Kriminalitätsprävention Flashcards
Kriminalprävention in der Kriminologie
- Sanktionen- und Wirkungsforschung
- Evaluation kommunaler Kriminalprävention
- Stellung des Verletzten und Opfers im Strafverfahren
Kriminalprävention
Straftheorien: Generalprävention, Spezialprävention
”È meglio prevenire i delitti che punirgli.“
Cesare Beccaria, Dei delitti e delle pene, 1764, § XLI
Kriminalprävention ist weiter zu fassen:
Alle Massnahmen, die bezwecken, dass Ausmass und Schwere der
Kriminalität vermindert werden
1. durch Einschränkung der verbrechensfördernden Gelegenheiten
2. durch Präsenz von Kontrollen (Wächter wie Nachbarschaftskontrollen,
technische Installationen)
3. durch Einwirkung auf tatgeneigte Personen
4. durch Einwirkung auf die Bevölkerung insgesamt
5. durch Einwirkung auf verurteilte Täter
Präventionsformen
•
Situative und technische Prävention
Verminderung der Kriminalitätsrate durch Einflussnahme auf konkrete Tatgelegenheiten und Tatrisiken
•
Quartier-und gemeinschaftsbezogene Prävention
Eindämmung von kriminalitätsfördernden Faktoren in prekären Stadtgebieten, Förderung der informellen Kontrolle und Hilfe unter Bewohnern, Community Policing
•
Entwicklungsprävention
Verhinderung der Entwicklung von kriminellen Neigungen in Individuen, Vorschulprogramme, Elternschulung
Polizeiliche Strategien der Kriminalprävention Prävention vs. Repression
•
Repression: Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden und der Strafjustiz
•
Aufgabe der Polizei: Früher hauptsächlich repressiver Natur
•
Heute vermehrt Fokus auf kriminalpräventive Aufgaben der Polizei
•
Unterstützung der Kriminalprävention durch evidenzbasierte Praxis bedeutet die Ausrichtung von Entscheidungen über Vorgehensweisen am aktuellen gesicherten Wissensstand einer beruflichen Disziplin.
Wandel der polizeilichen Aufgaben und Strategien
Nachbarschafts- oder quartierorientierte Polizeipraktiken
(Community Policing) Ziel: Bessere Zusammenarbeit mit anderen Behörden und der lokalen Bevölkerung sowie Verankerung der Polizei in der lokalen Gemeinde Umfassende Praktik, nicht aufspezifische Kriminalitätsproblemefokussiert - Brennpunktorientierte Polizeipraktiken (Hot-Spot-Policing)Identifikation von Gebieten (Hot-spots) mit hoher KriminalitätskonzentrationAusrichtung spezifischer polizeilicher Massnahmen auf diese Problemgebiete
•
Problemorientierte Polizeipraktiken (Problem-OrientedPolicing)Entwicklung und Konzentration polizeilicher Massnahmen auf spezifische Probleme Unter Miteinbezug der lokalen Bevölkerung
Evidenzbasierte präventive Massnahmen
•
Gemeinsamkeit der neuen Polizeipraktiken: Sie sind auf eine systematische Problemerfassung und –analyseangewiesen
•
Kontinuierliche, möglichst aktuelle Auswertung der verfügbaren kriminologischen Indikatoren wie bspw. Kriminalstatistiken, Opfer-, Täter-und allgemeine Bevölkerungsbefragungen
•
Richtlinien zur Qualitätssicherung kriminalpräventiver Projekte
Die kriminologische Regionalanalyse als Mittel zur zielgerichteten Kriminalprävention
•
Ausgangspunkt für Prävention und Planung:
•
Was geschieht wann, wo, gegen wen und wie häufig? Mit Fokus auf:
−
Täter, Delikte (Gewalt, Vermögen, Drogen u.a.)
