Öffentliches Verfahrensrecht Flashcards

1
Q

Teilbereiche des öff. Verfahrensrecht i.e.S.

Stufen

A

öff. Verfahrensrecht
= Verfahrensrecht des öff. Rechts

öff. Verfahrensrecht i.e.S.:
- Verwaltungsverfahren
- Rechtspflegeverfahren (meist Beschwerdeverfahren; Alt. Klageverfahren)

NB: “i.w.S.” wäre inkl. Justizbehördenorganisation und Vollstreckung

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2
Q

Verwaltungsverfahren / Rechtsmittelverfahren (Kiener auch: Rechtspflegeverfahren)

Definitionen

A

= “Verfahren auf Erlass einer Verfügung”
- nichtstreitiges Verfahren
- Abklärung durch die Behörde (erstmals) sachverhaltlich und rechtlich, ob/wie sie verfügen soll
- durch Verfügung der Verwaltungsbehörde in erster Instanz abgeschlossen

= “Verfahren auf Erlass eines Entscheids/Urteils”
- also Überprüfung eines Hoheitsakts (idR Vü.)
- streitiges Verfahren
- auch = (?) Beschwerdeverfahren: Verfahren, das bei der Anfechtung einer auf öffentliches Recht gestützten Anordnung zu befolgen ist

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3
Q

Rechtsmittel vs. Rechtsbehelf

A
  1. Rechtsmittel:
    - Gesetzlich geordnete Rechtsschutzinstrumente
    - Begründen einen Rechtsschutzanspruch bzw. eine Behandlungs- und Erledigungspflicht der Behörden (ansonsten: Rechtsverweigerung)
    - Bindung an Fristen und Formen
  2. Rechtsbehelf:
    - idR gesetzlich geordnet
    - kein Rechtsschutzanspruch
    - Keine generelle Behandlungspflicht der Behörden (vgl. aber BV33)
    - Keine Bindung an Fristen oder Formen
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4
Q

verwaltungsinterne (vs. verwaltungsexterne) Verfahren

A

Verfahren vor einer Instanz, welche der Verwaltung im organisatorischen Sinne (zentral/dezentral) angehört.

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5
Q

Verwaltungsrechtspflege

A

verwaltungsintern: Entscheid durch eine zur Verwaltung gehörende RM-Instanz (typisch: hierarchisch übergeordnete Instanz)

verwaltungsextern: Entscheid durch ein unabhängiges Gericht

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6
Q

urspr. und nachträgliche Rechtspflege/Gerichtsbarkeit

A

nachträglich:
- Vü. (bzw. Hoheitsakt) liegt vor
-Entscheid aufgrund Rekurs/Beschwerde
- Normalfall
- idR vor Gerichten = verwaltungsextern); ausnahmsweise aber -intern möglich

urspr.:
- keine Vü.; Gesetz verweist auf Klageweg
- Entscheid aufgrund Klage als erste bzw. einzige Instanz
- Ausnahmefall; typisch bez. verw. Verträge
- immer verwaltungsextern (logisch)

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7
Q

Rechtsgrundlagen

A
  1. Verfahrensgrundrechte (BV29-32; auch EMRK und UNO-P-II)
  2. Justizorganisation (BV188ff.)
  3. Verfahrensgesetze = Primärquelle; denke BV164I lit. g
    − VwVG (Verwaltungsverfahren des Bundes)
    − VGG
    − BGG
    − Immer Spezialgesetz beachten
  4. VO-Recht
    - Reglemente etc.
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8
Q

spez. Verf.gesetze

A

VwVG:

  • ” (…) durch Vü. v. Bundesverwaltungsbehörden (…) zu erledigen sind”
  • Verw.verf. auf Bundesebene
    • d.h. Bundesbehörden (ges. Bundesverwaltung)
    • nicht: kt. oder kommunale Behörden (dafür kt. Verf.gesetze)
  • Verw.rechtspflege. auf Bundesebene
    • verwaltungsintern: geringe Bedeutung
    • verwaltungsextern: VwVG ergänzend zum VGG (s. Art. 37)

VGG:
- Regelung der Zust. und Org. des BVGer
- nur punkt.: verf.rechtl. Regeln
- im Übrigen: VwVG

BGG:
- Stellung, Org. und Zust. des BGer
- zentral: Regelung der versch. Verf. vor BGer

Achtung: nie Spez.gesetz vergessen (“derogat legi generali”)

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9
Q

Verfahrensmaximen vs. -garantien

A

Verfahrensgarantien: GR
- gleiche Geltung in den versch. Prozessen
- insofern “Konstanten” des Verfahrensrechts

Verfahrensmaximen: Leitlinien (keine Rechtssätze/GR); Auslegungshilfen
- Unterschiede zw. einzelnen Prozessen
- insofern “Variablen” des Verfahrensrechts
- haben sich zT im pos. Verfahrensrecht niedergeschlagen; positivrechtlich geregelt (VwVG 12, BGG 106 f.)

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10
Q

Offizial-/Dispositionsmaxime

Verfahrensherrschaft

A

Offizialmaxime: Es ist Sache der Behörde
– Verfahren zu eröffnen,
– seinen Gegenstand zu bestimmen und
– es zu beenden (durch Verfügung bzw. Urteil)

Dispositionsmaxime: Es ist Sache der Parteien
– das Verfahren in Gang zu bringen,
– durch ihre Anträge dessen Gegenstand zu bestimmen und
– es zu beenden (Rückzug, Anerkennung, Vergleich)

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11
Q

Untersuchungs-/Verhandlungsmaxime

Ermittlung des rechtserheblichen SV

A

Untersuchungsmaxime:
- Sachverhaltsermittlung obliegt der
Behörde
- Parteien trifft keine Beweisführungslast (= subjektive Beweislast)
- vgl. VwVG 12
- aber zB auch Annäherungen an Untersuchungsmaxime via VwVG 13, 52 I und BGG 42 I und III)
→ “Prinzip der materiellen Wahrheit”

Verhandlungsmaxime:
- Die Behörde darf ihrem Entscheid nur die von den Parteien behaupteten Tatsachen zugrunde legen
- diese entweder unbestritten geblieben oder bewiesen worden
→ “Prinzip der formellen Wahrheit”

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12
Q

subjektive vs. objektive Beweislast

A

subj. = Beweisführungslast
– Spielt eine Rolle in Verfahren, die von der Verhandlungsmaxime
beherrscht sind
- i.F.v. Untersuchungsmaxime ausgeschlossen

obj. = bezieht sich auf die Folgen der Beweislosigkeit
– Zu wessen Lasten wirkt es sich aus, wenn ein Sachumstand unbewiesen/ungeklärt bleibt?
– stellt sich unabhängig von Untersuchungs-/Verhandlungsmaxime

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13
Q

Def. Rüge

A

konkrete, substanziierte Einwände tatsächlicher oder rechtlicher Natur gegenüber dem angefochtenen Hoheitsakt

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14
Q

Rechtsanwendung v.A.w. vs. Rügeprinzip

Rechtsanwendung

A

Rechtsanwendung von Amtes wegen (“iura novit curia”):

  • Sache der entscheidenden Behörde, die anwendbaren Normen zu ermitteln und
    anzuwenden
    → dabei keine Bindung an die rechtlichen Ausführungen der Parteien
  • Uneingeschränkte Geltung des Grundsatzes im:
    – erstinstanzlichen Zivilprozess (ZPO 57)
    – nichtstreitigen Verwaltungsverfahren

Rügeprinzip:

  • urteilende Behörde muss (od. sogar darf) sich nur mit Rügen befassen, die von den Parteien vorgebracht wurden
  • Geltung des Rügeprinzips möglich im: Rechtsmittelverfahren (vgl. BGG 106 II, 117)
    • vor BGer:
      - Regelfall = vAw; BGG 106 I (aber trz. Begründung “in gedrängter Form” s. BGG 42 I)
      - Ausnahme = Rügeprinzip; BGG 106 II (insb. bez. subs. Vb.)
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15
Q

Grundsatz der freien Beweiswürdigung

A

BGE 130 II 482, E. 3.2:
“In der Bundesverwaltungsrechtspflege gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (…); d.h. diese ist nicht an bestimmte starre Beweisregeln gebunden (…) wie ein gültiger Beweis zu Stande kommt und welchen Beweiswert die einzelnen Beweismittel im Verhältnis zueinander haben”

NB: Der Grundsatz beherrscht das gesamte Verfahrensrecht

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16
Q

allg. Verfahrensgarantien

A

s. BV 29:
1. Anspruch auf “gleiche u. gerechte Behandlung” (I)
2. Verbot der Rechtsverweigerung u. -verzögerung (I)
3. Anspruch auf rechtliches Gehör (II)
4. Anspruch auf unentgeltliche
Rechtspflege (III)

“1.” = prozessuales Fairnessgebot (alles überdachende Verfahrensgarantie; zB falls VwVG 38 nicht anwendbar)
“2.” = inkl. Verbot des überspitzten Formalismus
“1. + 2.”: Für Gerichtsverfahren auch
Art. 6 Ziff. 1 EMRK

NB (weitere):
* Rechtsweggarantie (Art. 29a BV)
* Garantien im gerichtlichen Verfahren (Art. 30 BV)
* Garantien bei Freiheitsentzug (Art. 31 BV; Art. 5 EMRK)
* Garantien im Strafverfahren (Art. 32 BV; Art. 6 Ziff. 2 und 3 EMRK)

Achtung: Das sind Mindestgarantien, detaillierte, verfahrensbezogene Regelung erfolgt im Gesetz

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17
Q

Rechtsweggarantie

A

Grundsatz:
- Grundrechtlicher Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz in allen Rechtsstreitigkeiten
(= Streitigkeiten, die individuelle, schützenswerte Rechtspositionen betreffen)
- mindestens eine (nicht zwingend die erste!) gerichtliche Instanz (Gericht gemäss Art. 30 Abs. 1 BV)
- welche eine umfassende Prüfung der Rechtsfragen und Sachverhaltsfragen vornimmt
- Kein Anspruch auf Angemessenheitsprüfung, kein Anspruch auf (weiteres) Rechtsmittel (vgl. aber Art. 32 Abs. 3 BV)

Umsetzung:

  • BGer?
    - Keine volle Sachverhaltskontrolle (vgl. BGG 95 ff.)
    - Deshalb muss als Vorinstanz des BGer ein Gericht eingesetzt sein, das Rechts- und Sachverhaltsfragen umfassend prüfen kann (vgl. BGG 86 i.V.m. 110)
  • Im Bund: Bundesverwaltungsgericht (BStrGer, BPatGer)
  • In den Kantonen: Kantonale Gerichte (vgl. BV 191b, BGG 86 Abs. 2 i.V.m. 110)
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18
Q

Ausnahmen von BV 29a

A

Ausnahmen nur im formellen Gesetz für Fragen mit hohem politischem Wertungsanteil
- BV 189 IV
- «Actes de gouvernement» VGG 32
- Ausnahmen im BGG zugunsten der Kantone

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19
Q

Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV)

Funktionen, Natur

A

Funktionen:
- Sachaufklärung
- Persönlichkeitsbezogenes
Mitwirkungsrecht

Teilgehalte: s. VwVG als Spick

Grundsatz: “formelle Natur” des rechtlichen Gehörs => (Grund-)Rechtsverletzung durch Gehörsverletzung
- Ausnahme: “Heilung”

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20
Q

Teilgehalt rechtliches Gehör: Anspruch auf vorgängige Äusserung und Anhörung

= Kern des rechtlichen Gehörs (VwVG 30 I)

A
  • massgebend: Intensität der individuellen Betroffenheit
  • d.h. bei Gesetzen/VO nicht gegeben
  • ausnahmsweise bei Allg.vü. (Einzelner wesentlich stärker betroffen)
  • Anhörung nicht zwingend mündl.

Schranken:
- Dringlichkeit (vgl. VwVG 30 II lit. e)
- Zweckvereitelung der Massnahme

Spezialfall “Massenverfahren”: Lösung via Einwendungsverfahren (VwVG 30a)

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21
Q

Teilgehalt rechtliches Gehör:
Akteneinsichtsrecht

(VwVG 26 – 28)

A

insb. Anspruch: grds. Fotokopien (nicht Zusenden der Akten)

Schranken:
- entgegenstehende Geheimhaltungsinteressen (Private/Staat) -> Interessenabwägung nötig
- “interne” (heisst was?) Akten

Abgrenzungen:
- Öffentlichkeitsprinzip: kein bes. Interessennachweis, dafür rel. “grosszügige” Einschränkungen
- Anspruch auf Schutz der Privatsphäre: geht über BV 29 II hinaus, uU auch Einsicht bez. abgeschlossenen Verfahren

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22
Q

Teilgehalt rechtliches Gehör:
Anspruch auf Stellungnahme zu den Vorbringen der Gegenpartei

VwVG 31

A
  • früher: ‘eine’ Stellungnahme; weitere bloss bei Noven
  • heute überholt durch Replikrecht (Praxis EGMR) = “Äusserung nach eigenem Gutdünken” (mE)
  • daher neu : keine Frist, sofern Stellungnahme bzw. deren Beantragen erwartet werden kann (gerade bez. RA’s)
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23
Q

Teilgehalt rechtliches Gehör:
Anspruch auf Auseinandersetzung mit den gestellten Anträgen und den (relevanten) Sachvorbringen

(VwVG 32)

A
  • Vorbringen sorgfältig und ernsthaft prüfen und beim Entscheid berücksichtigen
  • heisst nicht alles, sondern nur die für
    den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte
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24
Q

Teilgehalt rechtliches Gehör:
Anspruch auf Mitwirkung bei Beweiserhebungen und auf Abnahme der von den Beteiligten angebotenen, erheblichen Beweise

(VwVG 18, 33 I)

A

BGer, Urteil 1A.199/2000, 1P.373/2000 vom 5. Juni 2001, E. 2b: Ein Augenschein darf nur dann unter Ausschluss einer Partei erfolgen,
wenn schützenswerte Interessen Dritter oder des Staates oder eine beson-
dere Dringlichkeit dies gebieten, oder wenn der Augenschein seinen Zweck
überhaupt nur dann erfüllen kann, wenn er unangemeldet erfolgt.

