Strafrecht AT Flashcards

1
Q

Def.: Irrtum über den Kausalverlauf

A

Ein Irrtum über den Kausalverlauf liegt vor, wenn der vorgestellte und der tatsächliche Kausalverlauf voneinander abweichen (Erfolg auf anderem Wege)

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2
Q

Def.: Das Fehlgehen der Tat

A

“abbaratio ictus”
Der Täter nimmt einen Angriff auf ein von ihm ausgewähltes, individualisiertes Objekt vor, dieser Angriff geht jedoch fehl und trifft ein anderes Objekt

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3
Q

Def.: Irrtum über eine Person/ ein Objekt

A

“error in persona/objecto”
Der Täter trifft zwar das anvisierte Objekt, irrt aber über dessen Identität oder Beschaffenheit

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4
Q

Angriff iSd § 32 StGB

A

Eine vom Menschen drohende Verletzung rechtlich geschützter Güter bzw. Interessen

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5
Q

Gegenwärtigkeit des Angriffs iSd § 32 StGB

A

Der Angriff ist gegenwärtig, wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch andauert

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6
Q

Rechtswidrigkeit des Angriffs iSd § 32 StGB

A

Ein Angriff ist rechtswidrig, wenn es sich um ein objektiv sorgfaltswidriges Verhalten handelt und der Angegriffene den Rechtsgutsschaden nicht zu dulden braucht

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7
Q

Erforderlichkeit der Abwehrhandlung iSd § 32 StGB

A

Die Handlung ist erforderlich, wenn sie zur Abwehr geeignet ist und das mildeste der gleich geeigneten Gegenmittel darstellt

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8
Q

Def.: Handlung

A

Eine Handlung ist jedes willensgesteuerte Verhalten

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9
Q

Was ist eine rechtfertigende Einwilligung?

A

Eine rechtfertigende Einwilligung ist die Möglichkeit seine Rechtsgüter zu selbstgewählten Zwecken preiszugeben. Der Eingreifende erhält durch die (wirksame) Einwilligung die Erlaubnis fremde Güter in einer Weise zu beeinträchtigen, die ihm sonst verboten ist.

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10
Q

Def.: Einwilligungsfähigkeit

A

Die Einwilligungsfähigkeit ist die Fähigkeit nach geistiger und sittlicher Reife, Wesen, Bedeutung und Tragweite der Einwilligung zu erkennen und sachgerecht zu beurteilen.

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11
Q

Was ist Inhalt der Schuld?

A

“nulla poena sine culpa”
Die Schuld ist die Fähigkeit im Tatzeitpunkt das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Unrechtseinsicht zu handeln.

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12
Q

Was ist der Verbotsirrtum?

A

Der Verbotsirrtum ist die fehlende Einsicht Unrecht zu tun: Der Täter irrt über das tatbestandsspezifische Verbot.
Beim direkten Verbotsirrtum irrt der Täter über die Verbotsnorm als solche.
Beim indirekten Verbotsirrtum hat der Täter Kenntnis von der Verbotsnorm, irrt aber über das Eingreifen eines rechtfertigenden Erlaubnissatzes.

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13
Q

Erlaubnistatbestandsirrtum

A

Beim ETI stellt der Täter sich irrtümlich Umstände vor, die, wenn sie tatsächlich vorlägen, einen rechtlich anerkannten Rechtfertigungsgrund gewährten.

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14
Q

Prüfungsaufbau: Notwehrexzess, § 33 StGB

A

a) Gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff
b) Überschreitung der Grenzen der Notwehr
c) Asthenische Affekte
d) Subjektiver Verteidigungswille

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15
Q

Prüfungsaufbau: Entschuldigender Notstand

A

a) Vorliegen einer Notstandslage
b) Notstandshandlung
c) Zumutbarkeitsklausel?!

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16
Q

Prüfungsaufbau: ETI

A
  1. Vorliegen eines Erlaubnistatumstandsirrtums (hypothetische Prüfung)
  2. Rechtsfolgen
    a) Strenge Schuldtheorie
    b) Eingeschränkte Schuldtheorien
    c) Stellungnahme
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17
Q

Prüfungsaufbau: Verbotsirrtum, § 17 StGB

A

a) Vorliegen eines Verbotsirrtums
b) Vermeidbarkeit

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18
Q

Prüfungsaufbau: Rechtfertigender Notstand, § 34 StGB

A

a) Notstandslage
aa) Gefahr für ein beliebiges Rechtsgut
bb) Gegenwärtigkeit der Gefahr
b) Notstandshandlung
aa) Erforderlichkeit
bb) Verhältnismäßigkeit
cc) Angemessenheit
c) Subjektives Rechtfertigungselement

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19
Q

Entschuldigungsgründe

A

a) Notwehrexzess, § 33 StGB
b) Entschuldigender Notstand, § 35 StGB
c) Übergesetzlicher entschuldigender Notstand

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20
Q

Schuldunfähigkeitsgründe

A

a) Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störung, § 20 StGB
b) Verminderte Schuldfähigkeit, § 21 StGB

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21
Q

Prüfungsschema: Mutmaßliche Einwilligung

A

a) Nichteinholbarkeit der Einwilligung
b) Mutmaßlicher Wille
c) Hypothetische Wirksamkeit
d) Subjektives Rechtfertigungselement

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22
Q

Rechtfertigende Einwilligung

A

a) Einwilligungssachverhalt
aa) Einwilligungserklärung
bb) Zeitpunkt der Erklärung
cc) Gegenstand der Einwilligung
b) Wirksamkeit
aa) Disponibilität des Rechtsguts
bb) Einwilligungsfähigkeit
cc) Freiheit von beachtlichen Willensmängeln
dd) (Keine) Objektiven Einwilligungsschranken

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23
Q

Prüfungsschema: Das unechte Unterlassungsdelikt, § 13 StGB

A

I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Erfolgseintritt
b) Unterlassung der gebotenen Erfolgsabwendung
c) Tatmacht
d) Quasikausalität
e) Garantenstellung
f) Objektive Zurechnung
g) Entsprechungsklausel
h) Täterschaft neben dem Begehungstäter?
2. Subjektiver Tatbestand
a) Wissen über Möglichkeit der Erfolgsabwendung
b) Vorsatz bezüglich der Garantenstellung
c) Erkennen der begründenden tatsächlichen Umstände
II. Rechtswidrigkeit (evtl. Pflichtenkollision)
III. Schuld (evtl. Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens?)

