Diagnostik der Leber Flashcards

1
Q

Ikterus

A

Als Ikterus bezeichnet man eine Gelbfärbung der Schleimhäute und der Haut.

Die wichtigsten Ursachen eines (pathologischen) Ikterus sind folgende:

  • gesteigerte Bilirubinproduktion durch Hämolyse
  • verminderte hepatische Aufnahme des Bilirubins bei Hungerzuständen
  • Störung der Bilirubinsekretion bei primären Hepatopathien
  • Behinderung des Galleflusses durch Obstruktion der Gallenwege

Bei Leberkrankheiten ergibt sich häufig das Problem, dass durch gleichzeitig ablaufende pathophysiologische Prozesse (Hämolyse, verminderte hepatische Aufnahme des Bilirubins, biliäre Exkretionsstörung) Mischformen des Ikterus auftreten, die eine exakte Zuordnung erschweren.

Beim Traber und Englischen Vollblut kann wegen des vergleichsweise höheren Hämatokrits physiologischerweise durch Milzspeicherung und Erythrozytenabbau eine geringe, auf Sklera und Konjunktiven beschränkte Gelbfärbung vorliegen („physiologischer Ikterus“).

Hämolyse (prähepatischer Ikterus):

  • Hämolyse ist die häufigste Ursache eines Ikterus durch Bilirubinüberproduktion.
  • Überschreitung der Leberkapazität führt zu erhöhtem unkonjugiertem Bilirubin im Blut.
  • Starke Hämolyse kann auch konjugiertes Bilirubin im Serum erhöhen und vermehrte renale Ausscheidung von Urobilinogen und direktem Bilirubin verursachen.
  • Kot wird durch die vermehrte Ausscheidung von Gallenfarbstoffen in hoher Konzentration dunkel gefärbt.

Ursachen der Hämolyse:

  1. Isoimmune hämolytische Anämie (neonatale Isoerythrolyse):
    • Durch Resorption von Alloantikörpern aus dem Kolostrum, gerichtet gegen Fohlenerythrozyten.
  2. Immunvermittelte hämolytische Anämie (IMHA):
    • Auslöser nach Septikämie, Petechialfieber, Streptokokkenabszessen, Lymphomen, Penicillinunverträglichkeit.
  3. Infektiöse Ursachen:
    • Equine infektiöse Anämie, granulozytäre Anaplasmose, Leptospirose, Piroplasmose.
  4. Oxidative Schädigungen der Erythrozyten durch Toxine (Bildung von Heinz-Bodys).

Ursachen des hepatozellulären Ikterus (intrahepatischer Ikterus):

  • Kommt bei akuten Leberkrankheiten vor, bei chronischen Lebererkrankungen selten, oft abhängig vom Futteraufnahmezustand.
  • Hauptursache: Störung der biliären Ausscheidung des Bilirubins durch Hepatozyten.
  • Primäre Erhöhung des unkonjugierten Bilirubins.
  • In schweren, akuten Fällen ist auch die Gallesekretion insgesamt eingeschränkt, was zu Zunahme von Bilirubin I und II führt.
  • Ein intrahepatischer Ikterus wird verursacht durch:
    • Anorexie, Inanition: Anorektische Pferde werden aufgrund eines erhöhten unkonjugierten Bilirubins (über 85–100μmol/l bzw. 5–6mg/dl) und fehlender hepatischer Aufnahme ikterisch. Als Ursache dieser Inanitions-Hyperbilirubinämie werden hepatische Transportproteine an der sinusoidalen Membran verantwortlich gemacht.
    • akute Hepatitis und hepatische Nekrose
    • akute Intoxikationen durch Pflanzengifte (Kreuzkraut u. a.).

Ursachen des cholestatischen Ikterus (posthepatischer Ikterus):

  • Posthepatischer Ikterus oder Resorptions-/ Verschlussikterus
  • Durch Behinderungdes Gallenabflusses in den intra- oder extrahepatischen Gallangängen
  • Bilirubin-Il-haltige Galle staut sich bis in Gallenkanälchen zurück → über Interstitium ins Blut
  • > 25% des Bili gesamt →Bilirubinurie
    • Bilirubin Il ist nierengängig → Hyperbilirubinämie und Anstieg gallenpflichtiger Stoffe (Gallensäuren, Chloresterol..) im Blut
  • Beim Pferd Verlegung der Gallengänge sehr selten → Stauungsikterus keine große Rolle etwas öfter kommt es bei anderen Ikterusformen zur Eindickung der Galle (intrahepatischer Gallenstau), wodurch sich sekundär ein Ikterus bildet
    • Cholangitis, Bilirubinsteine
    • Askaridenbefall bei Fohlen (Lumeneinengung)
    • Gallengangskarzinom, Lymphom (Kompression)
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2
Q