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25
Q

Teilgehalt rechtliches Gehör: Anspruch auf Stellungnahme zum Ergebnis des Beweis-
verfahrens

A

[…] hat sie vorgängig die Expertise (zB Rechtsgutachten) der Partei oder den Parteien zur Kenntnis zu bringen und ihr oder ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu
geben.

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26
Q

Teilgehalt rechtliches Gehör: Anspruch auf Begründung des Entscheides

(VwVG 35 I)

A

Vorbringen gehört, geprüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt
=> Begründung notwendig

Begründung als Voraussetzung:
– für eine sachgerechte Anfechtung des Entscheids
– für eine sachgerechte Überprüfung des Entscheids durch die Rechtsmittelinstanz

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27
Q

GR-Qualität des ‘rechtichen Gehörs’

A

formelle Natur = Verletzung führt zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung (ungeachtet des materiellen Entscheids)

Ausnahme:
- nicht schwerwiegende Verletzung geheilt:
Möglichkeit zur Äußerung vor einer Rechtsmittelinstanz, die sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann (Kognition!)
- sogar zT schwerwiegende Verletzung geheilt: formalistischen Leerlauf, unnötige Verzögerung (und damit entgegen Interesse der betroffenen Partei)

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28
Q

BV 29 II - rechtliches Gehör

A

Akteneinsicht
- Alle Verfahrensakten, unabhängig ihrer Bedeutung
- Kein Nachweis eines besonderen Einsichtsinteresses
- Ausgenommen sind rein verwaltungsinterne Akten
- Evtl. verhältnismässige Einschränkung bei privaten oder öffentlichen Geheimhaltungsinteressen

Begründung
- Auseinandersetzung mit den wesentlichen Argumenten
- Begründungsdichte flexibel

Anhörung, Orientierung, Mitwirkung
- Vorgängige Anhörung und Äusserung → Kern BV29II

Rechtsbeistand
- Recht auf frei gewählten Rechtsbeistand
- Befreiung von den Kosten gem. Art. 29 Abs. 3 BV

formelle Natur = Verletzung führt zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung
Ausnahme:
- nicht schwerwiegende Verletzung geheilt:
Möglichkeit zur Äußerung vor einer Rechtsmittelinstanz, die sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann
- schwerwiegenden Verletzung geheilt: formalistischen Leerlauf

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29
Q

Vefahrensmaximen

A
  1. Verfahrensherrschaft
    - Offizialmaxime: über Eröffnung und Beendigung des Verfahrens entscheidet die zuständige Behörde
    - Dispositionsmaxime: über Einleitung, Gegenstand und Beendigung des Verfahrens entscheiden die Parteien
  2. SV-Abklärung
    - Untersuchungsmaxime: SV durch die Behörde abgeklärt
    - Dispositionsmaxime: SV durch Parteien dargestellt und bewiesen
  3. Rechtsanwendung
    - v.A.w.: iura novit curia
    - Rügeprinzip: Behörde tritt nur auf Rügen ein, die geltend gemacht und begründet wurden
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30
Q

Verwaltungsverfahren

A

= Verfahren auf Erlass einer Verfügung (dadurch auch abgeschlossen)

begrifflich:
- verw.internes Verfahren
- nichtstreitigiges Verw.verfahren

  • vor Bundesbehörden: VwVG (vs. Kt.: kt. Verf.recht)
    • insb. keine Bundeskomp. zur Regelung kt. Verfahren
    • aber: Verfahrensgarantien u. -maximen führen zu weitgehend uniformer Ausgestaltung + gewisse bundesrechtl. Vorgaben ans kt. Verfahren
  • zahlreiche leges speciales (gehen den allg. vor!
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31
Q

Verwaltungsverfahren und BV 5 I

A
  1. Vorrang der Verfügung:
    (+) Einheitlichkeit der Verfahren
    (+) Formalisierung des behördlichen Handelns/individuellen Mitwirkungsrechte
    (+) Sichtbarmachen Zwangscharakter der Anordnung
  2. Vorrang des Verfahrens:
    = Verfügung formal im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens erlassen
    - Ausnahme verfahrensfreie Verfügung (VwVG 3 lit. f.)
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32
Q

prozessuale Doppelfunktion der Verfügung

A

Die Verfügung ist Endpunkt des Verwaltungsverfahrens und Ausgangspunkt des Beschwerdeverfahrens

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33
Q

Ablauf des Verwaltungsverfahrens

(Kiener)

A
  1. Einleitung
    • zT Dispositionsmaxime (bez. mitw.bedürftige Vü.), im Übrigen Offizialmaxime
    • Grundsatz des Amtsbetriebs (= Leitung bei Behörde)
    • Prüfung des formellen Verfahrensvoraussetzungen
      > Zuständigkeit VwVG 7-9
      > Ausstandsgründe VwVG 10
      > Parteistellung, Parteivertretung VwVG 6, 11
      - grds.: kein Vertretungs- und Anwaltszwang
      - Spezialfälle: VwVG 11a, VwVG 11b
      > Form- und Fristerfordernisse
    • ggf. erste prozessuale Vorkehren
  2. Ermittlung
    • Abklärung SV (VwVG12-19)
      > Untersuchungsgrundsatz, evtl. Mitwirkungspflicht (VwVG 13)
      > Beweismittel
      > rechtliches Gehör (VwVG29ff.) für Parteien
    • Rechtsanwendung
      > v.A.w.: iura novit curia (vs. vor BGer)
      > Konsequenz für Parteien:
      - Rechtsunkenntnis schadet nicht
      - Keine Mitwirkungspflicht bei Rechtsanwendung
  3. Entscheid
    • Sachentscheid (= materielle Verfügung)
    • Prozessentscheid (= prozessuale Verfügung)
      > Nichteintreten: nicht alle Prozess-VSS erfüllt
      > «Abschreibungsentscheid»: Änderung Prozess-VSS
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34
Q

Ablauf des Verwaltungsverfahrens

Griffel

A

Einleitung
- Offizialmaxime oder Dispositionsmaxime (teils teils)

Prüfung der Zuständigkeit
- VwVG 7-9
- Arten: örtlich, sachlich, funktional
- v.A.w. geprüft
- keine Prorogation mögl.
- Überweisungspflicht bei Unzuständigkeit
- sofern umstr.: Zw.vü. (selbständig anfechtbar, VwVG 45)

Prüfung von Ausstandsgründen
- VwVG 10
- v.A.w. geprüft
- sofern umstr.: VwVG 45 (s. str. Zuständigkeit)

Parteien des Verfahrens; Vertretung
- Parteistellung (VwVG 6)
- Parteivertretung (VwVG 11)
- grds.: kein Vertretungs- und Anwaltszwang
- Spezialfälle: Massenverfahren (VwVG 11a), Zustellungsdomizil (VwVG 11b)

Ermittlung des SV
- Untersuchungsmaxime (VwVG12-19)
- evtl. Mitwirkungspflicht der Parteien (VwVG 13)
- p.m. rechtliches Gehör (VwVG29ff.) dient auch der Sachaufklärung
- p.m. Rechtsanwendung v.A.w.

evtl. vorsorgliche Massnahmen

Behandlungsfristen
- nur soweit gesetzl. vorgesehen
- zeitl. Schranke nur durch das Verbot der Rechtsverweigerung/-verzögerung

Eröffnung
- VwVG 34, 35, 38 als Spick
- Schriftlichkeit, Begründung, RM-Belehrung, Spezialfälle
- Folgen v. Eröffnungsmängeln

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35
Q

Zuständigkeit im Verwaltungsverfahren

A
  • Art. 7 bis 9 VwVG
  • Arten: örtl., sachl., funkt.
  • ist grundrechtlicher Anspruch aus BV29I
  • sachliche Zuständigkeit idR aus Spezialgesetz
  • Zuständigkeit ist zwingender Natur, v.A.w. geprüft
  • Unzuständigkeit: VwVG8 (= Überweisung)
  • umstrittene Zuständigkeit: VwVG9, selbständig anfechtbar (Art. 45 VwVG)
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36
Q

Ausstandsgründe im Verwaltungsverfahren

A

Prüfung von Ausstandsgründen
- VwVG 10; BV 29 I (BGer-Praxis)
- v.A.w. geprüft
- Ziel: Verfahrensfairness; unbefangener, unparteiischer Entscheid
- sofern umstr.: VwVG 45 (wie bez. umstr. Zust.)

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37
Q

Parteistellung im Verwaltungsverfahren

A

VwVG 6:

“Als Parteien gelten Personen, deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll, und andere Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht.”

Parteien:
- in erster Linie: Vü.adressaten
- aber auch Dritte: diese leitet sich aus (künftiger!) RM-Befugnis ab -> nur bei bes. Betroffenheit (VwVG 48)
- Konsequenzen:
- alle Parteirechte (insb. rechtliches Gehör)
- ggf. Mitwirkungspflicht (vgl. VwVG 13 I lit. b)
- Rechtsmittelverfahren: Kostentragungspflicht im Fall des Unterliegens
(vgl. VwVG 63)

VSS:

  • Parteifähigkeit (= proz. Rechtsfähigkeit; ZGB11, 53)
  • Rechtsschutzinteresse
    • Betroffenheit in eigenen schutzwürdigen Interessen
    • gesetzliche Befugnis zur Erhebung d. Rechtsmittels (bes. Betroffenheit iSv VwVG 48)
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38
Q

Beiladung

A

Einbezug weiterer Personen in das Verfahren, welche Parteistellung beanspruchen könnten, bisher jedoch nicht am Verfahren beteiligt waren. Sie dient der Prozessbeteiligung von Personen, welche durch den noch zu treffenden Entscheid in ihren schutzwürdigen Interessen berührt werden könnten oder von der Vorinstanz zu Unrecht nicht als Partei zugelassen wurden.

erfolgt:
- vAw:
> Regel: fakultativ (muss dem Verf. nicht als Partei beitreten
> Ausnahme: obligatorisch (öff. Interesse an Teilnahme)
- auf Gesuch hin

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39
Q

vorsorgliche Massnahmen

Def + VSS

A

“Massnahmen für die Dauer des Verwaltungsverfahrens”

VSS:
- gewichtige öffentliche/private Interessen verlangen unverzügliches Handeln
- (End-)Verfügung in der Sache nicht möglich,
- wobei: EV darf nicht präjudiziert oder verunmöglicht werden
- Verhältnismässigkeit

Verfahren:
- idR summarische Prüfung (SV, Rechtslage)
- grds. vorgängige Anhörung
- wenn nicht möglich/zweckmässig (bes. Dringlichkeit): superprovisorische Massnahme
i) Möglichst rasche Nachholung der Anhörung
ii) Ablösung durch provisorische Massnahme

Gesetzliche Grundlage:
- Bund: ausdrücklich nur bez. Beschw.verf. -> Lücke
- aber: Grundlage im materiellen Recht, da der Durchsetzung des materiellen Rechts dienend

Form: Zwischenverfügung (s. zur Anfechtung: VwVG46I lit. a)

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40
Q

VSS vorsorgliche Massnahme

A
  1. gewichtige öffentliche/private Interessen verlangen ein unverzügliches Handeln (Dringlichkeit
  2. sofortige (End-)verfügung ist nicht möglich
  3. Enverfügung wird nicht präjudiziert
  4. Vorsorgliche Massnahme muss vhm sein (Interessenabwägung)
  5. Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind in die Beurteilung miteinzubeziehen
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41
Q

Behandlungsfristen

A

= Ordnungsvorschriften

  • nur, soweit bes. gesetzl. vorgesehen
  • im übrigen: zeitl. Schranke nur durch Verbot des Rechtsmissbrauch/-verzögerung (VwVG 46a)
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42
Q

Form und Eröffnung der Verfügung
VwVG

A

Form:

  • schriftlich und als Verfügung bezeichnet (VwVG34, 35)
    • elektronisch heute mögl. (s. 34 Ibis)
    • Spezialfall: Zw.vü. (s. 34 II)
  • in einer Amtssprache abgefasst (VwVG33a)
  • Dispositiv (= Entscheid der Behörde)
    • Rechte/Pflichten des Adressaten
    • Kosten
    • RM-Belehrung
    • Eröffnungsformel
  • Begründung und Rechtsmittelbelehrung (VwVG35)

Zustellung/Eröffnung:

  • Individuell, evtl. in amtlicher Publikation (VwVG36)
  • Briefform mögl. (VwVG 35 I)

Folgen mangelhafter Eröffnung (VwVG38):

  • kein Nachteil für Partei
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43
Q

Auswirkungen der Vorgaben auf Instanzenzug/Verfahren

A

Instanzenzug:

  1. Verfügungen von Bundesbehörden
    1. idR beim BVGer
    2. BGer - BV 191 I
  2. Verfügungen von kantonalen Behörden
    1. idR beim kt. VGer (BV 29a)
    2. BGer (BV 191 I)

Verfahren:

  • Bundesbehörden vollziehen Bundesrecht und wenden dabei Erlasse der Bundesrechtspflege an
  • Kantone wenden immer kantonales Verfahrensrecht an, auch (!) beim Vollzug von materiellem Bundesrecht
    (Vorbehalt: Gewisse Mindestvorschriften des Bundes)
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44
Q

Anforderungen des Bundes an die Kantone bzgl. des öffentlichen Verfahrenrechts

A
  1. Instanzenzug
    - «Obere Gerichte» als Vi des BGer (BGG 86II)
    - andere Behörden bei Entscheiden mit «überwiegend politischem Charakter» (BGG 86III)
    Grund: BV29a
  2. Legitimation
    - Wer vor BGer legitimiert ist, muss dies auch im kantonalen Verfahren sein (BGG111I)
    - Kantone müssen Beschwerde von Bundesbehörden zulassen (BGG111II)
    Grund: Einheit des Verfahrens
  3. Kognition
    - kantonale richterliche Behörde muss den SV frei prüfen und das Recht v.A.w anwenden (BGG 110)
    - unmittelbare VI des BGer muss mind. Rügen gemäss Art. 95 ff. BGG prüfen (BGG 111 III)
    Grund: BV 29a / Einheit d. V.

