5. Die Anfänge des Yoga in der Schweiz

Question 1

In welchem gesellschaftlichen Kontext und wann beginnt die Geschichte des Yoga in der Schweiz?

Answer 1

• Ende des 19 Jh.

- Reformbewegungen gegen zunehmende Kapitalisierung —> frühe Alternativen zu Kapitalismus und Kommunismus

Question 2

Wann entstand die Lebensreformbewegung, gegen welche gesellschaftliche Entwicklung richtete sie sich und welche Bereiche umfasste sie?

Answer 2

• Ende 19. Jh.
• gegen: durch Industrialisierung veränderte Lebensbedingungen wie beengte Wohnverhältnisse in den Städten und drückende Arbeitsbedingungen
• Reformen in Bereichen: Ernährung, Medizin, Wohnen (naturnahe Siedlungsexperimente), Frauenrechte, Religion und Spiritualität)

Question 3

Wann gewinnt die Theosophie an Bedeutung und wie verbreitet sie sich in der Schweiz?

Answer 3

• Ende des 19. Jh.

- Verbreitung in gebildeten Kreisen —> gelesene Lehren

Question 4

Was sind die Schwerpunkte der Gründerin und ihrer Nachfolgerin der Theosophen und wie heissen sie?

Answer 4

• Helena Blavatsky (1831-1891): stark spiritistisch gewichtete Lehre
• Annie Besant (1847-1933): buddhistisches + hinduistisches Gedankengut kommt dazu

Question 5

Welche Rolle spielen die Yoga Sutras für die Theosophen?

Answer 5

• 1904 erste Übersetzung auf deutsch
• Sie spalten den Hatha Yoga wegen seiner „Gefährlichkeit“ vom Raja-Yoga des Patanjali ab.
• Sie starteten auf der Stufe des „Dharana“, der Konzentration, und vertraten die Ansicht, dass authentische Gotteserfahrung möglich sein, wenn man sich intellektuell mit der gelesenen Lehre befasse.

Question 6

Welcher deutsche Theosoph spaltete sich ab und gründete seine eigene Bewegung?

Answer 6

Rudolph Steiner

Question 7

Wie nannte Rudolph Steiner seine Bewegung und wie wirkte sich ihre Gründung auf die Theosophie in der Schweiz aus?

Answer 7

Anthroposophie (1913).

Die Deutschschweizer Sektionen der Theosophie folgten ihm, die Westschweizer nicht.

Question 8

Wo und wie findet das grösste lebensreformerische Experiment der Schweiz statt?
Welche Menschen zog es an?

Answer 8

• Monte Verità bei Ascona
• Yoga wurde hier auch praktiziert
• im Herbst 1900 macht sich eine Gruppe „Zivilisationsmüder“ aus München auf dem Weg, um Siedlung „fern aller konventioneller Lebenslüge“ zu gründen. Plan: Naturheilanstalt, Lebensschutz, Künstlerkolonie
• Gemeinschaft suchende, meist gebildete Aussteiger und Utopisten, u.a. Hermann Hesse (sein Buch „Demian“ bezieht sich verschlüsselt auf den Monte Verità).

Question 9

Gegen welche Auffassung vom Körper setzten die Lebensreformer den Begriff der „Lebenskraft“ und wie versuchten insbesondere die Menschen auf dem Monte Verità diese wiederzugewinnen?

Answer 9

• gegen rein materialistische Auffassung vom Körper
• Naturheilkunde (Wasser, Luft, Licht, Kräuter)
• Vegetarismus
• Körperkultur (FKK, „wilde Ehe“)
• Leben in Höhlen
• Verzicht auf Geld
• Selbstreform
• Erneuerung religiöser Erfahrung

Question 10

Welches Verhältnis bestand zwischen der Theosophie und der Lebensreformbewegung?

Answer 10

Beide Lehren standen im deutschen Sprachraum in engem Kontakt.
Durch die Theosophie verlegte sich der Fokus vom Körper auf den Geist.

Question 11

Wer ist der erste bezeugte Yogi auf Schweizer Boden?

Answer 11

Russe namens Nicolai alias „der Yogi“

Question 12

Was verbindet Romain Rolland und Hermann Hesse?

Answer 12

• beide Kriegsgegner
• beide Nobelpreisträger
• beide interessiert an indischer Geistes- und Lebenswelt

Question 13

Wie stellt Romain Rolland eine Verbindung zwischen indischer Lehre und Kriegen her?

Answer 13

Ahimsa als Mittel, um Kriege zu vermeiden. Er stösst über dieses Gebot auf indische geistige Führer wie Gandhi, Vivekananda, Ramakrishna und steht teils in brieflichem, teils in persönlichem Kontakt mit ihnen.

Question 14

Wann lebte Hermann Hesse und was waren wichtige Werke (in Bezug auf Yoga/indisches Gedankengut)?

Answer 14

1877-1962
„Demian“ (1919)
„Siddhartha“ (1922)

Question 15

Wann lebte Roman Rolland und was waren wichtige Werke (in Bezug auf Yoga/indisches Gedankengut)?

Answer 15

1866-1944

Ghandi-Biographie

Question 16

Wer war der erste namentlich bekannte Schweizer Yoga-Praktizierende und wann lebte er?

