B-Gutachten Flashcards
Übersicht: mögliche Themen des B-Gutachtens
- Sachliche Zuständigkeit
- Örtliche Zuständigkeit
- Anklage oder Strafbefehl
- Teileinstellung, § 170 II StPO
- §§ 154, 154a StPO
- Haftbefehl
- notwendige Verteidigung
- Nebenklage
- § 111a StPO und andere Maßnahmen
Sachliche Zuständigkeit: Aufteilung
- Amtsgericht
a. Strafrichter = Vergehen mit Straferwartung bis zwei Jahre; Privatklagedelikte
b. Schöffengerichte = Vergehen mit Straferwartung über 2 Jahre bis 4 Jahre; Verbrechen bis 4 Jahre - Landgericht
- Große Strafkammer = Vergehen und Verbrechen mit Straferwartung über 4 Jahre
- Schwurgericht = Katalogtat nach § 74 II GVG
[3. Oberlandesgericht = Katalogtat nach § 120 GVG]
Sachliche Zuständigkeit: Regelstrafrahmen als Ausgangspunkt
- Deliktsnatur (Verbrechen vs. Vergehen) bestimmt sich unabhängig von Strafrahmenverschiebungen
- maßgeblich ist das schwerste Delikt (= das mit der höchsten angedrohten Höchststrafe)
-> Untergrenze: durch § 52 II S. 2 StGB bei Tateinheit - bei Tatmehrheit: Gesamtstrafe maßgeblich (jedoch maßgeblich hierfür idR auch das schwerste Delikt)
Sachliche Zuständigkeit: Regelstrafrahmen bei Strafmilderungsgründen
- Vertypte Strafmilderungsgründe
-> § 13 II StGB (Begehen durch Unterlassen)
-> § 17 S. 2 StGB (Verbotsirrtum)
-> §§ 22, 23 II StGB (Versuch)
-> 27, 28 StGB (Teilnahme)
-> P: § 21 StGB: entweder im A- oder B-Gutachten - Unbenannte Strafmilderungsgründe (Minder schwerer Fall)
-> P: im A- oder B-Gutachten
Sachliche Zuständigkeit: Regelstrafrahmen bei Strafmilderungsgründen: § 21: Definitionen
- idR erst ab 2,0 Promille (als krankhafte seelische Störung)
-> Unrechtseinsichtsfähigkeit = Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen
–> Indizien für Unrechtseinsichtsfähigkeit auch bei hoher Promillezahl beachten (Heimlichkeit der Tatbegehung; Flucht)
-> Steuerungsfähigkeit = Fähigkeit, entsprechend einer vorhandenen Unrechtseinsicht zu handeln
-> erhebliche Minderung der Steuerungsfähigkeit = wenn der Beschuldigte bei vorhandener Unrechtseinsicht (!) den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand entgegensetzen kann als der nüchterne Durchschnittsmensch
Sachliche Zuständigkeit: Regelstrafrahmen bei Strafmilderungsgründen: § 21: Prüfung
- BAK-Berechnung
-> stündlicher Abbauwert von 0,2 Promille und einmaliger Sicherheitszuschlag von 0,2 Promille
-> Alternative ohne Blutalkoholmessung nach der Tat: Widmark-Formel - Wirkung psychodiagnostischer Kriterien = in sich logische und schlüssige Handlungssequenzen und motorische Kombinationsleistungen, die in der jeweiligen Form nicht möglich sind, wenn die Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist (Koordinationsprobleme, lallende Sprache)
-> idR psychiatrisches Sachverständigengutachten zu beantragen
a. bei Leistungsmerkmalen: stehen dieser trotz hoher Alkoholisierung einer verminderten Steuerungsfähigkeit entgegen?
b. bei Fehlen von Leistungsmerkmalen: Zweifelssatz des BAK zugunsten einer verminderten Steuerungsfähigkeit - Folge des § 49 I StGB
Sachliche Zuständigkeit: mehrere Beschuldigte
- gemeinsame Anklage bei dem Gericht der höchsten Ordnung, wenn Voraussetzungen des § 3 StPO vorliegen
Örtliche Zuständigkeit: mehrere Tatorte
- Anklage bei jedem zuständigen Gericht möglich, wenn Straftaten zusammenhängen, § 13 StPO
Untersuchungshaft: Voraussetzungen: Dringender Tatverdacht
= wenn nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis in seiner Gesamtheit eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Beschuldigte als Täter oder Teilnehmer eine Straftat begangen hat
Untersuchungshaft: Voraussetzungen: Haftgründe
a. Flucht (§ 112 II Nr. 1 StPO) = wenn der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält
b. Fluchtgefahr (§ 112 II Nr. 2 StPO) = wenn die Würdigung der Umstände des Falles es wahrscheinlicher macht, dass sich der Beschuldigte dem Strafverfahren entziehen als sich ihm zur Verfügung stellen wird
c. Verdunkelungsgefahr (§ 112 II Nr. 3 StPO) = wenn mit großer Wahr-scheinlichkeit auf künftige Verdunkelungshandlungen zu schließen ist, falls der Beschuldigte nicht in Haft genommen wird