+ Verfahrensgrundrechte
+ allg. Rechtsgrundsätze: Fristwahrung trotz Einreichung bei unzuständiger Behörde; keine
Rechtsnachteile bei Eröffnungsmängeln, Pflicht zur Berichtigung von Redaktionsfehlern
+ Anforderungen Eröffnung von Entscheiden (BGG112, VwVG1III)

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45
Q

verschiedene Rechtsmittel

A
  1. Beschwerde:
  • Anfechtung und Überprüfung eines Hoheitsakts durch gesetzlich zuständige Rechtsmittelinstanz gerichtet auf Aufhebung und/oder Änderung des angefochtenen Hoheitsakts, evtl. Feststellung der Rechtswidrigkeit
    (VwVG44, VGG31, BGG72ff., 78ff., 82ff.)
  1. Einsprache:
  • Änderung oder Aufhebung der Verfügung bei der zuständigen Behörde verlangt
  • Rechtsquellen:
    • nur wo spezialgesetzlich vorgesehen, dann = ordentliches Rechtsmittel = Einsprache mit Rechtsmittelfunktion
    • Einsprache ohne Rechtsmittelfunktion = Einwendung
  1. Klage
  • ursprüngliche Verwaltungsrechtspflege
  • Rechtsuchender gelangt direkt an ein Gericht, welches erstmals einen Hoheitsakt erlässt
  1. Revision
  • a.o., nicht-devolutives Rechtsmittel
  • Antrag auf Aufhebung od. Änderung eines formell rechtskräftigen Rechtsmittelentscheids durch die gleiche Rechtsmittelinstanz (idR auf entsprechendes Gesuch [= Revisionsgesuch] hin) bei Vorliegen eines Revisionsgrundes
  • Revisionsgründe: bestimmte (vom betreffenden Verfahrensgesetz bezeichnete) gravierende ursprüngliche Mängel des Entscheids
    • insb. bisher unentdeckte erhebliche Tatsachen oder entscheidende Beweismittel, Gutheissung einer Beschwerde durch den EGMR
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46
Q

Prozessvoraussetzungen Beschwerdeverfahren

A

= “Verfahrensrechtliche Voraussetzungen, die während des ganzen Prozesses erfüllt sein müssen, damit die Justizbehörde die materielle Begründetheit der Beschwerde prüft:”

  1. Anfechtungsobjekt
  2. Zuständigkeit
  3. Vorinstanz
  4. Parteistellung und Legitimation
  5. Beschwerdegründe
  6. Beschwerdeformalien

alle erfüllt = materielle Prüfung

  • Prüfung v.A.w.
  • fehlende P-VSS: Nichteintreten (ggf. Weiterleitung)
  • Wegfall P-VSS nach Rechtshängigkeit = «Abschreibung»
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47
Q
  1. Prozessvoraussetzung Beschwerdeverfahren: Anfechtungsobjekt
A

= “behördlicher Akt, der im Beschwerdeverfahren angefochten werden kann (bestimmt in Verfahrensgesetz, evtl. Sachgesetz)”

Anfechtungsobjekt nach RM:

  1. Verwaltungsinterne Beschwerde (VwVG44)
    - «die Verfügung»
  2. B ans BVGer (VGG31)
    - Verfügungen i.S.v. VwVG5
  3. BörA ans BGer (BGG82 i.V.m. BGG90ff.)
    - (Verzögern/Verweigern von) Entscheid i.A.öff.R.(BGG94)
    - kt. Erlasse
    - Akte: Stimmberechtigung/Volkswahlen/Abstimmungen
  4. SubsVB ans BGer (BGG113)
    - Entscheide letzter kantonaler Instanzen
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48
Q
  1. Prozessvoraussetzung Beschwerdeverfahren: Zuständigkeit
A

= “Regelung, welches Rechtspflegeorgan für welche Streitsachen zuständig ist”

Arten:

  • Sachlich
  • Örtlich
  • Funktionell (Zuständigkeit im Instanzenzug)

Rechtsquellen:

  • Verfahrenserlasse
  • Ausnahmsweise im Spezialgesetz

Einreichung bei unzuständiger Behörde:

  • schadet nicht (Fristenlauf)
  • Reaktion:
    • Weiterleitung (klare Fälle)
    • Meinungsaustausch (Zweifelsfälle)
    • Nichteintreten nur bei definitiver Unanfechtbarkeit

Prüfprogramm:

  1. spezialgesetzliche Regelung?
  2. Rechtsmittelwahl?
    1. Verfügung einer Bundesbehörde:
      • BVGerB (VGG31ff.)
      • VB an BR (VwVG72)
      • VB an Aufsichtsbehörde VwVG47I lit. d.)
      • Urteile des BVGer: EHB ans BGer
    2. Verfügung einer kt. Behörde:
      • EHB (BGG82ff.)
      • subs. VB (BGG113ff.)
      • innere/äussere Sicherheit: VB an BR (VwVG72 lit. a.)
      • kantonaler Erlass: immer EHB ans BGer
  3. Anfechtungsobjekt?
  4. Zugangsschranken?
    - Ausnahmekatalog
    - Streitwertgrenzen
  5. Vorinstanzen?
  6. Subsidiarität? (kein Vorrang a. RechtsM.)
    - RM ausgeschlossen (absolute Subsidiarität)
    - Ausschöpfung des Instanzenzugs (rel. Subsidiarität)
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49
Q

mögliche Anfechtungsobjekte

A
  1. Verfügungen und Entscheide
    − VwVG44, VGG31 (Vf i.S.v. VwVG 5)
    − BGG82 lit. a (Entscheide i.A.öff.R)
  2. Realakte: nur VwVG 25a
    Realakte gestützt auf kt. Recht:
    - Rechtsschutz nach kt. Verfahrensordnung/Praxis
    - direkt aus BV 29a
  3. Rechtsschutz bei Untätigkeit: BGG 94, VwVG 46a
  4. Anfechtungsobjekte Spezialgesetz
  5. Erlasse: BGG 82 lit. b (nur kt. Erlasse)
  6. Akte im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen: BPR, BGG 82 lit. c
  7. öffentlich-rechtliche Verträge kein Anfechtungsobjekt: Klage/Verfügung erwirken (VGG 35 lit. a)
50
Q
  1. Prozessvoraussetzung Beschwerdeverfahren: Beschwerderecht
A
  1. Parteistellung = pers. VSS
    1. prozessuale Rechtsfähigkeit
      • ZGB11, 53
      • jur.P. des öff. Rechts auch, wenn gesetzl. Grundlage
      • nicht: Behörden; Ausnahme: gesetzl. Ermächtigung
    2. prozessuale Handlungsfähigkeit
      • ZGB12ff., 54f.
      • jur.P. des öff. Rechts: HF durch Organe
      • Behörden: HF durch Mitglieder/Vorsteher
      • UUF: gesetzl. Vertreter
      • beschr. HUF: BV11II, gesetzl. Ermächtigung, Vertreter
  2. Beschwerdeberechtigung (Legitimation) i.e.S.
  • Frage der prozessualen Zulässigkeit eines RM (Prozessvoraussetzung und damit eine Eintretensfrage)
  • Funktion: Eingrenzung der zur Beschwerde Befugten (besonders berührt; “mehr als die Allgemeinheit betroffen”)
  • Typen
    1. allg. Beschwerderecht
      = schutzwürdiges Interesse
    2. besonderes Beschwerderecht
      = gesetzl. Ermächtigung
51
Q

VSS allg. Beschwerderecht

Ausnahmen zum aktuellen Interesse

A
  1. Partei- und Prozessfähigkeit (VwVG6, Praxis)
  2. formelle Beschwer (VwVG48I lit. a, BGG89I lit. a)
    am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme + mit Anliegen nicht durchgedrungen
  3. materielle Beschwer (VwVG48I lit. b, c, BGG89I lit. b, c)
    1. besonders berührt: “hinreichende Beziehungsnähe zur Streitsache, Betroffenheit von genügender Intensität (stärker als jedermann)”
    2. schutzwürdiges Interesse: “praktsicher Nutzen, durch Gutheissung der Beschwerde” (egal ob Interesse rechtlicher oder tatsächlicher Natur)
    3. Modifikationen:
      - subs. VB: rechtlich geschütztes (ggf. Schutznormtheorie) Interesse (BGG115 lit. b)
      - Erlasse: virtuelles Berührtsein in schutzwürdigen I.
      - Stimmrechtsbeschw.: Stimmberechtigung (BGG89III)
  4. aktuelles und praktisches Interesse (Praxis)
    1. praktisch: Nachteil (Beschwer) kann durch Erfolg beseitigt werden
    2. aktuell: Nachteil (Beschwer) besteht im Urteilszeitpunkt
    > Ausnahmen:
    - Frage die sich jederzeit wieder stellen kann
    - Frage von grundsätzlicher Bedeutung (öff. Interesse)
    - Frage sonst kaum je rechtzeitig entschieden werden könnte
52
Q

Beschwerdelegitimation von Nachbarn (BGE)

A

Legitimation (+), sofern mit Sicherheit/überwiegender Wahrscheinlichkeit durch Immissionen betroffen; bei weiträumigen Einwirkungen (Bsp. Flughafen) kann zudem ein grosser Kreis v. Personen legitimiert sein.

Wichtiges Kriterium: räumliche Distanz (idR < 100m), bei grösserer Entfernung muss eine Beeinträchtigung glaubhaft dargelegt werden. Dabei immer: Gesamtwürdigung

53
Q

egoistische Verbandsbeschwerde

A

Verband: = egoistische Verbandsbeschwerde

NB: “Ein Verband [kann] (via BGG 89 I) insbesondere zur Wahrung der eigenen Interessen Beschwerde führen. Er kann aber auch die Interessen seiner Mitglieder geltend machen, wenn …

  1. Verband besitzt juristische Persönlichkeit (idR Verein)
  2. Verband statutarisch zur Wahrung der in Frage stehenden Interessen seiner Mitglieder berufen
  3. Mehrheit/grosse Zahl der Mitglieder von Verfügung betroffen
  4. Mitglieder selber zur Beschwerdeführung legitimiert
  5. Formelle Beschwer
  6. aktuelles und praktisches Interesse
54
Q

Beschwerde öff.-rechtl. Körperschaften (insb. Gemeinden)

A

Grundsatz: keine Beschwerdebefugnis (Rechtssystem nicht auf solche Streitigkeiten ausgelegt), aber bez. mat. Beschwer “zwei” typische Ausnahmen:

1. Rechtspersönlichkeit (gem. BGE 127 II 32 E. 2f grds. + )
2. Formelle Beschwer
3. mat. Beschwer:
a. ähnlich/gleich wie Privater betroffen (BGG 89 I)
b. in hoheitlichen Befugnissen betroffen (BGG 89 II lit. c)
(Hauptanwendungsfall: Gemeindeatonomie)
c. in spez., schutzwürdiger Weise in der Wahrnehmung einer hoheitli. Aufgabe betroffen
- erhebliche Betroffenheit in wichtigen öff. Interessen
- nicht “blosse finanzielle Auswirkungen” des Entscheids
- finanzielle Interessen des Gemeinwesens: insb. bei Konflikten zwischen verschiedenen Gemeinwesen, wenn eines davon in qualifizierter Weise in zentralen hoheitlichen Interessen berührt ist

NB: (mE) wohl bez. b. (und c.) => meist Autonomiebeschwerde auch zulässig

4. aktuelles und praktisches Interesse

55
Q

Schutznormtheorie

A

Nach der Schutznormtheorie verleiht eine Norm subjektive Rechte, wenn sie neben dem Schutz öffentlicher Interessen zumindest auch dazu bestimmt ist, dem Interesse einzelner Personen oder Personengruppen zu dienen. (Uni Bonn)

56
Q

Beschwerde von Gemeinwesen/Körperschaften

A

Gemeinwesen/Körperschaften:
1. Rechtspersönlichkeit (gem. BGE 127 II 32 E. 2f grds. + )
2.1. ähnlich/gleich wie Privater betroffen ODER
2.2. in gewichtigen öff. Interessen berührt
=> meist Autonomiebeschwerde auch zulässig
3. Formelle Beschwer
4. aktuelles und praktisches Interesse

57
Q

Behördenbeschwerden & öff-rechtl. Körperschaften

Bundesbehörde, öff-rechtl. Körperschaften

A

= “gesetzl. vorgesehene Beschwerderechte, Regelung im Gesetz ersetzt Nachweis eines schutzwürdigen Interesses”
- Zweck: Rechtsschutz als parteimässige Durchsetzung wichtiger öffentlicher Interessen (=/= Indiv.rechtsschutz)
- Für: Behörden, ideelle Organisationen

