Strafrecht AT Flashcards

1
Q

Was beinhaltet der formelle Rechtsbegriff?

A

Er beinhaltet Handlung, Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld.

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2
Q

Definition des Tatbestandsbegriffs

A

Tatbestand i.e.S. meint die Umschreibung des einzelnen verbots- oder gebotswidrigen Verhaltens, auf das sich eine konkrete Strafandrohung bezieht.

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3
Q

Objektiver Tatbestand

A

Nur äußerlich erkennbarer Sachverhalt - Vorsatz ist irrelevant.
Dazu gehört Tatsubjekt, Tathandlung, Tatobjekt und ggf. Taterfolg.

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4
Q

Subjektiver Tatbestand

A

Der subjektive Tatbestand bezieht sich auf das Bewusstsein des/der TäterIn während der Tat bzw. auf seine/ihre Einstellung gegenüber seiner/ihrer Handlung - Fahrlässigkeit, Vorsatz, …

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5
Q

Rechtswidrigkeit

A

Tatbestandsmäßigkeit indiziert Rechtswidrigkeit, ausgenommen ein Rechtfertigungsbestand liegt vor.

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6
Q

Naturalistisch-Kausaler Handlungsbegriff

A

Die Handlung ist ein gewilltes Körperverhalten.

  • fehlender Bezug auf den sozialen Bedeutungsgehalt
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7
Q

Der finale Handlungsbegriff

A

Die Handlung ist eine zweckgerichtete Tätigkeit.

  • Kann weder fahrlässige noch Unterlassungen aufnehmen.
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8
Q

Der Personale Handlungsbegriff

A

Handlungen sind Persönlichkeitsäußerungen.

  • fahrlässiges Handeln lässt sich nur schwer als Persönlichkeitsäußerung verstehen. Zudem konzentriert sich diese Theorie zu sehr auf das Individuum, vernachlässigt die Sozialerheblichkeit.
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9
Q

Die soziale Handlungslehre

A

Handlung ist ein vom menschlichen Willen beherrschtes oder beherrschbares, sozialerhebliches Verhalten.
Wird von der herrschenden Meinung vertreten.

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10
Q

Nichthandlungen

A
  • Mit unwiderstehlicher Gewalt erzwungene Handlungen (vis absoluta)
  • Körperbewegungen, die mangels jedweder willentlichen Steuerung der Beherrschbarkeit durch den Willen entzogen sind z.B.: Bewegungen im Schlaf; Krampfanfälle; Bewusstseinsstörungen, sofern sie einen gewissen Grad erreichen Koma; Reflexbewegungen, die unwillkürlich und regelhaft ablaufen
  • Vorgänge, die sich nur im inneren des Menschen abspielen
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11
Q

Jedermannsdelikt

A

Ein Delikt, der von Jedermann verübt werden kann, nicht zu Beispiel Exhibitionismus - kann laut Gesetz nur von Männern verübt werden.

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12
Q

Erfolgsdelikt

A

Beschaffenheit der Handlung ist irrelevant, Maßgeblich ist nur der Eintritt gesetzlich vertypten Erfolgs

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13
Q

Tätigkeitsdelikt

A

Maßgeblich ist nur die Vornahme der gesetzlich vertypten Handlung - Eintritt eines Erfolges ist für den Tatbestand irrelevant.

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14
Q

Dauerdelikte

A

Der Täter hält einen rechtswidrigen zustand über einen längeren Zeitraum aufrecht.

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15
Q

Zustandsdelikte

A

Das tatbestandsmäßige Verhalten erschöpft sich in der Herbeiführen des widerrechtlichen Zustands, Tatbestandsmäßig ist nur die Sekunde der Verletzung/Deliktverwirklichung in diesem Moment.

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16
Q

Verletzungsdelikt

A

Er setzt eine Verletzung eines Rechtsgut voraus

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17
Q

Gefährdungsdelikt

A

Es genügt die Gefahrschaffung für ein Rechtsguts.

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18
Q

Definition “fremd”

A

Im Eigentum eines anderen stehend

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19
Q

Definition “Sache”

A

Alle körperlichen Gegenstände

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20
Q

Definition “Beschädigen”

A

Mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigung der Unversehrtheit oder der
bestimmungsgemäßen Brauchbarkeit.

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21
Q

Definition “Zerstören”

A

Vernichtung der Existenz (bei Tieren) oder so wesentliche Beschädigung,
dass sie ihre bestimmungsgemäße Brauchbarkeit völlig verloren hat.

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22
Q

Definition “körperliche Misshandlung”

A

Eine üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit mehr als nur unerheblich beeinträchtigt.

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23
Q

Definition “Gesundheitsbeschädigung”

A

Das Hervorrufen oder Steigern eines vom Normalzustand nachteilig abweichenden krankhaften (pathologischen) Zustands körperlicher oder seelischer Art.

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24
Q

Definition Conditio-sine-qua-non-Formel

A

Ein Umstand ist für den Erfolg kausal, wenn er nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.

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25
Q

Lehre der gesetzmäßigen Bedingung

A

Ursächlichkeit ist, wenn zwischen der Handlung und dem Erfolg ein nach den bekannten Naturgesetzen erklärbarer Zusammenhang besteht.

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26
Q

Adäquanztheorie

A

Ein Verhalten ist nur dann ursächlich, wenn es eine allgemeine Tendenz zur Herbeiführen des tatbestandsmäßigen Erfolgs besitzt.
Sie ist allerdings eine Komponente der erst später zu prüfenden Kategorie der objektiven Zuordnung.

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27
Q

Alternative Kausalität/Doppelkausalität

A

Bsp.: A und B versetzen unabhängig voneinander die Suppe des C mit einer Dosis Gift, die jeweils für sich tödlich wirken kann. C trinkt die Suppe und stirbt.

Nach der modifizierten Conditio-sine-qua-non-Formel sind auch solche Bedingungen erfolgsursächlich, die zwar alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.

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28
Q

Kumulative Kausalität

A

Bsp: A und B versetzen die Suppe des C unabhängig voneinander mit einer Dosis Gift. C stirbt. Jede Dosis alleine wäre nicht im Stande gewesen, den Tod des C zu verursachen, erst gemeinsam haben sie den Tod herbeigeführt.

Die Conditio-sine-qua-non-Formel kann angewendet werden, ohne eine der beiden Handlungen wäre der Erfolg nicht eingetroffen.

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29
Q

Abgebrochene/überholende Kausalität

A

Eine andere Ursache bewirkt völlig unabhängig von der Handlung allein den Erfolg bzw. die Handlung bewirkt unabhängig von einer anderen Ursache den Erfolg.
Die „überholende“ Bedingung ist ursächlich für den Erfolg, während die „abgebrochene“ Bedingung nicht kausal ist.

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30
Q

Grundformel der objektiven Zurechnung

A

Basiert auf zwei Grundsteinen: Die Gefahrschaffung und die Gefahrrealisierung.

Definition:
Der Täter muss durch sein Verhalten eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen oder erhöht haben, die sich im eingetretenen Erfolg realisiert hat.

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31
Q

Schutzzweck der Norm

A

Keine objektive Zurechnung, wenn ein Erfolg eintritt, der außerhalb des Schutzzwecks der Norm liegt.

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32
Q

Prinzip der Eigenverantwortlichkeit

A
Zurechnungsausschluss, wenn ...
1. Freiverantwortliches Verhalten
des Opfers → P: Maßstab
2. Opfer die Tatherrschaft über
den selbstgefährdenden Akt innehat.
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33
Q

Dolus alternativus

A

Der Täter weiß bei Vornahme einer Handlung nicht sicher, ob er dadurch von zwei sich gegenseitig ausschließenden Tatbeständen oder Erfolgen den einen oder anderen verwirklicht, jedoch beide Möglichkeiten in Kauf nimmt. Der Tatvorsatz deckt hier beide Möglichkeiten ab, wenngleich nur eine davon verwirklicht werden kann. Die h.M. würde im vorliegenden Fall wegen vollendeter Sachbeschädigung und versuchtem Mord bestrafen.

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34
Q

Dolus cumulativus

A

Der Tätervorsatz erstreckt sich kumulativ darauf, durch eine Handlung mehrere Tatbestände oder Erfolge nebeneinander zu verwirklichen.

Bsp: Täter erschießt sein Opfer, das hinter einer Scheibe steht. Strafbarkeit wegen Totschlags und Sachbeschädigung.

Somit macht sich der Täter also wegen Begehung aller vom Vorsatz umfassten Delikte strafbar.

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35
Q

Vorsatz Grunddefinition

A

Vorsatz ist Wissen und Wollen der Verwirklichung aller objektiven Tatbestandsmerkmale. Der Vorsatz muss unmittelbar bei der Tatbegehung vorliegen.

