Besonderer Teil II Flashcards
Aufbauschema Brandstiftung § 306 I StgB
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a) Tatobjekt: ein fremdes Objekt der Nr. 1-6
b) Tathandlung:
aa) Inbrandsetzen oder
bb) durch eine Brandlegung ganz ode teilweise zerstören
2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Wenn nein: dann § 300d I Var. 1 StgB
II. Rechttswidrigkeit
III. Schuld
IV. Tätige Reue (§ 306e StgB)
Definition Gebäude Brandstiftung § 306 StgB
Gebäude sind (zumindest teilweise) umschlossene Räume, die dem Aufenthalt – nicht aber zwingend der Wohnung – von Menschen dienen können.
Definition Hütten Brandstiftung § 306 StgB
Hütten sind kleiner als Gebäude, müssen aber auch eine nicht ganz geringfügige Bodenfläche haben und gegen äußere Einwirkungen abgeschlossen sein.
Definition Warenvorräte Brandstiftung § 306 StgB
Größere Menge von körperlichen Gegenständen, die nicht dem Eigenverbrauch, sondern typischerweise dem gewerblichen Umsatz dienen, wobei auch mobile Lagerstätten erfasst sind.
Definition In Brand gesetzt Brandstiftung § 306 StgB
In Brand gesetzt ist ein Gebäude, wenn ein funktionswesentlicher Teil ohne Fortwirken eines Zündstoffs selbsttätig weiterbrennt. Dies sind solche Teile, die für den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Objekts von wesentlicher Bedeutung sind.
„Ganz oder teilweise zerstören durch Brandlegung“ Brandstiftung § 306 StgB
Erfasst Fälle, in denen die Tathandlung (etwa wegen der Verwendung feuerresistenter Materialien) nicht zu einem selbstständigen Weiterbrennen führt, jedoch durch Rauch, Ruß, Gase, Explosion des Zündstoffs etc. erhebliche Schäden verursacht (Zerstörung von Gewicht).
Zerstörung von einigem Gewicht“ liegt nur vor, „wenn das Tatobjekt für eine nicht unbeträchtliche Zeit wenigstens für einzelne seiner Zweckbestimmungen unbrauchbar gemacht wird, ferner wenn ein für die ganze Sache nötiger Teil unbrauchbar wird oder wenn einzelne Bestandteile der Sache, die für einen selbständigen Gebrauch bestimmt und eingerichtet sind, vollständig vernichtet werden“
Problem: Kann der Eigentümer einer Sache in eine Inbrandsetzung nach § 306 wirksam einwilligen (Dispositionsbefugnis)?
hM: Ja, eine Einwilligung des Eigentümers in die Inbrandsetzung eines Tatobjektes nach § 306 I ist möglich.
Dafür:
Systematisches Argument: Brandstiftung nach § 306 ist lediglich Spezialfall der Sachbeschädigung (spezielle Begehungsweise), vgl. das Merkmal der Fremdheit in § 306 I. Bzgl. § 303 ist der Eigentümer unstreitig dispositionsbefugt.
a.A.: Nein. Auch § 306 haftet ein Element der wenigstens abstrakten Gemeingefährlichkeit an, was die Dispositionsbefugnis des Eigentümers ausschließt.
Dafür:
Systematisches Argument: Überschrift des 28. Abschnitts, zu dem auch § 306 gehört.
Dagegen:
Dann lässt sich nicht erklären, warum § 306 gerade an die Fremdheit der Sache anknüpft; die Gemeingefährlichkeit liegt grundsätzlich bei der Brandstiftung an eigenen Sachen in ebenso großem Ausmaß vor.
Gebäude die der Wohnung von Menschen dienen (Schwere Brandstiftung § 306a StgB)
Zentral für § 306a I Nr. 1: Die aufgezählten Räumlichkeiten müssen als Wohnung für Menschen dienen, also als Mittelpunkt der privaten Lebensführung genutzt werden. Entscheidend: Tatsächliche Nutzung, nicht schon Beschaffenheit des Gebäudes (also: [-] bei noch leerstehenden Neubauten). Die Nutzung muss nicht berechtigt sein.
