Grundfragen der Unternehmenführung Flashcards
001 Welche sind Ihrer Ansicht nach die wichtigsten Aufgaben der Unternehmensführung?
001 Neben der „operativen” Führung der Organisation – d.h. die kontinuierliche Sicherstellung der Zielerreichung im Alltag bspw. durch das Treffen von Priorisierungsentscheidungen, durch Motivation von Mitarbeitern, Abstimmung zwischen den Organisationsbereichen etc. – kommt der Unternehmensführung insbesondere die Aufgabe zu, die grundsätzliche Ausrichtung der Organisation zu gestalten.
Dabei muss sie einerseits die unterschiedlichen Interessen der verschiedenen für die Organisation relevanten Anspruchsgruppen identifizieren und berücksichtigen.
Andererseits muss sie eine Passfähigkeit von organisationsinternen Faktoren und externen Anforderungen (insbesondere des Marktes) sicherstellen.
002 Worin unterscheiden sich eine objektivistische und eine subjektivistische Sichtweise auf die Unternehmensführung?
002 Während eine objektivistische Sichtweise auf die Unternehmensführung das Ziel hat, objektiv nachprüfbare Aussagen darüber zu generieren, auf welche Weise eine Unternehmensführung langfristig erfolgreich sein kann,
sieht eine subjektivistische Sichtweise Unternehmensführung als das Ergebnis von (politischen) Aushandlungs- und Interpretationsprozessen an. Eine solche Sichtweise ist damit vor allem daran interessiert herauszuarbeiten, wie solche Aushandlungsprozesse verlaufen, welche Rolle einzelne Akteure, Methoden und Technologien dabei spielen. D
ies hat auch zur Folge, dass sich die objektivistische Sichtweise (häufig) stärker auf die Inhalte des Unternehmensführungshandelns fokussiert,
während eine subjektivistische Sichtweise stärker daran interessiert ist, wie Unternehmensführungsprozesse verlaufen.
003 Welche Konsequenzen ergeben sich für den Managementalltag, wenn Unternehmensführung als kontinuierliche Interpretationsaufgabe verstanden wird?”
003 Für den Managementalltag bedeutet dies, dass Führungskräfte eine gleich mehrfache Sensibilität im Umgang mit Informationen an den Tag legen sollten.
Einerseits gilt es zu entscheiden, welche Informationen in einer entsprechenden Entscheidungssituation relevant sind.
Weiterhin muss jede in einer Diskussion, einer Unterlage oder einem Gespräch präsentierte Information daraufhin überprüft werden, welche Deutungsmöglichkeiten sie enthält – und welche politischen Zielsetzungen sich ggf. hinter der Verwendung der entsprechenden Information verbergen bzw. in welcher Form sich die Information ggf. für die Durchsetzung der eigenen Ziele einsetzen lässt.
004 Was versteht man unter einem Geschäftsmodell und mit Hilfe welcher wesentlichen Elemente lässt sich das Geschäftsmodell einer konkreten Organisation beschreiben?
004 Der Begriff des Geschäftsmodells ist aktuell noch nicht einheitlich definiert. Allerdings sind sich die Autoren einig, dass Geschäftsmodelle den Versuch darstellen, in prägnanter Form zu beschreiben, was eine Organisation tut, auf welche Weise sie einen Mehrwert für ihre Kunden generiert und wie sie damit Erträge erwirtschaftet.
Um das Geschäftsmodell einer konkreten Organisation beschreiben zu können, werden üblicherweise Aussagen dazu gemacht,
- welchen Nutzen die Organisation für ihre Kunden schaffen möchte (Nutzen- oder Wertversprechen),
- an welche Kundensegmente sich dieses Angebot richtet,
- mit Hilfe welcher Aktivitäten die Leistungserbringung erfolgen soll,
- welche Ressourcen dafür benötigt werden sowie
- welche Kosten für die Leistungserbringung anfallen und
- welche Art von Erträgen generiert werden sollen.
005 Wie würden Sie – unter Verwendung des Business Model Canvas – das Geschäftsmodell eines Krankenhauses beschreiben?
005 Da sich die Meinungen darüber, was in einem konkreten Fall genau Ziel und Leistung einer bestimmten Organisation sind, in der Regel zwischen unterschiedlichen Betrachtern der gleichen Organisation durchaus erheblich unterscheiden werden, stellt auch die nachfolgende Beschreibung des Geschäftsmodells eines Krankenhauses nur eine von vielen Möglichkeiten dar.
