Prozesse der Unternehmensführung Flashcards
001 Erläutern Sie, zwischen welchen zentralen Polen sich das Management von Organisationen grundsätzlich bewegt.
Da Organisationen auf der einen Seite in sich selbst eine große Komplexität bergen (unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Motivationen und Zielsetzungen, unterschiedliche Aktivitäten, die für die Erstellung der jeweiligen Leistung der Organisation erforderlich sind etc.) und auf der anderen Seite Teil von vielfältigen organisationsexternen Kontexten sind, wird auch das Management einer Organisation auf vielfältige Weise in seinen Handlungen und Handlungsoptionen beeinflusst.
Diese Einflussfaktoren unterscheiden sich naturgemäß von Organisation zu Organisation.
Alle Organisationen müssen jedoch einen Weg finden, mit den rivalisierenden Zielsetzungen von ständigem Zwang zur Steigerung der Effizienz und Effektivität auf der einen Seite und der Notwendigkeit, kontinuierlich Innovationen zu generieren, umzugehen.
Insofern stellen die Pole „Zwang zu Effizienz und Effektivität” und „Notwendigkeit kontinuierlicher Innovation” einen für alle Organisationen zu bewältigenden Grundkonflikt dar.
002 Nehmen Sie kritisch Stellung zu der Aussage, dass Managementaufmerksamkeit durch digitale Techniken immer weniger zum begrenzenden Knappheitsfaktor für die organisatorische Entwicklung wird.
Digitale Technologien ermöglichen es, dass immer mehr Informationen bereitgestellt und analysiert werden können und schaffen zudem Möglichkeiten für eine weniger zeitaufwendige Kommunikation und Koordination.
Insofern steigern sie naturgemäß auch die Produktivität von Führungskräften.
Diese Produktivitätssteigerung kann jedoch nicht die grundsätzliche Begrenztheit der einer Führungskraft zur Verfügung stehenden Zeit verändern.
Diese – rein durch die maximal mögliche Länge eines Arbeitstages – definierte Zeitspanne kann naturgemäß auch durch den Einsatz von digitalen Technologien nicht verlängert werden.
Insofern können technologische Fortschritte zwar ermöglichen, dass Führungskräfte eine größere Zahl von Themen bearbeiten, mehr Mitarbeiter führen und größere Einheiten koordinieren können, die Knappheit von Managementaufmerksamkeit können sie aber nicht reduzieren.
Zugleich führt die Digitalisierung auch nicht zu einer Reduzierung des Möglichkeitenraums für (strategische) Veränderungen.
Insofern bleibt auch in einem digitalen Zeitalter die Managementaufmerksamkeit eine sehr wertvolle und knappe Ressource.
003 Erklären Sie, inwiefern geeignete Abstimmungs- und Kontrollmechanismen das Management einer Organisation darin unterstützen können, strategische Entscheidungen treffen und umsetzen zu können.
Strategische Entscheidungen entstehen im Spannungsfeld von drei spezifischen Herausforderungen:
- die Knappheit von Managementaufmerksamkeit erfordert Priorisierung,
- Bedürfnisse und Zielsetzungen der Mitglieder einer Organisation müssen Berücksichtigung finden,
- und der Spagat zwischen Vorgabe und Freiheit muss bewältigt werden.
Alle drei Herausforderungen machen auf der einen Seite erforderlich, dass Menschen sich untereinander abstimmen und verständigen und auf diese Weise Kompromisse zwischen den rivalisierenden Zielsetzungen finden.
Auf der anderen Seite führen diese Zielkonflikte auch dazu, dass eine Kontrolle benötigt wird, ob die zwischen den Organisationsmitgliedern vereinbarten Kompromisse auch in der vereinbarten Form umgesetzt werden.
Indem strategische Entscheidungen zu grundsätzlichen Veränderungen in Organisationen führen sollen, machen sie sehr grundsätzliche Veränderungen der bisher vereinbarten Kompromisse wahrscheinlich.
Aus diesem Grunde erfordern sie in besonderer Weise die Existenz und das Funktionieren geeigneter Abstimmungs- und Kontrollmechanismen.
