Die Zaehmung der Monster: Michael White und David Epston Flashcards

Narrative Therapie

1
Q

Narrative Therapie und Enkropesis: Ein systemischer Zugang

A
  • narrative Therapie stellt den Menschen in den Mittelpunkt, trennt ihn klar vom Problem
  • Ansatz legt großen Wert auf Foerderung von Selbstbestimmung und Autonomie von Betroffenen, ihnen die Kontrolle ueber ihr Leben wiedergeben
  • insbesondere bei Enkopresis, einer Herausforderung, die sowohl das Kind als auch die Familie stark belasten kann, bietet die narrative Therapie einen einfühlsamen und handlungsorientierten Zugang
  • durch Verbindung von Theorie und Praxis lässt sich Problem in eine neue Bedeutung übersetzen ermöglicht es der Familie, aktiv Lösungswege zu entwickeln
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Q

Grundprinzipien der Narrativen Therapie

A
  1. Trennung von Mensch und Problem:
  • „Nick hat kein Problem – das Problem hat Nick“
  • narrative Therapie arbeitet bewusst mit Externalisierung des Problems> Problem – in diesem Fall Enkopresis – wird als etwas Äußeres dargestellt > uebt Einfluss auf Nick aus, its aber nicht Teil seiner Identität ist
  • anstatt zu sagen: „Nick ist ein Kind mit Enkopresis“, wird gesagt: „Nick leidet unter Enkopresis, einem Problem, das ihn in bestimmten Situationen belastet.“
  • noch stärker wird die Trennung durch Uebersetzung des Problems in eine symbolische Geschichte übersetzt wird> Idee eines „hinterhältigen Dreckmacher-Monsters“, das Nick immer wieder herausfordert

Warum das wichtig ist:
Durch diese Trennung wird Nick nicht mit dem Problem gleichgesetzt> ist nicht „defizitär“ oder „krank“, sondern ein Kind, das gegen ein äußeres Problem kämpft> gibt ihm die Möglichkeit, aktiv gegen dieses Problem vorzugehen.

  1. Reframing nach Bateson: Enkopresis in ein neues Licht rücken
  • Reframing> Situation oder Problem in neuem Kontext zu betrachten> dadurch veraendert sich seine Bedeutung

Beispiel: Statt zu sagen, dass Nick „unrein“ oder „problematisch“ ist, kann Familie verstehen, dass „Dreckmacher-Monster“ hinter seinen Schwierigkeiten steckt. Vielleicht ist das Monster besonders aktiv, wenn Nick nervös oder gestresst ist> Problem wird also nicht als individuelles Versagen gedeutet, sondern als äußere Herausforderung, die Nick und seine Familie gemeinsam bewältigen können.

  1. Zirkuläre Fragen: Den Blickwinkel erweitern
  • methodisches Werkzeug zur Gewinnung neuer Perspektiven auf das Problem

Beispiel: „Wenn Dreckmacher-Monster Nick angreift, was denkt ihr, warum es das tut?“
Oder: „Wie reagiert Nick, wenn er es schafft, das Monster zu ignorieren oder zurückzudrängen?“
Ziel dieser Fragen:
Zirkuläre Fragen helfen der Familie, nicht in der Problemfixierung stecken zu bleiben. Sie ermöglichen Reflexion und fördern die Suche nach neuen Handlungsmöglichkeiten.

  1. Foucault: Das „Panopticon im Kopf“ – Machtstrukturen verstehen
  • Foucault> „Panopticon“ als innere Kontrollinstanz> entsteht durch gesellschaftliche Normen und Machtstrukturen
  • Übertragen auf Enkopresis> Eltern und Kinder haben oft Gefühl, bestimmten Schönheits- und Verhaltensidealen entsprechen zu müssen

Beispiel: Eltern könnten sich durch gesellschaftlichen Druck schämen, weil Nick „nicht sauber ist“. Dieses Gefühl kann die Situation verschärfen.
Narrative Therapie> hilft, diese unsichtbaren Kontrollstrukturen zu dekonstruieren und Familie davon zu befreien. Sie ermutigt dazu, eigene Werte und Maßstäbe zu setzen.

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3
Q

Praktische Anwendung: Narrative Therapie bei Enkropesis

A

Externalisierung des Problems: Nick gegen das „Regenmacher-Monster“
In der Praxis wird die Enkopresis externalisiert – also als etwas dargestellt, das Nick von außen beeinflusst. In diesem Fall könnte sie als ein „hinterhältiges Regenmacher-Monster“ beschrieben werden, das Nick immer wieder angreift.

