Litigation-PR Flashcards
Woher stammt die Litigation PR?
Die Litigation-PR stammt aus den USA und entwickelte sich in den frühen 1980er Jahren.
Wahr oder Falsch.
Die Litigation PR hat sich im deutschsprachigen Raum bereits etabliert und ist klar einordbar.
Falsch. Litigation PR ist eine im deutschsprachigen Raum neue Spezialdisziplin der PR. In der Kommunikations-wissenschaft findet der Begriff „Litigation PR“ keine eindeutige Einordnung. Die wissenschaftliche Literatur beschreibt Litigation PR nach Heinrich als Subdisziplin der Krisenkommunikation, während die US-amerikanische und deutschsprachige Praktikerliteratur von einer eigenständigen Teildisziplin spricht.
Was bedeutet “Litigation”?
„Litigation“ ist ein angloamerikanischer Rechtsbegriff und kann mit Gerichtsverfahren, Prozess, Rechtsstreit oder Strafsache übersetzt werden.
Was versteht man nun unter “Litigation-PR”?
„Litigation PR“ bezeichnet nach James Haggerty (Anwalt und Litigation PR-Spezialist) das Kommunikationsmanagement von Organisationen vor, während oder nach einer juristischen Auseinandersetzung. Litigation PR zielt nach Möhrle (2012) über die öffentliche und nicht-öffentliche Meinungsbildung im Umfeld eines juristischen Verfahrens darauf ab, den Ausgang im Sinne einer Partei zu beeinflussen.
auch prozessbegleitende Öffentlichkeitsarbeit
Warum ist es so schwer Litigation PR den anderen Kommunikationsdisziplinen zuzuordnen? (4)
Weil je nach Perspektive und/oder Situation sich die wisschenschaftliche Einordnung verändert.
* Als Teildisziplin der PR (Presse- & Medienarbeit, Issues Management, Mitarbeiterkomm., Krisenkomm., IR)
* Als Bestandteil von rechtlichen Auseinandersetzungen (äußere und innere Krisen) als Krise selbst oder als Folge einer Krise (Anm.: Oft wird erst die mediale Berichterstattung über einen Gesetzesverstoß zum krisenauslösenden Element.)
* Verändert sich nach Art der Rechtsstreitigkeit
* Verändert sich nach Position (Kläger oder Angeklagter): Für Klägerseiten ist eher ein Kommunikationsmanagement erforderlich, das dem Issue Management oder den Public Affairs nähersteht, für Beklagte eher die Krisenkommunikation.
Die Literatur sieht Litigation PR nicht automatisch als eine Spielart der Krisenkommunikation, wobei beiden gemein ist, dass je nach Verfahrensverlauf und Verhalten der Beteiligten krisenhafte Eskalationen entstehen können.
Was haben trotz schwerer Zuordbarkeit der Litigation PR, die Litigation PR mit der PR gemeinsam? (1)
Es gilt die kommunikativen Beziehungen zu den Anspruchsgruppen zu halten (Mitarbeiter, Anteilseigner, Kapitalgeber, Kunden, Lieferanten, Medien). Als Mittler sind die Medien oft das zentrale Element juristischer Auseinandersetzungen. Litigation PR wird immer dann notwendig, wenn die Medien oder die Öffentlichkeit auf ein rechtliches Verfahren aufmerksam werden und die Berichterstattung einsetzt. Sie ist ein Produkt der Mediengesellschaft, in der die Öffentlichkeit eine gewichtige Rolle spielt. Die Öffentlichkeit nimmt eine Quasi-Richter-Funktion ein und muss daher als Verbündeter gewonnen werden.
Wahr oder Falsch.
Gerade in den USA liefert das dortige Jury-System einen fruchtbaren Boden für Litigation PR. Wer die Jury für eine Argumentation einzunehmen vermag, gewinnt den Fall. Die Einsatzfelder sind auch im deutschsprachigen Raum vielfältig.
Wahr. In Zivilstreitigkeiten kann Litigation PR sowohl auf Kläger- als auf Beklagtenseite eingesetzt werden, sowie bereits im Vorfeld eines rechtsanhängigen Gerichtsverfahrens. Im Strafverfahren kann die Berichterstattung bereits im frühen Stadium einsetzen, daher ist der Einsatz von Litigation PR für Verdächtige oder Angeklagte von hoher Bedeutung. Die PR-Disziplin der Litigation PR findet also im Spannungsfeld von Medien und Recht statt. Das Justiz- und Mediensystem übt daher wesentlichen Einfluss auf die Entstehung und Ausprägung von Litigation PR aus.