004 Erläutern Sie, auf welche Weise Prozesse der Strategieentwicklung auf Basis von Planung in der Praxis erfolgen können.
004 Eine Strategieentwicklung auf Basis von Planung stellt gleichsam die Idealvorstellung von Strategieentwicklungsprozessen als Akt rationalen Denkens dar.
Im Vergleich zu anderen Konzeptionen von rationalen Planungs- und Entscheidungsprozessen, soll zunächst eine systematische Analyse der Ist- Situation, der relevanten sie umgebenden Umwelt vorgenommen werden sowie der jeweiligen Organisation zu erwartenden Veränderungen.
Zur Unterstützung und Systematisierung dieser Analyse kann die gesamte Bandbreite an Analyseinstrumenten herangezogen werden, über die das strategische Management verfügt (bspw. SWOT-Analyse, Branchenstruktur- und Wettbewerbsanalyse, Portfolio-Analysen, Stakeholder-Analyse, Wertkette nach Porter etc.).
Basierend auf dieser Analyse ist es dann in einem zweiten Schritt möglich, Optionen für die strategische Weiterentwicklung der Organisation zu identifizieren, zu beschreiben und zu bewerten.
Aus den bewerteten Optionen können dann im Rahmen der strategischen Entscheidungsfindung (bspw. in einer Geschäftsführungssitzung) die als besonders vorteilhaft angesehenen Optionen ausgewählt werden.
Nachdem diese Entscheidung getroffen wurde, erfolgt die Umsetzung der strategischen Veränderung.
005 Erläutern Sie, inwiefern strategische Planungen die Umsetzung von Strategien unterstützen können.
Strategische Planungen können auf vielfältige Weise den Prozess der Strategieentwicklung und -umsetzung unterstützen:
Neben der Tatsache, dass ein solcher, von hoher Rationalität geprägter Prozess eine stark disziplinierende und strukturierende Wirkung auf alle an der Planung Beteiligten ausübt, helfen Planungssysteme durch ihre Strukturiertheit auch dabei, strategische Optionen bewertbar zu machen und die ihnen jeweils zugrunde liegenden Annahmen (insbesondere zu Wirkungsmechanismen) transparent – und so diskutierbar – zu machen.
Weiterhin ermuntern solche Systeme die Beteiligten auch dazu, über die Wirkung der jeweiligen Strategieoption über einen längeren Planungszeitraum hinweg und in Bezug auf unterschiedliche Bereiche der jeweiligen Organisation nachzudenken und auf diese Weise ein besseres Verständnis der jeweiligen strategischen Optionen und der mit ihnen verbundenen Chancen und Risiken zu erhalten.
Darüber hinaus unterstützt eine formalisierte Planung von Strategien auch deren Umsetzung:
Planungen werden in der Regel aufgestellt, um auf ihrer Basis Budgets für Investitionen freizugeben. So wird mit der Planung einer Strategie auch häufig die Freigabe der dafür benötigten Budgets verbunden.
Die Quantifizierung strategischer Optionen im Zuge von Planungsprozessen schafft zudem die Voraussetzung dafür, dass die Strategieumsetzung gemessen (und damit kontrolliert) werden kann.
Und schließlich lassen sich systematisch und strukturiert geplante und bewertete Strategien leichter und überzeugender kommunizieren, was wiederum eine wesentliche Voraussetzung für die Schaffung einer ausreichenden Akzeptanz der strategischen Veränderung in der Organisation darstellt.
006 Vergleichen Sie anhand selbstgewählter Kriterien intendierte und emergente Prozesse der Strategieentwicklung.
Intendierte und emergente Prozesse der Strategieentwicklung unterscheiden sich auf vielfache Weise voneinander. Aus diesem Grunde ist es grundsätzlich möglich, eine Vielzahl von Kriterien zum Vergleich heranzuziehen.
Mögliche Kriterien wären beispielsweise die Rationalität des Prozesses, die Existenz von Instrumenten und Methoden zur Unterstützung des Prozesses sowie die Steuerbarkeit des Prozesses.
