3/3 (Annahme und Ausschlagung der Erbschaft; Erbschein; Erbschaftsanspruch; Haftung für Nachlassverbindlichkeiten; Miterbengemeinschaft; Pflichtteilsrecht) Flashcards
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft: Annahmeerklärung
- nicht erforderlich für Anfall der Erbschaft (Vonselbsterwerb, § 1942 I)
- wenn erklärt, ist jedoch keine Ausschlagung mehr möglich, § 1943
- Annahmeerklärung: formloses, nicht empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft
- > auch konkludent möglich: aus dem Verhalten muss allerdings eindeutig der Wille hervorgehen, endgültig Erbe sein zu wollen (Geschäftsführung vor der Ausschlagung möglich, § 1959, ohne dass es sich dabei schon um schlüssige Annahme handeln müsste)
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft: Anfechtung
- nach allgemeinen Anfechtungsgründen, jedoch insbesondere zu beachten bei Irrtum über den Nachlass (Sache iSd § 119 II - Nachlassaktive oder -passive als Eigenschaften der Sache)
- > nur wertbildende Faktoren, nicht Wert selbst
- > hypothetische Kausalität beachten
- Anfechtung wegen Rechtsfolgenirrtümer nur, wenn als Inhaltsirrtümer zu qualifizieren, weil sich der Erklärende über die unmittelbaren und wesentlichen Rechtsfolgen des Geschäfts und damit über dessen Rechtsnatur irrt
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft: Verfügung über Nachlassgegenstände
- Grds. verfügt Erbe als Berechtigter
- > jedoch Ausschlagungswirkung ex tunc: Nichtberechtigter (gutgläubiger Erwerb möglich)
- Für Dringlichkeitsverfügungen: § 1959 II: Wirksamkeit trotz Ausschlagung
- > wenn keine Dringlichkeit, dennoch Verfügung: idR konkludente Annahme der Erbschaft
- bei Erwerb vom Nichtberechtigten: Gutgläubiger Erwerb möglich? (wegen Rückwirkung von Ausschlagung bzw. Anfechtung ist wahrer Erbe gem. § 857 Besitzer geworden - somit Sache diesem gem. § 935 abhandengekommen?)
- > hM: keine Rückwirkung der Fiktionswirkung, da vorläufiger Erbe Besitz ergreifen durfte
- > jedoch § 142 II analog möglich (Kenntnis der Anfechtbarkeit bzw. Ausschlagbarkeit)
Erbschein: Öffentlicher Glaube, §§ 2365 ff.: Charakteristik
- vergleichbar den Regelungen zum Grundbuch
- erfasst sind nur Verfügungsgeschäfte (vgl. Wortlaut)
- erfasst sind nur Verkehrsgeschäfte (nicht im Rahmen der Miterbengemeinschaft)
- § 2366
- > Erbschaftsgegenstände = Sachen (Mobilien oder Immobilien) sowie Rechte jeder Art
- > Gutgläubiger Erwerb trotz § 857 (Abhandenkommen beim wahren Erben) möglich; gutgläubiger Erwerb, auch wenn der wahre Erbe Nichtberechtigter gewesen wäre, ebenso möglich (§§ 2366, 929, 932)
- > gutgläubiger Forderungserwerb ausnahmsweise möglich
- > hL: Erwerber muss vom Erbschein nichts wissen, muss aber von der Zugehörigkeit des Gegenstandes zum Nachlass überzeugt sein
pro: Historie und Systematik: Parallele zum Grundbuch (abstrakter Verkehrsschutz) - § 2367
- > Hs. 1: Leistungsbewirkung möglich
- > Hs. 2: Weitere Verfügungsgeschäfte möglich, bspw. Aufhebung oder inhaltliche Änderung eines Rechts; Vormerkungsbewilligung
- -> auch einseitige Rechtsgeschäfte, wie Anfechtung, Kündigung, …
Erbschaftsanspruch: Personenkonstellation
- Gläubiger: Alleinerbe oder Miterbengemeinschaft
- > gem. § 2039 gesetzliche Prozessstandschaft (auch ggü Miterben, der sich Alleinerbenstellung anmaßt)
- Schuldner: Erbschaftsbesitzer
- > objektive Erlangung eines Vermögensvorteils (vgl. § 812)
- > aufgrund eines ihm nicht zustehenden Erbrechts (Anmaßung eines Erbrechts - nicht aufgrund eines Vermächtnisses, Schenkung, etc.)