Answer 16

Carl Gustav Jung, 1875-1961 —> weiterer Wegbereiter des Yoga in der Schweiz

Question 17

Wie beschäftigte sich Carl Gustav Jung mit dem Yoga?

Answer 17

• Im Gegensatz zu vielen anderen nahm er den Yoga ernst.
• Insbesondere 1914 übte er während persönlichen Krisen mit dem Unterbewusstsein Yoga („Emotionen durch Yoga ausschalten“).
• in den 30er Jahren Seminare in Zürich über Kundalini, Tantra-Yoga und Buddhismus

Question 18

Wie heisst ein wichtiges Werk von C.G.Jung zum Thema Yoga und was ist seine Kernaussage, insbesondere in Bezug auf Europäer und den Yoga?

Answer 18

• „Yoga und der Westen“ (1936)
• Er arbeitet die Unterschiede zwischen dem westlichen und dem indischen Geist/Mentalität heraus.
• Yoga ist ein Mittel zur Kontrolle und zur psychologischen Disziplinierung. Weil die Europäer ohnehin viel zu diszipliniert sind, sind sie besonders gefährdet und der Yoga ist nicht geeignet für sie. —> Der westliche Mensch braucht eher Einsicht in das Unbewusste.
• Die körperlichen Prozeduren des Yoga sind „physiologische Hygiene“ und die Körperteile werden mit dem Ganzen des Geistes verbunden. Für Europäer ist dies unmöglich.

Question 19

Wie lautete das Thema der ersten Eranos-Tagung?

Answer 19

„Yoga und Meditation im Osten und im Westen“

Question 20

Wann fand die erste Eranos-Tagung statt und wer waren zwei wichtige Redner?

Answer 20

1933

C.G. Jung, der Indologe Heinrich Zimmer

Question 21

Wer organisierte die Eranos-Tagungen wo und mit welchem Ziel?

Answer 21

• Olga Froebe-Kapteyn (Theosophie-Anhängerin)

- Ziel: Vermittlung zwischen Ost und West und harmonische Erneuerung unseres Lebens

Question 22

Welche Rolle spielt die Familie Bircher für die Lebensreform-Bewegung?

Answer 22

• Dr. Max Bircher-Brenner (1867-1939) baut Naturheilanstalt am Zürichberg auf.
• grosse Erfolge mit Luft- und Sonnenbäder und Ernährung —> Die Ernährungsreform ergänzt die 4 Yogawege (Karma, Raja, Bhakti, Jnana) und er bezeichnete diese als den „5. Yogaweg“.
• Strenger Tagesablauf in der Heilanstalt und körperliche Übungen nehmen grossen Platz ein.
• Sohn Willy Bircher schrieb erstes schweizerisches Yogabuch.

Question 23

Wie heiss die Zeitschrift, die Max Bircher 1924 gründete und über welche beiden yogarelevanten Themen berichtete er darin?

Answer 23

• „Der Wendepunkt im Leben und Leiden“

- Artikel über die Ghandi-Biographie von Romain Rolland und über den Yoga aus Rollands Vivekananda-Buch

Question 24

Wer schrieb wann das erste schweizerische Yogabuch und wie hiess es? Auf wen bezieht sich der Autor?

Answer 24

• 1932, Willy Bircher: „Bedeutung und Pflege des Atems auf Grund östlicher Lehren“
• Bezug auf William Walter Atkinson alias Yogi Ramacharaka

Question 25

Wer war Werner Zimmermann (1893-1982) und was war sein Bezug zum Yoga?

Answer 25

• Pädagoge
• grosses schreibendes Wirken: Übersetzungen zu Heilmethoden, mystische Texte (Krishnamurti, Gandhi, Meister Eckehart), Akupunktur, Leben nach dem Tod…
• Reisen, z.B. Amerikareise 1919/20 wo er Spiritisten theosophischer Prägung kennenlernt
• In vielen seiner Schriften gibt es Bezüge zum Yoga, auch wenn sie nicht explizit so benannt sind: geistiges Wachstum, Meditation, Liebesentfaltung…
• Erst später wird der Yogabezug expliziter, z.B. 1940 „Wir turnen“, 1948 „Kräfte des Atems“ (Yogaatem, Selbstbeobachtung statt „gedankenloses Turnen“)
• ab 1950er selbst Yogalehrer

Question 26

Was ist ein weiterer Meilenstein des Yoga in der Schweiz nach dem zweiten Weltkrieg?

Answer 26

Die Ankunft von Selvarajan Yesudian und Elisabeth Haich in der Schweiz 1948.

Question 27

Wer gründete wann die „Schweizerische Yogagesellschaft“?

Wie standen S. Yesudian und E. Haich dazu?

Answer 27

• Anne Brügges-Lenz und Anne Morier, 1968

- Yesudian/Haich wollten damit nichts zu tun haben.

Question 28

Wen kann man im Dunstkreis des Monte Verità zu den “ersten Wegbereitern” des yogischen Gedankenguts in der Schweiz zählen?

Answer 28

• Romain Rolland
• Hermann Hesse
• Carl Gustav Jung