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24
Q

Prüfungsschema: Beihilfe, § 27 StGB

A

A. Strafbarkeit des Haupttäters
B. Ggf. Strafbarkeit als Täter
C. Strafbarkeit als Gehilfe
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Vorsätzlich & rechtswidrig begangene Haupttat
b) Beihilfe als Hilfeleistung zur Tat
2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz bezüglich der Verwirklichung der Haupttat
b) Vorsatz bezüglich der eigenen Hilfeleistung
3. Ggf. Tatbestandsverschiebung gem. § 28 II StGB
a) Besonderes persönliches Merkmal (vgl. § 14 I StGB)
b) Strafe schärfen, mildern, ausschließen
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld

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25
Q

Prüfungsschema: Mittelbare Täterschaft, § 25 I Var.2 StGB

A

A. Strafbarkeit des Tatnächsten
B. Strafbarkeit des mittelbaren Täters

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26
Q

Prüfungsschema: Mittäterschaft, § 25 II StGB (einzelne Prüfung)

A

I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Ggf. Verwirklichung wesentlicher Tatbeiträge durch andere
b) Zurechnungsgrundlage
aa) Gemeinsamer Tatplan
bb) Gemeinschaftliche Tatbegehung/ wesentlicher Tatbeitrag nach den Täterschaftslehren
2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatumstände, einschließlich der täterschaftsbegründenden Umstände
b) Ggf. in eigener Person besondere Unrechtsmerkmale verwirklicht
3. Ggf. Tatbestandsverschiebung gem. § 28 II StGB
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld

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27
Q

Prüfungsschema: Anstiftung, § 26 StGB

A

A. Strafbarkeit des Haupttäters
B. Ggf. Strafbarkeit als Täter anprüfen
C. Strafbarkeit als Anstifter
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Vorsätzlich & rechtswidrig begangene Haupttat
b) Bestimmen zu dieser Tat
2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz bezüglich der Verwirklichung der Haupttat
b) Vorsatz der eigenen Bestimmung zur Tat
3. Ggf. Tatbestandsverschiebung
a) Besonderes persönliches Merkmal
b) Strafe schärfen, mildern oder ausschließen
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld

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28
Q

Was ist Inhalt eines Wahndelikts?

A

Beim Wahndelikt erfasst der „Täter“ das tatsächliche Geschehen zutreffend. Er nimmt jedoch irrig an, dass das tatsächliche Geschehen strafbar sei.

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29
Q

Was stellt sich der Täter bei einem abergläubischen Versuch vor?

A

Bei einem abergläubischen Versuch fehlen dem Täter nicht durchschnittliche Vorstellungen naturgesetzlicher Zusammenhänge, sondern er baut auf die Wirksamkeit magischer Kräfte

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30
Q

Was stellt sich der Täter bei einem grob unverständigen Versuch vor?

A

Bei einem grob unverständigen Versuch ist die Tätervorstellung für jedermann offensichtlich von keinerlei Kenntnis über naturgesetzliche Zusammenhänge getrübt

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31
Q

Was stellt sich der Täter bei einem einfach untauglichen Versuch vor?

A

Beim untauglichen Versuch stellt sich der Täter eine Sachverhaltslage irrig vor, die – läge sie vor – tatsächlich einem Straftatbestand unterfiele. (Untaugliches Mittel, untaugliches Objekt, untaugliches Subjekt)

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32
Q

Wann liegt ein unmittelbares Ansetzen nach der Zwischenaktstheorie vor?

A

Nach den Leitlinien der Rechtsprechung liegt ein unmittelbares Ansetzen vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet und objektiv Handlungen vornimmt, die – nach seinem Tatplan – in ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenakte unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen
- LEITKRITERIUM: die zeitlich-räumliche Nähe zur gesetzlich ausdifferenzierten Tatbestandsbegehung
- INDIZIEN: Verwirklichung des Tatplans, Handlungsunmittelbarkeit

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33
Q

Welche Frage ist nach der Gefährdungstheorie des unmittelbaren Ansetzens zu beantworten?

A

Liegt eine unmittelbare objektive Gefährdung des tatbestandlich geschützten Rechtsguts vor?

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34
Q

Welche Frage ist nach der Sphärentheorie des unmittelbaren Ansetzens zu beantworten?

A

Ist der Täter bereits in die Schutzsphäre des Opfers eingedrungen? (subjektive Bewertung, kann in die Zwischenaktstheorie eingebunden werden)

35
Q

(P) Unmittelbares Ansetzen bei Distanzdelikten: Eine unmittelbare Gefährdung des Opfers liegt (noch) gar nicht vor

A

Frühere h.M.: Beendigung der Täterhandlung markiert stets den Beginn des Versuchs
(-) Dadurch sind auch Konstellationen erfasst, in denen der Täter wie bei einem unbeendeten Versuch noch die Herrschaft über das Geschehen hat
A.A.: Versuch nur, wenn eine unmittelbare Gefährdung vorliegt
(-) Aus kriminalpolitischer Sicht zu eng gefasst
H.M.: Sobald die Herrschaft über das Geschehen aus der Hand gegeben wurde

36
Q

(P) Unmittelbares Ansetzen für den mittelbaren Täter (ähnlich Distanzdelikt)

A

e.A.: Einwirken des auf das Werkzeug (Einzellösung)
(+) Parallele zur versuchten Anstiftung nach § 30 I StGB
(-) Nicht wirklich vergleichbar: Die versuchte Anstiftung kann auch weit im Vorfeld der tatsächlichen Tat stattfinden
a.A.: Unmittelbares Ansetzen des Werkzeugs selbst (Gesamtlösung)
(+) Mittelbarer Täter soll nicht strenger haften als der Anstifter, dessen Strafbarkeit streng akzessorisch vom Haupttäter abhängt
(-) Zu eng: Im Gegensatz zum Anstifter hat der mittelbare Täter die Tatherrschaft
(-) Anstiftungsversuch ist nach § 30 I StGB strafbar, wenn das Losschicken eines Tatmittlers straflos bliebe
h.M.: Entlassen des Werkzeugs aus dem Herrschaftsbereich, wenn davon auszugehen ist, dass die Rechtsgutsverletzung sich in naher Zukunft anschließen wird
(+) Entspricht den allgemeinen Vorgaben zum unmittelbaren Ansetzen am ehesten
(+) Der maßgebliche Tatvorwurf ist erfüllt
Teilw.: Allein das Losschicken reicht aus

37
Q

(P) Unmittelbares Ansetzen für den Mittäter: Muss der Mittäter selbst unmittelbar ansetzen oder reicht es schon, wenn ein Mittäter unmittelbar ansetzt?