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36
Q

Absicht (dolus directus 1. Grades)

A

Dem Täter kommt es gerade darauf an, den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges herbeizuführen (Dominanz des Wollenselement).
Absicht wurde festgestellt - Relevant z.B. Diebstahl und Betrug (§§ 242, 265 StGB). Wer absichtlich handelt, handelt auch vorsätzlich.

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37
Q

Direkter Vorsatz (dolus directus 2. Grades)

A

= gesteigertes Wissen

Der Täter sieht die Verwirklichung des Tatbestandes als sicher voraus (Dominanz des Wissenselements)

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38
Q

Der bedingte Vorsatz (dolus eventualis)

- Das Willenselement

A

Möglichkeitstheorie:
Der Täter hat die konkrete Möglichkeit der Rechtsgutsverletzung erkannt und dennoch gehandelt.

Wahrscheinlichkeitstheorie:
Der Täter hält die Verwirklichung des Tatbestandes für wahrscheinlich.

Diese Theorien werden allerdings abgelehnt, sie differenzieren nicht zwischen bewusster Fahrlässigkeit und dolus eventualis und beschränken sich nur auf das Wissenselement, obwohl auch das Wollenselement für einen Vorsatz erfüllt sein muss.

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39
Q

Der bedingte Vorsatz (doulus eventualis)

- Die Billigungstheorie

A

Der Täter nimmt den Erfolgseintritt billigend in Kauf, oder ihm ist es gleichgültig, bzw. er findet sich damit ab, dass ein Erfolg Eintritt.

Billigen soll auch dann zu bejahen sein, wenn dem Täter der Erfolg höchst unerwünscht ist, dieser sich jedoch mit ihm abgefunden hat.
Nach dieser Theorien handelt der Täter mit dolus eventualis, wenn er den für möglich gehaltenen Erfolg billigend in Kauf nimmt, sich alsomit ihm abfindet.

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40
Q

Grundsätze dolus eventualis

A

Je schwerer der objektive Tatbestand ist, desto relevanter wird das Wissenselement einer Handlung.
Je schwerer ein Kausalverlauf steuerbar ist, desto eher liegt ein dolus eventualis vor.
Eine (hohe) Eigengefährdung des Täters spricht in der Regel gegen einen dolus eventualis, bei einer geringen Eigengefährdung, kann man eher von einem dolus eventualis ausgehen.

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41
Q

Bewusste Fahrlässigkeit

A

Bewusste Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft – nicht nur vage – darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten.

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42
Q

Abweichungen im Kausalverlauf

A

Abweichungen im Kausalverlauf schließen den Vorsatz dann nicht aus, wenn die Abweichung unwesentlich ist.

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43
Q

Dolus generalis

A

Von dolus generalis spricht man zunächst in Fallgestaltungen, in denen der Täter willentlich und wissentlich eine Gefahr für eine beliebige Vielzahl von Rechtsgütern schafft oder er sich infolge einer Unsicherheit über das Ausreichen einer Ersthandlung noch eine Zweithandlung vornimmt, um sein tatbestandliches Ziel zu erreichen.

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44
Q

Der error in persona vel objecto - Ungleichwertigkeit der Tatobjekte

A

Beispiele:
A will den Hund des B erschießen und trifft dabei das in die Hundehütte gekrochene Kind K, das sie nur schemenhaft erkannte und für den Hund wähnte.

A will den O erschießen; was sie für O hält, ist tatsächlich jedoch eine Vogelscheuche.

Behandlung:
Bsp 1: der Irrtum über das Tatobjekt sorgt dafür, dass der Vorsatz dem Kind gegenüber entfällt. Also nur versuchte Sachbeschädigung und evtl. fahrlässige Tötung (wenn der Täter hätte erkenn können, dass sich ein Kind in der Hütte befindet)

Bsp 2: Kein Vorsatz für die Sachbeschädigung, fahrlässige Sachbeschädigung ist nach § 303 in Verbindung mit § 15 keine Straftat, also versuchter Totschlag.

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45
Q

Der error in persona vel objecto - Gleichwertigkeit der Tatobjekte

A

Der Täter irrt sich über über die Identität der konkret individualisierten Person oder Sache.

Beispiel: A will B erschießen, trifft aber in Wirklichkeit C, den er in der Dunkelheit für b gehalten hat.
- Der Täter trifft hier sein eigentliches Ziel, er denkt er seie erfolgreich gewesen.

Behandlung: Der Vorsatz wird hier nicht berührt, da der Täter das erreicht, was er erreichen will. er trifft im Beispiel die Person, die er treffen wollte, es spielt keine Rolle, dass er sich in seiner Identität geirrt hat.

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46
Q

Die aberratio ictus

A

Im Gegensatz zum error in persona verfehlt der Täter hier sein eigentliches Ziel.

Beispiel: Gastwirt G bemerkt, wie seine frühere Lebensgefährtin L gemeinsam mit ihrem neuen Freund F zu Fuß die Gaststätte verlässt. G gerät darüber in Wut und fährt mit seinem Pkw hinter L und F her. Er fährt alsdann gezielt auf F zu, um den Nebenbuhler zu töten. F springt im letzten Moment zur Seite. Der Pkw erfasst L und verletzt sie tödlich.

Behandlung:
Nach der Gleichwertigkeitstheorie wird hier Vorsatz im Hinblick auf die Tötung des getroffenen Objekts anzunehmen sein.
+ Das Gesetz verlangt keine über das abstrakte Tatbestandsmerkmal hinausreichende
Konkretisierung des Tätervorsatzes: G wollte einen Menschen (F) töten und hat einen Menschen
getötet (L), also Vorsatz (+)

  • Der Täter hat ein bestimmtes Angriffsobjekt ins Auge gefasst und damit eine
    Objektindividualisierung vorgenommen: G wollte zwar F, nicht aber L töten. Die Auffassung
    unterstellt dem Täter einen generellen Verletzungswillen hinsichtlich aller Objekte einer Gattung,
    hinter dem die Vorstellung eines nicht vorhandenen dolus generalis aufscheint.

Die vorzugswürdige h.M. sieht den auf ein bestimmtes Objekt konkretisierten Vorsatz daher als „aliud“ (lat.: alius = etwas Anderes) gegenüber dem Vorsatz, irgendein Objekt der Gattung zu verletzen. Danach liegt kein Vorsatz im Hinblick auf das tatsächlich getroffene, aber nicht anvisierte Tatobjekt vor. In Betracht kommt stattdessen eine Bestrafung wegen fahrlässiger Tatbegehung am tatsächlich getroffenen Objekt und wegen versuchter Tatbegehung am eigentlich anvisierten Objekt (sofern Fahrlässigkeit und Versuch für das jeweilige Delikt unter Strafe steht).

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47
Q

Das Problem der Distanzfälle

A

Beispiel: Die Geldfälscher L und T präparieren ihren Kopierer mit einer Bombe, die durch die Kopiertaste aktiviert werden soll. Als Todesopfer haben sie ihren Geldfälscherkollegen F auserkoren, dem sie den Kopierer zu einem „Freundschaftspreis“ überlassen, damit er seinem Handwerk als Geldfälscher nachgehen könne. Bevor F das Kopiergerät betätigt, bedient es der Polizist P, um sich ein Beweismittel zu verschaffen, und findet den Tod.

Behandlung:
1. Man könnte sagen, die Täter haben F bzw. R anvisiert, wobei aber P bzw. S unvorhergesehen in
den Geschehensablauf eingegriffen haben, so dass der Angriff auf diese beide abirrte. Dann wäre
eine aberratio ictus anzunehmen. – Dann kein Vorsatz, nur fahrlässige Tötung

  • die alleinige Vorstellung kann nicht zu einer ausreichenden Individualisierung des Tatobjekts
    führen.
  1. Man könnte aber auch sagen, die Täter haben genau das Tatobjekt getroffen, das sie auch treffen
    wollten, nämlich den ersten Benutzer des Kopierers bzw. des Autos, und irrten nur über dessen
    Identität. Dann wäre ein error in persona anzunehmen. – Vorsatz anzunehmen
  • Diese Ansicht geht mit ihrer pauschalen Abstellung auf den Aspekt der sinnlichen Wahrnehmung
    oft zu weit.
  1. Individualisierungslösung (h.M.): Der Täter, der sich nicht selbst um die Individualisierung kümmert,
    trägt das Individualisierungsrisiko. Hier also auch Vorsatz anzunehmen, die Täter haben sich nicht
    selbst um die Individualisierung gekümmert.
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48
Q

Prüfungsschema Notwehr nach § 32 StGB

A

A. Objektive Voraussetzungen der Notwehr

I. Notwehrlage

     1. Angriff 
     2. Gegenwärtigkeit des Angriffs
     3. Rechtswidrigkeit des Angriffs

II. Notwehrhandlung

    1. Verteidigungshandlung gegen den Angreifer 
    2. Objektive Erforderlichkeit der Verteidigungshandlung

         a) Geeignetheit
         b) Mildestes Mittel (bei gleicher Eignung)

    3. Normative Gebotenheit der Verteidigungshandlung

B. Subjektive Notwehrvoraussetzungen / Verteidigungswille

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49
Q

Definition Angriff

A

Ein Angriff ist jede durch menschliches Verhalten drohende Verletzung eines notwehrfähigen Rechtsguts.