Da es nur auf faktische Nutzung zu Wohnzwecken ankommt, kommt Nr. 1 bspw. auch in Betracht bei ausrangierten Eisenbahnwaggons oder Omnibussen, Wohnwagen, größeren Zelten, Schlafkojen in Lastwagen usw., soweit diese tatsächlich dem Wohnen dienen.
Problem: Fallen auch sog. gemischt genutzte Gebäude in den Anwendungsbereich des § 306a I Nr. 1? (Schwere Brandstiftung)
Ausgangspunkt:
Voraussetzung ist jedenfalls ein einheitliches Gebäude. Dem genügt z.B. nicht ein hölzerner Schuppen, der nur an die Mauer eines Hauses angebaut ist. Das gilt selbst dann, wenn die Gefahr besteht, dass das Feuer von diesem auf das Haus übergreift
BGH: § 306a I Nr. 1 ist auch dann erfüllt, wenn die eigentliche Brandlegung nicht in einem Wohnbereich erfolgt, aber ein anderer wesentlicher Teil des Gebäudes in Brand gesetzt wird. Voraussetzung ist, dass ein (baulich) einheitliches Gebäude (z.B. gemeinsames Treppenhaus) besteht und ein Übergreifen des Feuers auf den Wohnbereich nicht auszuschließen ist.
Dafür:
hohes Gefährdungspotential, sobald einheitliches Gebäude brennt – Auslegung entspricht also Rechtsnatur als abstraktem Gefährdungsdelikt
aA: § 306a I Nr. 1 ist nach Wortlaut erst dann vollendet, wenn die dem Wohnen dienende Räumlichkeit tatsächlich vom Feuer ergriffen worden ist. Bis dahin kann allerdings ein Versuch einer Tat nach § 306a I Nr. 1 gegeben sein.
Sofern die Brandlegung, welche in den Geschäftsräumen erfolgte, die Wohnräume ganz oder teilweise zerstört, ist auch nach der aA eine schwere Brandstiftung verwirklicht.
Aufbauschema Schwere Brandstiftung mit Erfolgsqualifikation § 306 a II StgB
I. Tatbestandsmäßigkeit
- Objektiver Tatbestand
a) Tatobjekt (Eigentumsverhältnisse unerheblich)
aa) eines der Objekte der Nr. 1-6, das
bb) nicht fremd sein muss
b) Tathandlung
aa) Inbrandsetzen oder
bb) durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstören
c) Taterfolg: konkrete Gefahr einer Gesundheitsschädigung eines Menschen
d) Gefahrenverwirklichungszusammenhang zwischen b) und c)
- Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Wenn nein: § 306d I Var. 3 oder § 306d II
II. Rechtswidrigkeit
Einwilligung des Eigentümers unbeachtlich
Einwilligung des Gefährdenden möglich
III. Schuld
IV.Tätige Reue § 306e StgB
Problem: Bezieht sich die Verweisung des § 306a Abs. 2 auch auf das Tatbestandsmerkmal „fremd“ in § 306? (Schwere Brandstiftung)
eA: Ja, auch § 306a II setzt fremdes Tatobjekt voraus. Dafür:
- Wortlaut lässt sich so verstehen.
- Diese Auslegung bringt Eingrenzung der Strafbarkeit mit sich.
Ganz hM: Nein, Fremdheit wird von § 306a II nicht vorausgesetzt. Dafür:
- Wortlaut § 306a II: Schutzgut ist Gesundheit, nicht Eigentum
- Genau betrachtet ist das Merkmal „fremd“ in § 306 I nicht Bestandteil der Aufzählung in Nr. 1 bis 6, sondern steht davor – Verweisung in § 306a II bezieht sich dem Wortlaut nach also nicht auf Fremdheit.
- Systematik: Ansonsten wäre § 306a II Qualifikation zu § 306 I. Das ergäbe einen Widerspruch: § 306d stellt fahrlässiges Handeln im Fall des § 306 I mit vorsätzlichem Handeln und fahrlässiger Erfolgsherbeiführung bei § 306a II gleich. Somit kann § 306a II keinen höheren Unrechtsgehalt als § 306 I aufweisen (was bei einer Qualifikation der Fall wäre).
Problem: Knüpft bei § 306b I (und bei § 306c) die schwere Folge an die Gefährlichkeit des Grunddeliktserfolgs oder der Grunddeliktshandlung an?
