4/4 (Stellvertretung, Verjährung) Flashcards
Einrede (zu: Gestaltungsrecht)
= das subjektive Recht einer Person, die Ausübung des Rechtes einer anderen Person zu hemmen. Sie dient als Gegenrecht bzw. zur Verteidigung gegen einen Anspruch, wenn der Anspruch als solcher nicht bestritten wird. Die Einrede gibt dem Anspruchsverpflichteten das Recht, die Erfüllung des Anspruchs zu verweigern. Sie ist ein sog. Leistungsverweigerungsrecht
-> führt allerdings nur dann zur Hemmung, wenn der Einredeberechtigte sein Gegenrecht auch geltend macht; der Einredeberechtigte soll selbst entscheiden, ob er den Anspruch trotz Einrede erfüllen will (das Einrederecht ist als subjektives Recht konzipiert)
Verjährung
Unter Verjährung i.S.d. §§ 194 ff. ist der Zeitablauf zu verstehen, der für den Verpflichteten das Recht begründet, die Leistung zu verweigern
Prüfung der Verjährung
- Verjährungsfähiger Anspruch
- Bestimmung der Verjährungsfrist (Dauer der Verjährung)
- Verjährungsbeginn
- Verjährungsende
- Geltendmachung der Verjährung (Einrede)
Voraussetzungen der Stellvertretung
- Zulässigkeit (i.d.R. unproblematisch, außer höchstpersönliche RGe - auch nicht nach § 117 heilbar; Realakte auch nicht vertretbar)
- eigene Willenserklärung des Vertreters (Abgrenzung zum Boten)
- Auftreten in fremdem Namen
(3. * Vertreterwille) - Bestehen der Vertretungsmacht
Abgrenzung von Bote und Stellvertreter
- maßgeblich nach dem äußeren Auftreten des Handelnden: muss ein objektiver Erklärungsempfänger von einer eigenen Willenserklärung des Handelnden ausgehen – das ist insbesondere bei eigenem Entscheidungsspielraum hinsichtlich des “Ob” oder “Wie” des Handelnden der Fall – ist der Handelnde Stellvertreter
Vertreter mit gebundener Marschroute
= Vertreter, dem bereits der Inhalt der Erklärung weitgehend vorgegeben ist
-> Hintergrund: Tritt die Hilfsperson im Außenverhältnis so auf, dass der Geschäftsgegner den Eindruck gewinnen muss, sie gebe eine eigene, selbständig formulierte Willenserklärung ab, so ist sie als Vertreter zu qualifizieren, selbst wenn ihr diese Willenserklärung im Innenverhältnis in allen Einzelheiten vom Geschäftsherrn vorgegeben war
Ausnahmen vom Offenkundigkeitsprinzip / Sonderfälle des Handelns in fremdem Namen
- Unternehmensbezogenes Geschäft
= wenn jemand erkennbar nicht als Privatperson, sondern für ein bestimmtes Unternehmen handelt, soll nach dem Willen der Beteiligten der Unternehmensinhaber /
Unternehmensträger aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet werden (§§ 133, 157). Dies ergibt sich regelmäßig bereits aus den Umständen, etwa aus dem
Vertragsschluss in den Geschäftsräumen des Unternehmens, vgl. § 164 Abs. 1 S. 2
(auch, wenn Geschäftspartner Handelnden irrtümlich für Geschäftsinhaber hält) - Geschäft für den, den es angeht
= dem Dritten ist völlig gleichgültig, wer Vertragspartner ist
a) Offenes Geschäft: Vertreter bringt zum Ausdruck, für einen nicht näher benannten Dritten zu handeln
b) Verdecktes Geschäft: Vertreter handelt mit Vertreterwillen und die Interessen des Vertragespartners erfordern keine Offenlegung (Bargeschäfte des täglichen Lebens) (Zulässigkeit: teleologische Reduktion des § 164 II) - Handeln unter fremdem Namen
Abgrenzungen des Handelns in fremdem Namen: Mittelbare Stellvertretung
= eine Person handelt für fremde Rechnung und im Interesse eines anderen, ansonsten aber in eigenem Namen
- > kein Fall der in §§ 164 ff. geregelten unmittelbaren (= offenen = direkten) Stellvertretung
- > bspw. Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff. HGB) oder Speditionsgeschäft (§§ 407 ff. HGB)