−
Tatsituationen, Gelegenheitsstruktur
−
Opfer
−
Wahrnehmung durch die BevölkerungZiel der kommunalen Kriminalprävention ist es auch, die Lebensqualität und subjektive Wahrnehmung der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern
Forschungsprojekte im Bereich Kriminalprävention(Kriminologisches Institut und Stadtpolizei Zürich)
LangsstrassePLUS(2001-2010) –Projektphase 2005-2006
•
Best Practices der kommunalen Kriminalprävention (Europa)
•
Kriminologische Regionalanalyse für die Stadt Zürich mit Schwerpunkt auf die Langstrassequartiere(Kreise 4 und 5)
Projekt Einbruchsprävention und Crime Mapping (2006-2008)
•
Evaluationsstudie zur Einbruchsprävention mit Kontrollgruppendesign
•
Geographische Kriminalitätsanalyse Crime Mapping Tools
Videoüberwachung (CCTV)
•
Element der situativen Kriminalitätsprävention
•
Insb. im Bereich der Delikte gegen das Vermögen und gegen Leib und Leben
•
Hypothese: Prävention durch Abschreckung potentieller Täter (Risiko der Entdeckung)Bessere AufklärungsquoteVerbessertes Sicherheitsgefühl der Bevölkerung
•
«Boom» der Videoüberwachung, insb. in USA und GB
•
Wirksamkeit jedoch unklar
Qualitätskriterien für die Evaluation
1.
Stufe: Korrelative Zusammenhänge werden festgestellt.
2.
Stufe: Simpler Vorher-nachher-Vergleich
3.
Stufe: Vorher-nachher-Vergleich, aber mit einer Kontrollgruppe
4.
Stufe: Vergleichbarkeit von Experimental-und Kontrollgruppe wird verbessert durch Kontrolle einer Reihe von unabhängigen Variablen (Quasi-Experimente, Matched-pair-Verfahren, „propensityscores“)
5.
Stufe: Randomisierte (=kontrollierte) Experimente (RCT = randomizedcontrolledtrials)
Campbell Collaborationzur «Qualitätssicherung»
•
Campbell Collaborationist die Parallel-Organisation zur Cochrane-Collaborationfür die Sozialwissenschaften
•
Diverse Untergruppen (z.BCrime & Justice)
•
Idee: Systematische Literaturübersichten und Meta-Analysen zwecks Synthese des vorhandenen Wissens
•
Organisationsprinzipien: SteeringCommittee(SC, nur Leute, die selber Experimente und/oder SystematicReviews durchgeführt haben) und anonymes Peer Reviewing
EssentialiaeinerSystematic Review
•
Alle erreichbaren, publizierten oder nicht-publizierten Studien weltweit, die gewissen Relevanzkriterien entsprechen
•
Suchstrategie: Datenbanken (im Protokoll zu benennen): Es gelten objektive Kriterien, nicht: “zitiert wird was gefällt…”
•
Alle nicht massgeblichen Arbeiten (zu tiefe methodische Qualität, nicht zur eigentlichen Fragestellung, ungenügende Angaben in der Studie) werden eliminiert.
•
Die verbleibenden Studien werden zu einer Meta-Analyse “kondensiert”
•
Eine Meta-Analyse zeigt, wie sich eine Intervention “insgesamt” auswirkt
•
Darstellung in Form eines “Baum-Diagramms”
Befunde der Metaanalyse von Pizaet al. (2019)
•
76 Studien in 6Interventionsgebieten (Parkplätze/Parkhäuser, Stadtzentrum; Wohnhäuser; Wohngegend; öffentlicher Verkehr; Andere Gebiete) jeweils im Kontrollgruppendesign
•
Videoüberwachung zeigt insgesamt einen schwachen, aber signifikanten kriminalitätsmindernden Einfluss
•
Die Wirkung ist am grösstenin Parkplätzen/Parkhäusern(-37%) und für Autodiebstahl und andere Vermögensdelikte
•
Ebenfallssignifikante Resultate in Wohngegenden
•
Die Mehrheit der Studien haben keinen Verlagerungseffekt gefunden
Resultate zu den Einstellungen der Bevölkerung (subjektives Kriminalitätsbild)
•
Studie von Gill, Bryan und Allen (2007) in England
•
Keine systematischen Verbesserungen des Sicherheitsgefühls festgestellt
•
„Itisnot asgoodaswethoughtitwouldbe.“
•
Man erwartet sich viel, ist nachher aber enttäuscht, weil man gänzlich unrealistische Erwartungen hatte.
•
Wahrgenommene Legitimität und Akzeptanz der Videoüberwachung sind hoch.
Zukunftsperspektive
•
Videoüberwachung als Teil einer übergeordneten polizeilichen Interventionsstrategie sinnvoll
•
Schutz vor frühzeitigem Verschleissder Massnahme
•
Schaffung von mehr Mobilität beim Einsatz von Videoüberwachung
•
Aufzeigen des Nutzens von Videoüberwachung auch für andere Zwecke
•
Dringend zu beachten: Aufwand und Nutzen müssen in einem sinnvollen Verhältnis stehen.