- Das Nutzenversprechen eines Krankenhauses könnte beispielsweise sein, die Patienten möglichst schnell, zu möglichst geringen Kosten und mit sehr hoher Qualität von einem konkreten gesundheitlichen Leiden zu befreien.
- Als Kundensegmente lassen sich dabei (selbst zahlende) Privatpatienten, Kassenpatienten und gesetzliche Krankenkassen (als diejenigen, die die Behandlungskosten der Kassenpatienten bezahlen) unterscheiden.
- Diese Kunden werden über Vermittlung (Überweisung von lokalen Ärzten) und über direkte Kontaktaufnahme durch den Patienten akquiriert;
- die Kundenbeziehung ist weitgehen durch persönliche Interaktion geprägt.
- Schlüsselaktivitäten stellen die Patientenverwaltung, die ärztliche Behandlung, die Pflege sowie die Krankenhauslogistik (inkl. Hygiene) dar.
- Hierfür werden als zentrale Ressourcen gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter (insb. in den Bereichen ärztliches und Pflegepersonal), gut ausgestattete Behandlungsräume, eine leistungsfähige IT sowie ein ansprechendes und funktionales Bettenhaus benötigt.
- Wichtige externe Partner sind die lokalen Ärzte, Zulieferer für Behandlungsmaterial, Medikamente und Technologie.
- Erträge werden über Nutzungsgebühren erwirtschaftet, die entweder in Form von Fallpauschalen von den gesetzlichen Kassen oder in Form direkter Rechnungsstellung an die Privatpatienten entrichtet werden.
- Die Kostenseite ist sowohl durch hohe Fixkosten (Gebäude, Technologie, Personal) als auch durch signifikante variable Kosten (Medikamente und Verbrauchsmaterialien) geprägt.
006 Erläutern Sie mit eigenen Worten, warum dem Wertversprechen einer Organisation eine zentrale Bedeutung für die Unternehmensführung zukommt – und welche Herausforderungen sich bei der Entwicklung eines solchen Wertversprechens ergeben.
006 Dem Wertversprechen kommt deshalb eine so grundlegende Rolle für Organisationen zu, da sie hierdurch ihre Existenzberechtigung definiert. Nur wenn eindeutig geklärt ist, welchen Nutzen die jeweilige Organisation in Bezug auf die für sie relevanten Kundensegmente stiften möchte, lässt sich beurteilen, ob (a) die Organisation überhaupt ein Problem löst, das aus Kundensicht relevant ist, und (b) ob sie dieses Problem besser (oder mindestens gleich gut) löst als andere Organisationen.
Diese zwei Fragen bauen dabei aufeinander auf; nur, wenn beide positiv beantwortet werden, besitzt die jeweilige Organisation eine nachhaltige Erfolgschance. Die Entwicklung eines überzeugenden und einzigartigen Wertversprechens erfordert dabei vom Management eine intensive Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen der Kunden, den Angeboten anderer Organisationen am Markt und der eigenen Leistungsfähigkeit.
Die besondere Herausforderung besteht deshalb darin, dieses hohe Maß an Komplexität und Informationsfülle so zu reduzieren, dass eine Analyse realistischerweise möglich ist. Zudem stellt die Entwicklung eines einzigartigen und von den Kunden voraussichtlich als relevant angesehenen Wertversprechens eine hoch kreative Aufgabe dar.
007 Warum ist eine eindeutige Kundensegmentierung von so großer Bedeutung für Organisationen – und inwiefern können generische Kundensegmente hierbei eine Orientierung bieten?
007 Ohne eindeutige Kundensegmentierung ist die Organisation nicht in der Lage, ihr Leistungsangebot auf die Bedürfnisse einzelner Kundengruppen spezifisch auszurichten.
Aufgrund der Tatsache, dass sich Menschen aber zunehmend in ihren Bedürfnissen unterscheiden, kommt der passfähigen Ausrichtung des eigenen Leistungsangebots an den Bedürfnissen einzelner Kundengruppen eine essenziell wichtige Bedeutung zu.