Behördenbeschwerde

Behörden des Bundes:
1. VerfahrensG oder SpezialG: aufgrund Ermächtigung im Gesetz Parteifähigkeit nicht verlangt
2. Formelle B. idR keine Pflicht (BGG111II)
3. Materielle B. nicht erforderlich (BGG89II lit. a)
4. aktuelles und praktisches Interesse

öff.-rechtl. Körperschaften, insb. Gemeinden:

  • Zur Durchsetzung ihrer Autonomie:
    1.1. Gemeinde als Inhaberin hoh. Befugnisse betroffen
    1.2. Gemeinde behauptet Verletzung ihrer Autonomie (keine materielle Prüfung!)
    2. formelle Beschwer
    3. materielle B. ergibt sich aus Autonomie
    4. aktuelles und praktisches Interesse
  • Nach Spezialgesetz:
    1. gesetzl. Ermächtigung
    2. Formelle B. idR erforderlich
    3. materielle B. ergibt sich aus Gesetz
    4. aktuelles und praktisches Interesse
58
Q

Behördenbeschwerden & öff-rechtl. Körperschaften

Bundesbehörde, öff-rechtl. Körperschaften

A

= “gesetzl. vorgesehene Beschwerderechte, Regelung im Gesetz ersetzt Nachweis eines schutzwürdigen Interesses”

  • Zweck: Rechtsschutz als parteimässige Durchsetzung wichtiger öffentlicher Interessen (=/= Indiv.rechtsschutz)
  • insb. Sicherstellung der richtigen Rechtsanwendung (daher eng mit ideeller Verb.b. verwandt)
  • Für: Behörden, ideelle Organisationen

Behördenbeschwerde

Behörden des Bundes:
1. VerfahrensG oder SpezialG: aufgrund Ermächtigung im Gesetz Parteifähigkeit nicht verlangt
2. Formelle B. idR keine Pflicht (BGG111II)
3. Materielle B. nicht erforderlich (BGG89II lit. a)
4. aktuelles und praktisches Interesse

öff.-rechtl. Körperschaften, insb. Gemeinden:

  • Zur Durchsetzung ihrer Autonomie: s. andere Folie
  • Nach Spezialgesetz:
    1. gesetzl. Ermächtigung
    2. Formelle B. idR nicht? erforderlich
    3. materielle B. ergibt sich aus Gesetz
    4. aktuelles und praktisches Interesse
59
Q

ideelle Verbandsbeschwerde

A

Organisationsbeschwerde = ideelle Verbandsbeschwerde (= Durchsetzung öff. Interessen und nicht eigene / jene v. Mitgliedern)

  • NB: egoistische Verbandsbeschwerde = in eigenem Namen zur Wahrung der Interessen der Mitglieder
  1. gesetzl. Regelung
  2. Formelle B.
  3. Materielle Beschwer bereits aus gesetzl. Ermächtigung
  4. aktuelles und praktisches Interesse

NB wichtigste Fälle:

  • NHG 12: nur im Zhg. mit der Erfüllung von Bundesaufgaben (vgl. BV 78 II)
  • USG 55: nur im Zhg. mit UVP-pflichtigen Anlagen
  • jeweils weitere VSS: >10 Jahre bestehend
60
Q

“(Verwaltungs-)Beschwerde”

Überblick

A

= Rechtsmittel, mit dem von einer übergeordneten Verwaltungsbehörde die Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Verfügung (bzw. des angefochtenen Beschwerdeentscheids) verlangt wird

  • nicht bloss Rechtsbehelf
  • Verwaltungsinterner Weiterzug an eine höhere Instanz
    - Beachte: Auch Weiterzug an eine unabhängige, verwaltungsexterne Rekurskommission möglich (heute fast nur noch auf kantonaler Ebene); untersteht den gleichen Regeln
  • Terminologie: Beschwerde = Rekurs (massgebend: Bezeichnung im betreffenden Verfahrensgesetz)

Wieso relevant?

  • verw.intern im Bund nur noch untergeordnet
  • aber via VGG 37 (s. dann 44 ff.) auch für BVGer rel. (vgl. KK 70)
  • Kt.: weitgehend analoge Regeln
61
Q

“(Verwaltungs-)Beschwerde”

Übersicht, Wirkung

A
  • Beschwerdeinstanzen: primär BVGer (VwVG 47)
  • Anfechtungsobjekt: Vü. (VwVG 44, s. auch VGG 31)
    • Spezialfälle:
      - Zw.vü.: VwVG 45 f.
      - Rechtsverweigerung: VwVG 46a
  • Beschw.legitimation: VwVG 48
  • Beschw.gründe: VwVG 49 (s. KK)
  • Beschw.frist: VwVG 50 spez. II (Fristermittlung: 20-24)
  • Beschw.schrift: VwVG 52 (s. KK)
    • Schriftenwechsel idR einfach, doppelt aber mögl. (bedenke insb. Replikrecht)

Wirkung:

  • Regel: Aufschiebende Wirkung (VwVG 55 I)
  • Folge: Hemmung der Vollstreckbarkeit der Verfügung (vgl. VwVG 39)
  • str. kommt Lauf der Beschwerdefrist aufschiebende Wir-
    kung zu [AG (+), Kiener (-)]
  • Ausnahme: Entzug der aufschiebenden Wirkung (VwVG 55 II, III zur Wiederherstellung)
    • NB: wäre vorsorgliche Massnahme
  • Grund für dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis: angefochtene (und damit noch nicht rechtskräftige) Verfügung soll erst wenn deren Rechtmässigkeit feststeht Wirkungen entfalten und insb. vollstreckbar sein
62
Q

“(Verwaltungs-)Beschwerde”

Beschwerdegründe

A

Beschw.gründe: VwVG 49

(1) Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich Überschreitung od. Missbrauch des Ermessens)
= Rechtskontrolle
(2) unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts
= SV-Kontrolle
(3) Unangemessenheit (Ausnahme in lit. c Halbsatz 2, heute kaum noch relevant; vgl. Art. 33 lit. i VGG)
= Ermessenskontrolle

bez. (2) und (3) ev. gew. Zurückhaltung der RM-Instanz

NB: vollkommenes Rechtsmittel (= hinsichtl. zulässiger Rügen keine Beschränkungen)

63
Q
  1. im Beschwerdeverfahren: materielle Prüfung

Kognition

A

“Beschwerdegründe bestimmen und begrenzen den Umfang der gerichtlichen Prüfungszuständigkeit”

Schöpft Gericht Kognition ohne triftige Gründe nicht aus = Rechtsverweigerung!
(besonderes Fachwissen der Vorinstanz, besondere Kenntnis der örtlichen Verhältnisse)

  1. Verw.interne Beschwerde, Beschwerde ans BVGer
    (Rechtsweggarantie!)
    1. Rechtsfehler
      • Verletzung von Bundesrecht (alle Stufen)
      • direkt anwendbare Normen des Völkerrechts
      • nicht kt. Normen!
      • Verhältnismässigkeitsprinzip (auch vor BGer):
        - Anwendung von Bundesverw.recht = eigenst. rügbar
        - kt. Recht = nicht eigenst. rügbar
    2. Sachverhaltsfehler
      • Feststellung v.A.w. (Untersuchungsmaxime)
      • Umfassende Überprüfung des Sachverhalts
    3. Ermessensfehler:
      • Einfache Fehler:
        - Unangemessenheit
        - Unzweckmässigkeit, aber:
        – KEINE Überprüfung wenn kt. B. als BI verfügt / Gesetz schliesst Überprüfung aus
        – Rücknahme Prüfungsdichte bei besonderen Fachkenntnissen der Vorinstanz
      • qual. Fehler = Rechtsverletzungen!
  2. BörA:
    (keine Rechtsweggarantie!)
    1. Rechtsfehler
      • Normen des Bundesrechts (alle Stufen)
      • direkt anwendbarer Normen des Völkerrechts
      • beschränkt auch Verletzung kantonaler Normen
      • Anwendung von Bundesverwaltungsrecht:
        Verhältnismässigkeitsprinzip eigenständig als Rechtsverletzung rügbar
    2. Sachverhaltsfehler: nur wenn Rechtsverletzung
      • Rechtsverletzung i.S.v. Artikel 95/Willkür und
      • entscheidender Einfluss auf Ausgang des Verfahrens haben kann
    3. Ermessensfehler grds. unzulässig, aber denke:
      qual. Fehler = Rechtsverletzungen!
64
Q

“(Verwaltungs-)Beschwerde”

Beschwerdeschrift

A
  • “Essentialia” (Art. 52 Abs. 1 VwVG):

1 Begehren

  • Pro memoria: Das Begehren bestimmt – zusammen mit der angefochtenen Verfügung – den Streitgegenstand.

2 Begründung

  • Daraus muss hervorgehen, in welchen Punkten und weshalb die beanstandete Verfügung aufgehoben oder geändert werden soll
    → Erfordernis der Substanziierung: minimale Auseinandersetzung mit den tatsächl. u. ggf. rechtl. Erwägungen der angefochtenen Verfügung (aber: keine hohen Anforderungen, insb. bei juristischen Laien)
  • Funktion der Begründung: Bestimmung des Streitgegenstandes (in Verdeutlichung des Rechtsbegehrens) → Substanziierung so weit, als dies für die Bestimmung des Streitgegenstandes erforderlich ist (Wesentlich weiter gehend: Art. 106 Abs. 2 BGG, Rügeprinzip)

3 Angabe der Beweismittel; Beilage der angefochtenen Verfügung
und der Beweismittel (Urkunden) → blosse Ordnungsvorschrift (denn Untersuchungsmaxime)

4 Unterschrift
Elektronisch signierte Beschwerden: spezifische gesetzliche Grundlage erforderlich
- Art. 21a VwVG
- Art. 42 Abs. 4 BGG

Mängel?
- Nachfristansetzung (Art. 52 Abs. 2 VwVG) → denke: VHMP
- Androhung der Sanktion (Art. 52 Abs. 3 VwVG)
- Spezialfall: Ergänzung der Beschwerdebegründung (Art. 53 VwVG)

65
Q

“(Verwaltungs-)Beschwerde”

Entscheid

A

Formeller Entscheid:

  • Nichteintretensentscheid (bei Fehlen von Prozessvoraussetzungen)
  • Abschreibungsbeschluss (bei Rückzug des Rechtsmittels oder wenn das Verfahren gegenstandslos geworden ist)

Materieller Entscheid:

  • Gutheissung (bei materieller Begründetheit der Beschwerde) / teilweise Gutheissung (bei teilweiser Begründetheit)
    • Reformatorischer Entscheid: Aufhebung der angefochtenen Verfügung und Neuentscheid in der Sache (→ Regel)
    • Kassatorischer Entscheid: Aufhebung der angefochtenen Verfügung und Rückweisung an die Vorinstanz zum Neuentscheid (→ Ausnahme)
    • Sonderfälle:
      - Reformatio in melius (Art. 62 Abs. 1 VwVG)
      - Reformatio in peius (Art. 62 Abs. 2 und 3 VwVG)
  • Abweisung (bei Unbegründetheit)
66
Q

Einsprache

verw.interne Rechtspflege

A

= Nicht-devolutives Rechtsmittel, mit dem von der verfügenden Verwaltungsbehörde die Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Verfügung verlangt wird

  • Devolutives Rechtsmittel: führt zu einem Entscheid einer übergeordneten Instanz (Normalfall)
  • Nicht-devolutives Rechtsmittel: führt zu einem neuen Entscheid derjenigen Instanz, die den angefochtenen Entscheid gefällt hat (Spezialfall)
  • Bund: Das VwVG sieht kein allgemeines Einspracheverfahren vor; z.T. existiert ein solches aber kraft spezialgesetzlicher Regelung.
  • Funktion: sofern Vü. ohne vorherige Anhörung, dient Einsprache der nachträglichen Gewährung des rechtlichen Gehörs (vgl. VwVG 30 II lit. b).

