Planungssystem und Planungsinstrumente Flashcards
Woraus besteht Stadtplanung?
Stadtplanung befasst sich nicht nur mit Architektur und Städtebau, sondern auch mit:
- Programmen und Strategien (Analysen, Texten)
- Gesetzen und Regulierungen (Normen, Wirkungsmechanismen)
- Interventionen und Trial & Error (Maßnahmen, Versuchen)
- Auseinandersetzungen (Entscheidungsprozessen, Diskussionen)
Raumproduktion
Prozess, durch den eine Gesellschaft ihre räumlichen Bedingungen schafft. Dieser Prozess ist nicht nur physisch, sondern auch sozial und kulturell geprägt. Jede Gesellschaft gestaltet ihren eigenen Raum entsprechend ihrer spezifischen politischen Verhältnisse, ihrer Sprache und ihrer sozialen Strukturen. Dabei werden auch bestehende Machtverhältnisse im Raum reproduziert und manifestiert. Stadtplanung steuert bestimmte Formen der Raumproduktion, indem sie die ihre Gestaltung und Nutzung beeinflusst. Raum wird hierbei nicht als statischer, physischer Container verstanden, sondern als dynamisches Konstrukt, das kontinuierlich durch gesellschaftliche Praktiken produziert und reproduziert wird. Der urbane Raum spiegelt dabei die gesellschaftlichen Bedingungen wieder und trägt gleichzeitig zur Prägung und Reproduktion dieser Bedingungen bei.
Raumpraxis
Raumpraxis beschreibt, wie eine Gesellschaft ihren Raum gestaltet und nutzt. Jede Gesellschaft „produziert“ ihren eigenen Raum, was bedeutet, dass Raum nicht nur physisch existiert, sondern ständig durch gesellschaftliche Aktivitäten und Machtverhältnisse geformt wird. Die Stadtplanung spielt eine zentrale Rolle in der Raumpraxis, indem sie bestimmte Formen der Raumproduktion steuert und beeinflusst.
Raumdimensionen nach Lefebvre
- wahrgenommener Raum: physischer und materieller Raum, den wir direkt erleben, wie Gebäude, Straßen und Städte
- konzipierter Raum: geplanter Raum, der durch Planer, Architekten und Entscheidungsträger durch Karten, Pläne und Konzepte gestaltet wird, ist stark von institutionellen Strukturen geprägt
- gelebter Raum: subjektiv erfahrene Raum, der durch individuelle und kollektive Erlebnisse, Erinnerungen und Emotionen geprägt ist, hat symbolische und emotionale Bedeutungen, die über die physische Struktur hinausgehen
Planung bezieht sich nicht nur auf den „konzipierten Raum“, sondern ist ein integraler Bestandteil aller drei Formen der Raumproduktion.
Unterschiede zwischen Raumproduktion und Planung
Raumproduktion und Planung unterscheiden sich in mehreren Aspekten:
- Initiative:
- Raumproduktion entsteht durch kollektives Handeln von Individuen und Gemeinschaften, die den Raum durch ihre Aktivitäten gestalten
- Planung wird von städtischen Behörden initiiert und umfasst die formale Gestaltung und Genehmigung räumlicher Entwicklungen
- Zielsetzung:
- Raumproduktion ist ein dynamischer, offener Prozess, der auf die Bedürfnisse und Praktiken der Menschen vor Ort reagiert
- Planung ist systematisch und zielt darauf ab, Raumproduktion zu steuern und zu organisieren
- Legitimation:
- Raumproduktion kann gesellschaftlich legitim sein, auch wenn sie rechtlich nicht anerkannt ist
- Planung hat rechtliche Legitimation, auch wenn die gesellschaftliche Akzeptanz schwindet, und kann in das Eigentum eingreifen
- Grenzen:
- Raumproduktion stößt auf rechtliche Beschränkungen, besonders beim Grundeigentum
- Planung sollte Raumproduktion nicht ignorieren oder verhindern, sondern integrieren, da beide Prozesse untrennbar miteinander verbunden sind
Planung und Eigentum
Die Beziehung zwischen Planung und Eigentum ist durch ein Spannungsfeld zwischen dem individuellen Eigentumsrecht und dem Gemeinwohl geprägt. Das Bodeneigentum, spielt eine zentrale Rolle in der Planung, da Planungsentscheidungen oft direkt auf Grund und Boden Einfluss nehmen.