Betrachtet man intendierte und emergente Strategieentwicklungsprozesse auf Basis dieser Kriterien, so ergibt sich folgendes Bild:
Intendierte Strategieentwicklungsprozesse unterstellen ein vergleichsweise hohes Maß an Rationalität, indem Strategieentwicklung als ein Prozess verstanden wird, der auf einer sorgfältigen und an möglichst objektiv messbaren Fakten orientierten Analyse basiert und in dem über umfassend und auf Basis rationaler Methoden bewerteten strategischen Optionen entschieden wird. Demgegenüber sind emergente Strategieentwicklungsprozesse in starkem Maße durch die individuellen Handlungen und Zielvorstellungen der an ihnen beteiligten Akteure geprägt. Diese Handlungen und Zielvorstellungen müssen nicht zwangsläufig rational sein, sondern können auch durch Erfahrungen, (mikro-)politische Agenden oder persönliche Sympathie oder Antipathie der handelnden Personen zueinander beeinflusst sein.
Bezüglich der Existenz von Instrumenten und Methoden zur Unterstützung der Strategieentwicklung wurde über die Jahre eine Vielzahl von Methoden (wie bspw. die SWOT-Analyse, die Branchenstrukturanalyse und Wertschöpfungsketten-Analyse von Porter oder die verschiedenen Ansätze der Portfoliobewertung) entwickelt, die im Rahmen von intendierten Strategieentwicklungsprozessen zum Einsatz kommen können. Indem emergente Strategieentwicklungsprozesse weniger explizit verlaufen und zudem stark mikropolitisch bzw. durch Routinen geprägt sind, bieten sich hier weniger Ansatzpunkte für den Einsatz bewusst für die emergente Strategieentwicklung entwickelter Methoden und Instrumente.
Durch ihre klare Gliederung in Phasen (Analyse, Optionsgenerierung und -bewertung sowie Entscheidung) und ihren insgesamt hohen Rationalitätsanspruch lassen sich intendierte Strategieentwicklungsprozesse bedeutend leichter steuern als emergente Strategieentwicklungsprozesse. Während Erstere aufgrund der genannten Eigenschaften durch Nutzung der üblichen Techniken eines Projektmanagements gesteuert werden können, entziehen sich emergente Strategieentwicklungsprozesse durch ihre implizite, stark politisch bzw. von Routinen und Kultur geprägte Form weitgehend einer echten Steuerung.
007 Beschreiben Sie mögliche Ursachen für das Auftreten emergenter Strategieentwicklungsprozesse.
Dass es in Organisationen zu einer emergenten Entwicklung von Strategien kommt, kann eine große Zahl von Ursachen haben. Besonders stark wird eine emergente Strategieentwicklung gefördert, wenn einer oder mehrere der folgenden vier Faktoren in der Organisation wirken:
- Unsicherheit fördert (bspw. bezüglich der zu erwartenden Marktentwicklung für ein neues Produkt) emergente Strategieentwicklung in Form des sogenannten „logischen Inkrementalismus”: Die Organisation beschließt in schneller Folge in ihrem Umfang bzw. ihrem Risiko begrenzte Veränderungen und „tastet” sich so gleichsam langsam voran und versucht herauszufinden, welches die beste strategische Option für sie ist. Ziel einer solchen Vorgehensweise ist es, kontinuierlich Erfahrungen aufzubauen und zugleich das Risiko von hohen Fehlinvestitionen zu reduzieren.
- Ein zweiter Faktor sind interne Regelungen und Vorgaben zur Verteilung von Ressourcen (bspw. in Form verabschiedeter Investitionsbudgets, aber auch in Form der Präferenzen der an den jeweiligen Entscheidungen beteiligten Manager). Diese Regelungen können dazu führen, dass Entscheidungen – bspw. bezüglich der Verwendung von Ressourcen oder bezüglich des Einsatzes von Mitarbeitern – so getroffen werden, dass daraus de facto eine Bevorzugung bestimmter strategischer Entwicklungen erwächst. So kann sich mit der Zeit eine strategische Orientierung der Organisation herausbilden, die in dieser Weise nie offiziell beschlossen wurde, sondern sich (emergent) „ergeben” hat.