- Speziellere Konstellationen
- > Nacherbe gegen Vorerbe: § 2130
- > Endgültiger Erbe gegen vorläufigen Erben: § 1959 I iVm §§ 677 ff.
Erbschaftsanspruch: Surrogation, § 2019
- Bewirkt die unmittelbare dingliche Zuordnung der Surrogate zum Nachlass (dingliche Surrogation)
- > Erbe wird unmittelbar Eigentümer
- Kettensurrogation möglich
- Wenn Surrogationsgeschäft unwirksam (bspw. Veräußerung scheitert an §§ 935, 857), Wahlmöglichkeit des Erben
- > Herausgabe des Erbschaftsgegenstandes
- > Genehmigung des Surrugationsgeschäfts und Herausgabeanspruch auf das Surrogat
- Wenn Erbschaftsbesitzer mit Mitteln der Erbschaft ein Darlehen vergibt und der wahre Erbe dadurch einen Darlehensrückzahlungsanspruch erwirbt (§ 2019 I), kann sich der Schuldner ihm gegenüber auf die spätere Rückzahlung an den Erbschaftsbesitzer berufen, § 2019 II iVm § 407
Erbschaftsanspruch: Verhältnis zu Einzelansprüchen
- § 2029 lässt Einzelansprüche zu, jedoch nur nach Maßgabe des Tatbestandes des § 2018
- > § 985
- > §§ 812 ff.
- > § 823 ff. [? eigentlich Sperrwirkung, vgl. § 2025: deliktische Haftung nur bei unerlaubter Handlung]
Miterbengemeinschaft: Charakteristik als Gesamthandsgemeinschaft
- Dritte Gesamthandsgemeinschaft nach Gesellschaft und Gütergemeinschaft
- Weder eigenständig recht- noch parteifähig
- > nur die Erben in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit können Verträge abschließen oder in Anspruch genommen bzw. verklagt werden
- Bildung eines Sondervermögens
- > keine Bruchteilsgemeinschaft; diese besteht nur an einzelnen Gegenständen
- > Verfügung nur über Anteil an gesamten Nachlass möglich (§ 2033 I), Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen existiert nicht (missverständlicher Wortlaut des § 2033 II)
- Erhaltung des Nachlasses als Haftungsgrundlage
- > Eigengläubiger der Miterben können nicht in den Nachlass vollstrecken, § 747 ZPO
- > Dingliche Surrogationswirkung
- > Gemeinschaftliches Verfügungserfordernis, § 2040 I
Miterbengemeinschaft: Verfügung über Miterbenanteil
- Begründung: von vornherein auf Liquidation angelegte Zufallsgemeinschaft -> Verfügungsmöglichkeit über Anteil (anders als bei Gesellschaft), jedoch mit Vorkaufsrecht
- Oft Mittel der Erbauseinandersetzung
- > Übertragung aller anderen Miterbenanteil auf einen Erben führt zu dessen Stellung als Alleinerbe
- Veräußerung an Dritte
- > Erbenstellung als solche ist nicht übertragbar!
