Grundlagen Flashcards
Was ist psychologische Diagnostik?
„eine Teildisziplin der Psychologie. Sie dient der Beantwortung von Fragestellungen, die sich auf die Beschreibung, Klassifikation, Erklärung oder Vorhersage menschlichen Verhaltens oder Erlebens beziehen. Sie schließt die gezielte Erhebung von Informationen über das Verhalten und Erleben eines oder mehrerer Menschen sowie deren relevanter Bedingungen ein. Die erhobenen Informationen werden für die Beantwortung der Fragestellung interpretiert. Das diagnostische Handeln wird von psychologischem Wissen geleitet. Zur Erhebung von Informationen werden Methoden verwendet, die wissenschaftlichen Standards genügen.“
(Schmidt-Atzert & Amelang, S. 4)
Was sind die beiden Aspekte der Diagnostik, die sauber auseinander gehalten werden müssen?
- die Beschreibung eines Phänomens: Zielgerichteter Gewinn von Informationen über Menschen (Sammlung, Messung)
- seine Interpretation: Verwertung dieser Informationen
Wovon ist die Psychologische Diagnostik abzugrenzen?
- Testen (der test ist nur eine von vielen Methoden)
- medizinische Diagnostik (bezieht sich auf körperliche Merkmale, weniger auf Erleben und Verhalten)
- Evaluation (Überprüfung von Maßnahmen, wobei Diagnostik nur Mittel zum Zweck ist)
Was sind die Aufgaben der psychologischen Diagnostik? Wie sind diese zu kontextualisieren? Wozu brauchen wir psychologische DIagnostik überhaupt?
Die Aufgaben sind:
Beschreiben –> Erklären –> Vorhersagen –> Kontrollieren
DIe Psychologische Diagnostik ist wichtig bei…
* wichtig bei der Beschreibung psychologischer Phänomene – relevant: Messgenauigkeit; Abbildung des aktuellen Status quo
* wichtig bei der Erklärung
* wichtig für die Vorhersage – Voraussetzung: Messgenauigkeit, prädiktive Validität bzw.
Merkmalsstabilität, Messinvarianz zwischen Messzeitpunkten
* wichtig für die Kontrolle – z. B. zur Überprüfung des Erfolgs von Interventionen
Was sind die Anwendungsgebiete der psychologischen Diagnostik?
Im Schnitt 27 % der Arbeitszeit praktisch tätiger Psychologen entfallen auf Diagnostik! (N = 398;
Roth & Herzberg, 2008)
* Verkehrs- und Forensische Psychologie am höchsten (44 %)
* Klinische Psychologie am niedrigsten (!) (24 %)
Schaue dir das diagnostische Dreieck an!
Nenne drei Ansätze zur Erklärung von Verhalten und Erleben
- Trait Ansatz: Stabile Merkmale der Person erklären Verhalten
- Verhaltenstheoretischer (State) Ansatz: Situation erklärt Verhalten
- Interaktionismus: Die Interaktion zwischen beidem erklärt Verhalten
Sowohl Haupt- als auch Interaktionseffekte sind relevant; die Ansätze ergänzen einander
Was sind die Grundideen des Trait-Ansatzes?
Grundidee eigenschaftstheoretischer Konzepte: Erleben und Verhalten von Menschen lässt sich in Form stabiler Persönlichkeitsmerkmale (traits) beschreiben.
* traits = „relativ breite und zeitlich stabile Dispositionen zu verschiedenen Verhaltensweisen, die konsistent in verschiedenen Situationen auftreten“
* Konstrukte, die aus diversen konkreten Verhaltensweisen (Indikatoren) erschlossen werden
Wie lässt sich das folgende Verhalten
erklären?
Ein Kind
* schlägt andere
* reißt Käfern die Flügel aus
* macht sein Spielzeug kaputt
* beschimpft einen Erwachsenen
Was sind Ihrer Ansicht nach mögliche Erklärungen?
Sind diese Verhaltensweisen “Indikatoren” für irgend etwas?
Wie wird sich das Kind eventuell in Zukunft verhalten?
Wie ist die Ausprägung einer Eigenschaft im Trait-Ansatz messbar?
- Fragebögen erfassen Verhaltensgewohnheiten (typische Performance ungleich Leistungstests)
- Wichtig: Fragen (Items) müssen repräsentativ für die dahinter stehende Eigenschaft sein
- Die Bewertung der individuellen Merkmalsausprägung ergibt sich durch den Vergleich mit anderen (Norm- Referenzgruppe)
Nenne einige generelle Befunde des Trait-Ansatzes.
- Persönlichkeitseigenschaften korrelieren mit Verhaltenberichten (v.a. mit Mittelwert über verschiedene Situationen)
- Persönlichkeitsmerkmale sind (relativ) stabil (unabhängig vom Beurteilenden!) - Intelligenz ebenso (z.B. Scottisch Mental Survey, MAGRIP)
- Intelligenz hat lebensweltliche Relevanz (z.B. Metanalysen von Strenzen, 2007)
Lebensweltliche Relevanz: Studie hat gezeigt, dass Inelligentere Menschen länger leben als weniger Intelligente.
Gründe:
- mehr risikobereitschaft von weniger Intelligenten (viele Knackis sind unentdeckte ADHS betroffene)
- weniger Gesundheitsbewusstsein
- gesundheitsschädlichere Jobs
Wovon geht der Situationsbedingte Ansatz aus? Was sind states? Welche siagnostische Relevanz hat dieser Ansatz?