Das Grundgesetz (§14 GG) garantiert das Eigentumsrecht, definiert jedoch auch dessen Grenzen. Eigentum verpflichtet, und sein Gebrauch soll dem Wohl der Allgemeinheit dienen. In der Planung bedeutet dies, dass individuelle Eigentumsrechte zugunsten des Gemeinwohls eingeschränkt werden können. Diese Balance zwischen dem Schutz des individuellen Eigentums und der Berücksichtigung öffentlicher Interessen ist ein grundlegender Aspekt der Planung.
Boden
Boden ist die oberste Verwitterungsschicht der Erde, die aus Land und Wasser besteht und ein Gefüge aus mineralischem und organischem Material bildet. Er ist Teil von Ökosystemen und dient als Lebensraum für Menschen, da er die Grundlage für viele Lebensbedürfnisse wie Wohnen und Bewegung bietet. Zudem ist Boden eine wichtige Ressource für die Produktion von Nahrungsmitteln und Rohstoffen.
Rechtlich betrachtet ist Boden ein physischer Maßstab für staatliche Souveränität und umfasst das Recht auf Eigentum, das auch gewinnorientierte Nutzungsmöglichkeiten beinhaltet. Gleichzeitig unterliegt dieses Recht jedoch der Verpflichtung, dem Gemeinwohl zu dienen.
Wirtschaftlich ist Boden ein ubiquitäres Gut, das jedoch nicht als öffentliches Gut gilt, sondern als Ware und knappe Ressource. Er dient als Sachwertanlage und Sicherheit für Kredite. Boden ist endlich, nicht vermehrbar oder produzierbar und nicht beweglich, was zu Nutzungskonflikten zwischen Grundbedürfnissen, gesellschaftlichen Ansprüchen (Gebrauchswert) und wirtschaftlichen Interessen (Tauschwert) führt, was eine Steuerung durch Eingriffe in die Bodennutzung erfordert.
Leitvorstellung der Raumordnung und Grundsätze der Bauleitplanung
Die Leitvorstellung der Raumordnung und die Grundsätze der Bauleitplanung betonen beide die Bedeutung einer nachhaltigen Entwicklung. Nach dem Raumordnungsgesetz (ROG) soll soziale, wirtschaftliche und ökologischen Ansprüche in Einklang gebracht werden. Ähnlich fordert das Baugesetzbuch (BauGB), dass Bauleitplanung die soziale, wirtschaftliche und umweltbezogene Anforderungen berücksichtigt und gleichzeitig den Bedürfnissen künftiger Generationen gerecht wird. Beide Konzepte streben eine sozialgerechte und umweltschonende Bodennutzung an.
Planung als politisches Handlungsfeld
Planung ist ein politisches Handlungsfeld, das sich mit der bewussten Intervention von kollektiven Akteuren bei der Gestaltung urbaner Räume beschäftigt. Ziel ist es, die Ergebnisse im Interesse der beteiligten Akteure zu beeinflussen.
Planung operiert stets im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen und kann dabei auch interessengeleitet sein. Sowohl der Planungsgegenstand als auch der Planungsprozess und die Ziele sind häufig umstritten. In liberalen Demokratien wird laufend darüber diskutiert, was Planung ist und wie sie idealerweise gestaltet werden sollte.
In Bezug auf die Bodennutzung steuert Planung die zukünftige Entwicklung, indem sie sowohl Siedlungsräume, nicht bebaute Naturräume als auch die dazwischenliegende Infrastruktur berücksichtigt. Planung, als Teil des Wohlfahrtsstaats, ist befugt, Eigentumsrechte am Boden zu regulieren (durch Erweiterung oder Einschränkung), um den Lebensraum der Gesellschaft zu gestalten und räumliche Disparitäten auszugleichen.
Vormoderne Planung
Logische Schritte, um die Zukunft wirksam nach bestimmten Zielen zu gestalten
Planung in liberalen Demokratien
Planung in liberalen Demokratien bezeichnet eine Institution des Wohlfahrtsstaates, die dazu dient, die konflikthaften gesellschaftlichen und individuellen Ansprüche an den Raum gemäß den Prinzipien des Wohlfahrtsstaates zu regeln. Sie ist von Natur aus konflikthaft, da sie immer eine Umverteilung bedeutet. Dabei werden sowohl gegenwärtige als auch zukünftige Interessen berücksichtigt. Die Planung umfasst nicht nur die Festlegung von Zielen und Methoden, sondern auch die Art und Weise, wie diese umgesetzt werden, was je nach Planungsverständnis variieren kann.
Wohlfahrtsstaat
Ein Staat, der umfassende Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung des sozialen, materiellen und kulturellen Wohlergehens seiner Bürger durch staatliche Eingriffe und Unterstützungsmaßnahmen ergreift
Entwicklung des Wohlfahrtsstaats und der Planung
Die Wurzeln des Wohlfahrtsstaates reichen tief in die Aufklärung zurück. Diese Zeit markierte den Übergang von Irrationalität und Tradition zu Vernunft und Wissenschaft. Es entstand der Glaube an die Gleichheit und Handlungsmacht der Menschen sowie an eine durchdachte Planung für die Gesellschaft.
Die Aufklärung stellte die feudalistischen und absolutistischen Herrschaften infrage und forderte einen Staat, der auf Menschenrechten und Gerechtigkeit basiert – sichtbar in den Idealen „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“. Der Staat sollte demokratisch sein, Gewaltenteilung haben und dem Gemeinwohl dienen. Man glaubte auch, dass Geschichte und Gesellschaft planbar sind.
Ein Staat war in der Aufklärung nur dann legitim, wenn er den Willen des Volkes respektierte oder den „Gesellschaftsvertrag“ erfüllte und das Wohl der Gesellschaft förderte. Diese Ideen führten zur Entwicklung des Wohlfahrtsstaates, der sich im 19. und 20. Jahrhundert weiter festigte, besonders durch politische Veränderungen und Arbeiterkämpfe.
Wichtige Denker wie Immanuel Kant und John Locke trugen die Ideen des politischen Liberalismus vor, darunter Gewaltenteilung, internationale Zusammenarbeit und freie Wahlen. Der Wohlfahrtsstaat integriert diese liberalen Prinzipien, die die Freiheit des Einzelnen und des Marktes betonen. Adam Smiths Konzept der „unsichtbaren Hand“ des Marktes aus „Der Wohlstand der Nationen“ ist zentral: Er beschrieb, wie Freihandel und Eigeninteresse zum Wohlstand der Nationen beitragen können, solange ein angemessener staatlicher Rahmen vorhanden ist.
Doppelrolle des Wohlfahrtsstaats
Der Wohlfahrtsstaat hat eine Doppelrolle, die in liberalen Demokratien besonders deutlich wird. Diese Doppelrolle umfasst zwei wesentliche Funktionen:
- Entbettung des Marktes: Der Staat sorgt dafür, dass der Markt reibungslos funktioniert, indem er zentrale Rahmenbedingungen wie Vertragssicherheit, Handelsregeln und Eigentumsrechte garantiert. Diese Funktion wird als „Entbettung“ bezeichnet, weil der Staat den Markt aus seinem sozialen und wirtschaftlichen Kontext herauslöst und ihm eine stabile Grundlage bietet. Er stellt sicher, dass die Marktprozesse effizient und vorhersagbar ablaufen.
- Einbettung des Marktes: Gleichzeitig übernimmt der Staat die Aufgabe, die negativen Auswirkungen des Kapitalismus abzufedern. Das bedeutet, dass er Maßnahmen wie Daseinsvorsorge, soziale Sicherheitsnetze und individuelle Rechte bereitstellt. Diese Funktion wird als „Einbettung“ bezeichnet, weil der Staat den Markt in ein soziales Netz einbettet, das die sozialen und individuellen Bedürfnisse berücksichtigt und Ungleichheiten ausgleicht.