50
Q

Notwehrfähigkeit eines Rechtsguts.

A
  • sowohl eigene Rechtsgüter (Notwehr), als auch Rechtsgüter Dritter (Nothilfe).
  • Nach h.M. sind nur Individualrechtsgüter notwehrfähig. Bei einem Angriff auf Rechtsgüter der Allgemeinheit besteht ein Notwehrrecht nur in Ausnahmefällen, wenn mit dem Angriff auf Güter der Allgemeinheit unmittelbar zugleich notwehrfähige Individualinteressen betroffen sind.
  • Angriffe durch Tiere begründen nur dann eine Notwehrlage, wenn das Tier als Angriffsmittel benutzt wird, also von einem Menschen gelenkt und gezielt auf eine andere Person gehetzt wird. Wehrt sich jemand gegen ein angreifendes Tier, ist an § 228 BGB zu denken (Notstand).
51
Q

Gegenwärtigkeit des Angriffs

A

Gegenwärtig ist ein Angriff, der im Sinne einer akut bedrohlichen Lage unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch fortdauert.

Maßstab für die Beurteilung ist die objektive Sachlage, nicht die Sicht des Täters (subjektiv).

52
Q

Unmittelbares Bevorstehen des Angriffs

A

Ein Angriff steht unmittelbar bevor, wenn das Verhalten des Angreifers unmittelbar in eine Rechtsgutsverletzung umschlagen kann, so dass durch das Hinausschieben einer Abwehrhandlung entweder deren Erfolg in Frage gestellt wäre oder der Verteidiger zusätzlichen, nicht mehr hinnehmbaren Risiken ausgesetzt würde.

53
Q

Rechtswidrigkeit des Angriffs

A

Der Angriff ist rechtswidrig, wenn er nicht von einer Erlaubnisnorm gedeckt ist.

An der Rechtswidrigkeit fehlt es, wenn der Angriff Wiederrum gerechtfertigt ist, zum Beispiel aus Notwehr nach § 32, rechtfertigendem Notstand nach § 34 oder dem Festnahmerecht nach § 127 StPO.

Vorsätzliches und schuldhaftes Handeln des Angreifers ist nicht erforderlich - ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes “rechtswidriger Angriff”

54
Q

Die Notwehrhandlung

A

Kann eine rein defensive Abwehr des Angriffs (Schutzwehr) sein, oder eine Abwehr in Form eines Gegenangriffs (Trutzwehr) gegen den Angreifer und essen Rechtsgüter sein.

  • Die Verteidigungshandlung muss sich gegen den Angreifer und dessen Rechtsgüter richten. - In der
    Regel kein Problem in einer Klausur.
55
Q

Geeignetheit und Erforderlichkeit der Verteidigungshandlung

A
  1. Die Geeignetheit der der Verteidigungshandlung
    • Geeignetheit bedeutet dabei, dass die Maßnahme grundsätzlich dazu in der Lage ist, den Angriff entweder ganz zu beenden oder ihm wenigstens ein Hindernis in den Weg zu legen. Auch Verteidigungshandlungen, die den Angriff lediglich abmildern, sind dabei als geeignet anzusehen.
  2. Die Erforderlichkeit der Verteidigungshandlung
    • Erforderlich ist diejenige Verteidigungshandlung, die zur Angriffsabwehr geeignet ist und dabei, das relativ mildeste der in Betracht kommenden Verteidigungsmittel ist.
    • Grundlage der Beurteilung der Geeignetheit und der Erforderlichkeit ist die objektive Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse im Augenblick der Verteidigungshandlung. Es kommt also darauf an, welche Maßnahmen ein verständiger Beobachter im Zeitpunkt der Verteidigungshandlung unter den Gegebenheiten der Notwehrlage zur sicheren Abwehr des Angriffs für notwendig erachten würde.

Problem: das mildeste Mittel
- Unter dem mildesten Mittel versteht man, dass unter mehreren gleichwirksamen Möglichkeiten immer diejenige zu wählen ist, die den geringsten Schaden anrichtet.

Grundsätze hierfür:
- Der Verteidigende muss sich nicht auf Verteidigungsmittel verlassen, deren Abwehrerfolg ungewiss
ist.
- Flucht ist auch kein Mittel, da das Recht dem Unrecht nicht zu weichen hat und der Angegriffene
auch für den Bestand der der Rechtsordnung eintritt.
- Man hat obrigkeitliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, soweit sie rechtzeitig erreichbar ist und somit
effektiven Schutz vor dem Angriff bietet.
- Lebensgefährliche Abwehrmittel (z.B. Messer und Schusswaffen) dürfen grundsätzlich nur abgestuft
eingesetzt werden, also erst die Drohung, dann soweit möglich auf einen bloßen Verletzungserfolg
zielen, und erst als ultima Ratio ist auch die Tötung des Angreifers zulässig.
- ist allerdings nicht als starre Regel zu verstehen, maßgeblich ist immer der Einzelfall. Z.B. Stiche in
den Oberkörper o.ä. wenn andere nicht erfolgsversprühend gewesen wären oder sofort schießen,
wenn der Täter bereist auf das Opfer gezielt hat u.s.w. - weniger gefährliche Einsatzformen sind nur
dann zwingend, wenn sie unter den konkreten Umständen eine so hohe Erfolgsaussicht haben,
dass dem Angegriffenen das Risiko eines Fehlschlags und der damit verbundenen Verkürzung
seiner Verteidigungsmöglichkeiten zugemutet werden kann.
- Der rechtswidrig Angegriffene darf grundsätzlich das Abwehrmittel wählen, das eine sichere
Beseitigung der Gefahr gewährleistet und muss nur dann auf weniger intensive Mittel zurückgreifen,
wenn deren Abwehrwirkung sicher ist und er genügend Zeit zur Einschätzung der Lage hat.

  • Auch gilt, wenn die Verteidigungslage erforderlich war, steht es dieser nicht entgegen, dass durch sie
    eine ungewollt schwere Auswirkung erwächst. Weil, nach § 32 II kommt es nur auf die Erforderlichkeit
    der Verteidigung, nicht des Erfolgs an. Zudem muss das Risiko einer ungewollten Folge der
    erforderlichen Handlung dem Angreifer und nicht dem Verteidiger zugeschrieben werden.
56
Q

Die Gebotenheit der Notwehrhandlung-

A

Dient der sozialethischen Restriktion der Notwehr und ermöglicht es zu berücksichtigen, dass es Fälle gibt, in den trotz des Vorliegens der formellen Voraussetzungen nach § 32 II eine Verletzung des Angreifers nicht zu rechtfertigen ist.

  • Bagatellangriffe (Vordrängen, schubsen im Gedrängel) sind nur eingeschränkt Notwehrfähig -
    Rechtsbewährungsprinzip tritt bei minimalen Beeinträchtigungen in den Hintergrund.
  • bei einem krassen und unerträglichem Missverhältnis zwischen verteidigtem und angegriffenem
    Rechtsgut ist die Ausübung des Notwehrrechts rechtsmissbräuchlich und somit ausgeschlossen.
    Beispiele: Messerstiche als Reaktion auf Beleidigungen, Der gelähmte Gartenbesitzer schießt mit dem
    Luftgewehr auf einen Jungen, der sich – im Kirsch- baum sitzend – einige Kirschen schmecken lässt.
    – Das Recht will nicht um einen Preis verteidigt werden, der zum drohenden Schaden völlig außer
    Verhältnis steht. Das Rechtsbewährungsprinzip tritt dementsprechend auch hier zurück.
    – man darf Fälle aber nicht zu schnell dadrauf abstellen, es gibt nach § 32 keine
    Verhältnismäßigkeitsprüfung - ab einem verteidigtem Wert von vermutlich 50€ besteht dieses
    unerträgliche Missverständnis nicht mehr und die schwere Verletzung eines Angreifers wäre im
    Rahmen der Erforderlichkeit und Geeignetheit wieder geboten.
  • Bei Angriffen erkennbar schuldlos Handelnder (z.B. Kinder, Schuldunfähige - Betrunkene, Irrende)
    besteht nur ein eingeschränktes Notwehrrecht. Im Grundsatz gilt, man muss dem Angriff wenn
    möglich ausweichen, ist das nicht möglich ist auf Schutzwehr (defensive Verteidigung - wegdrücken
    der Schlaghand) zurückzugreifen. Trutzwehr (aktive Gegenwehr - Gegenangriff) nur unter
    größtmöglicher Schonung des Angreifers zulässig. – Der schuldlos Handelnde greift die Geltung der
    Rechtsordnung nicht in dem Maße an, wie ein schuldhaft Handelnder, so dass sich das Recht nicht in
    gleicher Weise bewähren muss.
  • Bei Garantenbeziehungen (Eheleute, enge familiäre Beziehungen) wird eine Einschränkung des
    Notwehrrechts erwogen. Es besteht ein Spannungsverhältnis zwischen dem Recht zur
    Selbstverteidigung und der Garantenstellung, die es gebietet, Schaden voneinander abzuhalten.
    Kommt aber nur bei leichten körperlichen Angriffen in Betracht, das Näheverhältnis darf nicht dazu
    führen, dass der Angegriffene schwere körperliche Misshandlungen oder gar den eigenen Tod
    dulden muss. Bei einem zerrütteten Verhältnis mit Gewaltanwendung ist eine Garantenstellung zu
    verneinen.
57
Q