- Einen dritten Faktor stellen politische Aushandlungsprozesse dar: Je stärker Entscheidungen in Organisationen durch die persönlichen Agenden, Erfahrungen und Informationen der an der Strategieentwicklung Beteiligten sowie Prozessen der Koalitionsbildung dieser Organisationsmitglieder untereinander geprägt werden, umso wahrscheinlicher ist es, dass sich Strategien als Ergebnis politischer Prozesse und nicht auf Basis rationaler Analyse und Planung entwickeln.
- Den vierten Faktor stellen schließlich kulturelle Prägungen dar: Je stärker die Mitglieder einer Organisation durch bestimmte Werte und Normen der jeweiligen Organisationskultur geprägt sind (bspw. weil sie bereits über viele Jahre Teil der Organisation sind), umso eher ist zu erwarten, dass diese kulturellen Prägungen (unbewusst) Einfluss nehmen auf die Entwicklung von Strategien und diese in ihren Inhalten stark prägen.
008 Erklären Sie wofür das Mülleimer-Modell der Entscheidung steht
Das Mülleimer-Modell der Entscheidung basiert auf der Annahme, dass Entscheidungen in Organisationen dadurch zustande kommen, dass verschiedene Teilnehmer in einer Entscheidungsgelegenheit (Geschäftsführungssitzung o.Ä.) zusammenkommen und gemeinsam definieren, welche Probleme mithilfe welcher Lösungen gelöst werden sollen.
Das Mülleimer-Modell der Entscheidung geht nun weiter davon aus, dass Entscheidungsprozesse in Organisationen häufig nicht rational verlaufen, sondern als organisationale Anarchien verstanden werden müssen.
Organisationale Anarchien sind dabei von einem hohen Maß an Mehrdeutigkeit geprägt.
Mehrdeutigkeit entsteht in Organisationen immer dann, wenn das Wissen über die relevante Umwelt, über relevante Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge und geeignete Verfahren zum Umgang mit dieser Situation beschränkt ist.
Darüber hinaus fördern inkonsistente und schlecht operationalisierte Ziele sowie ein immer wieder wechselnder Kreis von Beteiligten an den Entscheidungsprozessen die Entstehung von mehrdeutigen Entscheidungssituationen.
Die Mehrdeutigkeit nimmt sogar noch zu, wenn die an den Entscheidungen Beteiligten dem Entscheidungsgegenstand unterschiedlich hohe (und wechselnde) Aufmerksamkeit entgegenbringen.
In solchen mehrdeutigen Entscheidungssituationen besteht aber nun – so der Erklärungsansatz des Mülleimer-Modells – keine direkte Kopplung zwischen diesen vier Elementen einer Entscheidung.
Dies bedeutet aber auch, dass in Abhängigkeit der in einer bestimmten Entscheidungsgelegenheit anwesenden Teilnehmer und den in der Organisation zu diesem Zeitpunkt diskutierten Problemen und Lösungen jeweils unterschiedliche Entscheidungen zustande kommen können.
009 Erklären Sie, auf welche Weise politische Aushandlungsprozesse starken Einfluss auf die emergente Strategieentwicklung nehmen können.
Politische Prozesse sind dadurch geprägt, dass die einzelnen Akteure versuchen, ihre je eigenen Zielsetzungen und Vorstellungen durchzusetzen. Das wichtigste Mittel dafür ist die Bildung mächtiger Koalitionen mit Unterstützern der eigenen Position, um sich so gegen rivalisierende Sichtweisen durchsetzen zu können.
Zur Bildung solcher Koalitionen können nun wiederum unterschiedliche mikropolitische Methoden eingesetzt werden, wie bspw. das Spielen von Machtspielen oder die geschickte Nutzung von Rhetorik und Informationen.
Welche strategischen Optionen sich schlussendlich in einem solchen Aushandlungsprozess zwischen Koalitionen durchsetzen und wie diese Optionen inhaltlich ausgestaltet sind, ist dabei in starkem Maße abhängig von den Zielsetzungen der Mitglieder der jeweiligen Koalition sowie den Machtverhältnissen zwischen den Koalitionen.
Beides wird durch vielfältige Faktoren beeinflusst:
- persönliche Erfahrungen der Koalitionsmitglieder (was hat in der Vergangenheit funktioniert, was nicht),
- Intensität der Konkurrenz um Ressourcen und Einfluss (in ökonomisch erfolgreichen Phasen stehen tendenziell mehr Mittel zur Verfügung als in ökonomisch schwierigen Phasen),
- aktueller Einfluss der in einer Koalition vorhandenen Fachbereiche und ihrer jeweiligen Sichtweisen auf die Organisation
- sowie der Zugang zu Informationen und Zahlenmaterial, das als „argumentative Munition” im Rahmen der mikropolitischen Auseinandersetzungen eingesetzt werden kann.
010 Vergleichen Sie anhand selbst gewählter Kriterien die Risiken des Einsatzes von Planung zur Strategieentwicklung mit den Risiken emergenter Strategieentwicklungsprozesse.
Grundsätzlich lässt sich eine Vielzahl von Kriterien für die Bewertung des Risikopotenzials intendierter und emergenter Strategieentwicklungsprozesse heranziehen.
- Beispielsweise ließen sich beide Formen der Strategieentwicklung dahingehend bewerten, wie stark das Risiko ist, dass der Prozess zu einer inhaltlich falschen Strategie führt,
- dass der Prozess nicht erfolgreich beendet werden kann oder
- dass die Strategie innerhalb der jeweiligen Organisation nicht akzeptiert wird.
Im Rahmen von intendierten Strategieentwicklungsprozessen erhöht sich das Risiko, zu einer inhaltliche „falschen” (d.h. vermutlich nicht erfolgreichen) strategischen Entscheidung zu kommen insbesondere dann, wenn die Annahmen, die für die strategische Analyse sowie die Generierung und Bewertung von strategischen Optionen getroffen werden, falsch sind. Im Gegensatz dazu laufen emergente Strategieentwicklungsprozesse Gefahr, aufgrund des Mangels an expliziter Analyse und methodengestützter Bewertung wichtige Aspekte zu übersehen und so zu einer nicht adäquaten Strategie zu kommen.
Bezüglich des Risikos eines nicht erfolgreichen Abschlusses der Strategieentwicklung bergen beide Formen der Strategieentwicklung ein vergleichbares Risiko: Bei beiden Formen besteht die Gefahr, dass parallel entstehende emergente Strategieentwicklungen den zuvor begonnenen Strategieentwicklungsprozess vorzeitig beenden und zum Start eines neuen Prozesses führen.
Die rationale Form der Strategieentwicklung bietet im Rahmen von intendierten Strategieentwicklungsprozessen die große Chance, Mitarbeitern und anderen relevanten Stakeholdern die Gründe für die konkret getroffene Strategieentscheidung zu erläutern und auf diese Weise die Akzeptanz der gewählten Strategie zu erhöhen. Ein Risiko besteht hier nur dann, wenn die der strategischen Entscheidung zugrunde liegenden Annahmen nicht geteilt werden. Anders im Fall der emergenten Strategieentwicklung: Indem sie stark durch Routinen und Kultur bzw. mikropolitische Aushandlungsprozesse geprägt wird, besteht hier ein erhebliches Risiko, dass die tatsächliche Strategie entweder nicht als strategischer Orientierungsrahmen akzeptiert wird (da sie nicht explizit formuliert wird) oder dass insbesondere die (nicht in die Entwicklung eingebundenen) Mitarbeiter sie als willkürlich bzw. Ergebnis politischer Aushandlungsprozesse – und somit als wenig überzeugend – wahrnehmen.