Abgrenzungen des Handelns in fremdem Namen: Handeln unter falscher Namenangabe bzw. in falschem Namen (Namenstäuschung)
= die abgegebene WE beziehen sich nach den typischen Vorstellungen der Parteien (§§ 133, 157) auf die handelnde Person, sodass der verwendete Name nur zu deren Bezeichnung, nicht zu (der nicht relevanten) Identitätsbestimmung dient
- > v.a. alltägliche Geschäfte unter Anwesenden (Hotelreservierung, Tischreservierung, Taxifahrt)
- > Eigengeschäft des Handelnden (= bloße Namentäuschung, keine Identitätstäuschung)
Abgrenzungen des Handelns in fremdem Namen: Handeln unter fremden Namen (Identitätstäuschung)
=
a. Vertreter gibt im Fall des persönlichen Auftretens vor, er sei selbst der Geschäftsherr bzw. verwendet Unterschrift/Name/Account des Geschäftsherrn unter Abwesenden und
b. es kommt dem Vertragspartner entscheidend auf die Person des Handelnden an (Insolvenzrisiko)
- hM: kein Eigengeschäft des Handelnden; die Situation entspricht einem Vertragsschluss durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht (§§ 177 ff. analog)
Form der Bevollmächtigung
- grundsätzlich formfrei (auch konkludent, bspw. Dienstvertrag)
- ausnahmsweise, wenn die formlose Bevollmächtigung mit dem Schutzzweck einer das Vertretergeschäft betreffenden Formvorschrift unvereinbar ist (Grundstückskauf)
- > auch: aus dem Gesetz (etwa § 1945 Abs. 3 S. 1 = Vertretung bei der Ausschlagung der Erbschaft bedarf öff. Beglaubigung gem. § 129) oder aus einer Vereinbarung der Parteien ergeben
Abstraktheit der Vollmacht
- Vollmacht und das zugrunde liegende Rechtsverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem sind voneinander zu trennen
- > Die Vollmacht ist in der Entstehung unabhängig von dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft
- > Die Abstraktheit gilt nach § 168 jedoch nicht für den Fortbestand der Vollmacht: erlischt das Grundgeschäft, so erlischt auch die Vollmacht (Erlöschen bspw. Kündigung, Bedingung, Rücktritt, Widerruf)
Arten der Vollmacht nach ihrem Umfang
- Spezialvollmacht: Ermächtigt den Vertreter zur Vornahme eines ganz bestimmten Rechtsgeschäfts
- Art- oder Gattungsvollmacht: Ermächtigt den Vertreter zu einer bestimmten Art von Rechtsgeschäften
- Generalvollmacht: Ermächtigt den Vertreter zur
Vornahme aller Rechtsgeschäfte, sofern sie nicht völlig außergewöhnlich sind
Rechtsscheinsvollmachten
- Gesetzliche Bestimmungen (§§ 170-172)
- Duldungsvollmacht
- Anscheinsvollmacht
Anfechtung der Vollmachtserteilung
- Vertretergeschäft noch nicht vorgenommen: nach § 168 S. 1 jederzeit Widerruf der Vollmacht möglich (außer im Falle der unwiderruflichen Vollmacht) -> Einer Anfechtung der Vollmacht bedarf es überhaupt nicht
- Die Anfechtungserklärung bei der bereits ausgeübten Innenvollmacht darf in Abweichung von § 143 Abs. 3 nicht dem Vertreter, sondern muss dem Geschäftspartner gegenüber erklärt werden. Ansonsten könnte der Vertretene das Geschäft rückwirkend vernichten, ohne dass der Geschäftspartner davon erführe
- Bei der Anfechtung der bereits ausgeübten Außenvollmacht ergeben sich keine Besonderheiten: Die Anfechtung muss nach § 143 Abs. 3 dem Dritten gegenüber erklärt werden
Kollusion
= wenn der Vertreter und der Geschäftsgegner bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammenwirken, wird dieser trotz bestehender Vertretungsmacht des Vertreters nicht gebunden
-> das bewusste Zusammenwirken in Schädigungsabsicht stellt ein gegen die guten Sitten verstoßendes Verhalten dar (§ 138 I), aufgrund dessen der Vertretene nicht verpflichtet werden kann (Vertrag ist nichtig)
Vertreter ohne Vertretungsmacht
vs.
Missbrauch der Vertretungsmacht
Im Außenverhältnis fehlt Vertretungsmacht
-> §§ 177ff.
vs.
Im Außenverhältnis besteht Vertretungsmacht, die aber im Innenverhältnis überschritten wird
-> Vertretener wird grds. gebunden, Ausnahmen: Kollusion und evidenter Missbrauch
P: Anforderung an eine konkludent erteilten Vollmacht
- Grds. Vollmacht kann als eine einseitige empfangsbedürftige WE auch konkludent erfolgen
- Liegt vor, wenn der Vertretene das Verhalten des nicht ausdrücklich Bevollmächtigten zur Kenntnis nimmt und mit rechtsgeschäftlichem Willen billigt
- > Billigung nach objektivem Empfängerhorizont zu beurteilen - Differenzierung: Innen- vs. Außenvollmacht (unterschiedliche Empfängerhorizonte)
- > idR muss die Billigung in irgendeiner Form zur Manifestation gelangen, Schweigen oder Nichtstun reicht nicht aus (gilt nur in Ausnahmefällen als WE)
P: Anfechtung einer Duldungsvollmacht
- eA (+)
pro: Anfechtbarkeit wie Außenvollmacht aufgrund Irrtums über die Konkludenz des eigenen Handelns
pro: Einstufung als konkludent erteilte Vollmacht: §§ 171, 172 analog - aA: Differenzierend: Anfechtung zulässig, sofern auch bei echter Außenvollmacht zulässig
pro: Gleichstellung mit echter Vollmacht auf Rechtsfolgenseite - somit müsse Gleiches an die Voraussetzungen hinsichtlich einer Anforderung gelten
pro: Wertungswiderspruch, da der auf einen bloßen Rechtsschein Vertrauende besser stünde als der, der von einer echten Vollmacht ausgehe - wA (hM): (-)
pro: Rechtsscheinvollmacht stellt Vertrauenstatbestand dar, der auf tatsächlichem Verhalten des Vertretenen beruht, Anfechtung jedoch nur auf RGliche und RGähnliche Handlungen anwendbar
pro: Rechtsschein als objektiver TB kann nicht rückwirkend beseitigt werden, sondern nur für die Zukunft
P: Abhanden gekommene Vollmachtsurkunde
- eA: §§ 171, 172 direkt
con: Vollmachtsurkunde muss im Original ausgehändigt werden iSe bewussten Inverkehrbringens zum Gebrauch - gerade (-) bei Abhandenkommen oder mit erstem Widerruf (§ 172 II) - aA: Regeln über abhandengekommene WE analog
pro: strukturell mit dem Fall des fehlenden (potenziellen) Erklärungsbewusstseins vergleichbar, wenn es dem Erklärenden aufgrund von Fahrlässigkeit zuzurechnen ist, dass seine Erklärung in den Verkehr gelangte
pro: Beschränkung auf das negative Interesse (§ 122 analog bzw. cic)
con: Tatbestandsmerkmal des Aushändigens als willentliche Übergabe einer schriftlich verkörperten Erklärung wird nicht ausreichend Rechnung getragen - wA (strukturell gleich mit aA): §§ 171, 172 analog
pro: Schutzwürdigkeit des Geschäftspartners, der Aushändigung der Vollmacht dieser nicht ansehen kann
pro: Vollmachtsurkunde setzt den Rechtsschein ihrer Aushändigung
con: Tatbestandsmerkmal des Aushändigens als willentliche Übergabe einer schriftlich verkörperten Erklärung wird nicht ausreichend Rechnung getragen
con: Rechtsscheinhaftung auf das positive Interesse gem. §§ 170-173 nur gerechtfertigt, wenn sich Vollmacht als bewusste und willentliche Mitteilung darstellt
con: Rechtsgedanke des § 935 I (kein Vertrauensschutz bei abhandengekommenen Sachen) - neA: keine Rechtsscheinsvollmacht
pro: Ausstellung einer Vollmachtsurkunde beinhaltet für den Aussteller bereits ein nicht geringes Risiko, da die Vertretungsmacht grundsätzlich bis zur Rückgabe der Urkunde bestehen bleibt, vgl. § 172 II BGB. Diese Risikozuweisung ist gerechtfertigt, da sich der Aussteller diesem Risiko bewusst aussetzt. Im Fall einer gestohlenen oder anderweitig abhandengekommenen Urkunde fehlt es jedoch gerade an diesem rechtfertigenden Element. Daher ist es sachgerecht, dem Aussteller, obwohl objektiv der Anschein einer wirksamen Bevollmächtigung gesetzt wurde, den Rechtsschein nicht zuzurechnen