Die Absichtsprovokation

A

Von einer Absichtsprovokation spricht man, wenn es dem Täter gerade darum geht, einen Angriff auf sich selbst du provozieren, nur um den gereizten Angreifer dann unter dem Deckmantel der Notwehr verletzen zu können - ein Angriff wird also zielstrebig herbeigeführt.

Behandlung:
- nach der h.M. handelt der Täter rechtsmissbräuchlich, er kann sich nicht auf sein Notwehrrecht
berufen.
+ Dem Täter fehlt in solchen Fälle der Verteidigungswille, sodass er in solchen Situationen der
Angreifer ist.

  • Nach a.A. besteht ein eingeschränktes Notwehrrecht. Der Provokateur hat auszuweichen und muss
    auch kleinere Verletzungen hinnehmen. Ist ein Ausweichen nicht möglich hat er sich auf Schutzwehr
    zu beschränken, Trutzwehr ist ultima Ratio.
    + Vom Provozierten kann verlangt werden, dass er der Provokation widerstehen kann.
    + Die Versagung jeden Notwehrrechts ist unbillig, wenn der Provozierte einen stärkeren Angriff verübt,
    als der Täter provozieren wollte.
58
Q

Selbstverschuldete Notwehrlage - Rechtswidriges Vorverhalten

A

Hier werden Fälle zusammengefasst, in denen es dem Täter zwar nicht darauf ankam den Angreifer zu provozieren, der Täter den Angriff aber durch rechtswidriges Vorverhalten heraufbeschworen hat.

Bsp.: A streifte bei der Flucht mit dem soeben gestohlenen Auto den Wagen des O. Um sich der Feststellung seiner Personalien zu entziehen, fuhr er davon. O verfolgte A zunächst mit dem Pkw und, nachdem A an einer roten Ampel gehalten hatte, weiter zu Fuß. Es gelang ihm schließlich den A einzuholen. Wütend schlug O auf A ein. Schließlich erstach A den O mit einem Finnendolch.

Hier ein beschränktes Notwehrrecht in drei Stufen:

  • Der Provozierende muss zuerst ausweichen
  • Sollte das nicht möglich sein, darf er Schutzwehr leisten.
  • Erst wenn das auch nicht möglich ist, bleibt die Trutzwehr als ultima Ratio
  • Grundsätzlich gilt, je schwerer und ggf. rechtswidriger die Provokation war, desto mehr ist der
    Angegriffene dazu verpflichtet gefährliche Abwehrhandlungen zu vermeiden.
59
Q

Selbstverschuldete Notwehrlage - rechtmäßiges aber sozialwidriges Verhalten

A

Beispiel: A fährt im Dezember Zug. Der schwer alkoholisierte und unangenehm rie- chende B kommt nur mit einem T-Shirt bekleidet in das Abteil. Auch nach mehrfachem Auffordern ver- lässt B das 1. Klasse-Abteil nicht. A hofft, B durch das Öffnen des Fensters vergrämen zu können. B aber schließt das Fenster, woraufhin A es wieder öffnet. Dies wiederholt sich einige Male, bis B beginnt, A zu schütteln. Dieser kann sich nicht anders helfen, als B ein Messer in den Bauch zu rammen. B stirbt. War der Messerstich des A durch Notwehr gerechtfertigt?

Behandlung:
- Eine Ansicht sagt, dass rechtmäßiges Vorverhalten nie zu einer Einschränkung des Notwehrrechts
führen kann.
+ Erst bei rechtswidrigem Vorverhalten verlässt der Täter den Boden des Rechts, sodass es ihm auch
nicht mehr uneingeschränkt zur Seite stehen kann.

  • Die herrschende Ansicht schränkt das Notwehrrecht hier wieder ein. Voraussetzung hierfür ist, dass
    der Verteidiger gegenüber dem Angreifer pflichtwidriges Vorverhalten an den Tag gelegt haben,
    das bei vernünftiger Würdigung aller Umstände des Einzelfalls den folgenden Angriff als eine
    adäquate und voraussehbare Folge erscheinen lässt. Es genügt nicht die bloße Kenntnis oder die
    billigende Annahme, das Verhalten werde eine andere Person zu einem rechtswidrigem Angriff
    provozieren.
    + Der reale Provokationseffekt besteht unabhängig der Einordnung des Verhaltens als rechtswidrig
    oder “nur” sozialwidrig.
  • Das Kriterium der “Sozialwidrigkeit” ist zu unbestimmt. Nur die Kategorien rechtmäßig/rechtswidrig
    erlauben eine klare rechtliche Bewertung.
60
Q

Die Abwehrprovokation

A

Hier liegt eine Notlage ohne das zutun des Angegriffenen vor, dieser hat sich allerdings in der Erwartung eines Angriffs mit erheblichen Abwehrmitteln bewaffnet, die ihm sonst nicht zur Verfügung stünden und die der Angegriffene in der konkreten Situation unter der Betrachtung des Grundsatzes der Erforderlichkeit auch einsetzen kann.

Hier wird das Notwehrrecht nicht eingeschränkt.
+ Niemand weiß im Vernebeln, welches Mittel zur Verteidigung in der Kampflage notwendig sein wird.
Der Verteidiger steht also vor der Wahl einer evtl. unzureichenden Verteidigung oder eines Risikos
sich strafbar zu machen.
+ Die Einschränkung eines Notwehrrechts an der Stelle würde die Prinzipien der Notwehr auf den Kopf
stellen: Nicht dem Verteidiger, sondern dem Angreifer muss das Risiko überzogener
Verteidigungsmittel zugerechnet werden.

61
Q

Notwehr bei Schweigegelderpressung

A

Situation: Dem Opfer wird vom Erpresser gedroht, dass dieser wahre, kompromittierende Sachverhalte enthüllt, falls da Opfer keine vereinbarte Geldsumme zahlt.

  • würde man das als Notwehrlage anerkennen, wäre das einzig mögliche Verteidigungsmittel die
    Tötung des Erpressers. Da dies unangemessen erscheint geht man hier von einer Einschränkung des
    Notwehrrechts aus. Der Erpresste darf in solche Fällen nur Beweismittel des Erpressers beseitigen -
    somit sind Delikte von zum Beispiel § 123 StGB oder auch § 303 StGB rechtfertigungsfähig, nicht aber
    Delikte gegen den Körper oder gar das Leben des Erpressers.

+ Der in Notwehr handelnde hat selbst Unrecht begangen und verteidigt das Recht somit nur bedingt.
+ Erpresser und Erpresster sollen keinen Privatkrieg führen; der Erpresste ist gezwungen “im Dunkeln”
zu agieren, damit sein Geheimnis nicht öffentlich wird, womit sich im Sinne der Öffentlichkeit das
Recht hier nicht bewähren.
+ Der in Notwehr handelnde ist nur bedingt schutzwürdig, zumal § 154c II ein Absehen seiner
Bestrafung im Hinblick auf die mit Aufdeckung bedrohte Straftat ermöglicht.

62
Q

Das subjektive Rechtfertigungselement

A

Unumstritten ist im Moment die Erforderlichkeit eines subjektiven Rechtfertigungselements - die Anforderungen sind allerdings umstritten.