A

T.L.: Einzellösung: auf den einzelnen Mittäter selbst abstellen
(+) Mangelnde Tatherrschaft
(+) Täter können verschiedene Vorstellungen über das unmittelbare Ansetzen haben
h.M.: Gesamtlösung – Bereits wenn einer der als Mittäter verabredeten Tatbeteiligten die Tat iSd § 22 StGB im Rahmen des verabredeten Tatentschlusses beginnt, haben die Mittäter zu eben dieser Tat unmittelbar angesetzt
(+) Mittäterschaft ist ein Zurechnungsinstitut
(+) Aktuelle Tatherrschaft ist bei Versuchsstrafbarkeit nicht nötig
JEDOCH: Einzellösung bei sukzessiver Mittäterschaft

38
Q

(P) Unmittelbares Ansetzen bei vermeintlicher Mittäterschaft
(Der Täter stellt sich vor, dass ein anderer sein Mittäter ist)

A

E.A.: Die Handlung des vermeintlichen Mittäter ist dem Täter zurechenbar
(+) Es kommt gem. § 22 StGB maßgeblich auf die subjektive Tatplanperspektive an
(+) § 25 II StGB bezieht sich nur auf objektive Tatbeiträge
(+) Der Täter soll nicht auf Grund der aus seiner Sicht zufälligen Willensänderung seines Mittäters bessergestellt werden
A.A.: Ein tatsächlicher Mittäter muss den objektiven Versuchstatbestand erfüllen
(+) Das Verhalten des vermeintlichen Mittäters kann nicht als Tatbestandsverwirklichung angesehen werden: Der Glauben des Täters daran reicht nicht aus

39
Q

Was besagt die Theorie der goldenen Brücke/kriminalpolitische Theorie?

A
  • Das Gesetz will dem Täter eine „goldene Brücke“ zurück in die Legalität bauen, damit er durch die Aussicht auf Straffreiheit einen Anreiz hat, von der Vollendung abzusehen
  • Gedanke des Opferschutzes: Dem Täter sollen Anreize geschaffen werden, um das Opfer optimal zu schützen
    (-) Täter wird sich im Augenblick der Tat keine Gedanken zu den o.g. Erwägungen gemacht haben
40
Q

Was ist Inhalt der den Rücktritt begründenden Strafzwecktheorie?

A
  • Der Rücktritt soll die „Erschütterung der Rechtsgemeinschaft“ kompensieren
  • Gedanke der General- und Spezialprävention: Prävention ist nicht notwendig, wenn ein freiwilliger Rücktritt vorliegt
41
Q

Was ist Inhalt der den Rücktritt begründenden Verdienstlichkeitstheorie/ Gnadentheorie?

A
  • Der Täter hat mit der freiwilligen Strafumkehr die Straffreiheit verdient bzw. soll für die Rückkehr in die Legalität belohnt werden
  • Begründet die Figur des fehlgeschlagenen Versuchs und das Erfordernis der Freiwilligkeit
42
Q

Def. fehlgeschlagener Versuch (orientiert an der Gesamtbetrachtungslehre)

A

Ein Versuch ist fehlgeschlagen, wenn dem Täter aus seiner Sicht die Tatvollendung nicht mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln oder nur nach einer wesentlichen Zäsur möglich ist (= obj. Fehlschlag oder irrtümliche Annahme)

43
Q

(P) Einzelaktstheorie vs. Gesamtbetrachtungslehre: fehlgeschlagener Versuch

A

(P) Einzelaktstheorie v.
Def.: Das Fehlschlagen des Versuchs beurteilt sich nach jedem einzelnen Geschehensakt. Ein fehlgeschlagener Versuch liegt vor, wenn der Täter einen nach seiner subjektiven Vorstellung erfolgstauglichen und in seinen Auswirkungen nicht mehr beherrschbaren Versuch unternommen hat, ohne den Erfolg herbeizuführen, und dessen Scheitern erkennt.
(-) Zu streng, Strafrecht als ultima ratio/schärfstes Schwert des Staates
h.M. Gesamtbetrachtungslehre
Def.: Orientierung bei einem mehraktigen Geschehensablauf am Gesamtgeschehen, wenn dieses bei natürlicher Betrachtungsweise als Einheit zu bewerten ist.
(+) Einzelaktstheorie reißt ein einheitliches Geschehen willkürlich und künstlich auseinander
(+) Verbesserte Rücktrittsmöglichkeit des Täters dient dem Opferschutz

44
Q

Wann liegt ein unbeendeter Versuch vor?

A

Der Versuch ist unbeendet, wenn der Täter nach seiner Vorstellung noch nicht alles für den Erfolg Erforderliche getan hat (BGH: hält Erfolg nicht für möglich)

45
Q

Wann liegt ein beendeter Versuch vor?

A

Der Versuch ist beendet, wenn der Täter nach seiner Vorstellung alles für den Erfolg Erforderliche getan hat und den Erfolgseintritt für möglich hält (dolus eventualis)

46
Q

(P) Aus welcher Perspektive ist das Vorliegen eines beendeten oder unbeendeten Versuch zu beurteilen?

A

e.A.: (früher) Tatplanlösung: Vorstellungen bei Beginn der Tatausführung
h.M.: (und BGH) Lehre vom Rücktrittshorizont: Vorstellung nach Ausführung der letzten tatbestandlichen Handlung innerhalb des einheitlichen Lebensvorgangs
(+) Verbesserte Rücktrittsmöglichkeit des Täters dient dem Opferschutz
(+) Tatplanlösung würde Täter vorziehen, der von Anfang an mehrere Varianten zur Tatausführung hat

47
Q

(P) Welche Anforderungen sind an das tatbestandliche Aufgeben iSd § 24 I 1 StGB zu stellen?