pro: die Interessen des Geschäftsgegners können nach den Grundsätzen der cic ausreichend berücksichtigt werden, wobei auch und gerade ein etwaiges Verschulden des Ausstellers berücksichtigt werden kann (Herstellung/Aufbewahrung einer Vollmachtsurkunde als ähnlicher rechtsgeschäftlicher Kontakt zwischen Aussteller und allen potentiellen Vertragspartnern)
(- wAen: Duldungs- und Anscheinsvollmacht
- > con Duldungsvollmacht: oft kein mehrmaliges Auftreten
- > con Anscheinsvollmacht: Vollmacht allein kein ausreichender Rechtsschein, da sonst Regelungen des §§ 171, 172 umgangen würden und sich somit das Institut der Anscheinsvollmacht als Rechtsfortbildung contra legem erweisen würde)
P: Identitätstäuschung (nicht Handeln in fremdem Namen, sondern unter fremdem Namen): Vereinbarkeit mit Offenkundigkeitsprinzip
eA: Vereinbar -> §§ 164 ff.
- e contrario § 164 II: wenn der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervortritt, so kann der Vertreter nicht deswegen anfechten - 164 II verzichtet also auf die Offenkundigkeit des Willens, in fremdem Namen zu handeln, nicht aber generell auf den Willen, in fremdem Namen zu handeln - fehlt aber generell bei Handeln unter fremdem Namen -> 164 II nicht anwendbar -> kein Eigengeschäft, sondern Fremdgeschäft
- Interesse des Erklärungsempfängers verlange, dass RG mit wirklichem Namensträger zustande kommt
aA Differenzierend
- nur dann vereinbar, wenn eine Auslegung der WE desjenigen, der unter fremdem Namen handelt, nach dem objEmpf ergibt, dass es dem Vertragspartner nicht egal ist, mit wem er den Vertrag abschließen will (oft Differenz: unter Anwesenden eher egal als unter Abwesenden!)
Streitentscheid
- wenn stets Fremdgeschäft wäre, hätte der Vertragspartner nach Genehmigung durch Vertretenen keinerlei Einflussmöglichkeit auf das RG, obwohl es ihm auf die konkrete Person als Vertragspartner ankommen könnte
P: Konstruktion einer Unterbevollmächtigung
- eA: Hauptvertreter erteilt im eigenen Namen Untervollmacht und bestellt Untervertreter als seinen
eigenen Vertreter
pro: Wirkungen der RGlichen Erklärungen gehen
durch Hauptbevollmächtigten hindurch und
treffen somit Geschäftsherrn
con: sach- und verkehrsfremd, da WE nach dem Willen der Parteien des Vertretenen unmittelbar treffen sollen
con: Vertreter hat kein eigenes Recht, den Vertreter durch eine Vollmacht zu binden
con: Dass die Rechtsfolgen für eine juristische Sekunde in der Person des Hauptvertreters eintreten hat keine gesetzliche Grundlage - aA (hM): Konstruktion einer direkten Stellvertretung: Hauptvertreter bevollmächtigt Untervertreter im
Namen des Vertretenen dahingehend, seinerseits
im Namen des Vertretenen RG abzuschließen
pro: Handeln des “Unter”stellvertreters als unmittelbarer Vertreter des Geschäftsherrn
pro: die Bevollmächtigung des Untervertreters ist nach
§ 164 I BGB ihrer Wirkung nach Vollmacht des
Vertretenen und kann von diesem (und daneben - in
dessen Namen - vom Hauptvertreter) widerrufen
werden
P: Zulässigkeit der Erteilung einer Untervollmacht und Umfang derselben
- Kein gesetzliches Verbot (bspw. § 52 II HGB)
- §§ 133, 157 BGB, Auslegung der erteilten Vollmacht:
- > besonderes Interesse an persönlicher Ausführung erkennbar (persönliche, fachliche Eignung, besonderes Vertrauen) ?