Legitimität des Wohlfahrtsstaates
Die Legitimität des Wohlfahrtsstaates in liberalen Demokratien basiert auf seiner Orientierung am Gemeinwohl. Der Staat wird als gerechtfertigt angesehen, weil er zwischen unterschiedlichen Interessen vermittelt und abwägt. Ein konkretes Beispiel dafür ist die Planung der Bodennutzung. Hier hat der Staat die Aufgabe, den Umgang mit dem wertvollen Gut Boden zu regeln, indem er Optionen für die Nutzung eröffnet oder einschränkt. Planung ist dabei ein Mittel, um Missstände abzubauen, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen und dem Gemeinwohl zu dienen. Sie ermöglicht eine geordnete Entwicklung und kann das Eigentum in einem gewissen Rahmen einschränken, ohne jedoch dessen grundlegende Existenz infrage zu stellen.
Stadtstruktur
Die Stadtstruktur kann durch verschiedene Modelle erklärt werden, die unterschiedliche Aspekte des städtischen Wachstums und der räumlichen Organisation betrachten. Zwei bedeutende Modelle stammen von Ernest Burgess (1926) und Homer Hoyt (1956):
- Burgess-Modell - Modell der konzentrischen Zonen: Städtisches Wachstum in konzentrischen Ringen um ein Zentrum, soziale Schichtung nach Zonen
- Hoyt-Modell - Sektor-Modell: Städtisches Wachstum in sektoralen Bereichen entlang von Verkehrswegen und geografischen Merkmalen, verschiedene städtische Funktionen und soziale Klassen konzentrieren sich in spezifischen Sektoren
Bodenrente und Einfluss von Stadtplanung
Bodenrente bezeichnet den wirtschaftlichen Gewinn, der durch die Nutzung von Grundstücken oder Immobilien aufgrund ihrer Lagebedingungen erzielt wird.
Stadtplanung beeinflusst die Bodenrente durch:
- Definition der Art und Maß der baulichen Nutzung
- Schaffung von Infrastruktur (Erschließung, Transportmittel, soziale Infrastruktur)
- Bedingung von Standortvorteilen und -nachteilen (Emissionen, Zentralität, Grünanlagen, Freizeiteinrichtungen)
- Förderung von Investitionen (Sanierung, Hofbegrünung)
Bodenspekulation
Kauf und Haltung von Grundstücken mit dem Ziel, von einer zukünftigen Wertsteigerung zu profitieren. Spekulanten erwerben Grundstücke in der Erwartung, dass deren Preis durch Veränderungen in der Stadtentwicklung, Infrastrukturverbesserungen oder andere Faktoren steigen wird.
Verfügungsregime
Rechte und Möglichkeiten innerhalb des Verfügungsregimes definieren, wie ein Eigentümer mit seinem Vermögen umgehen kann:
- Nutzungsrecht (Usus, ius utendi): Recht, ein Gut zu benutzen (ein Grundstück zum Wohnen nutzen, ohne dabei Miete zu zahlen)
- Recht am Ertrag (Usus fructus, ius frutendi): Recht, die Erträge oder „Früchte“ eines Gutes zu behalten, die durch die Nutzung des Gutes erzielt werden (Mietzinsen aus der Wohnnutzung eines Grundstücks erhalten)
- Veränderungsrecht (Abusus, ius abutendi): Recht, ein Gut zu verändern, zu vernichten oder seine Nutzung erheblich zu ändern (ein Grundstück, das ursprünglich für Wohnzwecke vorgesehen war, stattdessen für gewerbliche Zwecke nutzen)
- Veräußerungsrecht (ius abutendi): Recht, ein Gut zu verkaufen und den erzielten Gewinn zu behalten (ein Grundstück verkaufen und den Erlös daraus behalten)
Traditioneller Planungsprozess
Der traditionelle Planungsprozess umfasst eine strukturierte, oft lineare Vorgehensweise, bei der technische Lösungen für gesellschaftliche Probleme entwickelt werden. In diesem Ansatz entscheidet eine demokratisch gewählte Stadtregierung über die verschiedenen Aspekte der Planung. Das traditionelle Planungsverständnis orientiert sich an der Gegenwart und dem Status Quo, um zukünftige Entwicklungen zu gestalten und gesellschaftliche Ziele zu erreichen. Die Planung sowie die Regierungen fungieren dabei als ordnende Instanzen, die durch Zielformulierung und deren Umsetzung Ordnung schaffen.