Allgemeine Symptomatologie

A
  • Geringgradige Leberschäden verlaufen oft symptomlos.
  • Mögliche unspezifische Symptome: Leistungsminderung, Mattigkeit, Apathie, Inappetenz, Gähnen, “aufgezogenes Abdomen”, rezidivierende milde Koliken, Veränderung der Kotkonsistenz.
  • häufigste klinische Zeichen bei fortgeschrittener Leberdysfunktion:
    • Ikterus (gelbe Verfärbung von Haut, Schleimhäuten und Sklera).
    • Gewichtsverlust aufgrund von Anorexie (Appetitlosigkeit).
    • Verhaltensänderungen im Sinne eines hepatoenzephalen Syndroms (Neurologische Störungen aufgrund von Leberfunktionsstörungen).
  • Ikterus:
    • Sichtbar an nicht pigmentierter Haut, Schleimhäuten und vor allem der Sklera.
    • Akute Hepatopathien haben oft Ikterus, aber nicht zwingend bei chronischen Lebererkrankungen.
    • Differenzialdiagnose: Gallengangsobstruktionen und Hämolysen.
  • Gewichtsverluste
    • können durch Anorexie bei chronischer Leberinsuffizienz auftreten, aber sind oft durch andere Faktoren verursacht:
      • Zahnkrankheiten, die das Kauen und Fressen beeinträchtigen.
      • Inadäquate Fütterung und Nährstoffmangel.
      • Darmparasiten, die die Nährstoffaufnahme stören.
      • Chronische Entzündungen im Verdauungstrakt.
      • Versagen anderer Organe, das den gesamten Stoffwechsel beeinflusst.
  • Zentralnervöse Symptome
    • sind häufig bei schweren Lebererkrankungen
      • Verschiedene Grade der Depression (Apathie, Somnolenz, Stupor, Koma).
      • Bewegungsarmut.
      • Störungen der Propriozeption (Wahrnehmung der eigenen Körperstellung).
      • Ataktischer Bewegungsablauf (unsichere, unkoordinierte Bewegungen).
      • Verhaltensänderungen mit häufigem Gähnen.
      • Ungewohnte Anhänglichkeit bis zur Aggression.
      • Kopfpressen (Drücken des Kopfes gegen feste Gegenstände).
      • Seltene Erregungszustände.
      • Krämpfe und andere neurologische Auffälligkeiten
    • Diese Symptome können auf Stoffwechselentgleisung bei Leberversagen und hepatischer Enzephalopathie (HE) hinweisen.
    • Beachtung: Ähnliche neurologische Symptome können auch bei anderen Hirnerkrankungen auftreten, wie z.B. Meningoenzephalitis bei Borna-Krankheit, Enterotoxämien und urämischen oder lipämischen Zuständen.
    • Labordiagnostische Untersuchungen sind entscheidend zur genauen Diagnose.
  • Fotosensible Reaktionen:
    • Bei chronischer Hepatopathie an unpigmentierten Hautstellen, vor allem an mukokutanen Übergängen der Lippen und Nüstern.
    • Ursache: Fehlende Exkretion von Phylloerythrin über die Galle, Einlagerung in die Haut, Sonnenempfindlichkeit, Hautschäden.
  • Kolikzustände:
    • Können bei Lebererkrankungen auftreten, z.B., akute Leberschwellung oder Gallengangsobstruktion durch Bilirubinsteine.
  • Diarrhö bei chronischem Leberversagen:
    • Ursachen: Schädigungen der intestinalen Mikroflora, portaler Hochdruck, Mangel an Gallensäuren.
  • Aszites (Bauchwassersucht):
    • Selten beim Pferd, resultiert aus portalem Hochdruck.
  • Hämorrhagische Diathese:
    • Schleimhautblutungen und Hämatome bei akutem Leberversagen aufgrund unzureichender Gerinnungsfaktorbildung.
  • Intravaskuläre Hämolyse und Hämoglobinurie:
    • Selten, meist bei perakuter Intoxikation durch Kreuzkrautarten (Senecio-Alkaloide).
  • Fieber:
    • Kann bei verschiedenen Hepatopathien auftreten, z.B., Leberabszesse, akute Hepatitis, obstruktive Cholelithiasis, Fettlebersyndrom, Lebertumoren.
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3
Q

γ-Glutamyl-Transferase (γ-GT):