d. Schwerkriminalität (§ 112 III StPO) = wenn bei einem dringenden Tatver-dacht einer Katalogtat Umstände vorliegen, die die Gefahr begründen, dass ohne Verhaftung des Beschuldigten die alsbaldige Aufklärung und Ahndung der Tat infrage gestellt sein könnte (BVerfGE 19, 342, 350: ver-fassungskonforme Auslegung: Haftgrund darf nicht komplett fehlen, der Prüfungsmaßstab wird lediglich dahingehend erleichtert, dass etwa nicht zwingend bestimmte Tatsachen für eine Flucht- oder Verdunkelungsge-fahr vorliegen müssen, sondern ein nach den Umständen des Falles nicht auszuschließender Flucht- oder Verdunkelungsverdacht ausreicht)
e. Wiederholungsgefahr (§ 112a I StPO)
= die mit bestimmten Tatsachen belegte Gefahr, dass der Beschuldigte vor rechtskräftiger Aburteilung der Tat, derer er dringend verdächtig ist, weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die Straftat fort-setzen werde
- Subsidiarität nach § 112a II StPO
- Telos: Prävention
Untersuchungshaft: Voraussetzungen: Keine Unverhältnismäßigkeit
= Untersuchungshaft darf nur angeordnet und vollzogen werden, wenn die vollständige Aufklärung der Tat und die rasche Abwicklung des Strafverfah-rens nicht anders gesichert werden können (Spannungsverhältnis zwischen dem Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit (Art. 2 II S. 2 GG) und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung)
- Haftausschließungsgrund: vom Erlass eines Haftbefehls, dessen sonstige Voraussetzungen gegeben sind, darf nicht aus der Erwägung abgesehen werden, die Frage der Verhältnismäßigkeit sei zweifelhaft oder lasse sich mangels hinreichender Sachaufklärung noch nicht abschließend beurteilen
- Abwägungsfaktoren nach § 112 I S. 2 StPO: Bedeutung der Sache und Rechtsfolgenerwartung
- Insbesondere: nach Haftgründen systematisierte mildere Mittel in § 116 StPO (Aussetzung des Haftbefehls) (bspw. Sicherheitsleistung bei Fluchtge-fahr nach § 116 I S. 2 Nr. 4 StPO)
- Insbesondere: Einschränkungen bei leichter Kriminalität nach § 113 StPO
- Beschleunigungsgrundsatz aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG und Art. 5 III S. 1 Hs. 2 EMRK: mit zunehmender Verfahrensverzögerung oder Haftdauer verschiebt sich die Begründungslast zugunsten des Beschuldigten
Untersuchungshaft: Dauer
- Grundsätzlich: Begrenzung auf sechs Monate (§ 121 I, II StPO)
- Berechnung: mit Ablauf des Tages des letzten Monats, der durch seine Benen-nung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat (§ 43 StPO - str.)
- Verlängerung durch OLG/BGH bei Vorliegen eines Verlängerungsgrundes mög-lich (§§ 121, 122 StPO) - keine absolute Obergrenze bei U-Haft nach § 112 StPO
- Höchstdauer bei U-Haft nach § 112a StPO: ein Jahr (§ 122a StPO)
- Aufhebung des Haftbefehls nach 120 StPO, insbesondere bei Unverhältnismäßigkeit nach § 120 I S. 1 Alt. 2 StPO (Annäherung an Dauer der erwarteten Freiheitsstrafe; Verstoß gegen Beschleunigungsgrundsatz)
Untersuchungshaft: Konstellationen
- Noch kein Haftbefehl / Vorliegen der Voraussetzungen
- Prüfen der Voraussetzungen im B-Gutachten
- Stellen eines Haftbefehlsantrags in der Abschlussverfügung - Noch kein Haftbefehl / Fehlen der Voraussetzungen
- Prüfen der Voraussetzungen im B-Gutachten
- Vermerk in der Abschlussverfügung: Wesentliche Überlegungen zur Ableh-nung der U-Haft - Haftbefehl / Vorliegen der Voraussetzungen
- Prüfen der Voraussetzungen sowie der Haftprüfungsfrist im B-Gutachten (ggf. als Änderungsantrag)
- Antrag auf Haftfortdauer in der Anklageschrift (§ 207 IV StPO, Nr. 110 IV S. 2 RiStBV) - Haftbefehl / Fehlen der Voraussetzungen
- Prüfen der Voraussetzungen im B-Gutachten und Konsequenzen des § 120 III StPO (Sofortige Anordnung der Freilassung und Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls)
- Vermerk in der Abschlussverfügung: Sofortige Freilassung schon veranlasst und Aufhebung des Haftbefehls durch Ermittlungsrichter bereits erfolgt
Strafbefehlsverfahren
- nur einschlägig bei Zuständigkeit des Strafrichters und bei Bagatellkriminalität (höchste Rechtsfolge: Freiheitsstrafe von 1 Jahr)
- in aller Regel: Ablehnung mit Verweis auf Nr. 175 III 1 RiStBV
Absehen und Beschränkung von Verfolgung: Anwendungsbereich
- idR bei Delikten mit geringer Strafandrohung
- dennoch immer bei Straftaten im Zusammenhang mit Straßenverkehr (insb. bei möglicher Entziehung der Fahrerlaubnis oder Fahrverbot) und Straftaten von oder gegen Polizisten im Dienst
- § 154 StPO: setzt verschiedene Taten im prozessualen Sinn voraus
- § 154a StPO: setzt eine prozessuale Tat voraus