Im Spannungsfeld welcher zweier Systeme ist die Litigation-PR anzusiedeln? (2)
- Mediensystem
- Justizsystem
Was ist das große Problem der Litigation-PR?
Litigation-PR kann tatsächlich Auswirkungen auf das Strafmaß haben. Es besteht Gefahr, dass diejenigen die sich das leisten können, eher Recht bekommen. Es ist auch schlecht, wenn der Eindruck entsteht man könnte sich durch Litigation-PR ein passendes Urteil verschaffen, was problematisch für einen Rechtstaat ist, wo jeder vor Gericht gleich zu behandeln ist.
Wenn eine Person, ein Unternehmen oder eine Organisation vor Gericht steht, wird der Streit meist an zwei Fronten ausgetragen. Welche sind das?
- Im Gericht selbst
- Im “Gerichtssaal der Öffentlichkeit”
Es ist ein Irrglaube, dass wenn jemand vor Gericht Recht zugesprochen bekommt, dies auch von der Öffentlichkeit erhält. Da rechtliche Auseinandersetzungen oftmals als Medienkonflikt ausgetragen werden, erfüllt Litigation PR die Aufgaben einer professionellen öffentlichen Kommunikation. Bei medienwirksamen Konflikten handelt es sich nicht länger um einen Zwei-Parteien-Konflikt, sondern kommen Massenmedien als dritter Faktor hinzu. Es geht deshalb nicht primär um die argumentative Auseinandersetzung mit der gegnerischen Partei, sondern um die Kommunikation der Akteure über die Massenmedien mit der Öffentlichkeit
Was haben Studien herausgefunden, die sich mit Litigation-PR beschäftigen? (6)
- Die meisten deutschen Richter, Staatsanwälte und Verteidiger verfolgen die Berichtserstattung über Fälle in denen sie involviert sind aufmerksamer.
- Verteidiger nutzen die Medien, um aktive Informationspolitik zu betreiben.
- Negative Medienberichte haben erheblichen Einfluss auf Laien im Gerichtssaal (z.B. Geschworene)
- Ein Drittel der 782 befragten Richter, Staatsanwälte, Verteidiger und Journalisten kommt zu Schluss, dass die mediale Berichterstattung die Höhe der Strafe beeinflusst.
- Aus Sicht von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Anwälten sollte Litigation-PR die eigene Position richtig darstellen und eine ausgewogene Berichterstattung anstreben.
- Für die Gerichte und Staatsanwaltschaften bietet Litigation PR eine wichtige Funktion im Sinne der Hilfe für die Öffentlichkeit, um komplexe juristische Sachverhalte zu verstehen und die Hilfe bei der Konfliktlösung.
1-4: (Kepplinger et al.: 2006) // 5-6 (Marcomedia Hochschule: 2010)
Nur zum wiederholten Lesen: Studie der Karmasin Motivforschung, die im Auftrag des Bundesministeriums (2011) - Haltung der österreichischen Bevölkerung gegenüber der Justiz
Die Studie „Vertrauen in die österreichische Justiz“ kommt zum Schluss, dass sich die Zufriedenheit auf einem guten bis durchschnittlichen Niveau befindet. Vor allem die Schwerfälligkeit und Langsamkeit der Justiz sowie die lange Verfahrensdauer wurden hierbei kritisiert, das Ausmaß der Strafen sei oft nur schwer nachvollziehbar und der Strafvollzug zu mild. Am häufigsten wurde jedoch als Schwäche der Einfluss von Macht, Geld und Politik genannt. Nach Ansicht der Bevölkerung werden nicht alle Leute von der Justiz gleichbehandelt. Es scheint eine Geldfrage, ob man einen guten Anwalt engagiert und dementsprechend milder behandelt wird. Die Folgestudie aus dem Jahr 2013 zeigt eine allgemeine Steigerung der Zufriedenheit und des Vertrauens mit und in die österreichische Justiz. Als Grund sieht die Studie unter anderem die verstärkte Medienberichterstattung über Korruptionsfälle, die zu der Ansicht führt, dass die Justiz strenger geworden sei und sich selbst Politiker nicht alles erlauben können. Doch bleibt auch hier wiederum einer der Hauptkritikpunkte, die bevorzugte Behandlung bestimmter Personengruppen. Eine weitere Folgestudie „Vertrauen in die österreichische Justiz 2014“ für das Bundesministerium für Justiz von ecoquest und Spectra durchgeführt, zeigt, dass das Informationsniveau der Bevölkerung seit 2011 stetig gestiegen ist.
Was sind die Ziele von Litigation-PR? (4)
- Schutz der Reputation (Glaubwürdigeit- und Vertrauensverluste eindämmen)
- Argumentation der Gegenseite widerlegen
- Unterstützung der Öffentlichkeit für die eigenen Position gewinnen
- Mobilisierung von öffentlicher und nicht-öffentlicher Meinungsbildung im Umfeld des juristischen Verfahrens (Verlauf und Ausgang im Sinne einer Partei beeinflussen)
Was muss man als erstes “erhalten”, um Einfluss mittels Litigation-PR ausüben zu können?
Es gilt, so früh wie möglich mit der Steuerung der Kommunikation die Deutungshoheit über den Fall zu erhalten. Da alle Verfahrensbeteiligten ihre eigenen Ziele verfolgen, neigen diese zum gezielten Einsatz von Übertreibung, Mutmaßungen und Weglassungen in der öffentlichen Debatte. Litigation PR muss sich daher in der Vermittlung der eigenen Inhalte an Geschwindigkeit und Glaubwürdigkeit orientieren.
Litigation PR variiert je nach Einsatzgebiet. Inwiefern? (2)
- Zivilrecht: Im Zivilrecht kann Litigation PR für beide Parteien eingesetzt werden. Eine effektive Litigation PR kann es schaffen, dass sich die Parteien bei Fällen mit brisanten Themen, hohen Streitwerten oder hoher Komplexität auf einen Vergleich einigen. Auch können postulierte Ansprüche durch den Einsatz von Litigation PR in der Öffentlichkeit sowie gegenüber dem juristischen Gegner unterstrichen werden. Bei zweifelhaftem Sachverhalt kann eine effektive Litigation-PR dazu führen, dass der Anspruchsteller seine schwache Position und die fehlende Unterstützung der Öffentlichkeit erkennt und daher von einem Rechtsstreit oder Prozess absieht.
- Strafrecht: Im Strafrecht reduziert sich der Einsatz von Litigation PR auf die nachhaltige Unterstützung des Angeklagten, der hier zu einem wichtigen Instrument der Verteidigung werden kann. Litigation PR kann die eigene Position stärken und die öffentliche Meinungsbildung im eigenen Sinne beeinflussen. Gerade in wirtschaftsrechtlichen Verfahren, in denen es sich bei den Angeklagten zumeist um Organmitglieder von Konzernen handelt, gilt es, die mediale Vorverurteilung zu verhindern und so die Reputation zu schützen, auch im Sinne der weiteren beruflichen Zukunft.
Wie heißt der Verband für Litigation-PR in Österreich?
Im Verein „LitCom“ haben sich Juristen, Kommunikationsberater und PR-Fachleute in Unternehmen, Kanzleien, Justiz und Medien zusammengeschlossen, um sich professionell mit der Kommunikation in rechtlichen Auseinandersetzungen zu befassen. Die Professionalisierung der Litigation-PR sowie die Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit stehen dabei im Mittelpunkt.
Die Frage der Ethik im Einsatz von Litigation PR stellt sich vor allem in Fällen mit emotional diffizilen Themenkomplexen oder mit Taten, die aus Sicht der Gesellschaft unentschuldbar sind. Jeder Täter hat das Recht auf Verteidigung und verdient den Schutz der Gesetze und einen menschenwürdigen Umgang. Die Europäische Menschenrechtskonvention sowie die österreichische Strafprozessordnung sehen das Recht auf Verteidigung vor, ein Recht auf einen Litigation-PR-Experten gibt es nicht. Es obliegt daher der Ethik der Branche, einen kommunikations- und verhaltensbezogenen Werterahmen zu etablieren.