Generische Kundensegmente können bei dieser Identifikation von Kundengruppen insofern behilflich sein, als dass sie dafür sensibilisieren, mit welcher Art von Kundensegment es die Organisation zu tun hat – und ob es sich bei den von ihr als attraktiv identifizierten Kundengruppen um ein – vergleichsweise – homogenes Kundensegment (wie im Fall des Massenmarktes) oder um in ihren Bedürfnissen sehr unterschiedliche Kundensegmente handelt (wie beispielsweise bei Multi-sided Platforms oder segmentierten Kundengruppen).
008 Was versteht Porter unter einer Wertschöpfungskette und für welche Fragestellungen eignet sie sich als Analyseinstrument?
008 Die Wertschöpfungskette ist ein Instrument, mit dem die wesentlichen Aktivitäten einer Organisation in einer strukturierten Form dargestellt und in Bezug auf ihren Einfluss auf die Erfüllung des Wertversprechens einer Organisation unterschieden werden können.
In diesem Sinne unterscheidet das Konzept der Wertschöpfungskette zwischen primären und unterstützenden Aktivitäten. Die primären Aktivitäten haben einen direkten Einfluss auf die Erfüllung des Wertversprechens und werden in der Reihenfolge angeordnet, in der sie im Prozess grundsätzlich auftreten.
Die Wertschöpfungskette eignet sich dabei zur Analyse der für eine bestimmte Branche
- besonders wichtigen Wertschöpfungsaktivitäten, zur
- Abschätzung der Gefahr möglicher Markteintritte durch Akteure, die angrenzende Stufen der Wertschöpfungskette bereits gut beherrschen und ihre Aktivitäten entsprechend erweitern könnten,
- sowie zur Abschätzung der Auswirkungen von technologischen Veränderungen auf die Branche als Ganzes.
Auf Organisationsebene lässt sich durch Nutzung von Wertschöpfungsketten herausarbeiten,
- welche Aktivitäten eine besondere Relevanz für die Erfüllung des Nutzenversprechens aufweisen,
- wie die Leistungsfähigkeit der eigenen Organisation im Vergleich mit Wettbewerbern einzuschätzen ist,
- welche Teile der Wertschöpfungskette selbst durchgeführt und welche an externe Partner vergeben werden sollen.
- Sie eignen sich außerdem zur Unterstützung bei der Ermittlung innovativer Gestaltungsmöglichkeiten für die Leistungserstellung.”
009 Welche Formen von Wertschöpfungsarchitekturen lassen sich grundsätzlich unterscheiden und worin bestehen die Unterschiede zwischen diesen einzelnen Architekturen?
009 Grundsätzlich lassen sich vier wesentliche Formen von Wertschöpfungsarchitekturen unterscheiden:
- Schichtenspezialisten konzentrieren ihr Geschäftsmodell auf die besonders kostengünstige oder besonders qualitätsvolle Ausführung einzelner Teile der (Branchen-)Wertschöpfungskette mit dem Ziel, durch Skalen- und Spezialisierungsvorteile eine höhere Marge erwirtschaften zu können als andere Anbieter.
- Orchestratoren dagegen kombinieren die Angebote von Schichtenspezialisten mit eigenen Aktivitäten und versuchen so, ihre Leistung entweder besonders günstig anzubieten (durch Senkung der Kosten mittels Nutzung kostengünstiger Schichtenspezialisten) – oder eine einzigartige Leistung anzubieten (auf Basis einer einzigartigen Kombination von am Markt bei Schichtenspezialisten „erhältlichen” Leistungen mit eigenen Aktivitäten).
- Integratoren wiederum versuchen einen möglichst großen Teil der Wertschöpfungskette zu kontrollieren, um so besonders flexibel auf Kundenwünsche reagieren zu können bzw. besonders schnell in ihren Prozessen zu sein.
- Pioniere schließlich etablieren völlig neue Formen von Wertschöpfungsketten und können so entweder völlig neue Leistungen am Markt anbieten – oder Leistungen zu einem deutlich niedrigeren Preis, als dies bisher möglich war.