A

e.A.: Abstrakte Betrachtungsweise: Der Täter muss von seinem gesamten Tatplan endgültig Abstand nehmen
(+) Endgültige Aufgabe (heißt nicht Aufschieben)
(-) Zu streng; macht den Rücktritt u.U. fast unmöglich
(-) § 24 StGB behandelt den Rücktritt von der konkreten Tat
(-) Geplante Tatwiederholungen setzen einen weiteren Tatentschluss voraus und können somit nicht mehr unter das Aufgeben der Tat fallen
(-) Gedanke des Opferschutzes: Hat sich der Täter schon durch die erste Tat strafbar gemacht hat er keine Motivation mehr auf den Boden der Legalität zurückzukehren
(-) Gesinnungsstrafrecht
h.M.: eingeschränkt abstrakte Betrachtungsweise: Der Täter muss von der konkreten Ausführungshandlung und von denjenigen Fortsetzungshandlungen Abstand nehmen, die mit dem bereits begangenen Versuch qualitativ gleichwertig sind, eine natürliche Handlung oder einen einheitlichen Lebensvorgang bilden
(+) Täter nimmt hinreichend Abstand von der Tat
(+) Opferschutz und Schutz des Täters hält sich die Waage
a.A.: Konkrete Betrachtungsweise: Der Täter muss nur von der ganz konkreten Handlung Abstand nehmen; was er danach tun will, ist unerheblich
(+) Sonst Gesinnungsstrafrecht
(-) Wenn der Täter seine ursprüngliche Begehungsweise unmittelbar durch eine gleichwertige ersetzt, kann von einer Rückkehr in die Legalität keine Rede sein

48
Q

Def.: (Ernsthaftes) Sichbemühen iSd § 24 I 2 StGB

A

Täter muss bewusst und gewollt in einer Weise aktiv tätig werden, die zumindest seiner Vorstellung nach geeignet ist, den von ihm in Gang gesetzten Kausalverlauf zu unterbrechen und dadurch die Vollendung zu verhindern

49
Q

Def.: Freiwilliges Handeln iSd Rücktritts

A

Freiwillig ist der Rücktritt dann, wenn er nicht durch zwingende Hinderungsgründe veranlasst wird, sondern der eigenen autonomen Entscheidung des Täters entspringt

50
Q

(P) Abgrenzung von dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit

A

Wissenstheorien: Setzen nur ein intellektuelles/Wissens-Moment voraus
Möglichkeitstheorie: Täter hält den Erfolg konkret für möglich
Wahrscheinlichkeitstheorie: Täter hält den Erfolg für wahrscheinlich
Gefährdungstheorie: Erkennen als konkrete Gefahr
(+) Bewusst über die Verbotsnorm hinweggesetzt
(+) Rechtsgüterschutz: Entscheidung gegen das Rechtsgut
(-) Systematik: Ein voluntatives Element ist bei anderen Vorsatzformen gefordert: Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit (soweit diese angenommen wird)
Willenstheorie: zusätzlich zu Wissen und Wollen gefordert
Billigungstheorie: Täter akzeptiert den Erfolgseintritt und findet sich innerlich mit ihm ab
Gleichgültigkeitstheorie: Täter nimmt den Erfolg aus Gleichgültigkeit in Kauf
Ernstnahmetheorie: Täter hält die Tatbestandsverwirklichung ernsthaft für möglich und findet sich mit ihr ab
Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit: Täter vertraut ernsthaft darauf, die als möglich erkannte Tatbestandsverwirklichung werde nicht eintreten
Subsumtion: Oft umfangreiche Abwägung von Wissen und dem daraus zu schließenden Wollen erforderlich
Stellungnahme: Abwägung zwischen den verneinten und bejahten Theorien

51
Q

Woraus lässt sich das Erfordernis eines subjektiven Rechtfertigungselements herleiten?

A
  • §§ 32, 34 StGB: „um […] abzuwenden“ (Rönnau: Dies könnte aber auch auf die rein objektive Zwecksetzung hinweisen)
  • Personale Unrechtslehre: Der Handlungsunwert ist (primärer) Bestandteil des Unrechts: Hat der Täter keine Vorstellung vom tatsächlichen Vorliegen der Rechtfertigungsvoraussetzungen, steht sein Verhalten zwar objektiv im Einklang mit der Rechtsordnung, so dass der Erfolgsunwert der Tat kompensiert wird; er lehnt sich aber gegen die Bestimmungsnorm auf und verursacht damit Handlungsunrecht
52
Q

Wie konkret muss die Kenntnis im Rahmen des subjektiven Rechtfertigungswillen sein?

A

Rspr.: Darüber hinaus muss eine gewissenhafte Prüfung des Vorliegens der rechtfertigenden Umstände geschehen
(+) Vermeidung von Strafbarkeitslücken durch ETI
(-) Rechtfertigungstatbestände sehen dieses Erfordernis nicht vor: Konflikt mit Art. 103 II GG, § 1 StGB
(-) Fördert den Rechtsgutsschutz nicht, da das Rechtsgut in der konkreten Situation in jedem Fall nicht schützenswert ist ((+) Mit dem Gedanken der Generalprävention führt dieser Ansatz jedoch tatsächlich zu einem umfassenderen Rechtsgutsschutz)
E.A.: Täter muss in dem sicheren Wissen bzw. berechtigten („verdichteten“) Vertrauen auf das Vorliegen der entsprechenden Rechtfertigungstatsachen handeln
A.A.: Übertragung der Vorsatzvorschriften – Ein für möglich halten des Vorliegens der Rechtfertigungsgründe iSd dolus eventualis reicht aus
(-) Damit hält der Täter es genauso für möglich, dass die entsprechenden rechtfertigenden Umstände nicht gegeben sind und verwirklicht damit das Handlungsunrecht eines mit dolus eventualis begangenen (untauglichen) Versuchs

53
Q

(P) Muss im Rahmen des subjektiven Rechtfertigungselements auch ein Verteidigungswille gegeben sein?

