Bürgerliches Recht Flashcards
Definition Willenserklärung
Eine Willenserklärung ist eine private Willensäußerung, die auf das Herbeiführen einer Rechtsfolge gerichtet ist.
Voraussetzungen zum Vorliegen einer Willenserklärung
Zum Zustandekommen einer Willenserklärung müssen alle Punkte des objektiven Tatbestandes erfüllt sein. Zudem muss der Handlungswille gegeben sein. Der Geschäftswille ist nach allgemeiner Meinung nicht für das Zustandekommen einer Willenserklärung notwendig. Die Notwendigkeit des Erklärungsbewusstseins ist strittig, hier gibt es drei Theorien: die Subjektive Willenstheorie, die objektive Erklärungstheorie und die Modifizierte Erklärungstheorie (h.M.)
Bestandteile Objektiver (äußerer) Tatbestand
Erklärungshandlung - nach objektiver Betrachtung muss ein Handlungswille vorliegen.
Rechtsbindungswille - nach objektiven Maßstäben muss ein Rechtsbindungswille erkennbar sein.
Auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet - nach objektiver Betrachtung muss man einen Geschäftswillen des Erklärenden erkennen können.
Bestandteile Subjektiver (innerer) Tatbestand
Handlungswille - es muss der Wille vorhanden sein, eine Handlung vorzunehmen. Bewusste Steuerung der Handlung ist notwendig.
Erklärungsbewusstsein - man muss sich bewusst sein, dass man eine rechtserhebliche Erklärung abgibt.
Geschäftswille - Der Geschäftswille bezeichnet den Willen, bestimmte Rechtsfolgen zu bewirken
Die subjektive Willenstheorie
Das Erklärungsbewusstsein muss gegeben sein.
Begründung:
Bewerte man eine ohne Erklärungsbewusstsein abgegebene Erklärung als Willenserklärung, so verletze dies die Privatautonomie. Wenn jemand überhaupt nicht rechtsgeschäftlich tätig werden wolle, dürfe sein Verhalten nicht als Willenserklärung gewertet werden.
§ 118 BGB ordnet für den einzigen gesetzlich geregelten Fall fehlenden Erklärungsbewusstseins die Nichtigkeit an. Aus dieser Regelung ergebe sich, dass sogar derjenige, der bewusst den äußeren Tatbestand einer Willenserklärung setzt, eine von vornherein unwirksame Erklärung abgebe. Erst rechtmüsse eine ohne Erklärungsbewusstsein abgegebene Erklärung unwirksam sein, wenn der äußere Erklärungstatbestand unbewusst gesetzt werde.
Die objektive Erklärungstheorie
Das Erklärungsbewusstsein müsste nicht für eine Willenserklärung gegeben sein (WE könnte man aber gemäß § 119 I BGB anfechten).
Begründung:
Eine objektive Betrachtungsweise dient dem Schutz des Erklärungsempfängers bzw. dem Schutz des Rechtsverkehrs. Dieser kann den wahren Willen nicht erkennen und muss deshalb darauf vertrauen können, dass das objektiv Erklärte gilt. Die Verantwortung dafür, wie sein Verhalten aufgefasst werden kann, liege danach alleine bei dem Erklärenden.
§ 116 BGB ordnet an, dass eine Willenserklärung nicht deshalb nichtig ist, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen (geheimer Vorbehalt). Dann muss dies auch für das Erklärungsbewusstsein gelten.
Die modifizierte Erklärungstheorie (h.M.)
Nach dieser Auffassung hängt das Ergebnis davon ab, ob der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass sein Verhalten als Willenserklärung gewertet wird.
Begründung:
Da der Erklärungsempfänger schutzwürdig ist, muss das in § 119 Abs. 1 BGB enthaltene Prinzip der Verantwortung für die zurechenbare Bedeutung des Erklärten grundsätzlich auch bei fehlendem Erklärungsbewusstsein gelten.
Die Privatautonomie des Erklärenden ist nicht beeinträchtigt; der Erklärende hat vielmehr die Wahlfreiheit zwischen der Anfechtung des Vertrages, § 119 Abs. 1 BGB, und der Erfüllung, § 362 BGB. Zudem schützt das Recht der Willenserklärung nicht nur die Selbstbestimmung des Erklärenden, sondern auch das Vertrauen des Erklärungsempfängers und die Verkehrssicherheit.
