Modul 1 / Lernheft 3 / Grundlagen der Philosophie Flashcards
Philosophische Anthropologie – was ist das?
Es ist schnell erklärt: anthropos ist der Mensch und logos bedeutet die Lehre: also die Lehre vom Menschen. Philosophische Anthropologie steht für einen Erkenntnisweg
Die Philosophische Anthropologie als philosophische Richtung ist eng mit den Namen
Scheler, Plessner, Gehlen, Portmann und Landmann verbunden, deren charakter- istische These darin bestand, dass die Frage nach der Eigenart des Menschen, die primär im Bezug zur biologischen Forschung gestellt wurde, die Zentralfrage der Philosophie überhaupt sei.
o untersucht die Philosophische Anthropologie auch
die Stellung des Menschen in der Welt und seine Beziehung zu ihr
Die Erkenntnisse der Philosophischen Anthropologie sollen – so die Lernziele – dazu dienen, grundlegende Fragen beantworten zu können:
Was ist das Gleichbleibende am Menschen, was also sind die anthropologischen Konstanten, was ist das sich Wandelnde am Menschen? Und vor allem: Ist der Mensch beliebig veränderbar?
Homo Sapiens
Beim Menschen liegt ein extra-uterines Frühjahr des Embryos vor (gemessen an seiner Entwicklungshöhe müsste die Tragezeit 21 bis 22 Monate dauern).
Für den Menschen ist seine aufrechte Haltung typisch.
– Das Tier ist auf eine bestimmte Umwelt spezialisiert, der Mensch ist (zunächst und vergleichsweise lange Zeit) unselbstständig, somit – stärker, als dies beim Tier der Fall ist – auf Fürsorge und Erziehung angewiesen.
– Die Korrelation Tier – Umwelt steht der menschlichen Formbarkeit und Weltoffenheit gegenüber. Das bedeutet: Der Mensch hat nicht nur Umwelt, sondern erschließt sich Welt. Dadurch erfährt der Mensch eine Erweiterung seiner Sphäre, aber auch zugleich Gefährdung: Denn einerseits ist der Mensch gerade durch seinen Weltbezug letztlich weit selbstständiger als Tiere, die immer an Umwelten gebunden bleiben. Andererseits stürzt diese Offenheit der Welt ihn in tiefe Unsicherheit, was ihn wiederum unselbstständiger erscheinen lässt.
– Der Mensch benötigt eine im Vergleich zum Tier lange Zeit des Lernens und Spielens.
– Anders als beim Tier setzt die Geschlechtsreife relativ spät ein.
– Der Mensch weist ein verlängertes Jugendstadium auf.
Max Scheler (1874 – 1928)
Vertreter der Philosophischen Anthropologie
Scheler gilt als einer der Begründer moderner Philosophischer Anthropologie.
Was war Scheler’s Anliegen
Er wollte, wie er selbst schrieb, dem Mangel einer “einheitlichen Idee vom Menschen” abhelfen, in einer Zeit, in der “die wachsende Vielheit der Spezialwissenschaften das Wesen des Menschen” mehr verdeckt, “als dass sie es erleuchtet”.
Was ist da Leben Scheler zufolge?
Das Leben ist Scheler zufolge überall und immer gestalthaft organisiert, so dass das Ganze nicht auf die Teile reduziert werden kann
Schele zeichnet die menschliche Psyche in vier Schichten nach dem Stufenbau der organischen Natur:
Gefühlsdrang, Instinkt, assoziatives Gedächtnis und praktische Intelligenz.
Anthropologisches Merkmal des Menschen ist, ….
… weltoffen zu sein, d. h., der Mensch ist nicht nur “durch keine Natur, keine Rasse, kein Klima, keine Landschaft, keine Tradition, keinen Mythos gebunden”, sondern “offen zu aller Kultur, offen zu seiner eigenen Natur, vermag er sich über alle Natur zu erheben wie über alle Geschichte”. Der Mensch ist also zum einen in seiner Entwicklung nicht festgelegt, er besitzt “kein ihm eigentümliches Wesen”.
Somit ist der Mensch “das elastischste Lebewesen”, das
“am wenigsten standortlich angepasst” ist. Neben den gemessen am Tier herausragenden Unterscheidungsmerkmalen wie Sprache, Kunst, Religion etc. gehören demnach soziale Organisation, vielgestaltiger Fortschritt und Geschichte zu den “Monopolen des Menschen”.
Geist und Drang stehen einander als
als Gegensätze gegenüber. Dennoch hat der Mensch nicht die Wahl zwischen beiden. Denn: Nur beide zusammen machen sein Sein aus.