A

(+) Wortlaut des § 32 StGB: „um […] abzuwenden“
(+) Telos: bei rechtsfeindlicher Gesinnung ist das Rechtsbewährungsprinzip nicht einschlägig
(-) Täter stellt einen rechtmäßigen Zustand im Wissen um die Rechtfertigungsgründe her: Mit dem Erfordernis eines voluntativen Elements würde der Täter wegen seiner „falschen“ inneren Einstellung bestraft

54
Q

(P) Ist Mord eine Qualifikation vom Totschlag, bzw. die Tötung auf Verlangen eine Privilegierung (und damit ein bpM gem. § 28 II StGB)?

A

LIT.: Ja (RICHTIG, anscheinend)
(+) Reihenfolge ist eine rein symbolische Stellung
(+) S: Generell typische Struktur einer Qualifikation
(+) H: Tätertypenlehre ist überholt
(+) Umfassender Rechtsgüterschutz
(+) Rspr. erlaubt das Vorliegen gekreuzter Mordmerkmale
Rspr.: §§ 211, 212, 216 StGB sind eigene Tatbestände
(+) S: Grunddelikt vor Qualifikation
(+) W: § 212 StGB legt nahe, dass es kein Grunddelikt ist
ACHTUNG: vermutlich tel. Reduktion bei einem Fall des § 216 StGB

55
Q

(P) Gibt es eine Sukzessive Beihilfe (Beihilfe zwischen Vollendung und Beendigung) in ABGRENZUNG zu § 257 StGB

A

Rspr.: Erkennt sukzessive Beihilfe an
(-) Beendigungsphase ist nicht hinreichend bestimmt => Verstoß gegen Art. 103 II GG
(-) § 257 StGB: existiert
Differenzierend: Wenn der Tatbeitrag die Rechtsgutsverletzung steigert
(-) Die endgültige Rechtsgutsverletzung ist unbestimmt
(-) Wortlaut des § 27 iVm § 11 I Nr.5 StGB erfordert keine Intensivierung der Rechtsgutsverletzung, sondern die Steigerung der Tatbestandsverwirklichung
(-) Nicht jede Form der Rechtsgutsverletzung ist strafbar, sondern nur eine solche, die durch die tatbestandsmäßige Handlung bzw. den tatbestandsmäßigen Erfolg verursacht wird
a.A.: Beihilfe nur bis zur Vollendung
(+) Strafgrund der Beihilfe ist ein Rechtsgutsangriff. Der Teilnehmer kann zu dieser nichts mehr beitragen, wenn sie bereits eingetreten ist

56
Q

(P) Können neutrale oder berufstypische Handlungen eine Beihilfehandlung darstellen?

A

m.M.: Keine Einschränkung/Einschränkung nur über den subjektiven Tatbestand
h.M.: Es ist jedenfalls eine Einschränkung der Strafbarkeit erforderlich
(+) Was geht es den Berufsträger überhaupt an, was andere mit den von ihm legal und verfassungsrechtlich geschützt (Art. 12 GG) angebotenen Leistungen machen
(+) Andernfalls wird die wirtschaftliche Handlungsfreiheit zu sehr eingeschränkt
- Lehre von der Sozialadäquanz bzw. professionellen Adäquanz: Handlungen, die sozialüblich sind bzw. im Rahmen der üblichen beruflichen Tätigkeit liegen werden vom Merkmal des Hilfeleistens (gar) nicht erfasst
(+) Ein sozialadäquantes Verhalten kann nicht tatbestandsmäßig sein
(-) Begriff der Sozialadäquanz ist zu unbestimmt, Art. 103 II GG
(-) Nicht alles, was sozial üblich ist, kann zum Ausschluss der Strafbarkeit führen (Bsp.: Steuerhinterziehung)
- Lehre von der objektiven Zurechnung: Handlungen, die kein rechtlich missbilligtes Risiko setzen, sind objektiv nicht zurechenbar und daher nicht tatbestandsmäßig
(+) Die objektive Zurechnung ist ganz allgemein Voraussetzung der Strafbarkeit und bietet ein sinnvolles, nach sicheren und ausdifferenzierten Regeln handhabbares Kriterium
- Subjektive Einschränkungstheorien (ähnlich: BGH): Neutrale Alltagshandlungen sind dann straflos, wenn der Handelnde hinsichtlich der möglichen Tat nur mit dolus eventualis handelt bzw. die Tat nicht fördern will oder der deliktische Sinnbezug fehlt
(+) Die Strafwürdigkeit einer objektiv neutralen Handlung lässt sich nur auf subjektiver Ebene klären
(-) Tendenz zum Gesinnungsstrafrecht

57
Q

(P) Stellt auch die psychische Beeinflussung eine Beihilfe dar (psychische Beihilfe)?

A

h.M.: Jedenfalls dann, wenn der Tatentschluss des Haupttäters nachweislich gestärkt wurde (insb. Anfeuern)
(-) Kausalität einer bloß psychischen Beihilfe ist nicht feststellbar
(+) Beweisschwierigkeiten sind kein Auslegungskriterium
(-) Einwirken auf den Tatentschluss des Täters ist von § 26 StGB umfasst
(+) Dies schließt aber nicht aus, dass eine „schwächere Form als das Anstiften“ von § 27 StGB erfasst wird

58
Q

(P) Beihilfe und Kausalität (Kausalität als Voraussetzung ist strittig)?

A

h.L.: Kausalität als Voraussetzung nach der Äquivalenztheorie/ Steigerung des Risikos der Tatverwirklichung
=> Nicht der konkrete Taterfolg, bloß das konkrete Tatbild (sehr weiche Voraussetzungen)
(+) Dies ist erforderlich für die Zurechnung
BGH: keine Kausalitätserfordernis
(+) Wortlaut: § 27 I StGB Hilfeleistung zur TAT nicht zum TATERFOLG
J.G.: Theorie der verstärkten Kausalität – Mitverursachung iSd chancenerhöhenden Kausalität ist erforderlich – Die Hilfeleistung muss kausal sein und eine chancenerhöhende Modifizierung des Tatplans bewirkt haben

59
Q

Def.: Beihilfe-Handlung

A

Eine tatbestandsmäßige Beihilfe Handlung ist jede Handlung, die die Herbeiführung der Tat durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert, ohne, dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss

60
Q

Wie ist der error in persona des Angestifteten zu behandeln?