Erste Ansicht: Täter muss bloß Kenntnis vom vorliegen der Tat gehabt haben.
+ Das Erfordernis eines Verteidigungswillens im Sinne eines Willens zur Gefahrenabwehr führt zu einer
Negativbewertung der inneren Einstellung des Täters - damit eine verfassungswidrige
Gesinnungsstraftat - der Täter würde nur bestraft, weil der das Erlaubte mit einer “falschen”
Einstellung tut.
+ Spiegelbild zum dolus eventualis: Für den zur Strafbarkeit führenden bedingten Vorsatz genügt, dass
der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs für möglich hält und ihn billigend in Kauf nimmt.
Dann muss für den die „Strafbarkeit ausschließenden Vorsatz“ auch genügen, dass der „Täter“ das
Vorliegen einer Rechtfertigungslage für möglich hält und darauf vertraut.
+ Auch beim bedingten Vorsatz hat “im Zweifel” die kognitive Komponente die entscheiden Bedeutung

Im Moment h.M.: Täter muss zudem den Willen haben zur Gefahrenabwehr tätig zu werden. Hier genügt allerdings, wenn der Wille zur Angriffsabwehr neben anderen Motiven nicht völlig in den Hintergrund trete.
+ Von einer Bewährung des Rechts kann nicht die Rede sein, wenn der Täter dessen Bewährung gar
nicht wollte.
+ Der bedingte Vorsatz verlangt auch eine kognitive und eine voluntative Komponente.
+ Es ist nicht angemessen, den aus rechtsfeindlichen Bestrebungen Handelnden als im Einklang mit
dem recht Handelnden anzusehen.
+ Der Wortlaut der Rechtfertigungsgründe, vor allem die Formulierung des § 32 StGB (um…
abzuwenden), legt das Erfordernis eines Verteidigungswillen nahe.

Rechtsfolgen des Fehlens:
Eine Ansicht: Die Handlung des Täters ohne die subjektive Rechtfertigungskomponente führt zu einer Bestrafung wegen vollendeter Tat.
+ Die Tatbestandsverwirklichung ist nicht gerechtfertigt, somit ist eine vollendete Tat gegeben.

H.M.: Die Handlung des Täters ohne die subjektive Rechtfertigungskomponente führt zu einer Bestrafung wegen eines Versuchs, man wendet die Vorschriften des Versuchs - §§ 22 f. StGB - analog an.
+ Das Verhalten des Täters ist objektiv vom Gesetz gestattet, weshalb zwar der Handlungsunwert, aber
kein Erfolgsunwert vorliegt. Auch nimmt der Täter wegen des Fehlens des subjektiven
Rechtfertigungselements subjektiv an, Unrecht zu verwirklichen. Dies entspricht der Konstellation des
Versuchs, bei dem aufgrund eines Mangels im objektiven Tatbestand ebenfalls nur Handlungsunwert
existiert.

63
Q

Prüfungsschema des rechtfertigenden Notstands

A

A. Objektive Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstandes

 I. Notstandslage

     1. Notstandsfähiges Rechtsgut
     3. Notstandsbegünstigte
     2. Gegenwärtigkeit der Gefahr

II. Notstandshandlung

      1. Geeignetheit
      2. Erforderlichkeit (mildestes Mittel)

III. Abwägung der widerstreitenden Interessen

IV. Angemessenheit - § 34 S. 2 StGB

B. Subjektives Rechtfertigungselement - siehe KK zur Notwehr

64
Q

Die Notstandslage

A
  1. Notstandsfähige Rechtsgüter
    - Rechtsgüter des Einzelnen und der Allgemeinheit, soweit sie schutzbedürftig und schutzwürdig sind
    - Rechtsgüter der Allgemeinheit i.d.R. abzulehnen, da der Staat sich darum kümmern kann
  2. Notstandsbegünstigte
    - Problem Tiere erfragen!!
  3. Gegenwärtige Gefahr
    - Hier muss es kein Angriff sein, somit ist auch Dauergefahr inbegriffen.
65
Q

Definition Gegenwertige Gefahr

A

Eine gegenwärtige Gefahr ist ein Zustand, dessen Weiterentwicklung den Eintritt oder die Intensivierung eines Schadens ernstlich befürchten lässt, sofern nicht alsbald Abwehrmaßnahmen ergriffen werden.

66
Q

Die Notstandshandlung

A

Muss wie bei der Notwehr auch geeignet und erforderlich sein - siehe obere Definitionen und auch das mildeste Mittel bieten (ebenso siehe oben).
Hier muss allerdings im Unterschied zur Notwehr jede erreichbare Hilfe herbeigeholt werden und man muss zudem von einer Ausweichmöglichkeit gebrauch machen.

67
Q

Die Abwägung der widerstreitenden Interessen

A

Grundsätzliche Voraussetzung ist, dass das geschützte Interesse das beeinträchtigte Interesse wesentlich überwiegen muss. Verbreitet ist allerdings auch, dass man jedes Überwiegen genügen lässt, sobald es eindeutig ist.

Weiterer Grundsatz: In die Abwägung sind alle schutzwürdigen Interessen einzubeziehen, die als Erhaltungs- oder Eingriffsgut durch den konkreten Konflikt unmittelbar oder mittelbar betroffen sind. Dazu gehört eine Reihe von Aspekten, von denen keiner absolute Geltung beanspruchen kann. Vielmehr wird jeder Aspekt von anderen ergänzt und relativiert - dazu gehören:

  1. Strafrahmenvergleich:
    - Sind sowohl gefährdendes als auch abwehrendes Verhalten auf eine Tatbestandsverwirklichung
    gerichtet, können aus einem Strafrahmenvergleich Schlüsse auf das Rangverhältnis der geschützten
    Rechtsgüter gezogen werden. - Darf nicht überbewertet werden
  2. Wertgefälle der Rechtsgüter:
    - Ordnungswidrigkeiten treten hinter den Schutz vor konkreten Beeinträchtigungen zurück
    - Persönlichkeitswerte sind den Sachgütern vorzuziehen
    - Der Schutz von Leib und Leben begründet ein höheres Interesse auch gegenüber der Bewahrung
    anderer Persönlichkeitswerte oder überindividueller Rechtsgüter.
    - Auch die Regeln gelten nicht ausnahmslos - massives Staatsinteresse kann überwiegen
  3. Grad der drohenden Gefahren:
    - Wer zur Abwehr eines ansonsten mit Sicherheit eintretenden Schadens eine Rettungshandlung
    vornimmt, die ein anderes Rechtsgut nur in geringem Maße gefährdet, wird i.d.R. das überwiegende
    Interesse auf seiner Seite haben.
    - Z.B. überschreiten der Höchstgeschwindigkeit bei der Rettung eines Schwerverletzten
  4. Intensität der drohenden Gefahr:
    - Bei einem ähnlichen Rang der bedrohten Rechtsgüter kann dem Ausmaß der drohenden Verletzung
    eine entscheidende Bedeutung zukommen.
    - Auch bei einem unterschiedlichen Rangverhältnis kann das Ausmaß der Rechtsgutsverletzung den
    Wertunterschied relativieren
    - Folgenlose kurzfristige Freiheitsberaubung kann zur Verhinderung eines sehr hohen Sachschadens
    gerechtfertigt sein.
  5. Besondere Pflichtenstellungen
    - Diese können zur Verschiebung der Interessenabwägung führen
    - Soldat, Polizist,… müssen unter Umständen auch Leib- und Lebensgefahren auf sich nehmen um
    Sachwerte zu retten, bevor sie sich nach § 34 der Gefahr entziehen können
    - Sind allerdings nur Risikopflichten, bei einer hohen Wahrscheinlichkeit schwerer
    Gesundheitsschäden, ist das Ausweichen durch § 34 gerechtfertigt
  6. Verschuldung der Notstandslage
    - Die Verschuldung der Notstandslage muss berücksichtigt werden
    - schließt die Berufung auf § 34 aber nicht aus
68
Q

Problem der Abwägung Leben gegen Leben

A

Grundsätzlich darf man nicht Leben gegen Leben abwägen, selbst wenn man unzählige Menschen retten würde, wenn man dafür einen unschuldigen opfern würde. Menschliches Leben ist nicht quantifizierbar.

Problematisch sind sogenannte Gefahrengemeinschaften, also Konstellationen, in denen mehrere Menschen gemeinsam in Gefahr sind und einer geopfert wird, um den Tod des anderen zu verhindern.

+ Es kann nicht verboten sein, ein ansonsten unvermeidbares größeres Übel zu verhindern.

  • Auch die Tötung eines ohnehin Verlorenen ist eine eigenmächtige Verkürzung des Lebens.
  • Der Grundsatz des absoluten Lebensschutzes würde aufgeweicht werden.
69
Q

Die Angemessenheitsklausel aus § 34 S. 2 StGB

A

Grundsätzlich ist die Angemessenheit durch die Abwägung der geschützten Interessen gegeben.
Die Klausel dient dazu, ein zusätzliches Korrektiv zu gewinnen, das sicherstellt, dass eine Rechtfertigung nur angenommen wird, wenn das Verhalten des Notstandstäters auch nach den anerkannten Wertvorstellungen der Allgemeinheit als eine sachgemäße und dem Recht entsprechende Lösung der Konfliktlage erscheint.