Abgrenzung zur Einwendung: diese erfolgt vor Erlass einer Verfügung und ist kein Rechtsmittel (Beispiel: Art. 30a VwVG)

67
Q

Aufsichtsbeschwerde

verw.interne Rechtspflege

A

= Rechtsbehelf, mit dem eine Verfügung oder eine andere Handlung einer Verwaltungsbehörde bei deren Aufsichtsbehörde beanstandet wird

  • kein Anspruch auf Eintreten und materielle Behandlung
  • keine Parteirechte des Anzeigers (insb. rechtliches Gehör)
  • keine besondere Legitimation erforderlich

In der Praxis werden Aufsichtsbeschwerden allerdings häufig wie
förmliche Rechtsmittel behandelt.
- Bund: Art. 71 VwVG
- Kt.: häufig keine gesetzliche Regelung; eine solche ist auch
nicht notwendig (gesetzl. Aufsicht)

68
Q

Rechtsweggarantie

als Folge v. Belilos; Übersicht u. Ausnahmen

A

(1) Anspruch auf Zugang zu einem Gericht
- Gerichtliche Instanz (→ richterliche Unabhängigkeit)
- (mindestens) eine gerichtliche Instanz im ges. Instanzenzug
→ Kein Anspruch auf einen gerichtlichen Instanzenzug
→ Kein Anspruch auf Zugang zum Bundesgericht
→ Nicht mehr zulässig: ausschliesslich verwaltungsinterner
Instanzenzug, der beim Bundesrat oder beim kantonalen
Regierungsrat endet

  • Erforderliche Überprüfungsbefugnis (Kognition) des Gerichts:
    - Rechtskontrolle (einschliesslich Missbrauch, Überschreitung und Unterschreitung des Ermessens)
    - Sachverhaltskontrolle
    - Nicht erforderlich: gerichtliche Angemessenheitskontrolle
    (Kontrolle der schlichten Ermessensausübung)

→ Folge: Das Bundesgericht vermag die Anforderungen der Rechtsweggarantie nicht zu erfüllen.
→ Folge: Die Vorinstanz des Bundesgerichts muss ein Gericht
sein:
- Bundesverwaltungsgericht
- kt. (Verwaltungs-)Gericht
- Dieses (oder ein unterinstanzliches Gericht) muss eine freie
Rechts- und Sachverhaltskontrolle vornehmen können (→ BGG 110).
→ Nicht mehr zulässig: Bundesgericht als erste gerichtliche
Rechtsmittelinstanz nach einem rein verwaltungsinternen
Instanzenzug

Keine übermässige Erschwerung des Zugangs (z.B. durch
prohibitive Kostenvorschüsse oder zu kurze Rechtsmittelfristen)

(2) “bei Rechtsstreitigkeiten”
- Sachlicher Anwendungsbereich: Zivilsachen, Strafsachen, öff.-rechtl. Angelegenheiten
→ grundsätzlich umfassende Geltung; keine sachliche Ein-
schränkung wie bei Art. 6 Ziff. 1 EMRK

  • Begriff “Rechtsstreitigkeit” umfassender als Begriff “Verfügung”
    → auch Realakte können von der Rechtsweggarantie erfasst sein
    • deshalb auf Bundesebene: Art. 25a VwVG (eingefügt 2005)
    • Kantone müssen ebenfalls für hinreichenden Rechtsschutz gegen Realakte sorgen
  • Vom Begriff “Rechtsstreitigkeit” nicht erfasst: Erlasse
    → Rechtsweggarantie verlangt keine Anfechtbarkeit von Gesetzen und VO (aNK)

(3) Ausnahmen
- Ausschluss nur (aber immerhin) “in Ausnahmefällen”
→ Aber: Verfassung nennt keine Kriterien !
- Beachte: “durch Gesetz”
- Bund: VGG 32 (Bundesverwaltungsgericht)
- Kt.: Gesetzliche Ausnahmen nur noch zulässig, soweit es
um “Entscheide mit vorwiegend politischem Charakter” geht (Grund: bundesrechtl. Regelung in BGG 86 II und III)
→ in einem solchen Fall: Regierungsrat (oder andere nicht-
richterliche Behörde) als letzte kantonale Instanz zulässig
- Beachte: Bei einem Ausschluss im Bereich “zivilrechtlicher
Ansprüche” käme Art. 6 Ziff. 1 EMRK zur Anwendung.

69
Q

BVGer als Beschwerdeinstanz

sachl. Zuständigkeit

A

System: Generalklausel mit Negativkatalog

  • Generalklausel: VGG 31
    - Vü. gestützt auf kt. oder kommunales Recht sind nie beim BVGer anfechtbar
    - Beachte: heisst aber umgekehrt nicht, dass alle Vü. iSv VwVG 5 beim BVGer anfechtbar sind. Dafür erforderlich VGG 33
  • Negativkatalog: Art. 32 VGG → Ausnahmen iSv BV 29a S. 2
    - Abs. 1: Ausnahmen in Bezug auf den Gegenstand
    → Leitidee: Ausschluss von Streitsachen, die sich wegen ihres vorwiegend politischen oder technischen Charakters für eine Beurteilung durch ein Gericht nicht eignen
    - Abs. 2: Ausnahmen infolge Zuständigkeit einer anderen Rechtsmittelinstanz (soweit spezialgesetzlich vorgesehen)
70
Q

BVGer als Beschwerdeinstanz

funkt. Zuständigkeit

A
  • Aufzählung der Vorinstanzen: Art. 33 VGG
  • Beachte: Der Hauptanwendungsfall – die Verfügung eines Bundesamtes – versteckt sich in lit. d (“Dienststellen”) !
  • lit. i: kt. Instanzen → seltener, systemwidriger Ausnahmefall! Nur, soweit spezialgesetzlich vorgesehen
71
Q

BVGer als Beschwerdeinstanz

Beschwerdegründe

A

Art. 49 VwVG (i.V.m. Art. 37 VGG; Art. 2 Abs. 4 VwVG)

  • Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich Überschreitung od. Missbrauch des Ermessens)
    = RECHTS-KONTROLLE
  • unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts
    = SACHVERHALTS-KONTROLLE
  • Unangemessenheit (Ausnahme in lit. c Halbsatz 2, heute kaum noch relevant; vgl. Art. 33 lit. i VGG)
    = ERMESSENS-KONTROLLE
    - atypisch für ein Gericht
    - Grund für Ermessenskognition des BVGer: keine vorangehende verwaltungsinterne Rechtspflege (s. Historik)
    - Aber: grosse Zurückhaltung (= fakt. Kog.beschränkung) des BVGer, soweit es um technische / fachspezifische Fragen oder (lokale) Planungsaspekte
    geht, mit denen die Verwaltung besser vertraut ist
72
Q

BVGer als Beschwerdeinstanz

Beschwerdeverfahren

A

Art. 38–43 VGG
- i.d.R. schriftliches Verfahren; Parteiverhandlung nur ausnahmsweise (Art. 40 VGG)
- Entscheid i.d.R. auf dem Weg der Aktenzirkulation; Mündliche Beratung nur ausnahmsweise (Art. 41 VGG)
- Im Übrigen: subsidiäre Anwendbarkeit der Regeln des VwVG (Art. 37 VGG; Art. 2 Abs. 4 VwVG)
– Beschwerdelegitimation (Art. 48 VwVG)
– Beschwerdefrist (Art. 50 VwVG; vgl. auch Art. 20–24 VwVG)
– Beschwerdeschrift (Art. 52 f. VwVG)
– Aufschiebende Wirkung (Art. 55 VwVG), vorsorgliche Massnahmen (Art. 56 VwVG)
– Schriftenwechsel (Art. 57 VwVG)
– Beschwerdeentscheid (Art. 61 f. VwVG)

73
Q

BVGer als 1. Instanz

Abgrenzung Beschwerde- und Klageverfahren

A

Normalfall:

  • BVGer als Beschwerdeinstanz (VGG 31–33)
  • es liegt eine Verfügung vor → Beschwerdeverfahren
  • Ursprüngliche Gerichtsbarkeit

Seltene Fälle:

  • BVGer als erste Instanz (Art. 35–36, 44 VGG)
  • es liegt keine Verfügung vor → Klageverfahren (→ BZP)
    Beispiel: Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Verträgen (Art. 35 lit. a VGG)
  • Nachträgliche Gerichtsbarkeit
74
Q

Klageverfahren

A
  • wo Gewährleistung der Gleichordnung / stärkere Mitwirkung der Parteien im Vordergrund steht
  • Nur wenn Gesetz auf Klageweg verweist (Vorrang der Verfügung!)
    • In dem Sinne subsidiäres Rechtsmittel
    • Geringe praktische Bedeutung
  • Klageverfahren: Verweisung auf das BZP
    – Art. 44 Abs. 1 VGG (Bundesverwaltungsgericht)
    – Art. 120 Abs. 3 BGG (Bundesgericht)
  • Klageverfahren immer nur vor 1. Instanz (danach normales Beschwerdeverfahren)
75
Q

Klage an das BGer (BGG 120)

A

Gegenstand der Klage

  1. Zwischenstaatliche Streitigkeiten:
    a) Kompetenzkonflikte zwischen Bundesbehörden und kanto-
    nalen Behörden (Abs. 1 lit. a)
    * positive / negative
    * Rechtsetzung / Rechtsanwendung
    → Beachte: Soweit ein Bundesgesetz in Frage gestellt wird, wird die Klage eines Kantons gegen den Bund durch Art. 190 BV eingeschränkt
    → bereits vor Erlass des Bundesgesetzes
    → sehr weit gehende Tragweite von BV 190! (insb. “nasciturus”)
    b) Zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Streitigkeiten (Abs. 1 lit. b)
    * zwischen Bund und Kantonen
    * zwischen Kantonen (z.B. aus einem Konkordat)
  2. Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung aus der
    Amtstätigkeit von Magistratspersonen (Abs. 1 lit. c)
    * Mitglieder des Bundesrates, Bundeskanzler
    * Mitglieder/Ersatzmitglieder eidgenössischer Gerichte
    * seit 2011: Mitglieder der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (ABBA)
    (Verweisung auf Art. 1 Abs. 1 lit. a–cbis VG)

Verfahren

  • keine Klagefrist (Vorbehalt von Treu und Glauben)
    - Verantwortlichkeitsklagen gemäss Art. 120 Abs. 1 lit. c BGG:
    Fristen gemäss VG beachten
  • Kognition des BGer umfassend (weil erste Instanz)
  • im Übrigen: Verfahren richtet sich nach BZP
76
Q

Verfassung- vs. Verwaltungsgerichtsbarkeit

A

Verfassungsgerichtsbarkeit:
Unabhängige Gerichte prüfen staatliche Akte (Gesetze, Verordnungen, Verfügungen) auf ihre Übereinstimmung mit der Verfassung.

Verwaltungsgerichtsbarkeit:
Unabhängige Gerichte prüfen Akte der Verwaltungsbehörden (Verfügungen) auf ihre Übereinstimmung mit ihren Rechtsgrundlagen, also mit Gesetzen und Verordnungen.

Achtung: Betrachtungsweisen!

  • funktionale Betrachtungsweise: Auf was hin wird der angefochtene Hoheitsakt überprüft
    - auf Vereinbarkeit mit der Verfassung
    → Verfassungsgerichtsbarkeit (= hL)
    - auf Übereinstimmung mit sonstigen Rechtssätzen unterhalb der Verfassungsstufe (also mit Gesetz / VO)
    → Verwaltungsgerichtsbarkeit
  • institutionelle Betrachtungsweise: Anknüpfung des Begriffs Verwaltungsrechtspflege / Verwaltungsgerichtsbarkeit an der Verwaltungsbehörde als handelndem Organ (= hL)
    → Verwaltungsrechtspflege / Verwaltungsgerichtsbarkeit
    = jegliche Überprüfung der Tätigkeit der Verwaltungsbehörden (einschliesslich der Vereinbarkeit mit der Verfassung)
77
Q

Verfassungsgerichtsbarkeit

Arten

A

Unterscheidung nach Prüfgegenstand:

  • Einzelaktkontrolle
  • Normenkontrolle

Unterscheidung nach dem zust. Gericht:

  • konzentrierte Verfassungsgerichtsbarkeit
    → besonderes Verfassungsgericht (D, A, I)
  • diffuse Verfassungsgerichtsbarkeit (CH, USA)

Unterscheidung nach Zeitpunkt:

  • nachträgliche Verfassungsgerichtsbarkeit (Regel)
  • präventive Verfassungsgerichtsbarkeit (F: Conseil constitutionnel)
78
Q

Überprüfung staatl. Akte

Einzelakt-/NK

A

Normenkontrolle:
Überprüfung einer Rechtsnorm

  • abstrakt (d.h. ohne konkreten Rechtsanwendungsakt)
    - Anfechtungsobjekt: Norm
  • konkret (d.h. aus Anlass der Anfechtung eines konkreten Rechtsanwendungsaktes → vorfrageweise Prüfung)
    - Anfechtungsobjekt: Rechtsanwendungsakt

Einzelaktkontrolle:
Überprüfung der Rechtsanwendung im Einzelfall

  • Anfechtungsobjekt: Rechtsanwendungsakt
  • aber: ≠ konkrete Normenkontrolle!
79
Q

Verfassungs-/Verwaltungsgerichtsbarkeit

hinsichtlich Einzelakt-/NK

A

Verfassungsgerichtsbarkeit:

  • entweder: Normenkontrolle
  • oder: Einzelaktkontrolle

Verwaltungsgerichtsbarkeit:

  • Regel: Einzelaktkontrolle
  • Ausnahme: Normenkontrolle

Beachte: Normenkontrolle ≠ Verfassungsgerichtsbarkeit

80
Q

Verfassungs- / Verwaltungsgerichtsbarkeit und
Rechtsmittel auf Bundesebene

A

Bundesverwaltungsgericht:

  • Beschwerde:
    - In der Regel Verwaltungsgerichtsbarkeit
    - Punktuell: Verfassungsgerichtsbarkeit (dabei ausnahmsweise auch NK)

Bundesgericht: heute!