A

h.L.: Abberatio-ictus-Theorie: Für den mittelbaren Täter ist dies ein aberratio ictus (bei hinreichender Konkretisierung)
=> Atypischer Kausalverlauf
(+) Fehlgehen eines mechanischen Werkzeuges = Fehlgehen eines menschlichen Werkzeuges
(-) Vollverantwortliches, menschliches Werkzeug kann nicht einem mechanischen gleichgesetzt werden
BGH: Wesentlichkeitstheorie: Wenn der mittelbare Täter dem Tatmittler sehr genaue Angaben gemacht hat liegt ein aberratio ictus vor; sind die Angaben jedoch eher ungenau handelt es sich um einen unbeachtlichen Irrtum (wesentliche/ unwesentliche Abweichungen, abhängig von der allgemeinen Lebenserfahrung)
=> Zurechnung des Verwechslungsrisikos
(+) Vergleichbar mit den sog. Distanzfällen (Individualisierungslösung => Tatmittler wird die Individualisierung überlassen)
(-) Ungenau
a.A.: Unbeachtlichkeitstheorie (strenge Akzessorietät): Täter hat in keinem Fall für eine hinreichende Konkretisierung gesorgt  unbeachtlicher Irrtum
(+) Ist auch für den Tatmittler ein unbeachtlicher Irrtum
(+) Anstifter sollte nicht privilegiert werden

61
Q

(P) Ist die sog. “Aufstiftung” (Def.: Ein fest bestehender Tatplan wird in seiner Unrechtsdimension erweitert) eine tatbestandsmäßige Anstiftung?

A

h.M.: Vollendete Anstiftung zum qualifizierten Delikt
(+) Aliudargument: Konkret realisierte Tat
(+) Kausalitätsargument: Nur auf Grund der Intervention
(+) Bestärkungsargument: Tat war hypothetisch und wurde durch den zustimmenden Erweiterungsvorschlag gefördert
(+) Erhöhter Unrechtsgehalt
T.L.: analytisches Trennungsprinzip
(+) Unrecht der Grundtat ist nicht auf den Willen des Anstifters zurückzuführen
=> Lediglich psychische Beihilfe zum qualifizierten Delikt
=> Anstiftung nur möglich wenn der aufgestiftete Teil selbstständig strafbar ist

62
Q

Def.: Bestimmen zur Tat iSd § 26 StGB

A

Bestimmen zur Tat meint das zumindest mitursächliche Hervorrufen des Tatentschlusses beim Haupttäter durch geistigen Kontakt

63
Q

(P) Wesentlicher Tatbeitrag nach den verschiedenen Täterschaftslehren: Reicht eine Mitwirkung im Vorbereitungsstadium aus?

A

Rein subjektive Theorie: Wille des Handelnden – Will er einen eigenen Betrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügen, dass dieser als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint.
=> Regelmäßig sind schon Vorbereitungs- und Unterstützungshandlunge ausreichend
(-) Wer eine Tat für einen anderen ausführt (Drittbegünstigung), kann die Tat als fremde wollen und trotzdem alle Merkmale des Täters erfüllen! Damit dürfen subjektive Kriterien jedenfalls nicht im Zentrum der Betrachtung stehen, zumal das Kriterium des Täterwillens auch nicht exakt abgrenzbar ist.
BGH: Wertende Gesamtbetrachtung – Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint
(+) Wenn alle Beteiligten gleichermaßen kausal für den Erfolg, sind, helfen allein objektive Kriterien nicht weiter. Damit sind auch subjektive Kriterien einzubeziehen.
(-) Die Kombination der unterschiedlichen Kriterien wird beliebig verwendet. Das führt zu unzulässiger Unbestimmtheit.
h.L.: Weite Tatherrschaftslehre
Frage nach der funktionalen Tatherrschaft => ein Minus im Ausführungsstadium kann durch ein Plus im Planungsstadium ausgeglichen werden (erhebliche funktionelle Bedeutung für das Tatgeschehen, dominant tatprägendes Gewicht)
(+) Tatherrschaft ist nicht legaldefiniert => mittelbare Täterschaft unterstützt jedoch die Idee, dass Tatherrschaft auch vor dem Ausführungsstadium existiert
(+) Wenn die Handlung im Vorbereitungsstadium in das Ausführungsstadium hineinreicht und das Tatgeschehen maßgeblich mitbestimmt, kann hierdurch das Fehlen des Beitrags im Ausführungsstadium kompensiert werden
(+) Argumentum ad absurdum: Wieso ist die Zentralgestalt des planenden Chefs nicht Täter (mit der strengen Tatherrschaftslehre wird das organisierte Verbrechen privilegiert)
=> (-) Dafür haben wir doch aber noch die Strafbarkeit des Anstifters gleich einem Täter!
=> (+) Es ist aber allein nach sozialer Anschauung schon ein wesentlicher wertungsmäßiger Unterschied, ob man jetzt Täter oder Anstifter ist!
ROXIN: Strenge Tatherrschaftslehre
Beitrag im Ausführungsstadium ist unbedingt notwendig!
(+) Gesetzesnähe: Mittäterschaft wird an das beschriebene Ausführungsstadium gebunden
(-) Ein Tätigwerden am Tatort kann für die Täterschaft nicht grundsätzlich verlangt werden: Siehe mittelbare Täterschaft

64
Q

Def.: Gemeinsamer Tatplan iSd Mittäterschaft

A

Ein gemeinsamer Tatplan liegt vor, wenn ein freiwillig begründetes Einvernehmen über das bewusste arbeitsteilige Zusammenwirken zur Begehung einer hinreichend konkretisierten Straftat vorliegt

65
Q

(P) Vorliegen von tatherrschaftsbegründenden Umständen iSd mittelbaren Täterschaft bei vermeidbarem Verbotsirrtum des Vordermanns (sog. Täter-hinter-dem-Täter-Konstellation)?