Klassische Fälle:

  • besondere Gefahrtragungspflichten
  • Eingriff in den Kernbereich unantastbarer Freiheitsgrundrechte (zwangsweise Blutabnahme)
  • Der Täter stellt sich auf die Seite des Unrechts.
70
Q

Selbstverteidigungsprinzip

A

In der Notsituation ist es jedem erlaubt, seine Rechtsgüter selbst zu verteidigen.

71
Q

Rechtsbewährungsprinzip

A

In der Notlage ist der Angegriffene immer auch Repräsentant des Rechts und dessen aktueller Verteidiger gegen das Unrecht.

72
Q

Definition körperliche Misshandlung

A

Eine körperliche Misshandlung ist eine üble, unangemessene Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit des Opfers in mehr als
nur unerheblichem Grade beeinträchtigt wird.

73
Q

Definition fremd

A

Fremd ist eine Sache, die nicht im Alleineigentum des Täters steht und nicht herrenlos ist.

74
Q

Der Aggresivnotstand (§ 904 BGB)

A

Damit bezeichnet man eine Situation, in der sich der Täter einer Notstandslage dadurch entledigt, dass er zur Gefahrenabwehr auf eine fremde Sache einwirkt, von der die Gefahr selbst jedoch nicht ausgeht.
Bsp.: Um einen Kampfhund von sich abzuhalten, entreißt A dem B seinen Regenschirm, der durch die Bisse des Hundes Schaden nimmt. § 303 StGB am Schirm wird durch § 904 BGB gerechtfertigt

I. Objektive Rechtfertigungselemente

  1. Notstandslage
    • Gegenwärtige Gefahr entspricht der Notstandslage des § 34
  2. Notstandshandlung
 a) Einwirkung auf eine fremde Sache
 b) Einwirkung notwendig: entspricht der Erforderlichkeit des § 34
  1. Interessenabwägung
    • Drohender Schaden muss gegenüber entstehendem Schaden unverhältnismäßig groß sein
    • Entspricht dem wesentlichen Überwiegen aus § 34

II. Subjektives Rechtfertigungselement
- Rettungsabsicht

75
Q

Der Defensivnotstand ( § 228 BGB)

A

In dieser Konstellation geht die Gefahr von einer Sache aus. Der Täter bewältigt die Notstandslage dadurch, dass er auf diese gefahrbringende Sache einwirkt.
Bsp.: Um den Kampfhund des B von sich abzuhalten, erschießt A den Hund. § 303 StGB am Hund wird durch § 228 BGB gerechtfertigt.

I. Objektive Rechtfertigungselemente

  1. Notstandslage
    • Von einer Sache ausgehende drohende Gefahr für irgendein Rechtsgut.
    • Drohende Gefahr wenn nach den tatsächlichen Umständen der Eintritt eines Schadens nahe
      liegt.
  2. Notstandshandlunga) Beschädigung oder Zerstörung der gefährlichen Sache, die
    b) erforderlich ist (siehe hier Erforderlichkeit der Notwehr)
  3. Interessenabwägung
    • Schaden an adergefährlichen Sache darf nicht außer Verhältnis zu der drohenden Gefahr stehen
    • Die bedrohten Interessen können ein wesentlich geringeres Gewicht als der angerichtete
      Schaden haben

II. Subjektives Rechtfertigungselement
- Verteidigungsabsicht

76
Q

Aufbauschema der rechtfertigenden Einwilligung

A

I. Objektive Rechtfertigungselemente

  1. Verfügbarkeit des geschützten Rechtsgutesa) Nur bei Individual-Rechtsgütern
    b) Einwilligungsschranken der §§ 216 und 228
  2. Verfügungsbefugnis
  3. Einwilligungsfähigkeit
  4. Einwilligungserklärung
  5. Freiheit von Willensmängeln

II. Subjektives Rechtfertigungselement
- Handeln in Kenntnis und aufgrund der Einwilligung

77
Q

Disponibles Rechtsgut

A

Ein individuelles Rechtsgut, über das ich verfügen darf.

Disponibel sind alle individuellen Rechtsgüter mit Ausnahme des Lebens.

78
Q

Die Einwilligung als Tatbestandsausschließungsgrund

A

Bei einer wirksamen Einwilligung des Rechtsgutsträgers ist stets der TB ausgeschlossen - folglich keine Strafbarkeit.

79
Q

Verfügungsbefugnis

A

Der Einwilligende muss auch verfügungsberechtigt, d.h. Träger des geschützten Interesses oder sonst (z.B. als Vertreter des Rechtsgutsträgers) zur Disposition über das Rechtsgut befugt sein.

80
Q

Erlaubnisirrtum

A

Irrige Annahme eines nicht existierenden Rechtfertigungsgrund.

81
Q

Erlaubnisgrenzirrtum

A

Überschreitung der Grenze eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes.

82
Q

Unterschied zwischen Unrecht und Schuld

A

Unrecht und Schuld sind unabhängig, der Täter begeht auch dann Unrecht, wenn er Schuldlos ist.

83
Q

Verantwortlichkeit (Schuld i.w.S.)

A

Schuld Definition i.e.S.: Handeln trotz Erkenntnis der Appellwirkung der Norm und Fähigkeit zur Selbststeuerung.
Präventive Bestrafungsnotwendig: Keine Bestrafungsnotwendigkeit in Ausnahmesituation wie z.B. §§ 33, 35 StGB.
Schuld muss beides von beidem enthalten.

84
Q

Das Schuldprinzip

A
  1. Schuld als strafbarkeitsbegründendes und -begrenzendes Verbrechensmerkmal.
  2. Die Schuld des Täters muss alle Elemente des verwirklichten Unrechts umfassen.
  3. Die verhängte Strafe muss Schuldangemessen sein.
85
Q

Der psychologische Schuldbegriff

A

Das Wesen er Schuld besteht in der subjektiv-seelischen Beziehung des Täters zur Tat.

  • man kann mit diesem Begriff die Fahrlässigkeit nicht für schuldhaft erklären.
86
Q

Verminderte Schuldfähigkeit

A

Wenn die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit bei Tatbegehung aus einem in § 20 StGB genannten Grund erheblich vermindert hat.

87
Q

Das Koinzidenzprinzip

A

Handlung, Rechtswidrigkeit und Schuldfähigkeit müssen zum selben Zeitpunkt vorliegen.

88
Q

Actio libera in causa

A

Es fragt sich, wie der Fall zu behandeln ist, dass der Täter im Zeitpunkt der eigentlichen Tathandlung schuldunfähig ist, er jedoch im schuldfähigen Zustand den Grund für seine Schuldunfähigkeit zuvor selbst gesetzt hat.

89
Q

Voraussetzungen für eine vorsätzliche Action Liberalisierung in causa

A
  1. Vorsatz bezüglich des Zustands des § 20 StGB
  2. Vorsatz bei Defektbegründung hinsichtlich des später im Defektzustand zu verwirklichenden Tatbestandes.
    - Doppelvorsatz genannt
90
Q

Problem des Vorsatzwechsels bei der actio libera in causa

A

Zunächst kann es vorkommen, dass der Täter im betrunkenen Zustand seinen Plan ändert und es somit zu einem beachtlichen Vorsatzwechsel kommt.
Z.B. trinkt sich die Täterin also Mut an, um O auszurauben, beschließt sie dann aber im Moment der potenziellen Tatsituation, nur sein Smartphone im schuldunfähigen Zustand zu zerstören, so kommt hinsichtlich der Sachbeschädigung nur eine Strafbarkeit nach § 323a StGB in Betracht.

91
Q

Problem der error in persona bei der actio libera in causa

A

recherchieren!

92
Q

Der unvermeidbare Verbotsirrtum

A

Unvermeidbar ist ein Verbotsirrtum, wenn der Täter trotz der ihm nach den Umständen des Falles, seiner Persönlichkeit sowie seines Lebens- und Berufskreises zuzumutenden Anspannung des Gewissens die Einsicht in das Unrechtmäßige seines Handelns nicht zu gewinnen vermochte. Das setzt voraus, dass er alle geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung von Rat beseitigt hat.

93
Q

Doppelirrtum

A

Vom Doppelirrtum wird gesprochen, wenn der Täter im Rahmen eines Erlaubnistatumstandsirrtums sein vermeintliches Recht aufgrund einer fehlerhaften rechtlichen Bewertung überschreitet.