  • BöffA: Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit
    → Gleiches Rechtsmittel, aber Differenzierungen bei den Prozessvoraussetzungen
  • Subsidiäre Verfassungsbeschwerde: nur Verfassungsgerichtsbarkeit
81
Q

Anfechtungsobjekt, BGG 82

BöA

A

Begriff: behördlicher Akt, der im Beschwerdeverfahren angefochten werden kann

Entscheide in Angelegenheiten des öff. Rechts

  • Entscheide gestützt auf
    - öffentl. Recht des Bundes
    - kantonales (od. kommunales) öffentl. Recht
  • Beachte:
    - BGG 90 ff.
    - nicht nur Vü. iSv VwVG 5
    - aber: Inkongruenz zu den Beschwerdegründen (Art. 95 BGG)
  • System: Generalklausel mit Ausnahmekatalog gem. BGG 83 (beachte: bezieht sich nur auf Entscheide, nicht kant. Erlasse)
  • Einzelaktanfechtung

Kantonale Erlasse

  • inkl. kommunale Erlasse
  • auch zivil- und strafrechtliche Erlasse
  • Einziges Rechtsmittel auf Bundesebene, mit welchem eine abstrakte Normenkontrolle ausgelöst werden kann
  • Erlassanfechtung
  • Spezialfälle:
    - KV: nicht direkt anfechtbar (Neuerlass sowie Änderungen) =/= vorfrageweise Überprüfung
    - Verw.VO: wenn Aussenwirkungen entfaltet und gestützt darauf keine Vü. getroffen, deren Anfechtung möglich und den Betroffenen zumutbar (BGer)

Handlungen staatlicher Organe, die das Stimm- und Wahlrecht betreffen

  • “Stimmrechtsbeschwerde”
  • grds. sowohl in kt. als auch eidge-
    nössischen Angelegenheiten (aber: in eidg. Angelegenheiten starke Einschränkung durch BGG 88 I lit. b)
  • Einzelaktanfechtung (Besonderheit: auch Realakte)

NB:

  • Einzelaktanfechtung (Art. 82 lit. a BGG):
    Anfechtungsobjekt = vorinstanzlicher Entscheid (also nicht die urspr. Vü.)
  • Erlassanfechtung (Art. 82 lit. b BGG):
    • Wenn Erlass innerkantonal nicht anfechtbar (→ direkte Anfechtung beim Bundesgericht): Anfechtungsobjekt = Erlass*
    • Wenn Erlass innerkantonal anfechtbar:
      Anfechtungsobjekt = vorinstanzlicher Entscheid + Erlass*
      *genauer: die angefochtene(n) Rechtsnorm(en)
      • Aufhebung des gesamten kt. Erlasses nur, wenn isolierte Aufhebung der Vorschriften den Erlass seines Sinnes und Zwecks beraubten (BGer)
82
Q

Arten v. Verfügungen (nach Anfechtbarkeit)

End/Zwischen

A
  1. Endverfügung/-entscheid
    (idR materielle Verfügung)
    = selbständig anfechtbar
  2. Zwischenverfügung/-entscheid
    (idR prozessuale Verfügung)
    = nicht selbständig anfechtbar
    - Ausnahme: VwVG 45f., BGG 92f.

Merke:

  • Allg.verfügungen wie Verfügungen anfechtbar
  • unrechtmässiges Verweigern/Verzögern behandelt wie Verfügung (BGG 94, VwVG 46a)
83
Q

Beschwerdegründe

BöA

A

(bestimmte) Rechtsverletzungen (Art. 95 BGG)

  • Rechtskontrolle (teilweise)

offensichtlich unrichtige Feststellung des SV (Art. 97 Abs. 1 BGG)

  • beschränkte Sachverhaltskontrolle

nicht: Unangemessenheit

  • keine Ermessenskontrolle
  • Aber: qualifizierte Ermessensfehler = Rechtsverletzungen

beachte:
- gilt für Beschwerde in Zivilsachen, in Strafsachen, in öA, nicht aber für subsidiäre Verfassungsbeschwerde (BGG 116)

84
Q

Rechtsverletzungen

BöA, Beschwerdegründe, BGG 95

A

a. Bundesrecht

  • Gesetze/VO des Bundes → Verw.gerichtsbarkeit
  • BV → Verf.gerichtbarkeit

b. VöR

  • nur: self-executing (= inhatl. hinreichend best. und klar, um im Einzefall Entscheidgrundlage zu bilden)

c. kt. verfassungsmässige Rechte
=/= ges. kt. Verfassungsrecht!

  • beachte: nicht kt. Gesetzes-/VO-Recht (vorbehalten lit. d)

d. kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und ‑abstimmungen
→ Stimmrechtsbeschwerde

  • nur hier kann auch Verletzung von kt. Gesetzes- und VO-Recht (!) geltend gemacht werden, soweit Stimm-/Wahlrecht betroffen

e. interkt. Recht

  • Herkunft: staatsrechtliche Beschwerde
  • umfasst:
    • Verträge zwischen Kantonen (= Konkordate, interkantonale Vereinbarungen) → primäres interkantonales Recht
    • Rechtsnormen, die von einem interkantonalen, durch Konkordat geschaffenen Organ erlassen wurden (vgl. Art. 48 Abs. 4 BV) → sekundäres interkantonales Recht
  • Voraussetzung: Justiziabilität (Norm muss unmittelbar anwendbar sein)
  • Beachte: Streitigkeiten zwischen Kantonen über die Auslegung und Anwendung von
    interkantonalem Recht → Klage gemäss Art. 120 Abs. 1 lit. b BGG
85
Q

SV, Spezialfälle

BöA, Beschwerdegründe, BGG 97 I

A

Unrichtige Feststellung des Sachverhalts

  • nur sofern willkürlich
  • beachte: qual. Rügeprinzip

Spezialfälle:

Unrichtige Anwendung ausländischen Rechts (Art. 96 BGG)
→ Zivilverfahrensrecht, IPR

Beschwerde gegen vorsorgliche Massnahmen (Art. 98 BGG)
(i.d.R. Zwischenentscheid im Sinn von Art. 93 BGG)

  • Einzige zulässige Rüge: Verletzung verfassungsmässiger Rechte
  • Grund: Bei Inkrafttreten des BGG noch kantonale ZPO’s und StPO’s → Anwendung von kantonalem Recht, die als solche nicht gerügt werden konnte
    → überholt, aber bis jetzt nicht revidiert
86
Q

Persönliche VSS

BöA

A
  1. Parteifähigkeit = proz. RF
  2. Proz.fähigkeit = proz. HF
  3. Beschwerdelegitimation (BGG 89)
87
Q

Beschwerdelegitimation allg.

BöA

A

gg. Entscheide

  • Formelle Beschwer (lit. a)
  • Materielle Beschwer: besonderes Berührtsein + schutzwürdiges
    Interesse (lit. b und c)

gg. Erlasse

  • “Virtuelle” Betroffenheit und “virtuelles” schutzwürdiges Interesse genügen (AG: “potenziell”)
    → gewisse, minimale Wahrscheinlichkeit, dass der Erlass einmal auf die beschwerdeführende Person angewendet werden könnte, genügt
  • Eingrenzung durch Wohnsitzkriterium (Wohnsitz im betr. Kanton)

in Stimmrechtssachen

  • allg.: alle im betr. Gemeinwesen Stimm- und Wahlberechtigten
  • Politische Parteien und Gruppierungen: wenn
    - im betreffenden Gemeinwesen politisch aktiv und
    - als juristische Person konstituiert
88
Q

Beschwerdelegitimation, Sonderfälle

BöA

A

Behördenbeschwerde von Bundesbehörden (BGG 89 II lit a, d)

  • VSS nach lit. a:
    1. Gesetzliche Grundlage:
    – Bundeskanzlei, Departemente: direkt aufgrund des BGG
    – Dienststellen: “soweit das Bundesrecht es vorsieht” (Regelung in VO genügt)
    2. “… wenn der angefochtene Akt die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann”
    VSS nach lit. d:
    – soweit anderes Bundesgesetz dies vorsieht
    – Regelung in VO genügt nicht!

Autonomiebeschwerde (BGG 89 II lit. c)

  • Verletzung der Autonomie
  • Für Eintreten genügt es, dass die Gemeinde geltend macht, sie sei in ihrer Autonomie verletzt worden
  • ob Autonomie tats. besteht (+ verletzt) ist Frage der mat. Beurteilug (BGer)

Ideelle Verbandsbeschwerde (Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG)

  • “in eigenem Namen zur Wahrung ideeller (öffentlicher) Interessen”

“Egoistische” Verbandsbeschwerde

  • in eigenem Namen zur Wahrung der Interessen ihrer Mitglieder
  • nicht im BGG → Praxis
  • VSS:
    1. Die Wahrung der betreffenden Interessen ihrer Mitglieder gehört zu den statutarischen Aufgaben der juristischen Person.
    2. Eine Mehrzahl oder zumindest eine grosse Zahl der Mitglieder muss durch den angefochtenen Akt in schutzwürdigen Interessen betroffen sein, und zwar in der Weise, dass sie selbst zur Beschwerde legitimiert wären.

Konkurrentenbeschwerde
1. besonderes Betroffensein
2. NICHT: in schutzwürdigen Interessen
3. SONDERN Mod. der mat. Beschwer: spezifische Beziehungsnähe, die sich aus verwaltungsrechtlicher Gesetzgebung ergibt und dem Schutz der bestehenden Betriebe oder Berufszweige dient (rechtlich geschütztes Interesse)
- blosse Befürchtung verstärkter Konkurrenz reicht nicht
- die verwaltungsrechtliche Bestimmung muss sogar Schutz bestehender Betriebe/Berufszweige dienen

89
Q

Vorinstanzen

BöA

A

Einzelaktanfechtung: bei Entscheiden

  • eidgenössischer Behörden: Bundesverwaltungsgericht
    (Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG)
  • kantonaler Behörden: letzte kantonale Instanz
    (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG)
    • Grundsätzlich: oberes Gericht (Art. 86 Abs. 2 BGG). Warum
    • Ausnahmsweise auch nicht-gerichtliche Instanz zulässig (z.B.
      Regierungsrat), aber nur bei Entscheiden mit “vorwiegend politischem Charakter” (BGG 86 III) = diesfalls Ausnahme iSv BV 29a Satz 2 (restriktiv auslegen!)
  • Weitere Vorinstanzen: Art. 86 Abs. 1 lit. b und c BGG

Erlassanfechtung: Art. 87 BGG
- Kantone müssen keine aNK vorsehen (nicht v. BV 29a umfasst)

In Stimmrechtssachen:

  • Kantonale Angelegenheiten: letzte kantonale Instanz (Art. 88 Abs. 1 lit. a BGG)
  • beachte BGG 88 II: Rechtsmittel an eine gerichtliche Instanz erforderlich (BGer)
  • Eidgenössische Angelegenheiten: nur
    - Bundeskanzlei
    - Kantonsregierungen (vgl. dazu Art. 77– 80 BPR)
    (Art. 88 Abs. 1 lit. b BGG)
    → nicht: Bundesversammlung (Beschlüsse nicht anfechtbar)
    - beachte: BGer hat darüber hinaus Anspruch auf Überprüfung der Regularität einer eidg. Volksabstimmung, wenn nachträgl. eine massive Beeinflussung der Stimmberechtigten zutage tritt (abgeleitet aus Art. 29 Abs. 1 BV [Anspruch auf faires Verfahren] und Art. 29a BV [Rechtsweggarantie])
90
Q

Streitwergrenzen

BöA, BGG 85

A
  • Im Rahmen der BöA nur ausnahmsweise relevant:
    - Staatshaftung (Fr. 30’000)
    - öffentlich-rechtliche Arbeitsverhältnisse (Fr. 15’000)
  • Gegenausnahme: bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung
    • beachte: nur zurückhaltend annehmen; allgemeines und dringendes Interesse, eine umstrittene Frage höchstrichterlich zu klären wird, um einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und so erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen (BGer)
    • beachte: tritt BGer ein, prüft es Beschwerde umfassend und nicht nur in Bezug auf diejenigen Fragen von
      grundlegender Bedeutung
91
Q

Frist

BöA, BGG 100 f.

A

Normalfall: 30 Tage

  • Bei Entscheiden: nach Eröffnung (Art. 100 Abs. 1 BGG)
  • Bei Erlassen: nach Veröffentlichung (Art. 101 BGG)
    - wenn Referendumspflicht?
    ➢ sofern innerkantonal anfechtbar: Fristenlauf ab Zustellung des letztinstanzlichen kantonalen Entscheids
    ➢ direkt beim BGer anfechtbar: Fristenlauf dann, wenn klar ist, dass der Erlass ohne Intervention in Kraft treten würde
    - ohne Volksabstimmung: Publikation, dass Referendumsfrist unbenutzt abgelaufen
    - mit Volksabstimmung: Publikation des Erwahrungsbeschlusses

Spezialfälle:

  • Eidgenössische Abstimmungen: 5 Tage (Art. 100 Abs. 3 lit. b BGG)
  • Nationalratswahl: 3 Tage (Art. 100 Abs. 4 BGG)
  • Rechtsverweigerung / Rechtsverzögerung (Art. 100 Abs. 7 BGG)

Fristenlauf: vgl. Art. 44–50 BGG

92
Q

Beschwerdeschrift

BöA

A

Regelfall:

  • Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG)
  • Allerdings: Pflicht zur Begründung “in gedrängter Form, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt” (Art. 42 Abs. 2 BGG)
  • bei ungenügender Begründung: Nichteintreten

Ausnahme:

  • Rügeprinzip (d.h. qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht), wenn geltend gemacht wird:
    • Verletzung von Grundrechten
    • Verletzung von kantonalem und interkantonalem Recht (Art. 106 Abs. 2 BGG)
93
Q

Neue Vorbringen

BöA, Beschwerdeverfahren

A

Neue Begehren (Anträge): unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG)
- Präzisierung: … soweit der Streitgegenstand gegenüber dem vorinstanzlichen Verfahren erweitert würde (Grund: fehlende funktionale Zuständigkeit des BGer)
- Zulässig:
- neue Anträge, die zu einer Einschränkung des Streitgegenstandes führen
- neue prozessuale Anträge (z.B. unentgeltliche Prozessführung)

Neue Tatsachen und Beweismittel: nur so weit zulässig, als der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gab (BGG 99 I)
→ bezieht sich von vornherein nur auf unechte Noven, d.h. Tatsachen oder Beweismittel, die im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Entscheids bereits existierten
→ echte Noven (d.h. solche, die erst später entstanden sind) in jedem Fall unzulässig

Zulässig hingegen: dass mit der Beschwerde neue rechtliche Argumente vorgebracht werden, soweit sie sich auf den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt stützen können (vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG) → iura novit curia

94
Q

aufschiebende Wirkung

BöA, Beschwerdeverfahren

A

Regel:

  • Keine aufschiebende Wirkung der Beschwerde (Art. 103
    Abs. 1 BGG)
  • Anders als bei der Verwaltungsbeschwerde / Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Art. 55 Abs. 1 VwVG)

Grund:

  • Hauptaufgaben des BGer: einheitliche Anwendung des Bundesrechts, Rechtsfortbildung, Wahrung der verfassungsmässigen Rechte
    → BGer ist funktional nicht oberste Appellationsinstanz, die mit einem vollkommenen Rechtsmittel angerufen werden kann

Ausnahmen:

  • Erteilung der aufschiebenden Wirkung durch den Instruktionsrichter / die Instruktionsrichterin (Art. 103 Abs. 3 BGG)
  • Fälle von Art. 103 Abs. 2 BGG (→ Zivilprozessrecht, Strafprozessrecht)
95
Q

Schriftenwechsel, vors. Massnahmen

BöA, Beschwerdeverfahren

A

Schriftenwechsel (Art. 102 BGG)

  • Beachte: Auch hier gilt das Replikrecht

Vorsorgliche Massnahmen (Art. 104 BGG) → analog Art. 56 VwVG

  • beachte auch hier (Sachüberschrift): “Andere” vorsorgliche Massnahmen (als Erteilung der aufschiebenden Wirkung)
96
Q

Beschwerdeentscheid

BöA

A
  • “Ne eat iudex ultra petita” (Art. 107 Abs. 1 BGG)
    → BGer darf nicht mehr und nichts anderes zuerkennen, als beantragt
  • Bei Gutheissung / teilweiser Gutheissung: reformatorisches oder kassatorisches Urteil (Art. 107 Abs. 2 BGG)
    ➢ Wenn blosse Aufhebung (Kassation) des vorinstanzl. Entscheids ausreicht: kassatorisch (zT (aNK) auch einzige Möglichkeit!)
    ➢ Sonst:
    ̶ reformatorisch = Aufhebung + Neuentscheid (Prozessökonomie)
    ̶ Aufhebung + Rückweisung an Vorinstanz (od. ggf. erste Instanz)
  • Besonderheiten bei der Erlassanfechtung (aNK): Angefochtene Rechtsnorm(en) kann (können) bei Gutheissung der Beschwerde nur aufgehoben werden (Gewaltenteilung)
    • gesamter Erlass angefochten? → Aufhebung des gesamten Erlasses nur, wenn Aufhebung einzelner Normen den Erlass als Ganzes sinn- und zwecklos machte
  • Seltene Fälle: Aufhebung des angefochtenen Aktes hätte nachteiligere Folgen als dessen Beibehaltung
    → BGer begnügt sich mit blosser Feststellung, dass Beschwerde begründet ist
97
Q

subsidiäre Verfassungsbeschwerde im Detail

A
  1. Anfechtungsobjekt:
  • BGG 113: Entscheide letzter kantonaler Instanzen
  • “was BGG 82, 83 und 85 aussiebt”
  1. Instanzenzug
  • Zugangsschranken: keine, aber Subsidiarität
  • Vorinstanz: BGG 114 i.V.m. 86 = i.d.R. kantonales Gericht (Ausnahme: BGG 86 III)
  1. Beschwerderecht:
    1. Partei- und Prozessfähigkeit
    2. Formelle Beschwer
    3. Qualifizierte materielle Beschwer = rechtlich geschütztes Interesse
    • grds. verfassungsrechtlich geschütztes Interesse
    • Ausnahme und wenn NICHT konkrete NK:
      BV8I und BV9 nur i.V.m. (!) Schutznorm eine Beschwer
      => grds. auch Dritte, egoistische VB, Gemeinde bei Garantien der KV/BV
      4. Aktuelles und praktisches Interesse
  2. Beschwerdegründe = verfassungsmässige Rechte
    - Grundrechte BV (Art. 7–34 BV)
    - Grundrechte KV
    - Justiziable Garantien Völkerrecht (insb. EMRK, UNO-Pakt II, …)
    - Bestimmte Grundsätze (!) der Staatsorganisation oder Staatsverwaltung: Vorrang Bundesrecht, Gewaltenteilung (Delegation), LP im Abgaberecht, BV 127 III

Kognition:
einfache Rechts- (Gesetz, VO) und SV-Rügen: müssen in eine Verfassungsrüge gekleidet werden!
- gerügt: bei Rechtsanwendung/SV-Ermittlung sei Vorinstanz in Willkür verfallen = freie Prüfung
- beachte: Schutznorm (Willkür allein nicht ausreichend, Relativierung bez. Einbürgerungsentscheiden)
- Gerügt wird eine Grundrechtsverletzung = geprüft, ob bei Eingriff genügende gesetzliche Grundlage
- schwerer Eingriff: BGer prüft gesetzl. Grundlage
- leichter Eingriff: BGer prüft nur, ob gesetzliche Grundlage bei willkürfreier Betrachtung hinreichend klar und bestimmt / ob Annahme des Genügens geradezu willkürlich

  1. Fristen: BGG117 i.V.m. 100I = 30 Tage
  2. Beschwerdeschrift: Rügeprinzip (BGG 117)

Verhältnis zur BöA (BGG 117): Kumulativ (mE), VSS müssen jeweils für jedes RM erfüllt sein

98
Q

bundesrechtliche Anforderungen an den kt. Rechtsschutz

Übersicht

A
  • keine Rechtsetzungskompetenz des Bundes bez. öff. Verfahrensrecht insgesamt, lediglich Verwaltungs-/RM-Verfahren auf Bundesebene
  • d.h. (entspr. Pr. der Einzelermächtigung) bes. Rechfertigung für bundesrechtl. Vorgaben an kt. Rechtsschutz erforderlich
    • via BV 29a
    • weitere verf.mässige Garantien

Bereiche:

  • Instanzenzug
  • Beschwerdelegitimation
  • Kognition
  • diese Bereiche + Verfahrensgarntien der BV führen zu erheblicher Vereinheitlichung des kt. öff. Verfahrensrechts
  • so führen diese Bereiche zur Gewährleistung der Rechtsweggarantie (+ Einheit des Verfahrens) auf kantonaler Ebene durch das Bundesrecht
99
Q

Instanzenzug

bundesrechtliche Anforderungen an den kt. Rechtsschutz

A

Art. 86 BGG
- Verpflichtung der Kantone, als unmittelbare Vorinstanzen des
Bundesgerichts obere Gerichte einzusetzen (Abs. 2)
(Erfordernis “oberes” Gericht: eig. (aber BV 190) unzulässig)
- Andere (d.h. nicht-richterliche) Behörden nur bei “Entscheiden mit vorwiegend politischem Charakter” zulässig (Abs. 3)

Art. 29a Satz 2 BV: Welchen Spielraum haben die Kantone (noch) für Ausnahmen?

  • BöA: nur “Entscheide mit vorwiegend politischem Charakter”
  • subsidiäre Verfassungsbeschwerde → Art. 86 Abs. 2 und 3 BGG kommen bei allen kantonalen “Entscheiden in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts” zur Anwendung

= Keine Befugnis der Kantone mehr, darüber hinaus Ausnahmen im Sinn von Art. 29a Satz 2 BV vorzusehen !

100
Q

Beschwerdelegitimation

bundesrechtliche Anforderungen an den kt. Rechtsschutz

A

Art. 111 Abs. 1 BGG: Grundsatz der Einheit des Verfahrens
→ Die Beschwerdelegitimation darf sich “nach oben” zwar verengen, aber nicht erweitern (ansonst Vereitelung v. Bundesrecht)
→ Soweit auf Bundesebene die BöA zur Verfügung steht, ist die (weite) Beschwerdelegitimation gemäss Art. 89 BGG auch im kantonalen Verfahren massgebend (im Sinne einer Mindestanforderung)

  • Grund ist nicht Rechtsweggarantie
  • Aber: Die Rechtsweggarantie würde es den Kantonen – unabhängig von Art. 111 Abs. 1 BGG – verbieten, die Beschwerdelegitimation zu eng zu fassen und den Zugang zu einem Gericht dadurch indirekt zu vereiteln
101
Q

Kognition

bundesrechtliche Anforderungen an den kt. Rechtsschutz

A

Art. 110 BGG (i.V.m. Art. 86 Abs. 2 BGG):

  • v.A.w. volle Sachverhalts- und Rechtskontrolle im kantonalen Verfahren (mindestens durch eine kantonale Instanz)
    • v.A.w.: heisst aber trz. Geltendmachung notwendig (Gericht muss nicht jeder mögl. Verletzung nachgehen)
  • Art. 117 BGG: Geltung dieser Regel auch im Anwendungsbereich der sVB (d.h. im Ausschlussbereich gemäss Art. 83 BGG)

Art. 111 Abs. 3 BGG: Mindestanforderungen an die Überprüfungsbefugnis der unmittelbaren Vorinstanz des Bundesgerichts (d.h. auch des oberen kantonalen Gerichts gemäss Art. 86 Abs. 2 BGG):

  • Diese muss zumindest die gleichen Rügen prüfen können wie das Bundesgericht
    • Beachte: Ergibt sich wiederum nicht aus der Rechtsweggarantie,
      sondern aus dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens
102
Q

Prüfvorgang NK-Verfahren (Rechtsmittel: BörA)

A

Überprüfung einer Norm (= Rechtssatz) auf ihre Übereinstimmung mit einer höherrangigen Norm
- kein Rechtsmittel
- sondern Vorgang iR eines beliebigen Rechtsmittels

  • aNK = Norm losgelöst von einem konkreten Anwendungsakt auf Übereinstimmung mit höherangiger Norm überprüft (= ggf. Aufhebung der Norm)
  • kNK = Anfechtung eines konkreten Anwendungsakts, dessen Grundlage dabei vorfrageweise auf Vereinbarkeit mit hörerrangigem Recht überprüft (= ggf. Nichtanwendung =/= Aufhebung der Norm)
  • Bedeutung BV 190: Vorrangtellung der BVer, vgl. BV 148 I
  • Folge: starker Einbruch in die Verfassungsgerichtsbarkeit

Effekt BV190:

  1. Ausschluss Verfassungsgerichtsbarkeit ggü. BundesG., VöR
  2. Kein Ausschluss Verfassungsgerichtsbarkeit
  • ggü. kantonalem Recht
  • ggü. B.Verordnungen (Vorbehalt: Verf.widrigkeit der Verordnung durch Gesetz gedeckt)
  1. Anwendungsgebot, kein Prüfungsverbot!
  2. Kollision BundesG. und VöR?
  • EMRK (auch vor BV) und vör. Verträge (jüngere Rsp.) gehen vor
  • im Übrigen: Schubert-Praxis
103
Q

Überprüfung von VO (des BR)

Normenkontrollverfahren

A

direkte Anfechtung ausgeschlossen

Akzessorische Überprüfung

  • Ausgangspunkt: VO gemäss BV 190 nicht erfasst
    → prinzipiell überprüfbar
  • Einschränkung: soweit mit Überprüfung der VO indirekt auch Überprüfung des zugrunde liegenden BundesG. vorgenommen würde
    → vom Anwendungsgebot miterfasst
    (a) wenn eine Verordnungsregelung eine Gesetzesbestimmung vollzieht (d.h. näher ausführt), die ihrerseits verfassungswidrig ist
    (b) wenn eine gesetzesvertretende Verordnungsregelung auf einer Delegation beruht und die Delegationsnorm selbst
    b1) den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt
    b2) Raum für eine verfassungswidrige Regelung lassen will
  • beachte: BV 190 gilt nicht bez. “Gesetzeskonformität einer VO”

NB: “Überprüfungsbefugnis der nachgelagerten Verordnungen insofern eingeschränkt, als auch sie als massgeblich zu gelten
haben, soweit darin lediglich eine Verfassungsverletzung übernommen wird, die sich bereits aus dem Bundesgesetz selber ergibt”.

104
Q

kNK im Detail

Spezialfall: Kantonsverfassung

A

Spezialfall Überprüfung KV zulässig, wenn:

  • übergeordnetes Recht im Zeitpunkt der Gewährleistung noch nicht in Kraft und daher nicht zu berücksichtigen
  • geltendes Recht in Weise weiterentwickelt, der es Rechnung zu tragen gilt
105
Q

Vü.: Grundsatz des einmaligen Rechtsschutzes

A
  • Individuell-konkrete Natur der Verfügung
    → Tragweite ist für den Adressaten absehbar (klarer als bei einem Erlass)
  • Würde die akzessorische Überprüfbarkeit einer (Sach-)Verfügung bejaht, könnte diese bei jeder Vollzugs-/Vollstreckungshandlung
    wieder in Frage gestellt werden
    → kein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis

Ausnahmen:
- “unverzichtbare und unverjährbare Rechte” =
“SB eröfnet, der derart fundamentale Aspekte der Persönlichkeit/Menschenwürde betrifft, dass ein Eingriff schon an sich als besonders schwerwiegend erscheint” (BGer)
→ GR-Verletzung kann geltend gemacht werden ggü.
– Vollzugsakten (z.B. Ausweisungsverfügung)
– Bestätigungsakten (z.B. Wiedererwägungsverfügung)
- Allgemeinverfügungen
– Konkretheit → anfechtbar wie (Individual-)Verfügung
– Offener Adressatenkreis → akzessorisch überprüfbar wie Erlass (jedenfalls dann, wenn eine direkte Anfechtung nicht möglich oder nicht zumutbar war)

106
Q

abstrakte Normenkontrolle im Detail

A

Kantonale, interkantonale oder kommunale Norm mit rechtsetzendem Charakter, die Rechte oder Pflichten natürlicher oder juristischer Personen begründet
(Inhalt unwesentlich!)