- -> nach Wertung im Werkvertragsrecht im Zweifel (+), vgl. § 664 I BGB - Umfang der Vertretungsmacht: die Untervollmacht wird notwendig begrenzt durch die Hauptvollmacht
P: Grds. Anerkennung der Anscheinsvollmacht
- Umstr., ob bei unbewusster oder nur fahrlässiger
Veranlassung des Rechtsscheins überhaupt vertragliche
Bindung des Geschäftsherrn und damit Haftung auf das
positive Interesse gerechtfertigt ist - eA (wohl hM): (+)
pro: Verkehrsschutz – das Vertrauen des Vertragspartners auf Bestehen einer Vollmacht muss geschützt werden
pro: Parallele zu fehlendem Erklärungsbewusstsein, wo nach h.L. durch Erklärungsfahrlässigkeit ein Anspruch auf positives Interesse begründet wird - aA: (-)
-> „Anscheinsvollmacht“ existiere jedenfalls im Bereich des bürgerlichen Rechts nicht, lediglich Vertrauenshaftung auf das negative Interesse aus §§ 311 II, 241 II, 280 I BGB (cic) - pro: bloße Nachlässigkeit des Vertretenen kann nicht zu Rechtsgeschäftsabschluss führen
pro: §§ 170-173 BGB zeigen, dass der Geschäftsherr den Rechtsschein bewusst gesetzt haben muss (trifft bei Duldungsvollmacht zu, nicht aber bei Anscheinsvollmacht)
pro: §§ 118, 122 BGB zeigen, dass bei unbewusstem Fehlverhalten grds. nur auf Ersatz des Vertrauensschadens gehaftet wird
pro: Anscheinsvollmacht ist für den Geschäftsherrn noch negativer aus als die Lehre von der Erklärungsfahrlässigkeit, da bei dieser zweifellos die
Anfechtung nach § 119 I BGB akzeptiert wird. Anfechtung scheide bei der Anscheinsvollmacht hingegen nach h.M. aus
pro: legitimer Anwendungsbereich lediglich im Handelsverkehr; Grundsätze über kaufmännisches Bestätigungsschreiben sind tragfähige Grundlage für Haftung auf positives Interesse bei unbewusster (fahrlässiger) Rechtsscheinveranlassung
Prüfung Anscheinsvollmacht
- Obj. Rechtsscheinstatbestand
- > Der Dritte kann nach Treu und Glauben und nach der Verkehrssitte aufgrund des obj. Geschehens davon ausgehen, dass der Vertretene wirksam vertreten werde (bspw. wiederholt bzw. auf gewisse Dauer Auftreten im Namen des Geschäftsherrn) - Zurechenbarkeit
- > Erkennbarkeit des Vertreterhandelns bei pflichtgemäßem, sorgfältigem Verhalten sowie die Möglichkeit, es zu verhindern, genügen (betrifft Vertretenen) - Schutzwürdigkeit des Dritten
- Der Dritte kannte die den Rechtsschein begründenden Tatsachen und hatte keine Kenntnis/ fahrlässige Unkenntnis (§ 173) von der fehlenden Vollmachtserteilung - Ursächlichkeit des Vertrauens für Abschluss des
Rechtsgeschäfts - Rechtsfolgen
- > Wirksame Stellvertretung
- > P: Anfechtbarkeit? (vgl. Streit bei Duldungsvollmacht)
- > P: Haftung?