(ganz) hM: Anknüpfung an Grundtatbestandshandlung
Dafür:
- Der frühere Wortlaut „durch den Brand“ wurde bewusst geändert.
- § 306 ist Paradefall dafür, dass schon die Handlung des Grunddelikts (= Hantieren mit brennbaren Materialien, um Brand herbeizuführen) besonders gefährlich ist.
Problem: Kann „anderer“ i.S.d. § 306b I auch ein Teilnehmer an der Tat sein? (gilt ebenso für § 306a II und für § 306c) (Besonders schwere branstiftung)
Ausgangspunkt:
Mittäter an der Tat scheiden als geeignetes Gefährdungsobjekt der Brandstiftungsdelikte nach überwiegender Ansicht in der Literatur von vorneherein aus, da diese kein „anderer“, sondern selbst Täter sind (wobei dies schon fraglich ist, weil ein Mittäter aus der Perspektive des anderen Mittäters eben doch ein „anderer“ im Sinne von „anderer Mensch“ ist).
Bei Teilnehmern (Anstiftern, Gehilfen) ist die Frage strittig.
eA: Ja, Teilnehmer werden vom Schutz des § 306b I erfasst.
Beachte: In vielen Fällen kommt dieser Ansatz über Zurechnungsgesichtspunkte letztlich aber doch zum Ausschluss des Teilnehmers (v.a. eigenverant- wortliche Selbstgefährdung und die einverständliche Fremdgefährdung).
Dafür:
- Wortlaut gibt keinen Anhaltspunkt für Ausnahme – aus Sicht des Täters ist Teilnehmer ein „anderer“ (Mensch).
- Parallele Behandlung zu den §§ 212, 223
hM: Nein, Teilnehmer sind keine tauglichen Tatopfer i.S.d. § 306b I.
Dafür:
- Der Tatbeteiligte ist nicht Repräsentant der von den §§ 306a ff. geschützten Allgemeinheit, vielmehr steht dieser auf der Seite des Täters.
Problem: Objektive Zurechnung von Verletzungen bei Personen, die sich „freiwillig“ in Gefahr begeben (Brandstiftung mit Todesflge § 306c StgB)
1. Teil der Lit.: Keine Zurechnung
Dafür:
- Zurechnung kriminalpolitisch unerwünscht, weil Brandstifter wegen drohender Haftung für Retterschäden von deren Herbeirufen abgehalten werden könnte.
- Bei freiwilligen Rettern liegt Eigenverantwortlichkeit auf der Hand und selbst Berufsretter handelt eigenverantwortlich, weil sie sich eigenverantwortlich für seinen Beruf entschieden hat.
- Es verwirklicht sich nur das allgemeine Eingriffsrisiko bei einem Unglück.
2. Teil der Lit.: Zurechnung ist möglich
Dafür:
- Es verwirklicht sich im konkreten Einzelfall nicht nur ein allgemeines Unfallrisiko, sondern ein vom Täter geschaffenes: Es ist das typische Brandstiftungsrisiko, das erst zum Eingriff des Retters führt.
- Einschreiten ist im konkreten Fall nicht freiverantwortlich, sondern eigentlich durch die Handlung des Täters hervorgerufen.
- Speziell Berufsretter sind verpflichtet, sich an Rettungsarbeiten zu beteiligen.
- Wenn Rettung gelingt, kommt dies dem Täter zugute (Bestrafung allenfalls wegen Versuchs). Daher Kehrseite: Misserfolg muss zu Lasten des Täters gehen und somit dessen strafrechtliche Verantwortung begründen.
3. BGH: Zurechnung (+), Zurechnungsgrenze ist aber auch hier – wie im Fall der handlungspflichtigen Berufsretter – grob fahrlässiges Handeln des Retters.
Dafür:
- Grundsätzlich muss der deliktisch Handelnde auch die Folgen seines Ver- haltens tragen – insoweit passen die Argumente der hier an zweiter Stelle genannten Ansicht.
Definition Vorteil Vorteilsnahme § 331StgB
Vorteil ist eine Zuwendung, auf die die Amtsperson oder der begünstigte Dritte
keinen Rechtsanspruch hat und die ihre wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert.