Rechtsquellen Flashcards
Bindungswirkung völkerrechtlicher Verträge, Art 26 WVK
- pacta sunt servanda
- > aber: grds. nur für die Vertragsparteien (Art 34 ff. WVK: pacta tertiis nec nocent nec prosunt), insbes. bedeutend bei Umweltvölkerrechtsverträgen!
- > sofern keine Ungültigkeit (dh Nichtigkeit ex tunc)
- > soweit kein wirksamer Vorbehalt erklärt wurde
Auslegung VV
- Art 31 I WVK: Wortlaut, Systematik (Zusammenhang), Ziel und Zweck
- Art 31 II WVK: Def. Zusammenhang
- Art 31 III WVK: Faktoren, die wie “Zusammenhang” zu berücksichtigen sind (ua spätere Übung, spätere Übereinkunft)
- nur sekundär und subsidiär: inbes. vorbereitende Arbeiten (histor. Auslegung)
- Sonderregeln für mehrsprachige Verträge: Art 33 WVK
Ungültigkeit von VV, Art. 47-53 WVK
- Überschreitung der Vollmacht, Art 47 WVK
- Irrtum, Art 48
- Betrug, Bestechung, Zwang, Art 49-52
- Verstoß gegen ius cogens, Art 53, 64, 71 I (bspw. Folterverbot)
- > Ungültigkeitsgründe sind wegen ihrer weitreichenden Konsequenzen eng auszulegen
- Verfahren: Art 65
- Folgen der Ungültigkeit: Nichtigkeit ex tunc, Art 69 I
Ungültigkeit von VV, Ergänzung
- Grds. Irrelevanz des Verstoßes gegen innerstaatliches Recht, Art. 27 WVK
-> Überwiegen des int. Vertrauensschutzes ggü der Verfassungsautonomie des Einzelstaates
-> Rechtssicherheit
-> Überbrückung von Gegensätzen zwischen innerstaatlichen Rechtsordnungen
=> Risiko trägt Einzelstaat
Aber Rückausnahme: Art 46
Reichweite der Bindung von VV: Vorbehalte, Art 19 ff. WVK
- Art. 2 I lit. d [“bedeutet «Vorbehalt» eine wie auch immer formulierte oder bezeichnete, von einem Staat bei der Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme oder Genehmigung eines Vertrags oder bei dem Beitritt zu einem Vertrag abgegebene einseitige Erklärung, durch die der Staat bezweckt, die Rechtswirkung einzelner Vertragsbestimmungen in der Anwendung auf diesen Staat auszuschließen oder zu ändern”]
- Annahme: vgl. Art. 20 I, II, V; Art 23 I
- Vorbehalte können sich gegen materielle Bestimmungen oder den zeitlichen / geographischen Geltungsbereich richten
- P: Abgrenzung zur interpretativen Erklärung Art 31 II lit. b (Rechtsverwahrung)
- Art 29, gesamtes Hoheitsgebiet (Abänderung möglich)
- Art 17, opting out; konsensuale Vereinbarung, dass bestimmte Normen eine Vertragspartei nicht binden (kein Vorbehalt)
- Art 59, 30 III WVK: Relativität vr Vertragsverhältnisse: Vorrang der späteren bzw. spezielleren Normen sofern die gleichen Vertragsparteien gebunden sind
Zulässigkeit von Vorbehalten, Art 19 WVK
- Auffangklausel lit. c: sog. object-and-purpose-Test (entwickelt vom IGH zur Völkermord-Konvention)
P: Wie sind unzulässige Vorbehalte zu behandeln?
eA: Der Staat, der den unzulässigen Vorbehalt erklärt hat, wird nicht Vertragspartei (wohl hM der Staaten)
aA: Der Staat, der den unzulässigen Vorbehalt erklärt hat, wird Vertragspartei, aber der Vorbehalt gilt nicht
con: Vollvertragsbindung ist nicht vom Willen des Staates gedeckt (con: Konsensprinzip)
pro: Verantwortlichkeit des Staates, Zulässigkeit des Vorbehaltes vor Ratifizierung zu prüfen
Suspendierung, Beendigung, Rücktritt
- Gründe: Art 54 ff; 57 ff; 60 ff.
- > insbes. Art 60, 62: Vertragsverletzung, Grundlegende Änderung der Umstände
- > Grenzen insbes.: Art 60 V, 62 II
- Verfahren: Art 65
- Rechtsfolgen: Art 70 (ex nunc Beendigung), Art 72 Suspendierung
Beendigungsgründe: erhebliche Vertragsverletzung (Art 60 WVK); grundlegende Änderung wesentlicher Umstände (Art 62 WVK, clausula rebus sic stantibus)
- Art 60 WVK
- > Def. Art 60 III
- > Ausnahmen Art 60 V (Menschenrechtsverträge, aber auch Verträge des humanitären VölkerR -> ausnahmsweise keine enge Auslegung einer Ausnahmeregelung!)
- > Art 60 II: Sonderregelungen multilaterale Abkommen
- Art 62 WVK
- > Ausnahme wird noch deutlicher: “nicht … es sei denn, dass” -> auch hier enge Auslegung, auch Gegenausnahmen
Völkergewohnheitsrecht (S. 57 - 60: Draft conclusion, ILC, Fifth Report, by M Wood) - Entstehungsvoraussetzungen
- objektives Element: usus/consuetudo = dauernde Übung = Staatenpraxis
- subjektives Element: opinio iuris = Rechtsüberzeugung
P: Praxis oder Rechtsüberzeugung entscheidend?
- eA: Praxis der Staaten (vgl. Wood-Report)
- aA: Überzeugung, die durch Praxis bestätigt ist (vgl. IGH 1986; Arnauld)
Objektives Element - dauernde Übung: Bezugsobjekt
- Völkerrechtssubjekte
- > Staaten (bzw. Staatsorgane mir völkerrechtlicher Vertretungsbefugnis)
- > “auswärtige Gewalt” insbes.
- > Organe der Exekutive, aber auch Legislative
P: Entscheidung innerstaatliche Gerichte
eA: nur soweit sie sich auf Rechtsfragen des VölkerR beziehen
pro: oft einzige Praxis, die für Prüfung einer “Übung” verfügbar/identifizierbar ist
P: Rein verbale Äußerungen?
P: Relevanz rein innerstaatlicher Hoheitsakte (bspw. bei rein innerstaatlich wirkenden Vorschriften, so wie Militärhandbücher für eigene Truppen)
con: woher soll sich Bindungswirkung nach außen speisen?
con: Wille erstreckt sich nur auf innerstaatliche Bindung
-> Int. Organisationen:
eA: im Rahmen ihrer partiellen VR-Subj
aA: nur existent insofern Beitrag der Mitgliedsstaaten (-> “Staatenpraxis”!)
-> sehr restriktive Anwendung
-> bspw. sofern sie sich in diesem int. Bereich betätigen
-> Int. Gerichte: als Erkenntnisquelle, aber kein Übungssetzender Akteur
Objektives Element - dauernde Übung: Anforderung an dauernde Übung
- positive Praxis (Tun)
- > jedenfalls Realakte
- > auch diplomatische Praxis, dh rein verbale Willensäußerung
- > P: Grenzziehung zwischen Äußerung und Ausdruck der Rechtsüberzeugung
- negative Praxis (Unterlassen)
- > Unterlassen einer eigenen Handlung
- > Duldung eines fremden Handelns
- > Schweigen nicht per se als Praxis der Zustimmung zu werten
- > P: Abgrenzung zum nicht sanktionierten Verstoß gg Rechtsvorschriften
Objektives Element - dauernde Übung: Anforderung an dauernde Übung II
- dauernd, verbreitet, einheitlich (both extensive and virtually uniform)
- nicht: sporadische Staatenpraxis
- Dauer: langandauernd (idR Jahrzehnte)
- aber: auch in kürzerer Zeit möglich, wenn sich eine extensive und einheitliche Übung oder auch entspr. Äußerung der Rechtsüberzeugung feststellen lässt
- aber: nur zT Anerkennung von instant costum (spontan erzeugtes Gewohnheitsrecht: besonders intensive Staatenpraxis, das fehlende Dauer kompensiert)
Objektives Element - dauernde Übung: Allgemeinheit/ Universalität
- Übernahme durch weit überwiegenden Teil der Staatengemeinschaft
- > keine
- > Gegenstand und Relevanz der im Bestehen begriffenen Norm
- > Repräsentativität der Praxis (bspw. Staaten, die schon in gewissen technologischen Bereichen tätig sind: Küstenstaaten, Staaten mit Raumfahrtprogramm, …) -> Interesse und sachliche Betroffenheit
- > Möglich: regionales / bereichsspezifisches (partikuläres) VGewohnheitsR
Subjektives Element
= Rechtsbindungswille (Überzeugung der Staaten, dass ihr Verhalten durch eine bestehende Norm des VR rechtlich gebunden ist)
- Behauptung einer Praxis als Recht = Behauptung der Existenz einer Rechtsnorm
- …
(deklaratorisch vs. konstitutiv)
- nach obj. Anhaltspunkten zu ermitteln (opinio iuris indiziert bei verbalen Äußerungen als Anknüpfungspuntk für usus; bedarf ferner des detaillierten Nachweises bei physischen Handlungen, ie Realakten)