94
Q

Vertretene Grundgedanken der Entschuldigungsgründe

A
  • Unzumutbarkeit normgemäßen Verhalten
  • Gedanke der Unrechts- und Schuldminderung
  • Gedanke der fehlenden präventiven Bestrafungsnotwendigkeit
95
Q

Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens:

A

In einer Notstandslage, in der der Täter die in § 35 StGB bezeichneten Rechtsgüter bedroht sieht, kann diesem aufgrund des besonderen Motivationsdrucks (außergewöhnliche psychische Zwangslage) kein normgemäßes Verhalten zugemutet werden.

96
Q

Gedanke der Unrechtsminderung

A

Der Erfolgsunwert der Tat wird durch den Wert des Guts, das der Täter durch seine Tat zu schützen sucht, gemindert; der Handlungsunwert wird durch den Rettungszweck (oder Verteidigungszweck im Rahmen von § 33 StGB) herabgesetzt.

97
Q

Gedanke der Schuldminderung

A

Der Schuldgehalt wird durch den außergewöhnlichen Motivationsdruck herabge- setzt. Der Motivationsdruck macht es dem Täter unmöglich, den Verbotsnormen des Strafgesetzes zu entsprechen. Schuldmindernd wirkt also der Umstand, dass sich der Täter nicht aus rechtsfeindlicher Gesinnung gegen das Recht stellt, sondern sich aufgrund der besonderen Fallgestaltung, wie sie in § 35 StGB umschrieben ist, einer Motivationslage ausgesetzt sieht, die ihn zum Rechtsbrecher werden lässt. Ganz deutlich herabgesetzt ist die Schuld durch die asthenischen Affekte im Rahmen von § 33 StGB.

98
Q

Voraussetzungen des entschuldigenden Notstands nach § 35 StGB

A

I. Notstandslage
1. Notstandsfähige Rechtsgüter
2. Rettungsfähige Personen
3. Gegenwärtige Gefahr
II. Notstandshandlung: Erforderlichkeit
III. Subjektives Entschuldigungselement: Gefahrabwendungswille
IV. Keine Zumutbarkeit der Gefahrhinnahme nach 3 35 I 2 StGB

99
Q

Notstandsfähige Rechtsgüter

A
  • Leib; als körperliche Unversehrtheit.
  • Freiheit; bezieht sich auf die Fortbewegungsfreiheit
  • Leben

Sind alles personale, höchstpersönliche individuelle Rechtsgüter
- nicht übertragbar wie zum Beispiel Eigentum o.ä.

100
Q

Rettungsfähige Personen

A

Im Gesetz wird von “nahestehenden Personen” gesprochen:

  • Angehörige nach § 11 StGB
  • setzt das Bestehen eines auf Dauer angelegten zwischenmenschlichen Verhältnisses voraus.
101
Q

Gegenwärtige Gefahr

A

Die Gegenwärtigkeit der Gefahr ist nach h.M. extensiv auszulegen – wie bei § 34 StGB –, so dass auch Dauergefahren erfasst sind. Daneben reichen auch bereits zukünftige Schadenseintritte aus, sofern sie nur durch sofortiges Handeln ohne weiteres Risiko abgewehrt werden können.

102
Q

Der Gefahrabwendungswille

A
  • Kenntnis der entschuldigenden Voraussetzungen

- Wille, aufgrund dieser Gefahr für ein Rechtsgut zu handeln

103
Q

Die Notstandshandlung

A

Erforderlichkeit…

recherchieren!!

104
Q

Der Gefahrabwendungswille

A
  • Kenntnis der entschuldigenden Voraussetzungen
  • Wille, aufgrund dieser Gefahr für ein Rechtsgut zu handeln
    • Muss nur Element der Motivationslage sein, daneben dürfen noch andere Ziele verfolgt werden.
105
Q

Besonderes Rechtsverhältnis

A
  • Die Pflichtenstellung muss gegenüber der Allgemeinheit bestehen
  • es ist eine berufliche Pflichtenstellung
    Durch das Erfordernis einer Pflichtenstellung gegenüber der Allgemeinheit werden Schutzpflichten ausgeschlossen, die nur Einzelnen gegenüber bestehen.
106
Q

Der Nötigungsnotstand

A

Hierbei geht die Gefahr von einem Dritten aus, der den Täter zur Verletzung von Rechtsnormen nötigt.

107
Q

Behandlung des Nötigungsnotstands

A

Recherchieren!!

108
Q

Notwehrexzess nach § 33 StGB

A

Aufgeteilt in den intensiven Notwehrexzess, den extensiven Notwehrexzess und den Putativnotwehrexzess

109
Q

Der intensive Notwehrexzess

A

Wenn der Angegriffene im Rahmen der Notwehr das „erforderliche“ Maß überschreitet, handelt er widerrechtlich. Er kann aber bei Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen gem. § 33 StGB entschuldigt sein.
Die subjektiven Voraussetzungen:
- Überschreitung aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken
- nicht aufgrund von Aggressivität, Zorn oder Wut

110
Q

Der extensive Notwehrexzess

A

Es fehlt an der Gegenwärtigkeit des Angriffs, z.B. man schlägt aus Angst o.ä. weiter auf jemanden ein, obwohl dieser schon außer Gefecht ist - der Angriff also nicht mehr besteht.

Behandlung:
Ansicht 1: Die Möglichkeit, § 33 auf den extensiven Notwehrexzess anzuwenden, wird bestritten. Der Grund ist darin zu sehen, dass § 33 nur dann Anwendung finden soll, wenn innerhalb einer bestehenden Notwehrlage agiert wird. Insoweit eine Notwehrlage aber gar nicht bestehe, fehle es bereits an der Anknüpfungsmöglichkeit für § 33.
Kritik: Die Grenzüberschreitung sei hier ebenso verzeihlich wie beim intensiven Notwehrexzess, es wird ausschließlich der rechtswidrig Angreifende geschädigt und es wird auch hier Schlichter Vergeltung vorgebeugt durch die Beschränkung der Überschreitung der Notwehr aus Aspekten wie Verwirrung, Furcht und Schrecken. - Man solle den extensiven Notweherexzess nicht anders behandeln als den intensiven.

Ansicht 2: Man solle § 33 auch auf den extensiven Notwehrexzess anwenden können.
Kritik: Man könne die Grenzen der Notwehr nur überschreiten, wenn zum gegenwertigen Zeitpunkt auch eine Notwehrlage vorliege, dies ist beim extensiven Notwehrexzess nicht der Fall.

Ansicht 3: Einen Mittelweg gehen Ansichten, die unter Fokussierung auf den Wortlaut – “die Grenzen der Notwehr” – argumentieren, dass nur der nachzeitige extensive Notwehrexzess, also die Fallgestaltung erfasst werde, dass der Täter beispielsweise nach Beendigung des gegenwärtigen Angriffs weiter auf den Angreifer einschlage. Mit Verweis auf den Wortlaut “Grenzen der Notwehr” wird weiterhin verlangt, dass zwischen dem Angriffsende und der nachzeitigen Exzesshandlung ein enger zeitlich-räumlicher Zusammenhang bestehe. Nur dieser enge Zusammenhang verklammere Angriff und Überschreitung der Notwehr zu einem einheitlichen Geschehen.

111
Q

Der Putativnotwehrexzess

A

Um eine Putativnotwehr handelt es sich, wenn jemand in vermeintlicher Notwehr handelt, eine Notwehrlage in Wirklichkeit aber nicht vorliegt. – Grundsätzlich ein ETI
Fraglich ist jedoch, wie der Fall zu behandeln ist, dass der Handelnde sich einerseits über das Vorliegen einer Notwehrlage im Irrtum befindet und daneben die zulässigen Grenzen der Verteidigung aufgrund eines asthenischen Affekts überschreitet - also in der vorgestellten Konstellation gem. § 33 entschuldigt wäre.

Behandlung:
Nach der h.M. sei hier § 17 anzuwenden, da § 33 nicht in Betracht käme, da diese Norm einen tatsächlichen Angriff voraussetze.

Ansicht 2: Nach anderer Auffassung kommt eine analoge Anwendung des § 33 auf diese Fallge­staltung in Betracht, falls das Opfer den Irrtum über die Rechtfertigungslage des Täters zu verantworten hat und der Irrende schuldlos ist - wenn also beispielsweise das Opfer einen Angriff vorgetäuscht hat.

Kritik: Gegen die analoge Anwendung spricht aber der Umstand, dass § 33 auf § 32 aufbaut und daher einen tatsächlichen Angriff voraussetzt. In dieser Fallgestaltung liegt aber gerade kein gegenwärtiger Angriff – auch kein drohender Angriff – vor, der eine Überreaktion heraufbeschworen hat.