  1. Anfechtungsobjekt = Kantonale Erlasse (BGG82 lit. b)
    wenn vorher kant. NK-Verfahren:
    - formelles A.objekt = letzter kant. Entscheid
    - mat. A.objekt = Erlass
    keine Ausnahmen, Zugangsschranken nicht einschlägig
  2. Vorinstanz: keine (BGG87)
    kt. NK-Verfahren: kt. oberes Gericht (BGG87II i.V.m. 86)
  3. Beschwerderecht
    BGG89I, II aber: materielle B. = virtuelles Betroffensein
    – b.Beschwerderecht unwesentlich, in Normen nie “Erlasse” als Anfechtungsobjekt
  4. keine Sonderregelungen betr. Beschwerdegründe: alle gem. BGG95ff.
  5. Frist: 30 Tage seit Veröffentlichung Erlass (BGG101)
    1. mit Referendumsmöglichkeit:
      • Referendum ergriffen: 30 Tage ab Annahme Gesetz (BGG101)
      • kein R. ergriffen: 30 Tage seit Bekanntmachung, dass Erlass zustande gekommen ist (BGG101)
    2. Genehmigungspflichtige Erlasse:
      30 Tage seit Bekanntmachung Genehmigung (BGG101)
    3. vorangehendes kt. NK-Verfahren:
      30 Tage seit Eröffnung Entscheids (BGG100I)
107
Q

konkrete Normenkontrolle im Detail

Spezialfall: Vo

A

Anfechtungsobjekt ist eine Verfügung, gerügt wird aber, ob die Norm, auf die sich die Verfügung stützt, einer höherrangigen Norm widerspricht

  1. Anfechtungsobjekt: Verfügungen / Entscheide
  2. Vorinstanz: grds. in jedem Verfahren - sofern zulässig - möglich
  3. Beschwerderecht: aktuelles Berührtsein in schutzwürdigen Interessen
  4. Beschwerdegründe: Rechtsverletzung, (evt. Sachverhalts- und Angemessenheitsverletzung)
  5. Frist: 30 Tage seit Eröffnung

spezielles Prüfprogramm:

  1. Rechtsanwendung
    Wurde die VO im Einzelfall richtig angewendet?
    - wenn ja: weiter
    - wenn nein: Verfügung wird aufgehoben
  2. Gewaltentrennung:
    Hält sich die VO an den Rahmen des übergeordneten Rechts (Einhaltung der Delegationsgrundsätze)?
    - wenn ja: weiter
    - wenn nein: VO wird nicht angewandt + Aufhebung Vo.
  3. Verfassungskonformität:
    - wenn ja: weiter
    - wenn nein: s. Punkt 5.
    Verstösst die VO aus anderen Gründen als die GT gegen die Verfassung?
  4. Ermächtigung:
    Ist die Verfassungswidrigkeit durch das Gesetz gedeckt?
    - wenn ja: weiter
    - wenn nein: VO wird nicht angewandt + Aufhebung VO
  5. Völkerrechtskonformität:
    Verstösst die VO gegen justiziable Garantien des VR mit menschenrechtlichem Gehalt?
    - wenn ja: VO wird nicht angewandt + Aufhebung VO
    - wenn nein: VO wird nicht angewandt

Spezialfall Überprüfung BV mit Völkerrecht:
BV kann Anwendung versagt werden, sofern diese nicht mit völkerrechtlichen Garantien vereinbar ist

108
Q

Kognition

A

Begriff (in proz.rechtl. Zusammenang): Überprüfungsbefugnis, Prüfungszuständigkeit

  • zentral: zweite Seite der Medaille “Beschwerdegründe”
  • mE: also, welche Kontrolle eines Beschwerdegrunds erfolgt
  • Haupregel: Kognition des Bundesgerichts (Art. 95 lit. a BGG)
    - Verfassungsverletzung = freie Kognition
    - Verletzung von Gesetzen/VO des Bundes = freie Kognition
    - Verletzung von kt. Recht = keine Überprüfung; bei grober Fehlerhaftigkeit (= Willkür): Verfassungsverletzung → bedenke: “Willkürkognition”
  • merke: keine Frage der Sehschärfe, sondern der Zuteilung von Letztentscheidungsbefugnissen

Kognitionsbechränkungen:
- rechtliche: Folge einer Beschränkung der Beschwerdegründe
- Gründe: Föderalismus, Konzentration auf Rechtsfragen am obersten Gericht., funkt. Gewaltenteilung
- faktische: Beschränkung der “Prüfungsdichte”, wo rechtliche Kognition besteht = Zurückhaltung der Rechtsmittelinstanz (bez. sog. “technisches Ermessen”/Autonomie)
→ Betrifft Ermessenskontrolle und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe
→ Folge: Beurteilungsspielräume der Verwaltung (nicht voll überprüfbar)
- Gründe: funkt. Gewaltenteilung, Gemeindeautonomie

109
Q

Kognition, Anwendungsfälle (?)

A

Einschränkung von Freiheitsrechten → Modifizierte Anwendung der Kognitions-Hauptregel

  • Gesetzliche Grundlage (kantonale oder kommunale):
  • bei schweren Eingriffen: freie Prüfung (→ Abweichung von der Hauptregel !)
  • in den übrigen Fällen: Willkürprüfung (→ entsprechend der Hauptregel)
  • Öffentliches Interesse, Verhältnismässigkeit: freie Prüfung

→ im Ergebnis: im Falle nicht schwerer Eingriffe akzeptiert das BGer eine (bei freier Prüfung) möglicherweise mangelhafte gesetzliche Grundlage im kt. Recht, solange deren Auslegung durch die kant. Instanzen nicht willkürlich ist

Stimmrechtsbeschwerde

  • vgl. BGG 95 lit. d
  • d.h. freie Prüfung allen Rechts

Gemeindeautonomie

  • Umschreibung des Autonomiebereichs (häufig implizit → Auslegung) durch das
    • kt. Verfassungsrecht = freie Prüfung
      • Entwicklung (mE): nur kt. verf.mässige Rechte
    • kt. Gesetzes-/Verordnungsrecht = Willkürprüfung
    → Das heisst: Anwendung der Kognitions-Hauptregel auch auf die Gemeindeautonomie
    - d.h. Problematik bez. Freiheitsrechte auch hier
110
Q

Kosten-/Entschädigungsfolgen

A
  • Gerichtskosten / Verfahrenskosten: Kausalabgabe zur Abgeltung
    des Aufwandes, welcher der Rechtsmittelbehörde entstanden ist
    (vgl. Art. 65 Abs. 1 BGG; Art. 63 Abs. 1 VwVG)
  • Parteientschädigung / Umtriebsentschädigung: Ersatz der
    Kosten der Gegenpartei für den notwendigen Beizug eines rechts-
    kundigen Vertreters

Verteilung der Kosten:

  • Grundsatz: “Unterliegerprinzip” (Art. 66 Abs. 1 und 68 Abs. 2 BGG; Art. 63 Abs. 1 und 64 Abs. 1 VwVG)
  • Relativierung durch das “Verursacherprinzip” =/= wie in AVR
    (Art. 66 Abs. 3 und 68 Abs. 4 BGG; Art. 63 Abs. 3 VwVG)
  • Bei einer Mehrheit von Beschwerdeführenden / Beschwerdegegnern: vgl. Art. 66 Abs. 5 und Art. 68 Abs. 4 BGG
111
Q
A
112
Q

Stimmrechtsbeschwerde im Detail

RF bei Gutheissung

A
  1. Anfechtungsobjekt
    1. Formal:
      • Einzelakte oder Realakte von eidgenössischen, kantonalen oder kommunalen Behörden
      • Kantonale Erlasse, wenn die gerügte Verletzung der politischen Rechte aus der Norm resultiert
    2. Inhaltlich:
      • politische Rechte
      • Volkswahlen oder Volksabstimmungen
  2. Instanzenzug
    1. keine Ausnahmen
    2. Instanzenzug
      • kt. Angelegenheiten:
        - im Kanton:
        Regel: kt. Rechtsmittel (gemäss BGer: Gericht)
        Ausnahme: Akte pol. Behörden (Parlament/Regierung)
        Ausschöpfung des Instanzenzugs
        - im Bund:
        Bundesgericht (Art. 88 BGG)
      • eidg. Angelegenheiten:
        - im Kanton (eidg. Wahlen von Kantonen administriert!): Kantonsregierung (Art. 77 Abs. 1 BPR)
        - im Bund: Bundesgericht, gegen E. der Kantonsregierung (BPR80I und 77) und E. der Bundeskanzlei (BPR80II, III)
        - Besonderheiten:
        − Akte BVer und BR nicht bei BGer anfechten (BV189IV)
        − B. Bundeskanzlei ans BVGer unmöglich (VGG32I lit. b)
  3. Beschwerderecht
    jede Person, die in der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist (= mat. Beschwer)
    + pol. Parteien (VSS: jur. P. + pol. Aktivität im Gem.wesen)
    + egoistische Verb.B. (allg. VSS + pol. Rechte eines Grossteils der Mitglieder betroffen)
  4. Beschwerdegründe
    - Verletzung von Bundesrecht (BGG95 lit. a)
    - Verletzung von allg. kantonalem Recht (BGG95 lit. d)
  5. Fristen
    - kt. Angelegenheiten (BGG100I, 101)
    - eidg. Angelegenheiten (BPR77II, BGG100I, III, IV
    – bei Realakten: gem. T&G Kenntnis von der Unregelmässigkeit
  6. RF bei Gutheissung: nicht zwingend Aufhebung
    Kriterien:
    - Schwere des festgestellten Mangels
    - Bedeutung des Mangels für Ausgang der Abstimmung
    − Stimmenunterschied
    - Rechtssicherheit / Aufwand der Rückabwicklung
113
Q

Einsprache

A

Rechtsmittel, mit dem bei der verfügenden Behörde die Änderung oder Aufhebung der Verfügung verlangt wird

  • nur wenn spezialgesetzlich vorgesehen, dann aber ein ordentliches Rechtsmittel
  • wenn vorgesehen muss Einsprache erhoben werden!
114
Q

Revision / Wiedererwägung
Verfahrensablauf/Besonderes

A

Verfahrensablauf:

  1. R-Grund / W-Grund (i.S. Rechtsanspruch) gegeben?
    - JA: Eintreten (sofern alle anderen Eintretens-VSS erfüllt)
    - NEIN: Nichteintreten (direkt zu 3.)
  2. Materielle Beurteilung
    - keine Änderung = Abweisung
    - Änderung = Gutheissung
  3. Anfechtung auf dem ordentlichen Rechtsmittelweg

Besonderes:

  1. Revision:
    - An die seinerzeit entscheidende Justizbehörde
    - Gründe: generell gravierende ursprüngliche Mängel der Verfügung / des Urteils (wenn explizit im Gesetz)
    • klass. BGG 123 I, II lit. a (= unechte Noven)
    • wohl am wichtigsten: Verletzung der EMRK gem. EGMR (i. wenn eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der
      Verletzung auszugleichen, und ii. die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen)
      • Frist, Verfahren, Entscheid: BGG124-128 (Verweis in VGG 45); VwvG 66-68, VGG 46
  2. Wiedererwägung:
    - Aufhebung oder Änderung einer Verfügung durch die verfügende Verwaltungsbehörde selbst (auf entsprechendes Gesuch hin)
    - Rechtsbehelf
    - an die erstinstanzlich verfügende Behörde
    - Verwandtschaft mit Revision eines Rechtsmittelentscheids
    - grds: kein Anspruch auf Eintreten; ausnahmsweise Anspruch (→ Rechtsmittel nicht mehr -behelf)
    - zu VSS s. AVR
    - Verfahren nicht ausdrücklich geregelt*
115
Q

Erläuterung/Berichtigung

A

Erläuterung: Begehren um Klarstellung des Dispositivs
Berichtigung: Begehren um Korrektur von Schreib- oder Rechnungsfehlern etc. im Dispositiv

116
Q
A
117
Q

Aufsichtsanzeige

A

= Rechtsbehelf, KEIN Rechtsmittel!

  • Kantone können Aufsichtsanzeige als Rechtsmittel ausgestalten
  • Rechtsgrundlage
    • Art. 71 VwVG («Aufsichtsbeschwerde»)
    • auch ohne gesetzliche Grundlage zulässig!
  • Gegenstand: Alle Fragen, die in der Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde liegen und öffentliche
    Interessen betreffen
  • Berechtigung: Jedermann zu jeder Zeit; Anzeiger hat keine Parteirechte (Art. 71 Abs. 2 VwVG)
  • Entscheid: Im pflichtgemässen Ermessen … aber: Petitionsrecht (Art. 33 BV) enthält Behandlungspflicht
118
Q

Willkür in der Rechtsanwendung

A

Entscheid
1) offensichtlich unhaltbar
2) mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch
3) verletzt krass eine Norm oder unumstrittenen Rechtsgrundsatz
4) läuft in stossender Weise Gerechtigkeitsgedanken zuwider

BGer hebt nur auf, wenn nicht nur Begründung, sondern auch Ergebnis unhaltbar ist

119
Q

Entscheid

A

“individuell-konkreter Hoheitsakt”

d.h. eine behördliche Anordnung im Einzelfall, mit der ein Rechtsverhältnis einseitig und verbindlich geregelt wird

120
Q

Star-Praxis

(bei Legitimation)

A

Nach der Star-Praxis tritt das Bundesgericht auf Rügen formeller Natur trotz fehlender Sachlegitimation ein. Es heisst Beschwerden aber nur gut, wenn sie nicht zu prozessualen Leerläufen führen