Beispiel: Das Monster taucht plötzlich auf, wenn Nick sich besonders sicher oder stolz fühlt, und versucht, ihn zu verunsichern.
Diese Darstellung gibt Nick die Möglichkeit, das Problem zu bekämpfen. Statt sich hilflos der Diagnose „Enkopresis“ ausgeliefert zu fühlen, bekommt er die aktive Rolle eines „Monsterbekämpfers“.
Warum das wichtig ist:

Mit einer Diagnose wie Enkopresis kann man nicht spielen, gegen ein Monster hingegen schon.
Nick wird durch diese Externalisierung handlungsfähig und erlebt, dass er Kontrolle zurückgewinnen kann.
Bedeutung durch Erzählung geben: Die Lebenswelt der Familie einbeziehen
Die narrative Therapie legt großen Wert darauf, die Sprache und Lebenswelt der Betroffenen zu berücksichtigen. Die Diagnose „Enkopresis“ mag für Experten klar sein, für die Familie und Nick ist sie jedoch abstrakt und fremd.

Stattdessen wird das Problem so umschrieben, dass es zur Lebensrealität der Familie passt: „Nick leidet nicht an Enkopresis, sondern daran, dass das Regenmacher-Monster immer wieder auftaucht.“
Diese Geschichte entlastet die Familie emotional und schafft eine gemeinsame Basis, um über das Problem zu sprechen.
Strategien gegen das Monster entwickeln
Gemeinsam mit der Familie werden Wege erarbeitet, wie Nick das Monster bekämpfen kann. Diese Strategien sind oft spielerisch und an die Lebenswelt des Kindes angepasst:

Nick könnte beispielsweise ein imaginäres „Anti-Monster-Spray“ entwickeln, das er anwendet, wenn er merkt, dass das Monster auftaucht.
Die Familie könnte Rituale einführen, um das Monster symbolisch zu schwächen, etwa durch ein gemeinsames Spiel oder positive Verstärkung.
Ziel:
Die Familie wird handlungsfähig, weil sie versteht, dass sie gemeinsam gegen das Problem vorgehen kann. Nick selbst gewinnt Selbstvertrauen, weil er nicht mehr als Opfer des Problems, sondern als aktiver Kämpfer wahrgenommen wird.

Dekonstruktion von Macht und Kontrolle
Diagnosen wie Enkopresis sind oft mit gesellschaftlichen Erwartungen und Machtstrukturen verbunden. Narrative hilft der Familie, diese Konstrukte zu hinterfragen und ihre eigene Bedeutung zu schaffen.

Beispiel: Die Eltern könnten erkennen, dass es wichtiger ist, Nick emotional zu unterstützen, als gesellschaftlichen Erwartungen an „Sauberkeit“ zu entsprechen.

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4
Q

Konkrete Beispiele: Narrative Umdeutung

A
  • Vorherige Sichtweise:

„Nick hat Enkopresis, eine medizinische Störung.“

  • Narrative Übersetzung:

„Nick wird vom Dreckmacher-Monster geplagt, das ihn in schwierigen Momenten herausfordert.“
„Das Monster versucht, Macht über Nick auszuüben, aber Nick kann lernen, sich zu wehren.“
„Die Familie kann Strategien entwickeln, um Nick zu unterstützen und das Monster gemeinsam zu bekämpfen.“

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5
Q

Warum Diagnosen problematisch sein koennen

A
  1. Eine Diagnose wie Enkopresis kann bei Familien Unsicherheiten und Stigmatisierung auslösen:
  • sie gibt dem Problem eine medizinische Bedeutung, die oft abstrakt und schwer greifbar ist
  • reduziert Kinder und ihre Familien auf das Problem
  • nimmt den Betroffenen häufig das Gefühl, aktiv etwas bewirken zu können.
  1. Die narrative Therapie bietet eine Alternative:
  • durch Übersetzung des Problems in Lebenswelt der Familie wird es greifbar und lösbar
  • Familie erhält Sprache und Werkzeuge, um das Problem eigenständig anzugehen
  • der Fokus liegt auf Empowerment, Reflexion und Wiederherstellung von Autonomie
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6
Q

Fazit Narrative Therapie nach Michael White und David Epston

A
  • narrative Therapie gibt Nick und seiner Familie die Möglichkeit, Enkopresis nicht als unlösbares Problem zu betrachten, sondern als Herausforderung, die gemeinsam gemeistert werden kann.
  • durch Externalisierung als „hinterhältiges Dreckmacher-Monster“ gewinnt Nick Handlungsspielraum und kann aktiv gegen das Problem vorgehen
  • Familie wird befähigt, sich von gesellschaftlichen Erwartungen zu lösen und eigene Lösungen zu entwickeln> fördert nicht nur Selbstbestimmung des Einzelnen, sondern auch Handlungsfähigkeit des gesamten Familiensystems
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