010 Warum ist die Berücksichtigung von Anspruchsgruppen im Rahmen der Unternehmensführung von so zentraler Bedeutung – und welche Möglichkeiten stehen Organisationen hierbei zur Verfügung?
010 Organisationen stehen in zahlreichen Wechselbeziehungen mit einer Vielzahl von Akteuren – sowohl innerhalb als auch außerhalb der Organisation.
Diese Anspruchsgruppen können in vielfältiger Weise Einfluss nehmen auf das, was in der Organisation geschieht – und damit auf den Erfolg der Organisation.
Dabei unterscheiden sich die Anspruchsgruppen durchaus in der Stärke bzw. im Umfang ihres Einflusses auf die Organisation.
Aus diesem Grund muss die Führung einer Organisation zum einen identifizieren, welche Anspruchsgruppen besonders relevant für die jeweilige Organisation sind, und dann überlegen, auf welche Weise sie diesem Anspruch begegnet.
Zur Identifikation und zum Clustern von Anspruchsgruppen bietet sich die Durchführung einer Stakeholder-Analyse an.
Für die konkrete „Bearbeitung” von Anspruchsgruppen ist es in der Regel erforderlich, in einen kommunikativen Austausch mit der jeweiligen Anspruchsgruppe zu treten.
Hierfür bieten sich das Führen von (ggf. vertraulichen) Gesprächen, die Durchführung von Informationsveranstaltungen, die Veröffentlichung von Informationen, das Schließen von Vereinbarungen und Verträgen zur Formalisierung und Begrenzung der Ansprüche sowie ggf. auch die gerichtliche Auseinandersetzung an.”
011 Welche Formen der Ertragsmechanik lassen sich unterscheiden und wodurch sind sie jeweils gekennzeichnet?
011 Organisationen haben die Möglichkeit, auf sehr unterschiedliche Weise Erträge zu generieren.
Grundsätzlich unterschieden werden muss dabei, ob die Kunden durch ihre Zahlung lediglich ein Nutzungsrecht erwerben (Nutzungsgebühr, Mitgliedschaft, Verleih/Vermietung/Leasing, Lizenzen) oder ob durch die Zahlung auch das Eigentumsrecht an den Kunden übergeht (Verkauf).
Bei den Modellen, bei denen eine Zahlung lediglich eine Nutzung ermöglicht, kann wiederum unterschieden werden,
- ob das Nutzungsrecht einmalig gewährt wird (Nutzungsgebühr),
- zeitlich befristet beliebig viele Nutzungen bei einmaliger Zahlung (Verleih, Vermietung, Leasing bzw. Lizenzen)
- oder beliebig viele Nutzungen bei regelmäßiger Zahlung (Mitgliedsbeiträge) ermöglicht werden.
Getrennt zu betrachten sind Erlösmodelle, bei denen
- lediglich für die Vermittlung einer Transaktion gezahlt wird (Maklergebühr/Provision) oder
- bei denen die Leistung durch die Schaltung von Werbung finanziert wird.
012 Sollten Organisationen Ihrer Ansicht nach mehrere Erlösmodelle kombinieren oder sich auf eine Form konzentrieren? Begründen Sie Ihre Meinung.
012 Bezüglich der Frage, wie viele Erlösmodelle eine Organisation gleichzeitig anbieten sollte, lassen sich unterschiedliche Positionen vertreten.
- Für das gleichzeitige Angebot mehrerer Erlösmodelle spricht, dass damit unterschiedliche Zahlungsbereitschaften bei unterschiedlichen Kunden berücksichtigt werden können.
- Gegen das Angebot unterschiedlicher Erlösmodelle sprechen eine erhöhte Prozess- und Systemkomplexität sowie eine erschwerte Kommunikation der Preismodelle an den Kunden.
013 Welchen Wert hat die Beschäftigung mit Geschäftsmodellmustern für das Management von Organisationen?
013 Durch die Auseinandersetzung mit Geschäftsmodellmustern kann ein Management dafür sensibilisiert werden, nach welcher grundsätzlichen „Logik” das Geschäftsmodell der Organisation funktioniert.
Dies wiederum ermöglicht es, mögliche Schwachpunkte im Vergleich zum Wettbewerb und Potenziale für die Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells sowie diejenigen Elemente des Geschäftsmodells zu identifizieren, die von besonderer Bedeutung für seinen Erfolg sind und deshalb gesteigerter Aufmerksamkeit bedürfen.
Schließlich lässt sich im Zuge der Prüfung möglicher Akquisitionen durch Ermittlung des Geschäftsmodellmusters des „Targets” einerseits schnell identifizieren, wie diese Organisation voraussichtlich „funktioniert”, und andererseits abschätzen, ob die Organisation von ihrer grundsätzlichen Logik her zur eigenen Organisation passt.
014 Worin bestehen jeweils die charakteristischen Merkmale der von Osterwalder und Pigneur identifizierten Geschäftsmodellmuster?
014 Osterwalder und Pigneur unterscheiden fünf Geschäftsmodellmuster.
Entflechtungsmodelle zielen darauf ab, die Komplexität von Geschäftsmodellen dadurch zu reduzieren, dass nur diejenigen Leistungsangebote innerhalb eines Geschäftsmodells erstellt werden, die eine ähnliche Grundlogik aufweisen (beispielsweise bei einem Telekommunikationsdienstleister nur das Angebot von Mobil- und Festnetztelefonie, kein Angebot von medialen Inhalten oder Verkauf von Endgeräten). Anbieter von Entflechtungsmodellen benötigen damit eine besonders hohe Kompetenz für die von ihnen abgedeckten Wertschöpfungsaktivitäten und streben dabei in der Regel nach besonders großer Effizienz.
Long-Tail-Geschäftsmodelle streben danach, durch Schaffung eines besonders breiten und tiefen Angebots die Nachfrage von Nischen-Märkten umfassend abzudecken. Ihr Erfolg basiert damit insbesondere auf der Schaffung entsprechend angebotsreicher Plattformen und hocheffizienter Abwicklungs- und Logistikprozesse.
Multi-sided Platforms hingegen stellen zwei Kundengruppen, die voneinander abhängig sind, eine Möglichkeit zum Austausch bereit. Neben dem Angebot einer entsprechend leistungsstarken Plattform ist dabei vor allem für den Erfolg entscheidend, dass es gelingt, möglichst viele Kunden aus beiden Kundengruppen zur Nutzung dieser Plattform zu bewegen.
Bei FREE-Geschäftsmodellen wird die Nutzung der Leistung für eine Kundengruppe von einer anderen Kundengruppe entweder bezahlt oder zumindest bezuschusst (häufig durch die Finanzierung von Werbung oder in Form sogenannter „Freemium”-Modelle). Die Geschäftsmodelle dieses Typus erfordern die Fähigkeit, eine für die Nutzer sehr relevante Leistung zu niedrigen Kosten erzeugen zu können – und eine komplementäre Aktivität zu entwickeln, durch deren Erträge die erste Leistung finanziert werden kann.
015 Wie sind Ihrer Ansicht nach die wesentlichen Elemente von Long-Tail-Geschäftsmodellen aus der Perspektive eines Business Model Canvas ausgeprägt?
015 Long-Tail-Geschäftsmodelle zeichnen sich insbesondere durch eine hohe Angebotsbreite und -tiefe aus. Sie bieten ihren Kunden auf dieser Basis den Nutzen, auch sehr spezifische Produkte oder Dienstleistungen, die sonst kaum nachgefragt werden, über die entsprechende Organisation beziehen zu können. Als Kunden bedient ein solches Geschäftsmodell also ein Nischensegment.
Kleine Stückzahlen bei gleichzeitig hohem Angebotsumfang erfordern günstige und effiziente Prozesse, die sich in der Regel nur auf Basis einer Kundeninteraktion über Internet-Plattformen abwickeln lassen.
Dementsprechend stellen die Aktivitäten zur Schaffung der Plattform, zur Akquise von Lieferanten sowie hocheffiziente Logistikprozesse die Schlüsselaktivitäten eines solchen Geschäftsmodellmusters dar.
Als Schlüsselressourcen können die Plattform, der Lieferantenstamm und die Logistik-Infrastruktur gelten, weshalb auch die Lieferanten die Schlüsselpartner darstellen.
Wesentliche Kostenpositionen sind die Kosten für das Plattform-Management sowie für die Logistik.
Die Erträge werden über den Verkauf der Produkte realisiert.
016 Diskutieren Sie kritisch, ob es sich bei der Unterscheidung zwischen Strategie und Geschäftsmodell lediglich um eine wissenschaftliche „Glasperlenspielerei” ohne jeglichen Anwendungsnutzen handelt oder ob eine solche Unterscheidung tatsächlich einen Wert im Alltag stiften kann.
016 Da weder der Begriff der Strategie noch der des Geschäftsmodells eindeutig definiert sind, lassen sich hier unterschiedliche Positionen vertreten.
Eine kritische Position könnte dadurch begründet werden, dass sich aufgrund der begrifflichen Unschärfe für Organisation kein Mehrwert daraus ergibt, zwischen Geschäftsmodell und Strategie zu unterscheiden. Daraus ließe sich schlussfolgern, dass es für das praktische Management vor allem relevant ist, wichtige strategische Grundfragen einer Organisation identifizieren zu können und über ein Repertoire möglicher Handlungsoptionen zu verfügen.
Die Gegenposition könnte dagegen argumentieren, dass eine Unterscheidung in Geschäftsmodell und Strategie einen Mehrwert für die Führung von Organisationen bietet, indem zunächst im Zuge der Definition einer Strategie die grundsätzliche Ausrichtung der jeweiligen Organisation und ihre Positionierung im Wettbewerb festgelegt wird, um dann im Rahmen der Diskussion einzelner Geschäftsmodelle zu entscheiden, auf Basis welcher konkreter Aktivitäten die Organisation ihre strategischen Ziele erreichen will. Eine solche Unterscheidung in Strategie und Geschäftsmodell bietet damit den Vorteil, die Komplexität der jeweils zu diskutierenden Fragestellung deutlich reduzieren zu können.
017 Auf welche Weise können Ressourcen zu einer Quelle von Wettbewerbsvorteilen für Organisationen werden?
017 Damit eine Ressource zu einer Quelle für Wettbewerbsvorteile werden kann, darf sie anderen Organisationen nicht in unbeschränktem Umfang zur Verfügung stehen.
Neben dieser Knappheit ist es aber erforderlich, dass die Ressource in bestimmten Eigenschaften anderen Ressourcen überlegen ist und somit der Organisation, die über sie verfügt, die Möglichkeit gibt, etwas besser oder anders zu machen als andere Organisationen und auf diese Weise ein von den Kunden als relevant angesehener Nutzen geschaffen werden kann.
Weiterhin ist es erforderlich, dass die Ressource nicht durch andere Ressourcen ersetzt werden kann, dass die Organisation dauerhaft über sie verfügen kann und dass die mit der Ressource erzielten Erträge auch der sie einsetzenden Organisation zufließen.
018 Erklären Sie in Ihren eigenen Worten, auf welche Weise Kernkompetenzen entstehen.
018 Kernkompetenzen entstehen aus Fähigkeiten einer Organisation, die diese sich im Laufe der Zeit durch Übung und Verfeinerung erwirbt.
Damit Fähigkeiten aber zu Kernkompetenzen – und damit zur Quelle von Wettbewerbsvorteilen – werden können, müssen sie bestimmte Eigenschaften aufweisen:
- Mit ihnen muss sich ein für die Kunden als relevant angesehener Nutzen erzeugen lassen,
- sie müssen einzigartig und
- durch Wettbewerber nicht imitierbar sowie
- für die Organisation dauerhaft und in
- verschiedenen Geschäftsfeldern nutzbar sein.
Die Entstehung solcher Kompetenzen basiert dabei auf einem längerfristigen Prozess des Lernens und Ausprobierens, in dessen Verlauf sich gewisse Verbindungen von Ressourcen und Aktivitäten als besonders gut geeignet für die Lösung bestimmter Fragestellungen erweisen.
Essenziell ist dabei, dass diese Denk- und Handlungsmuster von einer größeren Zahl von Organisationsmitgliedern geteilt und so im kollektiven (Unter-)Bewusstsein verankert werden.
