Teil 2 - Sportrelevante Normen des (zwischen-)staatlichen Rechts

Question 1

Worauf bezieht sich der Einfluss von Sportregeln auf zwischenstaatliches Recht?

Answer 1

1. auf die Auslegung bzw. Anwendung des bestehenden zwischenstaatlichen Rechts
2. auf die Schaffung neuen zwischenstaatlichen Rechts

Question 2

Zivilrechtliche Haftung zwischen Sportlern für sportbedingte Verletzungen wird maßgeblich durch die Einhaltung von Sportregeln beeinflusst.

Bsp: Ein Boxer trifft seinen Gegner durch einen regelkonformen Schlag auf die Nase, welche blutet und schmerzt, das Nasenbein ist gebrochen und die Nase selbst entstellt.

Hat der Gegner einen zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch? Wann besteht dieser?

Answer 2

Nein, ein zivilrechtlicher Anspruch des Gegners gegen den Boxer auf Ersatz von Gesundheitsschäden scheidet aus, da sich der Schädiger an die Sportregeln hielt.

Ein zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch besteht nach §823; 1 BG nur dann, wenn jemand vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit (…) oder sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt.

Die Einheit der Sportregel ist somit eine Modifikation des Sorgfaltsmaßstabs zugunsten des Schädigers.

Question 3

Wann entällt die sogenannte Widerrechtlichkeit?

Answer 3

Im Normalfall dann, wenn der Geschädigte zuvor eingewilligt hat.

Question 4

Bei welchen Sportarten und wann entällt die zivilrechtliche Haftung?

Answer 4

Eine zivilrechtliche Haftung entfällt bei Sportarten mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential auch dann, wenn dem Schädiger eine geringfügige Regelüberschreitung anzulasten ist.

Von einer Sportart mit nicht unerheblichem Gefahrenpotenzial kann man vor allem dann sprechen, wenn auch bei kleinen Regelverletzungen die Gefahr gegenseitiger Verletzungen besteht - z.B. Fußball, Handball, Eishockey, Basketball.

Question 5

Was gilt bei groben Unsportlichkeiten oder dann, wenn es dem Schädiger gerade darauf ankam, seinen Gegner in regelwidriger Weise zu schädigen?

Answer 5

In diesen Fällen muss der Schädiger dem Geschädigten nach zivilrechtlichen Grundsätzen Schadenersatz leisten!

Question 6

Haben Sportregeln Einfluss auf (zwischen-)staatliches Recht und wann zeigt sich dies?

Answer 6

Ja, haben sie.

Dies zeigt sich bei der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für sportbedingte Verletzungen, deren Bewertung parallel zur zivilrechtlichen Haftung verläuft.

• Bewegt sich der Schädiger innerhalb der Sportregeln oder überschreitet er diese nur geringfügig, entfällt seine mögliche Strafbarkeit wegen einer Körperverletzung.
• Lediglich grob fahrlässige oder rücksichtslose Regelverstöße könnten demnach eine strafrechtliche Verfolgung begründen.

Question 7

Welche Ausnahmen gibt es von den Grundsätzen strafrechtlicher Verantwortlichkeit?

Answer 7

1. wenn die betreffende Regel, auf deren Beachtung sich die Sportbeteiligten verständigten, nicht mit dem geltenden (zwischen-)staatlichen Recht vereinbar ist bzw. die Grenzen des geltenden (zwischen-)staatlichen Rechts überschreitet
2. bei Einwilligung in strafrechtlich relevante Körperverletzungen ergibt sich diese Grenze aus §228 SGB: Verstößt die zur Körperverletzung führende Tat gegen die guten Sitten, ist die Einwilligung des Geschädigten irrelevant und der Schädiger kann trotz Einwilligung des Geschädigten wegen einer Körperverletzung bestraft werden.

Question 8

Wurde wird die Schaffung neuen Rechts gewährleistet und warum?

Answer 8

Durch den Einfluss von Sportregeln auf (zwischen-)staatliches Recht, der weit über die Auslegung und Anwendung im konkreten Fall hinaus geht.

Dieser Einfluss zeigt sich an zahlreichen völkerrechtlichen Abkommen sowie nationale Gesetzen.

Zweck: Symbole, Werte, Moralvorstellungen, die der org. Sport durch seine Regeln ggüber den Sportbeteiligten für verbindlich erklärt, auch zwischen den Staaten verbindlich zu machen.

Question 9

Der Einfluss von Sportregeln auf das zs. Recht verläuft regelmäßig in zwei Stufen. Welche?

Nenne Beispiele für diese Entwicklungen.

Answer 9

1. Stufe) völkerrechtliches Abkommen; ein Rahmen wird für die sportrelevante Gesetzesgebung in den einzelnen Staaten vorgegeben
2. Stufe) Ausfüllen des Regelungsrahmens durch die nationalen Gesetzesgeber.

Beispiele:

• Schutz olympischer Symbole
• Bekämpfung von Doping
• Abwehr sonstiger Manipulationen

Question 10

Was ist die Charta des Internationalen Olympischen Kommitees?

Answer 10

• zentrales Regelwerk des IOC (privater Verein nach schweizerischem Recht)
• beschreibt u.a. Aussehen des olymp. Symbols
• weist dieses dem IOC als Eigentum zu
• Hierzu gehört insbesondere die Verwendung des Symbols zu kommerziellen Zwecken (Charta - Art 7, 8)
• Nairobi Treaty on the Protection of the Olympic Symbol
• Gesetz zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnung

Question 11

Was ist das Nairobi Treaty on the Protection of the Olympic Symbol?

Answer 11

• 26. September 1981
• Völkerrechtlicher Vertrag
• verpflichtet die Vertragsparteien der Konvention dazu, das Olympische Symbol als Eigentum des IOC im jeweiligen nationalen Recht zu schützen.
• der nationalstaatlich Umsetzung dient das Gesetz zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnung vom 31. März 2004

Question 12

Was enthält das Gesetz zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnung?

Answer 12

• es enthält dezidierte Verbote zur unzulässigen Verwendung des olympischen Symbols mit differenzierten Unterlassungs-, Schadenersatz- und Vernichtungsansprüchen gegen jeden, der das Olympische Symbol gegen den Willen seines Inhabers (DOSB, IOC) gebraucht.

Question 13

Nenne weitere Beispiele für völkerrechtliche Abkommen und nationale Gesetze:

Answer 13

1. Europarat - Übereinkommen gegen Doping vom 16. November 1989
2. Unesco - Internationales Übereinkommen gegen Doping im Sport vom 19. Oktober 2005 (bewirkte auf nationaler Ebene eine Verschärfung des Arzneimittelrechts in ‘07)
3. Anti-Doping-Gesetz vom 18. Dezember 2015

Question 14

Wie sieht die Bekämpfung sonstiger Manipulationen aus?

Answer 14

• Regelwerke internationaler sowie nationaler Sportorganisationen enthalten Vorschriften zur Bekämpfung manipulativer Praktiken im Sport (insbesondere solcher mit Wettbezug)
• Europarat - Übereinkommen gegen die Manipulation von Sportwettbewerben vom 18. September 2014
• nat. Ebene: seit kurzem erster Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit von Sportwettbetrug und Spielmanipulation => jüngste Beispiel einer staatlichen Rechtsnorm, die ganz maßgeblich durch die kodifizerten Wertvorstellungen des organisierten Sports beeinflusst wird und damit als Musterbeispiel für die typusprägenden Wechselwirkungen zwischen sportverbandlichen Regeln und (zwischen-)staatlichen Rechtsnormen gilt!