A
  • Referenz: <25U/l
  • „leberspezifisch“, da γGT aus renalen Tubuluszellen in Urin entlassen wird und Pankreaserkrankungen beim Pferd selten sind,
  • Erhöhungen typisch für Cholestase
  • gilt als sensitivster Parameter einer Lebererkrankung
  • HWZ 3 Tage
  • beim Raumtemperatur 2 Tage im Serum stabil
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4
Q

Alkalische Phosphatase AP

A
  • Referenz: < 300U/l
  • nicht leberspezifisch
  • erhöht bei Cholestase und chronischen Lebererkrankungen sowie einigen Medikamenten wie Glukokortikoiden, Phenobartital etc.
  • HWZ < 3 Tage
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5
Q

Sorbitol-Dehydrogenase SDH

A
  • Referenz: < 8U/L
  • spezifischer Indikator akuter hepatozellulärer Schäden
  • kurze HWZ
  • wird von kommerziellen Laboren nicht standardmäßig angeboten (nur 12h stabil)
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6
Q

Glutamat-Dehydrogenase GLDH

A
  • Referenz: < 13U/l
  • Ersatz für SDH
  • nicht ganz leberspezifisch
  • HWZ 14h
  • Lokalisiert in Mitochondrien
  • Anstieg bei akuten Leberzellnekrosen, bei chronischen Hepatosen kann die Aktivität abfallen.
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7
Q

Aspatataminotransferase AST

A
  • Referenz: 60–275 U/l
  • nicht leberspezifisch → wird auch aus Myozyten und Erythrozyten freigesetzt
  • HWZ 7-8 Tage
  • Empfindlich bei Leberparenchymschäden
  • nützlich zur Verlaufskontrolle in Kombination mit anderen Enzymen.
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8
Q

Laktatdehydrogenase (LDH):

A
  • nicht leberspezifisch (nur wenn Isoenzym-5 Bestimmung möglich) → wird auch aus Muskulatur, Erythrozyten, Niere freigesetzt
  • HWZ < 24h
  • Isoenzym-5 guter Parameter für akute Schäden
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9
Q

Ergänzungsprogramm: Substratkonzentrationen

A

Gallensäuren:

  • Schnell ansteigende Indikatoren für Leberschädigung.
  • Korrelieren am stärksten mit dem Grad der hepatischen Dysfunktion.
  • Referenzbereich unter 10 µmol/l, Werte über 20 µmol/l deuten auf Leberstörung hin.
  • Ermittlung durch enzymatischen Farbtest.

Proteine:

  • Proteinelektropherogramm zur Untersuchung der hepatischen Syntheseleistung.
  • Verminderte Albuminkonzentration kann auf Hepatissynthesestörung hinweisen.
  • Erhöhte Gammaglobulinkonzentrationen bei Leberzirrhose (polyklonale Immunopathie).
  • Hypergammaglobulinämien bei chronisch-entzündlichen und purulenten Krankheiten.

Bilirubin:

  • Hyperbilirubinämie (> 60 μmol/l bzw. 3,6 mg/dl) bei Ikterus.
  • Differenzialdiagnose der Ikterusformen durch Gesamtbilirubin und konjugiertes Bilirubin II.
  • Bilirubinurie spezifisch für primäre Hepatopathien und Cholestase.

Glukose:

  • Hypoglykämie (<1,7 mmol/l bzw. 30 mg/dl) bei akutem Leberversagen.
  • Nicht bei chronischen Hepatopathien beobachtet.

Lipide:

  • Hyperlipämie (Fettlebersyndrom) durch milchig-trübes, gelbliches Blutplasma erkennbar.
  • Triglyzeridkonzentration im Serum kann stark ansteigen, Heilungschancen bei Werten über 2 g/dl schlecht.

Harnstoff:

  • Verminderung der Plasmaharnstoffkonzentration (< 2,5 mmol/l bzw. 15 mg/dl) bei akutem und chronischem Leberversagen.
  • Zur spezifischen Beurteilung der Leberfunktion ungeeignet.

Ammoniak:

  • Anstieg der Plasmaammoniakkonzentration (> 40 μmol/l bzw. 70 μg/l) zeigt eingeschränkte hepatische Entgiftungsleistung an.
  • Fotometrische Bestimmung innerhalb von 2 Stunden nach Blutentnahme.