In der Summe betrachtet erscheinen intendierte Prozesse der Strategieentwicklung aufgrund des systematischen Vorgehens, der Möglichkeit zur Diskussion objektivierter Analysen und Bewertungen sowie aufgrund des Überzeugungspotenzials ein geringeres Gesamtrisiko aufzuweisen als emergente Prozesse der Strategieentwicklung.
011 Anna Müller wird neue Vorstandsvorsitzende der Süd-Medien AG, einem großen Zeitungsverlag, der auch eine Vielzahl von Online-Medien und TV-Sendern betreibt. In der Vergangenheit war über viele Jahrzehnte in der Süd-Medien AG vor allem der jeweilige Vorstandsvorsitzende für die Strategieentwicklung zuständig. In den letzten Jahren waren Strategien eher das Ergebnis endloser Diskussionsrunden zwischen den Vorstandsmitgliedern oder von mutig getroffenen – aber wenig systematisch vorbereiteten – Entscheidungen in Geschäftsführungssitzungen. Anna Müller möchte dies ändern und den Prozess der Strategieentwicklung versachlichen und systematisieren. Beschreiben Sie mögliche Wege für eine Veränderung der Strategieentwicklungsprozesse bei der Süd-Medien AG.
Anna Müller sieht sich mit der Herausforderung konfrontiert, eine stark durch emergente Strategieentwicklung geprägte Unternehmenskultur zu einer stärker durch intendierte Strategieentwicklung geprägten Kultur zu verändern.
Um einen solchen grundsätzlichen Wandel in den Strategieentwicklungsprozessen zu erreichen, kann eine Vielzahl von Maßnahmen eingesetzt werden. Welche Maßnahmen genau zum Einsatz kommen, hängt dabei von der konkreten Situation einer Organisation ab. Denkbar wäre aber bspw. das folgende Szenario:
Durch die Organisation von regelmäßig stattfindenden Strategie-Klausurtagungen werden spezifische Entscheidungsgelegenheiten für die intendierte Strategieentwicklung geschaffen.
Um im Rahmen dieser Entscheidungsgelegenheiten eine systematische Diskussion führen zu können, werden diese Termine durch eine mit der Strategieentwicklung beauftragten Einheit vorbereitet (bspw. eine ggf. neu zu schaffende Einheit „Unternehmensstrategie” oder ein „Business Development”).
Durch eine strenge Moderation der Strategie-Klausuren kann erreicht werden, dass nur strategische Optionen im Rahmen des jeweiligen Termins diskutiert werden, bei denen zuvor eine strategische Analyse und Bewertung durchgeführt wurde und bei denen diese in schriftlicher Form vorliegt.
Weiterhin kann Anna Müller darauf achten, dass in „normalen” Vorstandssitzungen angesprochene Fragen mit strategischer Relevanz zunächst der „Strategie-Einheit” zur Analyse und Bewertung vorgelegt und erst dann im Rahmen der als Nächstes anstehenden Strategiesitzung offiziell diskutiert werden.
012 Nehmen Sie kritisch zu der Aussage Stellung, dass sich heute, in Zeiten einer massiv zunehmenden Umweltdynamik (bspw. aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und Globalisierung), Strategien nicht mehr planen ließen.
Die ökonomische Realität ist aktuell durch eine äußerst hohe Dynamik von Umwelt und Wettbewerb geprägt. So haben bspw. schnelle Technologiewechsel zur Folge, dass sich Leistungsangebote von Organisationen und Geschäftsmodelle teilweise in sehr kurzer Zeit sehr grundlegend verändern. Dies hat dann auch entsprechende Auswirkungen auf die Wettbewerbslandschaft.
Für die Strategien von Organisationen hat dies zur Folge, dass sich deren „Haltbarkeit” deutlich verringert, da sich die einer spezifischen Strategie zugrundeliegenden Annahmen bzgl. der Entwicklung von Märkten, Technologien und Wettbewerb sehr schnell verändern.
