Mathematische Förderung Flashcards
Rechenstörung nach ICD-10
Diese Störung besteht in einer umschriebenen Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine unangemessene Beschulung erklärbar ist. Das Defizit betrifft vor allem die Beherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten, wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, weniger die höheren mathematischen Fertigkeiten, die für Algebra, Trigonometrie, Geometrie oder Differential- und Integralrechnung benötigt werden.“
Diagnostik isolierte Rechenstörung
- IQ > 70 (wenn unter 70, dann liegt gemäss ICD eine geistige Behinderung vor)
- Unterdurchschnittliche Mathematikleistung von 1.5 SD (PR ≤ 7, T-Wert ≤ 35) bis 2 SD (PR ≤ 3, T-Wert ≤ 30) unter Mittelwert in standardisiertem Test
- Diskrepanz IQ vs. Mathematikleistung (> 1.5 SD)
- Diskrepanz Rechenleistung vs. Lese-/Rechtschreibleistungen (d.h. letztere sollte im Normalbereich liegen)
Kombinierte Störung
- Kriterien wie vorher, jedoch auch unterdurchschnittliche Lese-/ Rechtschreibleistungen
Problematik der Diskrepanz
• IQ und Mathematikleistung müssen so weit auseinander stehen. SuS mit unterschiedlichen IQ-Profilen haben aber oft die gleichen Schwierigkeiten in Mathematik. Für die Diagnostik heisst es aber, dass Kinder mit kleinerem IQ nicht diagnostiziert. So bekommen sie auch keine Fördermassnahmen (aufgrund ihres tieferen IQ).
Beispiel Diskrepanz Problematik
Ein Kind erreicht im IQ-Test 105. Standardabweichung sind 15 Punkte (IQ). Im Schulleistungstest Mathematik erreicht es einen Wert von 80, Standardabweichung auch von 15 Punkten.
Die Diskrepanz von IQ und Schulleitung Math ist 25 Punkte. Um die Diagnose zu erhalten, muss die Diskrepanz grösser sein als 1.5 Standardabweichung (1.5x15 Punkte). 1.5 SD ist 22.5; weil 1 SD ist 15 Punkte.
Es liegt daher eine Lernstörung vor (25>22.5). Das Kind hätte die Diagnose Rechenstörung.
Ein anderes Kind erreich im IQ-Test 98 Punkte (SD 15) und im Mathtest 80 Punkte (SD 15). Die Diskrepanz ist 18, was kleiner ist als die nötigen 22.5.
Das Kind hat also keine Lernstörung, obwohl es im Math gleiche Schwierigkeiten hat, wie das erste Kind, das eine Lernstörung hat.
- Der Unterschied dieser beider Kinder ist minimal und man merkt ihn im Unterricht nicht.
- An einem anderen Tag hätten die Kinder vielleicht ein anderes Resultat im IQ-Test.
Sprachliche und mathematische Verarbeitung
Es gibt grosse Überschneidungen in den Hirnregionen.
In frühen Stadien (also alle SuS, die wir haben) des mathematischen Lernprozesses scheint die Sprache wichtig zu sein. Später werden symbolische Repräsentationen wichtiger.
(Später werden bei mathematischen Aufgaben andere Hirnregionen aktiviert; früher besonders die gleichen, die auch für die Sprache verwendet werden).
Unterschied Kinder mit/ohne RS
neurologische Sicht
Kinder mit RS ist die Aufmerksamkeitssteuerung (Frontalcortex) weniger ausgebildet.
Kinder mit RS haben eine kürzere Speicherkapazität des Arbeitsgedächtnisses
Hyppocampus ist weniger aktiv.
Unterschied Kinder mit/ohne RS
Einfache vs. schwierige Aufgaben
- Bei Kindern mit RS werden die gleichen Hirnareale aktiv. Schwierige Aufgaben werden mit den gleichen Regionen «angeschaut».
- Kinder ohne RS aktivieren noch weitere Hirnareale. Sie merken, dass weitere nötig sind.
Unterschied Kinder mit/ohne RS
Aufgaben überprüfen (3+4 = 8?)
- Kinder ohne RS wurde das visuelle Arbeitsgedächtnis aktiv (Bilder abrufen, visuell entscheiden, ob das stimmt).
- Rechenschwache Kinder hatten keine Bilder gespeichert und konnten dies nicht abrufen.
Unterschied Kinder mit/ohne RS
Phonologisches Bewusstsein und Kopfrechnen
- Hohe Korrelation zwischen Sprachareal und Kopfrechnen können. Rechenschwache Kinder zeigen weniger Aktivität, da sie es nicht einfach abgespeichert haben. Sie können es nicht einfach Abrufen.
Volgerung für den Unterricht
Visuelles Gedächtnis stärken:
- Bildervermitteln im Zahlenraum, Mengenvorstellung
- Arbeitsmittel einsetzen, regelmässig, dass sich Bilder entwickeln können
Frontalcortex entlasten:
- Gezieltes Automatisieren, damit Kapazität frei wird
- Strategien vermiteln
- Strukturen erarbeiten
Überlappungen der Hirnregionen für sprachliche und arithmetische Verarbeitung nutzen:
- Sprache bewusst einsetzen; Vorgänge und Erkenntnisse formulieren
- Mathematische Aussagen in Bilder und Handlung übersetzen
Merkmale von Rechenschwäche
• Fehlende numerische Vorkenntnisse im Vorschulalter Fehlende Zählkompetenz; schlechte Startchancen
• Schwierigkeiten beim verbalen Zählen (rückwärts, in Schritten) Auch in S1
• Schwierigkeiten beim Strukturieren von Anzahlen – quasi-simultane Anzahlerfassung Strukturen können bei Zahlenfolgen nicht erkannt werden
• Fehlende Einsicht ins dezimale Stellenwertsystem Kommastellen
• Fehlendes Operationsverständnis (Multiplikation / Division)
• Schwierigkeiten beim Abrufen von Zahlenfakten (einfache Aufgaben können nicht automatisiert werden)
o Verwendung von Abzählstrategien beim Kopfrechnen
• Rezepthaftes Auswendiglernen von mathematischen Verfahren
o Schwierigkeiten beim Problemlösen
o kaum Vorstellungen / innere Bilder
• Fehlende Grössenvorstellungen (Referenzgrössen/Stützpunktvorstellungen)
Fehlendes mathematisches Basiswissen
Beinhaltet Defizite im:
- Dezimalsystem
- Vorstellung des Zahlenraumes inkl. Zählkompetenz
- Operationsverständnis, insbesondere Muliplikation/Division
Wenig automatisiert abrufbares Zahlen- und Strategiewissen
- Schriftliche Verfahren
- Zählendes Rechnen
Schwierigkeiten beim Problemlösen
- Komplexere Aufgaben
- Sachrechnen
Folgerungen für Mathematikunterricht
Zentralen Inhalte müssen besonders gewichtet werden:
- Zählen, Mengenbegriff
- Verständnis Dezimalsystem
- Operationsverständnis/ mathematisieren
Das Vermitteln von Rezepten zugunsten von Verstehen/Einsicht möglichst vermeiden; Vorstellungen und Strategien aufbauen anstelle von Formelwissen
Nicht Schulbuch abarbeiten, sondern zentrale Inhalte gewichten
Auch in oberen Schuljahren Elemente des mathematischen Basisstoffes erarbeiten, wenn diese den SuS fehlen
Heilpädagogische mathematische Förderung
ist nicht Nachhilfeunterricht
Merkmale von Rechenschwäche II
• Fehlende numerische Vorkenntnisse im Vorschulalter
• Schwierigkeiten beim verbalen Zählen
• Schwierigkeiten beim Strukturieren von Anzahlen und bei der quasi-simultanen Anzahlerfassung (wir sehen 2 Würfel mit 3 und 3 und sehen sofort 6 Augen)
• Schwierigkeiten beim Abrufen von Zahlenfakten
• Verwendung von Abzählstrategien beim Kopfrechnen
• Rezepthaftes Auswendiglernen von mathematischen Verfahren
- Schwierigkeiten beim Problemlösen
- fehlende Vorstellungen / innere Bilder
• Fehlendes Operationsverständnis (ins. Multiplikation / Division)
• Fehlende Einsicht ins dezimale Stellenwertsystem
Implikationen für Diagnostik (basierend auf Rechenschwäche)
- Zählkompetenz (flexibles Zählen, später Zählen rückwärts und Zählen in Schritten) überprüfen
- Orientierung Zahlenstrahl (Zahlenreihe) überprüfen
o (Orte bestimmen, Verhältnisse darstellen, Nachbarzehner etc.) überprüfen - Mengenerfassung überprüfen
o Anzahlerfassung (subitizing bis 4, unterschiedlich strukturierte Mengen bis ca. 10) überprüfen - Mengen bestimmen lassen
o (durch Abzählen, durch Fünfer-/Zehnerstrukturierung)