Wichtige Mittel für die Förderung der Entstehung von Kernkompetenzen sind
- die Gestaltung von Organisationsstrukturen und -prozessen, die eine enge Zusammenarbeit der Organisationsmitglieder bei der Lösung der durch die Kernkompetenz adressierten Fragestellung ermöglichen müssen,
- die Schaffung einer starken Mitarbeitermotivation, die ein aktives Einbringen der Mitarbeiter in den Prozess der Lösungserarbeitung fördert sowie
- eine zur Umweltsituation der jeweiligen Organisation passfähige strategische Grundorientierung, durch die sichergestellt wird, dass nur solche Lösungen erarbeitet werden, die auch einen Kundennutzen in den von der Organisation als besonders wichtig identifizierten Geschäftsfeldern ermöglichen.
019 Wie würde sich in konkreten Managemententscheidungen abzeichnen, dass das Management eines Medienhauses davon überzeugt ist, dass die Wettbewerbsvorteile in dem von der Organisation betriebenen Geschäftsmodell der lokalen Tageszeitungen auf dem Aufbau von Kernkompetenzen basieren?
019 In diesem Fall würde das Management vor allem Entscheidungen treffen, die den Aufbau und die Pflege dieser Kernkompetenzen unterstützen.
Im Geschäftsmodell eines Zeitungsverlages für Tageszeitungen könnten solche Kernkompetenzen bspw. darin bestehen, dass die Redaktion durch ihre Artikel bei ihren Lesern ein Stück Heimat und lokale Verbundenheit entstehen lässt – und dies aktuell und mit dem Gespür für die „lokal wichtigen Themen” tut. Ein Management könnte deshalb bspw. den Lokaljournalismus verstärken (wie durch den Aufbau zusätzlicher Lokalredakteure) und gleichzeitig andere Bereiche (wie internationale Politik) reduzieren.
Zudem könnte das Management beschließen, die lokale Vernetzung der Redakteure zu fördern, indem ihnen zum Beispiel Freiräume beim Besuch lokaler Veranstaltungen und dem Knüpfen lokaler Beziehungen eingeräumt werden.
020 Erläutern Sie anhand von selbstgewählten Beispielen, auf welche Weise eine Organisation die Entstehung von dynamic capabilities fördern kann.
020 Die Antwort auf diese Frage hängen naturgemäß stark von den von Ihnen gewählten jeweiligen Beispielen ab.
Wichtige Aktivitäten sind aber in jedem Fall eine aktive Beobachtung der Entwicklungen auf relevanten Märkten und in relevanten Technologiefeldern. Je nach Größe der jeweiligen Organisation, können bspw. Stabsbereiche aufgebaut werden, die Markt- bzw. Technologiebeobachtung durchführen. Konkret können jegliche Formen von Marktforschung (insbesondere die intensive Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen der Kunden im Rahmen von Kundenbefragungen oder Durchführung von Workshops) dazu gezählt werden. Zur Technologiebeobachtung bieten sich insbesondere Messe-Besuche, Gespräche mit Zulieferern etc. an.
Parallel sollte die eigene Organisation immer wieder kritisch daraufhin überprüft werden, welche Kernkompetenzen sie aktuell auszeichnen. Dies könnte bspw. in entsprechenden Analyse-Workshops erarbeitet werden, in die im Idealfall nicht nur die Leitung der Organisation, sondern auch Organisationsmitglieder eingebunden werden, die über direkten Kundenkontakt verfügen, die Leistungserstellung gut kennen etc. Auf Basis dieser Ergebnisse kann die Organisation dann überprüfen, ob ggf. Anpassungen an Organisationsstrukturen oder -prozesse erforderlich sind, um die Flexibilität der Organisation zu erhöhen.
Im nächsten Schritt könnte das Management die Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen durch die Initiierung von Pilotprojekten fördern, in denen neue Handlungsmuster ausprobiert und auf diese Weise neue Fähigkeiten entwickelt und erlernt werden können. Anschließend gilt es dann, diese Fähigkeiten bspw. durch Schulungsmaßnahmen, Personalrotation, Integration der Piloten in die „reguläre” Organisation o.Ä. breit in der Organisation zu verankern.
021 Wie könnte sich der Wechsel von einer (ausschließlich) ressourcenorientierten hin zu einer stärker wissensorientierten Sichtweise auf die Entstehung von Wettbewerbsvorteilen ganz konkret bei einem Anbieter logistischer Dienstleistungen auswirken?