Die in § 118 BGB geregelte Situation ist mit der des fehlenden Erklärungsbewusstseins nicht vergleichbar. Im Fall des § 118 BGB hat der Erklärende im Unterschied zum fehlenden Erklärungsbewusstsein bewusst die Nichtgeltung seiner Erklärung gewollt.
Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen
Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen sind solche, die sich nicht an einen bestimmten Erklärungsempfänger richten müssen (z. B. Testamentserrichtung, §§ 1937, 2247; Auslobung, § 657; Eigentumsaufgabe bei beweglichen Sachen, § 959). Sie werden bereits wirksam durch Abgabe. Diese liegt vor, wenn der Erklärende seinen Willen erkennbar endgültig geäußert hat.
Empfangsbedürftige Willenserklärungen
Eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist eine solche, die einem anderen gegenüber abzugeben ist (§ 130 I 1), sie richtet sich also an einen Adressaten. Sie wird wirksam durch Abgabe und Zugang.
Zugang der WE gegenüber Anwesenden
- Verkörperte (schriftliche) Erklärungen
• Übergabe
- (+) bloß vorübergehende Übergabe
- (-) Heimliches Zustecken - Mündliche Erklärungen (Str.)
a. strenge Vernehmungstheorie
- Entscheidend: Akustisch (!!) einwandfreies Verstehen der Erklärungb. Modifizierte (eingeschränkte) Vernehmungstheorie
- Ausreichend ist, dass für den Erklärenden bei Anwendung der verkehrserforderlichen Sorgfalt keinerlei Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der Adressat die Erklärung nicht oder falsch wahrgenommen hat.
- Liegen solche Anhaltspunkte vor, muss er rückfragen, bis die Bedenken ausgeräumt sind, sonst trägt er das Risiko, dass die Erklärung nur wirksam wird, wenn sie der Adressat tatsächlich richtig wahrgenommen hat.
Zugang der WE gegenüber Abwesenden
Voraussetzungen:
1. Verkörperte (schriftliche) Erklärungen
I) Erklärung ist in den räumlichen oder persönlichen (Empfangsbote) Herrschaftsbereich des Empfängers geraten
II) Der Empfänger hatte die Möglichkeit der Kenntnisnahme unter gewöhnlichen Umständen
III) Es gab keinen Widerruf nach § 130 I 2 BGB
- Unverkörperte (mündliche) Erklärungen
- siehe hierzu die strenge beziehungsweise eingeschränkte Vernehmungstheorie
Erklärungsbote
Erklärungsbote ist, wer vom Erklärenden mit der Übermittlung der Erklärung an den Empfänger beauftragt wurde.
Zugang der WE: Zugang erst bei tatsächlichem Zugang beim Empfänger.
Erklärungsbote
Erklärungsbote ist, wer vom Erklärenden mit der Übermittlung der Erklärung an den Empfänger beauftragt wurde.
Zugang der WE: Zugang erst bei tatsächlichem Zugang beim Empfänger.
Empfangsbote
Wer vom Empfänger zur Empfangnahme von Erklärungen ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten ermächtigt wurde (= menschlicher Briefkasten).
Ausreichend: Wenn nach der Verkehrsanschauung die Empfangsermächtigung besteht und der Bote als bereit und geeignet gilt (Familien- u. Hausangehörige, Hausangestellte).
Richtschnur: Ist nach den Umständen mit einer zuverlässigen Weiterleitung der Erklärung zu rechnen oder nicht?
(-) bei (kleinen) Kindern
Zugang der WE: Zugang erst in dem Zeitpunkt, in dem die Kenntnisnahme der Erklärung unter gewöhnlichen Verhältnissen für den Empfänger möglich und zumutbar war.
Empfangsvertreter
Geregelt in § 164 BGB
Empfangsvertreter ist, wer vom Empfänger zur Entgegennahme von WE ausdrücklich oder konkludent ermächtigt wurde.
Zugang der WE: Zugang in dem Zeitpunkt, in welchem dem Empfangsvertreter die Erklärung zugeht, vgl. § 164 III i.V.m. I 1 BGB.