Scheler stellt folgendes Gesetz auf:
e niedriger etwas ist, desto weniger ist es von anderem abhängig. Während sich die Pflanzen noch durch direkte Assimilation anorganischer Stoffe aufbauen können, ist das Tier für seine Ernährung schon auf die pflanzlichen Syntheseleistungen angewiesen. Das Geistige im Menschen wiederum ist ohnmächtig, wenn es sich nicht der Dynamik der gewissermaßen tierischen Antriebe in ihm bedienen kann.
Laut Scheler werden auch die Kräfte von Politik, Gesellschaft und Ökonomie durch natürliche Kräfte motiviert.
Die einander widerstrebenden Triebe erhalten erst durch Sublimation ihre politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Formen und Inhalte. Der Gang der Geschichte ist somit nicht gesteuert durch rationale Prinzipien, sondern durch ‘darunterliegende’ naturgegebene und individuelle Triebe des Menschen.
Helmuth Plessners Hauptwerk
Helmuth Plessner (1892 – 1985)
Vertreter der Philosophischen Anthropologie
Die Stufen des Organischen und der Mensch.
Plessers Lehre lässt sich anhand zweier Leitfragen rekonstruieren:
– Was unterscheidet belebte von unbelebten Phänomenen?
– Wie organisieren sich lebendige Phänomene?
Drei Stufen von Plessner
Plessner unterscheidet die drei Organisationsformen (oder „Stufen“) des Lebendigen: Pflanze, Tier und Mensch, nach ihrer jeweiligen Positionalität.
Pflanzen sind offen organisiert, sie haben keine zentralen Organe.
Tiere sind zentrisch organisiert: sie leben aus einem Mittelpunkt heraus.
Die Organisationsform des Menschen ist dagegen exzentrisch, weil der Mensch jederzeit in ein reflexives Verhältnis zu seinem Leben treten kann.
In Hinblick auf das Zusammenleben der Menschen stellt sich die Frage, wie die Menschen mit ihrer prekären Grenzlage – aufgebrochen zum eigenen Innen, reziprok den durchdringenden Blicken der anderen preisgegeben – fertigwerden.
Den Weg sieht Plessner darin, dass sie einander das Recht auf „Masken“ zugestehen und in der so gestifteten öffentlichen Sphäre von Takt und Taktik die „Grenzen der Gemein- schaft“ markieren (so der Titel eines Buches von Plessner, erschienen 1924). In
seiner ‚politischen Anthropologie’ („Macht und menschliche Natur von 1931“)
Arnold Gehlen (1904 – 1976)
Vertreter der Philosophischen Anthropologie
Der Mensch ist laut Gehens
Er ist, so Gehlens Bezugnahme auf Nietzsche, „ein nicht festgestelltes Tier“
Um den Menschen zu Stabilisieren laut Gehlen bedarf es …
.. in den Institutionen ihre Stabilisierung erfährt Religion, etc.
War bei Scheler und Plessner die Weltoffenheit des Menschen noch als – wenn auch ambivalent erlebter – Vorzug charakterisiert, so sieht Gehlen in ihr
grundsätzlich eine Belastung”. Denn durch die Weltoffenheit ist der Mensch nicht wie das Tier durch seine Instinkte gesteuert, sondern als Mängelwesen seiner Umwelt ausgesetzt, ja sogar von ihr überfordert. Deshalb muss der Mensch, der für die Eindrücke der Welt durchlässig ist, ihre “Reizüberflutung” bewältigen und den “Bannkreis der Unmittel-
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Philosophische Anthropologie Lernheft 3
barkeit” brechen. Erst wenn “das Überraschungsfeld der Welt reduziert” ist, kann der Mensch die Wirklichkeit um ihn herum wie auch seine Natur tätig bewältigen, “indem er sie ins Lebensdienliche verändert”, womit er sich als Kulturwesen erschafft. Gehlens knappe Definition von Kultur lautet deshalb: “Die ins Lebensdienliche gearbeitete Natur heißt Kultur.”
Adolf Portmann (1897 – 1982)
war ein
Zoologe
nach Portmann als einzelne Aspekte der weltoffenen Anlage des Menschen gelten. Es sind dies:
a. die Freiheit der Entscheidung
b. die Fähigkeit zur Repräsentation (durch Sprache, Gebärde, Technik, Kunst)
c. die Geschichtlichkeit der menschlichen Sozialstruktur (als Tradition)
d. die aufrechte Haltung (in morphologischer und moralischer Hinsicht)
Der vierte Punkt soll hier gesondert betrachtet werden.
Michael Landmann (1913 – 1984)
So spricht auch Landmann von der philosophischen Anthropologie als einer “Anthropologie der Möglichkeit”, derzufolge die “Variabilität des Menschen Grunddoktrin der philosophischen Anthropologie selbst” ist.