A

T.L.: Strenge Verantwortungstheorie – Nur ein unvermeidbarer Verbotsirrtum des Vordermanns kann zur Strafbarkeit des Hintermanns führen
(+) Soweit dem Täter ein Rest an Verantwortung bleibt, kann beim Hintermann keine vorrangige Zuständigkeit und Herrschaft des Hintermannes angenommen werden
(+) Die akzessorischen Teilnahmevorschriften passen besser auf den Fall
(-) Auch bei einer Mittäterschaft und Nebentäterschaft kennt das Recht eine Trennung von Verantwortlichkeiten. Auch hier können mehrere unabhängig voneinander Tatherrschaft besitzen
h.M.: Eingeschränkte Verantwortungstheorie – Auch ein vermeidbarer Verbotsirrtum des Vordermanns reicht für die Strafbarkeit des Hintermanns aus, sofern man insgesamt Tatherrschaft bejahen kann
(+) Ein starres Verantwortungsprinzip würde diese sinnvolle Differenzierung verhindern. Entscheidend ist nicht das schuldhafte oder schuldlose Verhalten des Vortäters, sondern ob es dem Hintermann gelingt, den Tatmittler seiner Herrschaft zu unterwerfen.
(+) Vermeidbarkeit/Unvermeidbarkeit ist kein geeignetes Abgrenzungskriterium

66
Q

(P) Mittelbare Täterschaft beim manipulierten error in persona?
Bsp.: A will B auf dem täglichen Spaziergang erschießen. B hört davon, bleibt Zuhause und schickt O auf die Strecke. A verwechselt O mit B und erschießt O. A ist strafbar nach § 212 StGB, error in persona unbeachtlich. Strafbarkeit des A?

A

e.A.: Mittelbare Täterschaft
(+) Der Hintermann hat das Geschehen hinsichtlich des konkreten Opfers gesteuert (reicht aus, um eine andere Qualität des tatbestandlichen Unrechts anzunehmen)
(-) Hintermann hat aber nicht ausreichend/keine Herrschaft über das Geschehen
a.A.: Nebentäterschaft
(+) Beim Vordermann liegt kein Defizit, also keine Werkzeugqualität vor
(-) Vorder- und Hintermann treten nicht als unabhängig voneinander agierende Einzeltäter auf
a.A.: Beihilfe oder Anstiftung
Anstiftung: (-) Der Vordermann wollte eine Person umbringen
Beihilfe: (-) Im Hinblick auf die abstrakte Menschenqualität kann weder eine Tatveranlassung noch eine psychische Beihilfe bejaht werden

67
Q

Was meint der Begriff der Tatherrschaft kraft Organisationsherrschaft?

A

Täter kraft Tatherrschaft kann auch derjenige sein, der bestimmte Rahmenbedingungen durch Organisationsstrukturen schafft, die regelhafte Abläufe auslösen, wenn er diese Bedingungen ausnutzt, um die erstrebte Tatbestandsverwirklichung herbeizuführen

68
Q

Was sind die Voraussetzungen für eine Tatherrschaft kraft Organisationsherrschaft?

A

a) Anordnungsgewalt des Befehlgebers in einem hierarchisch strukturierten Machtapparat
b) Rechtsgelöstheit des Machtapparats
c) Täter muss als „austauschbares Rädchen im Getriebe des Systems“ erscheinen
d) Erhöhte Tatbereitschaft des Ausführenden durch Organisationszugehörigkeit

69
Q

(P) Irrige Annahme der Tatherrschaft bei anschließend bösgläubig begangener Tat: Irrtum über Tatvorsatz des Tatmittlers

A
  • Mittelbare Täterschaft scheidet aus, da der Tatmittler kein Strafbarkeitsdefizit hat
  • Prüfung einer in mittelbarer Täterschaft versuchten Tat
  • (P) Kumulativ vollendete Anstiftung?
    h.M.: Wer sogar Täter sein wolle, dem lasse sich auch das „Minus“ der nur eingetretenen vollendeten Anstiftung zurechnen (Kommt nicht auf Vorliegen von Eventualvorsatz an)
    (+) Wille zur Täterschaft besteht
    (+) Strafbarkeitslücken
    (+) Selbst bei einer Versuchsstrafbarkeit kommt die tatsächliche Rechtsgutsverletzung nicht zum Ausdruck (Erfolgsunrecht!)
    a.A.:
    (-) Strafbarkeitslücken bestehen bewusst
    (-) Art.103 II GG
    (-) Tatvorsatz wird jemandem unterstellt, der Vorsatz bezüglich einer ganz anderen Tat hatte
    a.A.: Mindestens Eventualvorsatz hinsichtlich der Anstiftung muss vorliegen
    (+) Tatvorsatz wird allein normativ unterstellt
70
Q

Welche Tatherrschaftslehren kennst du?

A

a) Rein subjektive Theorie (frühere Rspr.)
b) BGH: Objektivierter wertender Gesamtansatz
c) Formell-objektive Täterschaftslehre
d) h.L.: Materiell-objektive Täterschaftslehre (weite Tatherrschaftslehre)

71
Q

Was ist Inhalt der rein subjektiven Täter-Theorie?

A

Täter ist wer die Tat als eigene will (animus auctoris), wer lediglich eine fremde Tat fördern will (animus socii) bleibt ein Teilnehmer => Abstellen auf den inneren Willen des Tatbeteiligten
(-) § 25 I StGB leitet Täterschaft aus bestimmten Formen der objektiven Tatbegehung ab
(-) Innerer Wille des Täters ist schwer festzustellen

72
Q

Was ist Inhalt des objektivierten wertenden Gesamtansatzes des BGHs iSd Täterschaftslehren?

A

Wertende Gesamtbetrachtung anhand von objektiven und subjektiven Kriterien
Indizien: Interesse am Taterfolg, Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft, Wille des Täters hinsichtlich der Tatherrschaft
(+) Wenn alle Beteiligten gleichermaßen kausal für den Erfolg, sind, helfen allein objektive Kriterien nicht weiter. Damit sind auch subjektive Kriterien einzubeziehen
(+) Bringt die verschiedenen die Täterschaft indizierenden Aspekte in einen optimalen Ausgleich
(-) Gesetz wird vernachlässigt
(-) Sehr unbestimmt

73
Q

Was ist Inhalt der formell-objektiven Täterschaftslehre?

A

Täter kann nur sein, wer die tatbestandsmäßige Ausführungshandlung selbst verwirklicht.
(+) Einschränkungen der Äquivalenztheorie weiterhin möglich
(-) Zu streng für § 25 I Alt.2 StGB

74
Q

Was ist Inhalt der materiell-objektiven Täterschaftslehre bzw. weiten Tatherrschaftslehre?

