Medizinrecht 2 Flashcards
Repetition MedR
Beginn des Lebens nach Rechtsgebiet
- PR: Ab vollendeter Geburt (ZBG 31 I), nasciturus bedingt
- StR: Ab Eröffnung der Wehen
- ÖR: ungeborenes Kind: Kein Recht auf Leben, aber Menschenwürde als Prinzip
Was sind Argumente, die für eine Schutzwürdigkeit von Embyronen sprechen?
- Speziesargument: Alle Angehörigen der Spezies Homo sapiens haben Würde. Da auch Embryonen der Spezies Mensch angehören, müsse ihr Leben ebenfalls geschützt werden.
- Kontinuumsargument: Den entscheidenden Entwicklungsschritten eines Embryos entsprechen keiner moralisch begründbaren Wertunterschiede. Aufgrund der kontinuierlichen Entwicklung kann kein klarer Strich gezogen werden, ab wann ein Embryo als schutzbedürftig gilt. Deshalb habe ein Embryo schon zu Beginn seiner Entwicklung Würde.
- Identitätsargument: In moralischer Hinsicht besteht eine Identitätsbeziehung zwischen Embryo und der Person, die sich aus ihm entwickeln kann.
- Potentialitätsargument: Embryonen haben Würde, weil sie das Potential besitzen, sich zu einem Wesen zu entwickeln, das würdeverleihende Eigenschaften trägt.
Wann endet die Persönlichkeit?
- ZGB 31: Mit dem Tod
- BGE: Eintritt des Todes durch vollständigen, irreversiblen zerebralen Funktionsausfall oder durch Tod des Gehirns (Hirntod)
- Eintritt des Todes durch irreversiblen Herzstillstand mit der dadurch unterbrochenen Blutzirkulation im Gehirn (Herz-Kreislauf-Tod) ??
- TpG 9: Mensch ist tod, wenn die Hirnfunktionen des Hirnstamms irreversibel ausgefallen sind
Wie ist die medizinische Behandlung aus rechtlicher Sicht heute?
- Voraussetzung der gültigen Einwilligung: UF und Aufklärung
- Erfordernis der Einwilligung: Schützt Selbstbestimmungsrecht
- Erfordernis der Aufkl: Schützt Freiheit der Willensbildung
- diese geschützten RG sind laut BGer untrennbar verbunden
Wie war es früher?
Heilzweck reichte, um keinen allfälligen Tatbestand zu erfüllen = paternalistische Medizin
Welche Merkmale müssen kumulativ gegeben sein für Heilbehandlungen?
- medizinische Indikation (Achtung: “schlechtes” Kriterium bei Grenzfällen ??)
- therapeutischer Zweck physischer und psychischer Natur i.w.S. (inkl. Diagnostik und Prophylaxe)
- Ausrichtung an wissenschaftlichen erprobten und standardisierten Verfahren
(bspw. Heilversuch ≠ wissenschaftlich erprobt) - (Spezialbehandlungen mit bes. VSS je nach Spezialgesetz)
Was ist der Off Label Use?
- Anderer Einsatz eines Medikaments als im Zulassungsentscheid vorgesehen
- Einsatz
- gehört i.d.R. zur Kat. der individuellen Heilversuchen
- eingesetzt, wenn standardisierte Therapien fehlen
- erhöhte Anforderung an der Aufklärung
Was wird für eine Einwilligung vorausgesetzt?
- Urteilsfähigkeit
- Aufklärung
Was für ein Recht ist die Einwilligung?
- ZGB 19c: ein relativ höchstpersönliches Recht
Vertretung im Falle der Urteilsunfähigkeit - beurteilt den rechtlichen (≠ natürlichen) Willen
Wie ist die Behandlung für Eingriffe mit und ohne medizinische Indikation zu werten?
Bezogen auf ZGB 19c?
- mit medizinische Indikation: Relavtiv höchstpersönliches Recht
- ohne medizinische Indikation: Absolut höchstpersönliches Recht
Wann liegt eine medizinische Indikation vor?
Alles was im gesundheitlichen Interesse einer Person liegt
Weshalb “informierte” Einwilligung?
- Einwilligung ist das Werkzeug für das Selbstbestimmungsrecht
- Einwilligung verlangt freie Entscheidung
- Ohne Wissen über die Grundlagen keine freie Willensbildung möglich
- Patient muss über alle Informationen verfügen, die eine Abwägung des möglichen Nutzens der Operation und der damit verbundenen Risiken erforderlich ist und somit für eine sachgerechte Meinungsbildung notwendig sind
Was sind die Folgen bei Mängeln in der Einwilligung und Aufklärung?
- keine rechtswirksame Einwilligung oder Ablehnung
- Behandlung bleibt rechtswidrig
- Behandelnde Az kann sich nicht mehr selbst legitimieren
- Ausnahmen: Notfälle, Anordnung i.R. einer FU
Was ist das Informed Consent-Prinzip?
Inhalt, Form, Widerruf und VSS
- Inhalt: Einwilligung oder Ablehnung
-
Form: Je nach Schwere des Eingriffs
- konkludent bei leichten Eingriffen
- Ausdrücklich/schriftlich bei invasiven Eingriffen
- Beweissicherungsgründen
- Bestätigung der Einwilligung und Aufklärung
- Widerruf: Jederzeit möglich (ZGB 27 II)
-
VSS:
- Umfassende Aufklärung
- UF gem. ZGB 16
Wann ist eine Erweitung der Operation ohne Einwilligung zulässig?
- Grundsätzlich ist Abbruch notwendig und Einwilligung einzuholen
- Ausnahme:
- dringend notwendigen Eingriffen
- bei unvorhersehbar, aber unbedingt notwendigen Erweiterung ODER
- unwesentlichen Erweiterung, die das OP-Risiko nicht erhöht
- Med. Indikation ist entscheidend
- Az bei der Beurteilung an den Reglen der ärztlichen Kunst gebunden
- Diagnose nach leges artis
Was sind die Schranken der Selbstbestimmung?
- ZGB 27
- OR 20
- StGB 114
- h.L.: Keine Einwilligung in sKV ohne medizinischen Grund und ohne positiven Zweck
Urteilsfähigkeit - Wann liegt diese vor?
- ZGB 16: Gesetzliche Vermutung der Urteilsfähigkeit
- Liegt einer der genannten Zustände vor: Prüfung im Einzelfall
- Beachte bei der Prüfung die sachliche und zeitliche Relativität
- UF immer bezogen auf einen bestimmten Zeitpunkt und einen bestimmten Sachverhalt
- UF ist nicht abstufbar = “Alles-oder-nichts”-Prinzip
Aufhebungsgründe der Vermutung der Urteilsfähigkeit
- Nach Lehre und Rsp: Keine Vermutung, wenn obj. Zweifel an der UF der Person besteht
- Umkehr der Beweislast, wenn eine Person ihrer allgemeinen Verfassung nach im Normalfall und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als UUF gelten muss
Was ist Inhalt der Urteilfähigkeit?
- Fähigkeit zum vernunftgemässen Handeln
- Bedeutet nicht vernünftiges Handeln
- UF setzt voraus:
- intellektuelle Seite: Einsichts-/Willensbildungsfähigkeit
- voluntative Seite: Willensumsetzungsfähigkeit
Was sind die Elemente und deren Inhalt der Urteilsfähigkeit?
-
Einsichts- und Willensbildungsfähigkeit
- Pat muss über intell. Fähigkeiten verfügen,
- den SV und vorschlagenenen Behandlungsmöglichkeiten sowie die Folgen der Nichtbehandlung zu verstehen,
- ihre Bedeutung für die eigene Zukunft und für die eigene Gesundheit zu ermessen,
- Vor- und Nachteile verschiedener Alternativen abzuwägen und
- sich zur Frage der Behandlung einen eigenen freien Willen zu bilden
-
Willensumsetzungsfähigkeit
- Pat muss in der Lage sein, sich seinen Willen gemäss zu verhalten. Er muss gewissen äusseren Druck/Beeinflussung widerstehen können
Funktionen der Urteilsfähigkeit in MedR
- Schwellenfunktion: UF als Schwelle zw. Selbst- und Fremdbestimmung
- Schutzfunktion: Nur wer Folgen überblicken kann und in der Lage ist, sich einen eigenen Willen zu bilden und sich gemäss diesem zu verhalten, soll die Folgen auch tragen müssen
- Ausschlussfunktion: Aufklärung knüpft an UF. Wer nicht UF ist, muss nicht aufgeklärt werden. Informations- und Partizipationsrecht stehen Pat noch zu
Welche Aufklärungsarten werden unterschieden?
- Eingriffs- oder Selbstbestimmungsaufklärung
- therapeutische Aufklärung/Sicherungsaufklärung
- Aufklärung über die wirtschaftlichen Aspekte
Was ist die Eingriffs- oder Selbstbestimmungsaufklärung?
“zusammengefasst”
- Pflicht zur Aufklärung über Chancen und Risiken der Behandlung, Nebenwirkungen, Behandlungsalternativen, Folgen der Unterlassens einer Behandlung im Sinne des Informed Consent-Prinzips
- schützt Selbstbestimmungsrecht
- Ist sie mangelhaft oder fehlt ganz, bleibt der Eingriff rechtswidrig = Haftung
Was ist die therapeutische Aufklärung/Sicherungsaufklärung?
- Information über das richtige Verhalten des Patienten (“Heilerfolg sicherstellen”)
- Fehler sind ein Verstoss gegen die Sorgfaltspflicht, lassen aber nicht die Einwilligung entfallen