- > Dritter tritt nur vermögensrechtlich in die Position des verfügenden Miterben
- Neben Veräußerung auch weitere Verfügungen möglich, bspw. Nießbrauchbestellung oder Verpfändung
- Vorkaufsrecht wirkt nicht nur schuldrechtlich gegen Verkäufer (Miterben), sondern nach Übertragung quasidinglich gegen Käufer (Dritten), § 2035 I S. 1
Miterbengemeinschaft: Nachlassverwaltung, § 2038
- Verwaltung = alle rechtlichen und tatsächlichen Maßnahmen, die auf Erhaltung und Mehrung des Nachlassvermögens oder auf Bestreitung der laufenden Verbindlichkeiten gerichtet sind
- > auch Verpflichtungsgeschäfte (verpflichtet Erbengemeinschaft im Außenverhältnis)
- P: Verwaltungsmaßnahmen (Verpflichtungsgeschäfte) aufgrund Mehrheitsbeschluss, § 2038 I, II iVm § 745 I
- > eA: nur Wirkung innerhalb der Erbengemeinschaft
- > hL/BGH: auch Wirkung nach außen (Vertretung der Erbengemeinschaft)
pro: § 2038 regelt auch das Außenverhältnis; § 2040 ist für das Außenverhältnis nicht abschließend, da nur Verfügungsgeschäfte geregelt werden
pro: ansonsten Prozess erforderlich, um Minderheitenstimme nach § 894 ZPO durch Urteil ersetzen zu lassen
Miterbengemeinschaft: Verfügung über Nachlassgegenstände: Abgrenzung zwischen § 2038 und § 2040
- § 2038 regelt sachlich Verwaltungsmaßnahmen, § 2040 regelt formal Verfügungsgeschäfte -> Verhältnis der Normen bei verwaltenden Verfügungsmaßnahmen
- eA: Differenzierung zwischen ordnungsgemäßer und Notverwaltung
- > Ordnungsgemäß: § 2040 lex specialis (Prozess erforderlich, wenn keine Einigkeit)
- > Notmaßnahmen: § 2038 I S. 2 aE lex specialis
con: Mehrheit dürfte sich verpflichten, aber nicht erfüllen
con: Mehrheit könnte bedeutendes Verpflichtungsgeschäft abschließen, aber kein unbedeutendes Verfügungsgeschäft - BGH: Tendenz zur Mehrheitsbeschlussmöglichkeit bei Verfügungsgeschäften (§ 2038 lex specialis), zumindest bei actus contrarius (Kündigung (als Verfügungsgeschäft) eines durch Mehrheitsbeschluss eingeganenen Dauerschuldverhältnisses)
Miterbengemeinschaft: Anspruch auf Auseinandersetzung
- jederzeit durch jeden Miterben nur für den gesamten Nachlass möglich (keine Teilauseinanderserzung unter Aufrechterhaltung der übrigen Miterbengemeinschaft), jedoch möglich
- > Übertragung des Miterbenanteils, § 2033
- > Personelle Abschichtung, § 738 analog (jedenfalls Verzicht eines Miterben und Anwachsung ex lege an andere, daher nach BGH auch kein Formerfordernis nach § 2033 analog, aber str.)
Pflichtteilsanspruch: Zugewinngemeinschaft
- nach § 2303 II iVm § 1371 II wird zusätzlicher Anteil von 1/4 nicht zur Berechnungsgrundlage für Pflichtteilsanspruch genommen (nur “kleiner Pflichtteil” - neben Anspruch auf Zugewinnausgleich)
- > so die Einheitstheorie (ganz hM, BGH)
- > Wahltheorie wäre: Verzicht auf Zugewinnausgleich, dafür “großer Pflichtteil”
con: Wortlaut sieht kein Optionsrecht vor; auch keine Wahlfrist - P: Erbeinsetzung des Ehegatten unter dem Wert des großen Pflichtteilsanspruch
- > Familienrechtliche Lösung: Ausschlagung der Erbschaft, Zugewinnausgleich mit kleinem Pflichtteil (§ 1371 III, II)
- > Erbrechtliche Lösung: Erbanteil, Pflichtteilsrestanspruch (§ 2305) - Berechnungsgröße ist der große Pflichtanteil
pro: bei Bezugsgröße des kleinen Pflichtanteils würde Ehegatte keinerlei Zuwendung aus der Zugewinngemeinschaft erhalten (weder rechnerischer Ausgleich noch pauschaliert) (hM)
con: enterbter Ehegatte kann niemals großen Pflichtteil erhalten, bedachter Ehegatte jedoch schon (Wertungswiderspruch) - > parallele Lösung bei Ausschlagung bzw. Beibehaltung des Vermächtnisses, § 2307 I