Quick-Wert:

  • Prothrombinzeit verlängert bei akutem Leberversagen, nicht bei chronischen Hepatopathien.
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10
Q

Besonderheit Fohlen Labor

A
  • Die AP ist aufgrund des hohen Knochenstoffwechsels in den ersten 20 Lebenswochen bis auf das 10-Fache erhöht
  • Der γ-GT-Wert kann physiologisch in den ersten 3 Lebenswochen über den Referenzbereichen von adulten Pferden liegen.
  • Auch der Bilirubinwert kann in den ersten beiden Lebenswochen physiologisch höhere Werte aufweisen.
  • Dies muss bei Verdacht auf neonatale Isoerythrolyse berücksichtigt werden, und spezifischere Laborparameter wie Hämatokritwert oder Erythrozytenzahl sollten zusätzlich zu Rate gezogen werden
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11
Q

Sonografie

A
  • Ultraschalltechnik wertvoll für die Diagnose von Lebererkrankungen.
  • Ermöglicht partielle Darstellung des Leberparenchyms und der Gallengänge.
  • Allgemeinisierte Lebererkrankungen sind für die Diagnose ausreichend abzubilden.
  • Erforderliche technische Ausrüstung: Sektor- oder Linearschallkopf mit 2,5–3 mHz Frequenz.
  • Untersuchungsbereich beim Pferd: linker Körperseite vom 6./7. bis 9./10. Interkostalraum und rechts vom 7./8. bis 12./13. Interkostalraum entlang des ventralen Lungenrands.
  • Lage und Größe der Leber variieren je nach Rasse, Alter und körperlicher Verfassung.

Während der sonografischen Untersuchung der Leber:

  • Beurteilung der Form der Ränder der Leberlappen.
  • Homogener grauer Echobesatz, etwas dunkler als Milzparenchym.
  • Beurteilung des Durchmessers der Gallengänge und deren Wände.
  • Lebergesundes Pferd zeigt homogen echogene Zeichnung des Leberparenchyms mit runden, echoarmen Zonen, die Querschnitte der Lebervenen darstellen.

Abweichungen in der Sonografie können auf Folgendes hinweisen:

  • Erhöhte, relativ einheitliche Echogenität des Lebergewebes: zirrhotische Fibrose und zelluläre Infiltration.
  • Unterschiedliche Echogenität und Struktur sowie herdförmige Verminderung der Echodichte: Tumoren.
  • Sonografische Darstellung einer Cholestase bei labordiagnostischem Verdacht.
    • Echodichte Bezirke mit distalem Schallschatten: Gallenkonkremente (Cholelithiasis).
  • Fokale echoarme Veränderungen: Leberabszesse (besonders bei Fohlen) und seltene Zystenbildungen (Echinokokken).
  • Hilfreich bei der Wahl der Lokalisation für eine Leberbiopsie.
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12
Q

Leberbiopsie

A
  • Leberbiopsie bietet wichtige diagnostische, prognostische und therapeutische Informationen bei festgestellter Leberkrankheit.
  • Die meisten Leberschädigungen beim Pferd sind diffuser Natur, weshalb die Biopsie normalerweise eine repräsentative Probe für die histologische Untersuchung liefert.

Durchführung der Leberbiopsie:

  • Perkutan, meist auf der rechten Körperseite.
  • In der Regel im 12.–14. Interkostalraum.
  • Unter chirurgischen Bedingungen.
  • Nach Lokalanästhesie.
  • Verwendung einer 14-Gauge-Tru-Cut-Nadel oder ähnlichem Biopsiegerät.

Ablauf der Biopsie:

  • Sedation und Infiltrationsanästhesie.
  • Hautinzision kranial der 14. Rippe.
  • Biopsienadel wird schräg in Richtung des linken Olekranons entlang des Lungenrands geführt.
  • Optimale Biopsieposition kann mit Hilfe der Sonografie bestimmt werden.
  • Die Leber kann auch von der linken Seite des Pferdes aus biopsiert werden.

Kontraindikationen und mögliche Komplikationen:

  • Kontraindiziert bei Zeichen einer Koagulopathie oder Verdacht auf einen Leberabszess.
  • Seltene Komplikationen sind Blutungen in das Abdomen oder den Thorax.
  • Möglichkeit einer Peritonitis oder eines Pneumothorax sollte ebenfalls berücksichtigt werden.

Nutzen der histologischen Untersuchung des Biopsats:

  • Ermöglicht ätiologische Differenzierung in Zirrhosen diätetisch-toxischer Genese (Megalozyten) und Zirrhosen als Folge parasitärer Noxen (Eosinophilenvermehrung).
  • Bei normalem Lebergewebe kann auf eine fokale Schädigung der Leber hinweisen, abhängig von klinischen und labordiagnostischen Gegebenheiten.
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