112
Q

Der Aufbau der Versuchsprüfung

A

I. Vorprüfung
1. Nichtvollendung der Tat
Feststellung, dass die Tat nicht oder zumindest nicht zurechenbar vollendet wurde.
2. Strafbarkeit des Versuchs
Feststellung, dass der Versuch strafbar ist, weil es sich entweder um ein Verbrechen handelt
oder bei Vergehen die Versuchsstrafbarkeit besonders angeordnet wurde (§§ 23 I, 12 StGB).

II. Tatentschluss
1. „Vorsatz“ hinsichtlich aller Merkmale des obj. Tatbestands
Prüfung, ob die Vorstellung des Täters darauf gerichtet war, einen Tatbestand obj. zu erfüllen.
2. Ggf. besondere subj. Merkmale

III. Unmittelbares Ansetzen
Prüfung, ob der Täter zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB).

IV. Rechtswidrigkeit
V. Schuld
VI. Persönlicher Strafaufhebungsgrund: Rücktritt nach § 24 StGB

113
Q

Voraussetzungen eines straffreien Versuchs

A
  1. kein Fehlschlag des Versuchs
  2. Erforderliche Rücktrittsleistung
    a. Beim unbeendeten Versuch: Aufgabe der weiteren Tatausführung
    b. Beim beendeten Versuch: Verhinderung der Vollendung
  3. Freiwilligkeit
114
Q

Das Problem des fehlgeschlagenen Versuchs

A
  1. Einzelaktstheorie
  2. Tatplantheorie
  3. Gesamtbetrachtungslehre (h.M.)
115
Q

Die Einzelaktstheorie

A

Die Einzelaktstheorie sieht in jedem einzelnen auf die Erfolgsverursachung gerichteten Ausführungsakt einen selbstständigen Versuchsakt und gelangt daher schon dann zur Annahme eines fehlgeschlagenen Versuchs, wenn der erste Ausführungsakt den Erfolg nicht herbeigeführt hat.

Bsp.: A schießt mit vollem Magazin auf O und verfehlt diesen mit dem ersten Schuss. Nach der Einzel- aktstheorie liegt hier ein fehlgeschlagener Versuch vor, da der erste Schuss sein Ziel verfehlt hat.

+ Der Täter hat mit dem ersten auf die Erfolgsherbeiführung gerichteten Akt seine kriminelle Energie bereits unter Beweis gestellt, weshalb ihm der Zufall, dass der Erfolg nicht herbeigeführt wurde, nicht in dem Sinne zugutekommen darf, dass der strafbefreiende Rücktritt weiterhin möglich bleibt.

  • Infolge der Einzelaktstheorie wird dem Täter die „Rückkehr in die Legalität“ zu einem kriminalpolitisch und mit Blick auf den Rechtsgüterschutz bedenklich frühen Zeitpunkt abgeschnitten. Ist dem Täter nach dem Fehlschlag des ersten Aktes schon der Weg zur Straffreiheit verbaut, gibt es für ihn keinen Grund, nicht weiter zu handeln. Ist er ohnehin strafbar, kann es ihm günstiger erscheinen, den einzigen Zeugen zu beseitigen, als sein Handeln einzustellen.
  • Die Betrachtung von einzelnen Akten reißt einen einheitlichen Lebensvorgang künstlich in mehrere Einzelakte auseinander und fördert ein „Zeitlupenstrafrecht“.
116
Q

Die Tatplantheorie

A

Nach der Tatplantheorie, ist maßgeblich auf das Vorstellungsbild des Täters vor der Tatausführung (sog. Planungshorizont) abzustellen. Hat der Täter seinen Tatplan auf ein bestimmtes Mittel oder eine fest umrissene Anzahl von Ausführungsakten beschränkt, so liegt ein fehlgeschlagener Versuch vor, wenn der Täter diese Mittel ausgeschöpft hat, ohne dass sie den tatbestandsmäßigen Erfolg herbeigeführt haben.

Bsp.: A hat sich vorgenommen, O zu töten. Er will zunächst versuchen, O mit einem Seil zu erwürgen und – sollte er dazu nicht genügend Kraft aufbringen können – ihm sonst mit einem Hammer den Kopf zertrümmern. Während nach der Einzelaktstheorie bereits das erfolglose Würgen einen fehlgeschlage- nen Versuch begründen würde, liegt nach der Tatplantheorie ein solcher erst dann vor, wenn auch das Einschlagen auf den Kopf des O erfolglos geblieben ist.

+ Vermeidet die bedenkliche Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit durch die Einzelaktstheorie zu einem sehr frühen Zeitpunkt.

  • Führt zu einer Privilegierung des Täters mit höherer krimineller Energie, der seinen Tatplan möglichst umfassend „ausbaut“ und sich für den Fall des Scheiterns eines Angriffs immer noch einen weiteren Weg zur Tatbestandsverwirklichung offenhält. Hätte A z.B. für den Fall des Misslingens des Einschla- gens noch das Erstechen des O in seinen Tatplan aufgenommen, wäre ein strafbefreiender Rücktritt mangels Ausschöpfung des Tatplans auch noch nach dem Einschlagen auf O möglich gewesen.
  • Die Theorie stößt schon vom Ansatz her auf Probleme, wenn der Täter einen Tatplan gar nicht gefasst hat oder ein solcher nicht mit hinreichender Gewissheit feststellbar ist.
117
Q

Die Gesamtbetrachtungslehre

A

Definition:
Von einem fehlgeschlagenen Versuch ist dann auszugehen, wenn der Täter erkennt, dass seine bishe- rigen Ausführungshandlungen den Erfolg noch nicht herbeigeführt haben und er auch davon ausgeht, den angestrebten Erfolg mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr im unmittelbaren Fortgang des Geschehens ohne zeitliche Zäsur herbeiführen zu können.

Bsp.: Um O zu töten, hat A sich vorgenommen, ihn zunächst mit einem Seil zu würgen und – sollte dies O nicht töten – ihm sonst mit einem Hammer den Kopf zu zertrümmern. Nachdem auch die Hammer- schläge O nicht töten, ergreift A während der Tatausführung ein auf dem Tisch liegendes Küchenmesser und sticht auf O ein. Weil O immer noch lebt, gibt A verzweifelt und kraftlos auf.

+ Vermeidet die Privilegierung von Tätern mit höherer krimineller Energie.

118
Q

Die Gesamtbetrachtungslehre

A

Definition:
Von einem fehlgeschlagenen Versuch ist dann auszugehen, wenn der Täter erkennt, dass seine bishe- rigen Ausführungshandlungen den Erfolg noch nicht herbeigeführt haben und er auch davon ausgeht, den angestrebten Erfolg mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr im unmittelbaren Fortgang des Geschehens ohne zeitliche Zäsur herbeiführen zu können.

Bsp.: Um O zu töten, hat A sich vorgenommen, ihn zunächst mit einem Seil zu würgen und – sollte dies O nicht töten – ihm sonst mit einem Hammer den Kopf zu zertrümmern. Nachdem auch die Hammer- schläge O nicht töten, ergreift A während der Tatausführung ein auf dem Tisch liegendes Küchenmesser und sticht auf O ein. Weil O immer noch lebt, gibt A verzweifelt und kraftlos auf.

+ Vermeidet die Privilegierung von Tätern mit höherer krimineller Energie.

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Q

Definition beendeter Versuch

A

Ein Versuch ist beendet, wenn der Täter – nach der letzten Ausführungshandlung (Rücktrittshorizont, h.M.) – alles getan zu haben glaubt, was nach seiner Vorstellung von der Tat zur Tatbestandsverwirkli- chung erforderlich ist.

120
Q

Freiwilliger/unfreiwilliger Rücktritt

A

Freiwillig ist der Rücktritt, wenn er auf autonomen Gründen beruht, d.h. auf einer freien Entscheidung des Täters selbst. Autonome Gründe sind demnach auch Gewissensbisse, Reue, Mitleid oder die generelle Angst vor Strafe.

Unfreiwillig ist der Rücktritt dagegen, wenn er auf heteronomen Gründen beruht, d.h. der Täter aus Gründen zum Rücktritt gedrängt wird, die von ihm unabhängig sind. Heteronome Gründe sind z.B. das Eintreffen der Polizei oder die Vorstellung, die Tat sei bereits entdeckt.

121
Q

Tatbestand des unechten Unterlassungsdelikt

A

I. Objektiver Tatbestand

 1. Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs
 2. Unterlassen der Rettungshandlung trotz physisch-realer Handlungsmöglichkeit.
 3. (Quasi-)Kausalität
      - Die Vornahme der unterlassenen Handlung müsste mit an Sicherheit grenzender                             
        Wahrscheinlichkeit zum Entfallen des (konkreten) Erfolgs geführt haben.
 4. Objektive Zurechnung
 5. Garantenstellung des Täters
 6. Entsprechungsklausel gem. § 13 I StGB

II. Subjektiver Tatbestand

III. Rechtswidrigkeit

IV. Schuld