P: Bewusst falsch übermittelnder Bote
§ 179 analog?
1.Regelungslücke: Gesetz kennt Stellvertretung und Botenschaft, geregelt ist aber nur das vollmachtlose Vertreterhandeln (§ 179 BGB) - Aber (gegen Analogie) Wird die Konstellation vorrangig von § 122 BGB erfasst?
pro:
-> Auftraggeber kann Boten auswählen und überwachen
→ Absichtliche Falschübermittlung als Risiko des Auftraggebers
-> Risikoverteilung wie beim Empfangsboten
con:
-> Bewusste Verfälschung ist keine berechenbare und typische Gefahr der Einschaltung eines Boten.
-> Kein Fall des § 120: Gesetz bürdet Auftraggeber Haftung nur bei Irrtum auf.
-> Verschulden bei der Auswahl des Boten wird von c.i.c. erfasst
-> Vergleichbarkeit zum Handeln ohne Auftrag (Analogie (+))
2. Planwidrigkeit:
- Anhaltspunkte für eine bewusste Nichtregelung (-)
3. Vergleichbarkeit der Interessenlage:
- Auftreten nach außen: Stellvertreter und Bote übernehmen Gewähr dafür, zur Vertretung bzw. Übermittlung ermächtigt zu sein.
- Beachtliches Interesse: Vertrauensschutz des Geschäftspartners, keine Ermächtigung seitens des Auftraggebers
4. Zwischenergebnis: Analogie (+)
P: Anfechtung der ausgeübten Innenvollmacht
- grds. ist Vollmachtserteilung als WE anfechtbar - fraglich, ob auch bei bereits ausgeübter Vollmacht
eA: Unanfechtbarkeit
pro: ungerechtfertigte Privilegierung des Vertretenen: hat eine doppelte Anfechtungsmöglichkeit (eigene Willensmängel und solche des Vertreters): stünde besser, wie wenn er selbst den Vertrag geschlossen hätte
pro: insolvenzrechtliche Überlegungen: § 179 I würde Vertreter zu einem solchen ohne Vertretungsmacht machen (nach 179 II neuer Vertrauensschadensersatzschuldner für Geschäftspartner) -> hätte neuen Schuldner mit neuem Insolvenzrisiko
[pro: dogmatische Parallele im Gesellschafts- und Arbeitsrecht, wo Wirkung der Anfechtung wegen schutzwürdiger Interessen Drittter beschränkt wird]
pro: durch Vollmachtsanfechtung sind alle Vertretergeschäfte betroffen
-> dagegen con: Genehmigung möglich
–> wiederum con: zusätzliches Reurecht für Vertretenen denkbar (aber § 242 auch hier)
- aA: Anfechtbarkeit ex nunc (mM)
pro: irrtümliche Vollmachtserteilung ist im Risiko des Vertretenen
pro: sofern sich daraus ungewollte Vertretergeschäfte ergeben, müssen diese angefochten werden (§ 166 II analog) - > dagegen con: § 166 II analog ist abzulehnen, da nach Systematik und Historie bei Willensmängeln für das Vertretergeschäft nicht auf Vertretenen abgestellt werden soll (s. extra KK)
- wA: Anfechtbarkeit ex tunc (hM)
pro: wie alle WE
pro: Gesetz sieht keine Ausnahme vor
pro: Geschäftspartner hat sich auf Geschäft mit Stellvertretung eingelassen
pro: § 242 oder Teilanfechtung verhindert, dass sich Vertretene auch von solchen Geschäften lösen kann, die von seinem ursprünglichen Willen gedeckt waren (kein zusätzliches Reurecht)
Streitentscheid:
- con eA: keine ungerechtfertigte Privilegierung: doppelte Anfechtungsmöglichkeit liegt in der Natur der Sache und ist privatautonom als Risiko von Geschäftspartner auch eingegangen worden
- con eA: Insolvenzrisiken müssen im Falle einer Insolvenz nicht über 179 II materialisiert werden, sondern auch 122 analog direkt ggü Vertreter denkbar
- aA somit anzunehmen