021 Während bei einer (stärker) ressourcenorientierten Sichtweise bei einem Logistikunternehmen vor allem die Suche nach kostengünstig nutzbaren, zentral gelegenen und verkehrstechnisch gut erschlossenen Logistikflächen, die Entwicklung einer hocheffizienten Logistik-IT und die Senkung von Lohnkosten eine besonders große Rolle spielen dürfte, verschieben sich die Prioritäten deutlich, wenn eine wissensorientierte Sichtweise für das Management wichtiger wird.
In diesem Falle würde sich der Fokus auf die Schaffung von Gelegenheiten zum Aufbau neuen Wissens verlagern. Dazu bieten sich bspw. die Erhöhung der Budgets für entsprechende Personalentwicklungsmaßnahmen, die verstärkte Nutzung bereichsübergreifender Projektteams, die Schaffung der baulichen Voraussetzungen für mehr Kommunikation und Zusammenarbeit (flexibel nutzbare Teamräume, Besprechungsecken, Teeküchen etc.) sowie die Förderung der Nutzung IT-gestützter Kooperationsformen (wie beispielsweise die Nutzung von Enterprise Social Networks) an.
022 Worin unterscheiden sich der ressourcenorientierte, der fähigkeitenorientierte und der wissensorientierte Erklärungsansatz zur Entstehung von Wettbewerbsvorteilen voneinander?
022 Die drei Ansätze weisen einen gemeinsamen Kern auf, indem sie organisationsinterne Faktoren (Ressourcen, Fähigkeiten und Wissen) als wesentliche Voraussetzung für die Entstehung von Wettbewerbsvorteilen ansehen. Zudem sind sie miteinander kompatibel, d.h., es ist durchaus möglich, die Wettbewerbsvorteile einer konkreten Organisation als Ergebnis des Zusammenspiels von Ressourcen, Fähigkeiten und Wissen zu erklären.
Allerdings weisen die drei Ansätze auch deutliche Unterschiede auf:
Zunächst einmal unterscheiden sie sich darin, durch welche Elemente einer Organisation sie die Entstehung von Wettbewerbsvorteilen erklären (Ressourcen, Fähigkeiten oder Wissen).
Des Weiteren unterstellen die drei Ansätze unterschiedliche Formen der Rentengenerierung: Im ressourcenbasierten Ansatz wird die alleinige Verfügung über knappe Ressourcen sowie die Nutzung „besserer” Ressourcen als Ursache für die Entstehung von Wettbewerbsvorteilen angesehen, während der fähigkeitenbasierte Ansatz Wettbewerbsvorteile als Folge von Innovation betrachtet. Im wissensbasierten Ansatz werden alle drei Mechanismen kombiniert, d.h., Wettbewerbsvorteile entstehen sowohl aus der Nutzung knappen und „besseren” Wissens als auch aus „neuem” Wissen.
Entsprechend werden in jedem Ansatz unterschiedliche Aktivitäten erforderlich, um Wettbewerbsvorteile zu schaffen und zu halten: Gewinnung und Sicherung von knappen Ressourcen im ressourcenorientierten Ansatz, Aufbau und Pflege von Fähigkeiten auf Basis entsprechender interner Prozesse im fähigkeitenbasierten Ansatz und Förderung der Entstehung, des Austauschs und der Weiterentwicklung von Wissen im wissensbasierten Ansatz.
023 Inwiefern kann eine Analyse von Geschäftsmodellen auf Basis der Nutzung des Business Model Canvas erste Hinweise liefern, worauf im konkreten Anwendungsfall die Wettbewerbsvorteile einer Organisation basieren könnten?
23 Indem der Business Model Canvas explizit Felder für Schlüsselaktivitäten, Schlüsselressourcen und Schlüsselpartner vorsieht, zwingt sie den Nutzer dieses Instruments gleichsam dazu, sich intensiv Gedanken darüber zu machen, was die essenziellen Fähigkeiten und die besonders wichtigen benötigten Ressourcen sind.
Sie kann damit ein bedeutendes Analysewerkzeug zur Ermittlung von auf Ressourcen bzw. Fähigkeiten basierenden Wettbewerbsvorteilen für ein ganz konkretes Geschäftsmodell sein.