States: flukturierende Verhaltens- und Erlebensweisen, stark situationsabhängig
Diagnostische Relevanz:
* Erkennen situativer Bedingtheit von Verhalten
* Beispiel: Angst - nur in Prüfungen, aber nicht generell
* Ausmaß der situativen Bedingtheit beeinflusst Messungen und ggf. therapeutischen Ansatz
Wichtig: Trait- und State-Ansatz ergänzen einander, kein Widerspruch!
Traits haben oft geringere Vorhersagekraft für Verhalten in konkreten Situationen. Nenne ein Beispiel, was dies verdeutlicht.
Aggressivität: Bei verschiedenen Kindern wird Aggression durch unterschiedliche Situationsfaktoren ausgelöst oder begünstigt.
Wann sind die Zusammenhänge zwischen Prädiktor (Trait) und Kriterium (vorhergesagtes Verhalten) am höchsten?
Die Zusammenhänge zwischen Prädiktor (Trait) und Kriterium (vorhergesagtes Verhalten) sind am höchsten, wenn beide auf ähnlichem Abstraktionsniveau erfasst werden.
Was ist konkretes Verhalten im eigenschaftstheoretischem und im verhaltenstheoretischem Paradigma?
- Im eigenschaftstheoretischen Paradigma: Indikator für einen Trait
- Im verhaltenstheoretischen Paradigma: Stichprobe aus allen möglichen Verhaltensweisen der Person => vergangenes Verhalten sagt zukünftiges Verhalten voraus
Ein wichtiges Instrument der Verhaltenstheoretiker ist das SORKC- Modell zur funktionalen Verhaltensanalyse. Was sagt das Modell aus? Welchen Vorteil hat dieses Modell?
SORKC-Modell:
Stimulus => Organismus => Reaktion => Kontingenz => Konsequenz
- Stimulus: Reiz, der auf Organismus einwirkt (z.B. hänselnde Peers)
- Organismus: Person mit ihren körperlichen und physischen Merkmalen (z.B. schwach, geringes Selbstkonzept)
- Reaktion: Problemverhalten (z.B. Rückzug von den anderen)
- Kontingenz: Regelmäßigkeit, mit der Konsequenzen eintreten (z.B. manchmal)
- Konsequenz: Reaktion auf Problemverhalten (z.B. Eltern trösten Kind, geben ihm Süßigkeiten …)
Vorteil: erklärt nicht nur Verhalten selbst, sondern auch seine Aufrechterhaltung!
Psychologische Diagnostik wird nicht zum Selbstzweck betrieben. Was sind die Ziele der Diagnostik bezüglich der zeitlichen Dimension?
Beschreibung und Klassifikation - Gegenwart:
* Statusdiagnostik (Beschreibung des momentanen Zustandes)
Erklärung - Vergangenheit:
* Was ist dem Phänomen vorangegangen? => Anamnese der Vorgeschichte
* Was erhält ein Phänomen aufrecht? => Bedingungsanalyse
Vorhersage - Zukunft
* Prognosen sind immer nur Wahrscheinlichkeitsaussagen (25% Varianzaufklärung ist schon viel…)
* Unvorhersagbare Ereignisse, Zufälle … beeinträchtigen Vorhersagekraft
* Aber besser eine Wahrscheinlichkeitsaussage als nichts!
Was ist die Statusdiagnostik und was ist die Veränderungsdiagnostik? Welche Probleme treten bei der Veränderungsmessung auf?
Statusdiagnostik:
* Zustand (z.B. vor und nach einer Intervention, etwa mit dem Ziel der Erfolgskontrolle, ob ein vorher definiertes Ziel erreicht wurde)
* Vor Intervention: “Eingangsdiagnostik” - ist eine Maßnahme indiziert?
Prozessdiagnostik (Veränderungsdiagnostik):
* begleitende Evaluation, ob man auf dem “richtigen Weg” ist; kontinuierliche Erfassung der zu verändernden Merkmale
Probleme bei der Veränderungsmessung:
* Ist die Veränderung auf die Intervention zurückzuführen?
* Verändert sich das Ergebnis allein durch wiederholte Messung? (z.B. Leistungstests)
Ein übergeordnetes Ziel der psychologischen Diagnostik ist die Herstellung von Passung zwischen Person und Situation. Es gibt zwei verschiedene Strategien zur Erreichung dieses Ziels. Welche sind das?
Selektion:
* Von Personen: Bedingung steht fest, passende Person wird ausgewählt
* Von Situation: Person ist da, passende Bedingung wird ausgewählt
Modifikation
* Von Personen: “Veränderung” der Person, sodass sie zur Bedingung passt
* Von Situationen: “Maßschneidern” der Situation auf die Person
Wichtige Erkenntnisse dieser Vorlesung
- Ohne Testdurchführung nach den „Regeln der Kunst“ keine belastbaren Daten!
- Halten Sie Beschreibung und Interpretation bei der Diagnostik sauber auseinander.
- Psychologische Diagnostik ist bei allen vier Aufgaben der Psychologie relevant und hilfreich!
- Zur Erklärung von Verhalten und Erleben können Trait-Ansätze, State-Ansätze oder die Interaktion zwischen beidem genutzt werden. Letzteres ist am sinnvollsten.
- Psychologische Diagnostik hat verschiedene Ziele:
einen nützlichen Beitrag zu allen Zeitpunkten leisten
Status- vs. Veränderungsdiagnostik
Selektion vs. Modifikatio