A

Def.: Täter ist, wer allein oder zusammen mit anderen den Ablauf der Tat planvoll lenkend oder mitgestaltend in den Händen hält

75
Q

Wann liegt ein fehlgeschlagener Versuch bei einem Unterlassen vor?

A

Ein fehlgeschlagener Versuch im Rahmen einer Unterlassung liegt vor, wenn der Unterlassungstäter zum Zeitpunkt des Rücktritts nach seiner Vorstellung durch die Nachholung der ursprünglich gebotenen Handlung den Eintritt des Erfolges mit den ihm zur Verfügung stehenden Rettungsmitteln nicht mehr abwenden kann, sei es, weil er die Tatbestandserfüllung für unmöglich hält oder weil schon andere eingegriffen haben oder die eigenen Rettungsbemühungen zu spät kämen

76
Q

Wann bemüht sich ein Täter ERNSTHAFT?

A

Entwickelte Leitlinien:
- Der Täter muss alles tun, was in seinen Kräften steht und nach seiner Überzeugung zur Erfolgsabwendung erforderlich ist
- Er muss die aus seiner Sicht ausreichenden Verhinderungsmöglichkeiten ausschöpfen, den Zufall dort ausschalten, wo er ihn vermeiden kann und sich um die bestmögliche Maßnahme für die Erfolgsabwendung bemühen

77
Q

Def.: Quasikausalität

A

Im Sinne der Unterlassungsdelikte kausal ist jede rechtlich erwartete Handlung, die nicht hinzugedacht werden könnte, ohne dass der tatbestandsmäßige Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele

78
Q

(P) Welche Anforderungen sind an den spezifischen Zusammenhang zwischen Grunddelikt und Erfolgsqualifikation zu stellen? – Übersicht (Streit variiert zwischen den Tatbeständen)

A

Enge Ansicht = Letalitätsthese: Die Schwere Folge muss gerade auf dem Erfolg des Grunddelikts beruhen
(+) WL: § 227 StGB „verletzte Person“ – Nach dem Wortsinn kann nur der tatsächliche Verletzungserfolg gemeint sein
(-) WL: Die Körperverletzung erfasst auch eine körperliche Misshandlung und eine lebensgefährliche Behandlung
(-) SYS: z.B. bei § 251 StGB wird der Tod des Opfers selten Folge der Willensbeugung, sondern vielmehr der Gewaltanwendung/Drohung sein
(+) TEL: Restriktive Anwendung aufgrund des hohen Strafrahmens
(-) Erfolgsqualifizierter Versuch wird vollkommen ausgeschlossen
Vermittelnde Ansicht: Es hängt vom (Wortlaut des) jeweiligen Tatbestand(s) ab
H.M.: Typischerweise besteht der Zusammenhang zwischen Handlung und Folge
(+) Alles andere scheint zwanghaft wortlautgetreu und konstruiert
(+) Der Körper wird durch die §§ 223 ff. StGB durch den Gesetzgeber zur absoluten Tabuzone gemacht: demnach muss auch die objektive Zurechenbarkeit zwischen einer nur versuchten vorsätzlichen Körperverletzung und der schweren Folge genügen, wenn die Tabuzone verletzt wird
(+) Verweis des § 227 StGB auch auf die Versuchstatbestände des § 223 StGB
(-) Ausweitung vor dem hohen Strafrahmen nicht unbedenklich

79
Q

(P) Ist die Sorgfaltspflicht nach einem objektiven oder subjektiven Maßstab zu bestimmen?

A

h.M.: Objektive Bestimmung (Subjektivierung durch die Einengung des Verkehrskreises)
(+) Verbesserter Rechtsgüterschutz
(+) Trennung von Unrecht und Schuld: Rechtswidrige Tat ist ein objektives Urteil; das subjektive Urteil ist auf Schuldebene zu treffen
(+) Wichtig ist dies insb. auch für Notwehrrechte
(+) Plakative Verhaltensrichtlinien werden immerhin auf den Verkehrskreis zugeschnitten
(+) Ein unfähiger Arzt soll zur Rechenschaft gezogen werden
(-) Personen mit Sonderfähigkeiten sollen diese auch nutzen müssen
(+) Dies wird durch das Ziehen eines engen Verkehrskreises erreicht
(-) Überforderung von Minderbefugten
(-) Probleme in Bildung des Verkehrskreises

80
Q

Def.: Tat iSd § 127 I StPO

A

Eine Tat iSd § 127 I StPO ist jede strafbare Handlung und ihr strafbarer Versuch, keine bloße Ordnungswidrigkeit

81
Q

Def.: Auf frischer Tat betroffen iSd § 127 I StPO

A

Auf frischer Tat betroffen ist derjenige, der bei Verwirklichung des Straftatbestandes oder unmittelbar danach am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe gestellt wird

82
Q

Def.: Auf frischer Tat verfolgt iSd § 127 I StPO

A

Auf frischer Tat verfolgt ist ein Täter, wenn er sich bereits vom Tatort entfernt und mit seiner Verfolgung wurde aufgrund konkreter, auf ihn hinweisender Anhaltspunkte in unmittelbarem Anschluss an die Tat begonnen

83
Q

(P) Muss der Festgenommene tatsächlich eine Straftat begangen haben?

A

T.L./Rspr.: Rechtfertigung auch bei dringendem Tatverdacht
(+) An den Bürger sollten keine höheren Anforderungen als an den Staat zu stellen
h.L.: Es ist eine tatsächliche Straftat erforderlich
(+) Wortlaut
(+) Dem unschuldig festgenommenen müssen die Notwehrrechte gegen den Freiheitseingriff erhalten bleiben
(+) Ausreichender Interessenausgleich durch ETI
(+) § 127 I StPO verweist nicht wie § 127 II StPO auf die Voraussetzungen der U-Haft

84
Q

Def.: Fluchtverdacht iSd § 127 I StPO

A

Fluchtverdacht liegt vor, wenn nach dem erkennbaren Verhalten des Täters aus Sicht eines Beobachters vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass der Täter sich der Strafverfolgung entziehen wird, wenn nicht alsbald eine Festnahme erfolgt