Einen völligen Verzicht auf die geplante Strategieentwicklung abzuleiten, erscheint jedoch trotz dieser Veränderungen wenig sinnvoll: Denn auch in einer sich schnell verändernden Welt muss eine Organisation Entscheidungen treffen, die längerfristige Bindungswirkung entfalten bzw. längere Zeit für ihre volle Wirksamkeit benötigen: In welche Produktionstechnologien soll investiert werden? Welche Kompetenzen sollen aufgebaut werden? Welche IT-Infrastruktur soll eingesetzt werden? etc.
Insofern wird auch in einer hoch dynamischen Umwelt ein Orientierungsrahmen benötigt, der definiert, in welche grundsätzliche Richtung sich eine Organisation bewegen soll.
023 Erklären Sie, warum Budgets und Planwerten vielfach eine hohe Bedeutung für die Umsetzung von strategischen Entscheidungen zugemessen wird.
Planwerte stellen ein zentrales Element der Steuerung von Prozessen der Strategieumsetzung dar, da sie es dem Management ermöglichen, die tatsächliche Entwicklung der Unternehmensaktivitäten mit dem ursprünglich geplanten Verlauf zu vergleichen.
Ein solcher Vergleich bildet wiederum die Basis dafür, zielgerichtete Maßnahmen entwickeln zu können, mit denen Differenzen zwischen geplanter und tatsächlicher Entwicklung ausgeglichen werden können.
Budgets und Planwerte ermöglichen damit zum einen, Prozesse der Strategieumsetzung wirksam zu steuern. Zum anderen führt aber auch der Prozess der Ermittlung der Planwerte dazu, dass sich Organisationen noch detaillierter mit den konkreten Implikationen einer strategischen Entscheidung auseinandersetzen und auf diese Weise die strategische Entscheidung konkretisieren.
Schließlich stellen Planwerte in vielen Organisationen auch Zielgrößen dar, an denen die Leistung der Mitarbeiter gemessen wird bzw. die Handlungsfreiräume (bspw. bezüglich der von einer Organisationseinheit zu tätigenden Investitionen) definiert werden.
Auf diese Weise können Planwerte dazu verwendet werden, um die Mitglieder einer Organisation zur Umsetzung der Strategie zu motivieren.
024 Erläutern Sie, welche unterschiedlichen Rollen Performance-Management-Systemen im Rahmen von Umsetzungsprozessen zukommen.
Strategische Performance-Management-Systeme können unterschiedliche Rollen im Rahmen der Umsetzung von strategischen Grundentscheidungen spielen:
So können diese Systeme genutzt werden, um konkrete Fragestellungen zu beantworten (bspw. welche für die Ausweitung eines Produktportfolios erforderliche Produktionsmaschine günstigere Gesamtkosten aufweist oder wie sich die Umsätze im neu erschlossenen Marktsegment entwickeln).
Strategische Performance-Management-Systeme können aber auch dazu beitragen, eine bestimmte Fragestellung besser zu verstehen, indem spezifisch für die konkrete Fragestellung relevante Daten analysiert und Simulationsrechnungen durchgeführt werden. Auf diese Weise kann sich bspw. das Management eines Handelsunternehmens, das sein Online-Angebot ausweiten möchte, genauer mit den vermutlichen Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zwischen einer verstärkten Online-Werbung und den Umsätzen in den Filialen des Unternehmens auseinandersetzen.
Drittens bieten strategische Performance-Management-Systeme die Möglichkeit, durch Ermittlung und Analyse entsprechender Kennzahlen eine Legitimationsbasis für die im Zuge der Strategieumsetzung zu treffenden Entscheidungen zu schaffen und somit die Strategieumsetzung mit rationalen Begründungen zu „untermauern”. So wird es bspw. durch die Prognose eines konkreten Produktionsprogramms möglich, den Mitarbeitern und Führungskräften der von der Ausweitung eines Produktportfolios betroffenen Bereiche konkret aufzuzeigen, welche Auswirkungen diese strategische Entscheidung auf benötigte Kapazitäten, Ergebnisse einzelner Kostenstellen etc. haben wird.
Und schließlich können Informationen aus den strategischen Performance-Management-Systemen in mikropolitischen Aushandlungsprozessen, in denen über die konkrete Ausgestaltung einer Strategie diskutiert und gerungen wird, als argumentative „Munition” verwendet werden.
