergeordnete normative Aussage (und Logik)
• Werturteile, Normen, Soll-Sätze
• nicht wissenschaftlich begründbar / prüfbar
• empirisches Wissen kann allerdings eine Rolle bei der Begründung von Normen spielen (z.B. mit Blick auf Erfüllbarkeit)
• aus dem „Sein“ das „Sollen“ abzuleiten, ist nicht möglich (Humes Gesetz)
Empirische Aussage
Beurteilung des Wahrheitsgehalts durch beobachtbare Fakten (und Logik)
• stellen Behauptungen über prinzipiell beobachtbare Sachverhalte auf, die wahr oder falsch sein können
• Unterscheidung nach Geltungsbereich und Geltungswahrscheinlichkeit
Empirischer Gehalt oder Informationsgehalt von Aussagen
- Informationsgehalt einer Aussage entspricht der Zahl potentieller Falsifikatoren, also der Menge der von dieser Aussage ausgeschlossenen empirischen Aussagen.
- Normative und analytische Aussagen haben keinen Informationsgehalt
- Informationsgehalt ≠ empirische Wahrheit
Theoriekern
- schwer prüfbare Grundannahmen (z.B. Axiome)
- Definitionen grundlegender Begriffe
Theorieperipherie
aus Theoriekern abgeleitete Hypothesen
Regeln zur Messung der Variablen (Messhypothesen)
Hypothesen
Vermutungen (Aussagen) über den (kausalen) Zusammenhang zwischen mindestens zwei Variablen
Variablen
Namen für die Menge von Merkmalsausprägungen, die Objekten zugeschrieben werden
Theorie
Als Theorie wird ein System von Begriffen, Definitionen und Aussagen bezeichnet, das dazu dient, Erkenntnisse über einen Bereich von Sachverhalten zu ordnen, Tatbestände zu erklären oder/und vorherzusagen.
Deterministische Hypothese
- allgültiger Zusammenhang zwischen X und Y
- häufig bei naturwissenschaftlichen Gesetzen
Probabilistische Hypothese
- kein deterministischer Zusammenhang zwischen X und Y
- vielmehr statistischer Zusammenhang zwischen X und E(Y)
Wenn-dann-Hypothese
- für Zusammenhänge zwischen dichotomen Variablen (X;¬X und Y;¬Y)
- Implikationsbeziehungen: „wenn X auftritt, dann wird Y erwartet“
- Äquivalenzbeziehungen: „wenn X auftritt, dann wird Y erwartet, und wenn ¬X gilt, wird ¬Y erwartet “
Je-Desto-Hypothese
• für Zusammenhänge zwischen Variablen mit geordneten Ausprägungen (d.h. mind. Ordinalskala)
• Zusammenhangsformen:
- linear vs. nicht-linear
- monoton: durchgehend steigend oder fallend
- (nicht-monoton: z.B. U-förmig oder umgekehrt U-förmig)
Weitere Hypothesenarten?
- Individualhypothese (1)
- Kollektivhypothese (2)
- Brücken- oder Kontexthypothese (3)
- Aggregations- oder Transformationsregel (4)
Anforderungen an Hypothesen?
- mindestens zwei semantisch gehaltvolle Begriffe
- Verbindung der Begriffe durch logische Operatoren
- keine tautologischen Aussagen
- keine widersprüchlichen Aussagen
- Aufzählung aller (impliziten oder expliziten) Geltungsbedingungen • operationalisierbare Begriffe
- intersubjektive Nachvollziehbarkeit
- empirische Falsifizierbarkeit
- möglichst hoher Informationsgehalt
Infogehalt von Hypothesen?
Menge der von dieser Hypothese ausgeschlossenen Sätze (potentielle Falsifikatoren)
Für Wenn-Dann-Hypothesen: je umfassender und allgemeiner der Wenn-Teil der Hypothese und je einschränkender (spezifischer, bestimmter, präziser) der Dann-Teil der Hypothese, desto höher ist der Informationsgehalt der Hypothese
Für Je-Desto-Hypothesen: je allgemeiner anwendbar die „Je-Komponente“ und je spezifischer die „Desto- Komponente“, desto höher ist der Informationsgehalt der Hypothese
Anforderungen an Theorien?
- Widerspruchsfreiheit: keine Kontradiktionen
- Einfachheit: so einfach wie möglich, so komplex wie nötig (Ockham‘s Razor)
- möglichst hoher Informationsgehalt
- empirische Bewährung (Theorien sollten wahr sein)
Empirische Bewährung von Theorien?
• Induktive Bewährung (Verifikation):
- Schluss von singulären Beobachtungen auf Allgemeingültigkeit nicht möglich, Theorien können daher nie endgültig als „wahr“ bestätigt werden
• Deduktive Bewährung (Falsifikation)
- aus den allgemeinen Sätzen der Theorie folgen deduktiv singuläre Sätze, eine singuläre Beobachtung im Widerspruch dazu falsifiziert die Theorie
- solange eine Theorie nicht falsifiziert ist, wird sie vorläufig akzeptiert