Auf welche Weise die Performance-Management-Systeme in einem konkreten Umsetzungsprozess konkret genutzt werden, ist dabei stark davon abhängig, wie groß die Unsicherheit in der Organisation bezüglich der Ziele des Umsetzungsprozesses bzw. der unterstellten Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge ist.”
025 Nehmen Sie begründet Stellung zu der Aussage, dass in emergenten Strategieentwicklungsprozessen strategischen Performance-Management-Systemen vor allem eine Rolle als „ammunition machine” zukommt.
Emergente Strategieentwicklungsprozesse sind häufig (jedoch nicht immer) stark mikropolitisch geprägt.
Insofern spielen für diejenigen Prozesse der Strategieentwicklung die mikropolitischen Methoden eine große Rolle, die als Aushandlungs- und Diskussionsprozesse verlaufen.
Die Nutzung von Informationen, die von strategischen Performance-Management-Systemen bereitgestellt werden zur Untermauerung der eigenen Argumentation, stellt dabei ein wichtiges Element solcher Prozesse dar.
Daraus jedoch zu folgern, dass die Bereitstellung „argumentativer Munition” die Hauptaufgabe strategischer Performance-Management-Systeme im Rahmen von emergenten Strategieentwicklungsprozessen darstelle, erscheint als eine zu starke Vereinfachung.
Denn auch in emergenten Strategieentwicklungsprozessen kommt bspw. dem Lernen und Ausprobieren eine hohe Bedeutung zu – und auch hierfür lassen sich Systeme des strategischen Performance Managements nutzen.
Insofern kann argumentiert werden, dass strategische Performance-Management-Systeme eine Quelle für machtvolle Argumente in emergenten Strategieentwicklungsprozessen darstellen können, dass dies aber nicht ihre einzige Funktion in dieser Art von Prozessen ist.
026 Erläutern Sie, welche vier Ansatzpunkte Simons für die Kontrolle der Strategieumsetzung vorschlägt.
In seinem „Levers of Control Framework” beschreibt Simons vier Ansatzpunkte für die Kontrolle der Strategieumsetzung:
Zum einen definieren die gemeinsam in der jeweiligen Organisation geteilten und im Wertesystem (z.B. der Vision und Mission) dokumentierten Werte den Handlungsspielraum der Akteure, indem sie beschreiben, in welchen Bereichen Lösungen für die auftretenden Probleme gesucht werden können. Damit geben Werte und Wertesystem eine gewisse Richtung auch für die Phase der Strategieumsetzung vor.
Ergänzt wird diese Form der Kontrolle aus Sicht von Simons durch das sogenannte Abgrenzungssystem, das explizit regelt, welche Aktivitäten im Rahmen einer Strategieumsetzung nicht zulässig sind.
Während Werte- und Abgrenzungssystem vor allem den Raum möglicher Aktivitäten im Prozess der Umsetzung begrenzen und damit vor allem die Zahl der Handlungsmöglichkeiten reduzieren, ermöglicht das diagnostische Kontrollsystem sowie das interaktive Kontrollsystem, dass die Organisation auf Veränderungen angemessen reagiert.
Solche Veränderungen können zum einen darin bestehen, dass die Organisation – mithilfe des diagnostischen Kontrollsystems – feststellt, dass sie im Zuge der Umsetzung einer Strategie die ursprünglich verabschiedeten Ziele nicht erreicht. Zum anderen kann es sich um allgemeine Veränderungen in der Umwelt der Organisation handeln, die durch das interaktive Kontrollsystem deutlich werden.
Auf dieser Basis kann dann die Organisation darüber diskutieren, auf welche Weise sie auf diese Veränderungen reagieren möchte. Anders formuliert, sieht Simons damit die Werte einer Organisation, die durch die Organisation zu vermeidenden Risiken, die als zentral erachteten Einflussfaktoren sowie die strategischen Unsicherheiten als wichtige Ansatzpunkte für die Ausübung von Kontrolle an.