2/4 (Bundesstaat, Gesetzgebung, Bund-Länder-Streit) Flashcards
P: Inwieweit kann eine einheitliche Stimmabgabe der BRatsMitglieder eines Bundeslandes noch hergestellt werden - etwa auch infolge Nachfragens durch den BRatsPräsi - wenn zunächst eine uneinheitliche Stimmabgabe erfolgt ist?
Dogmatik: Art 51 III 2 (Stimmen eines Landes bei BRatsabstimmung können nur einheitlich abgegeben werden) -> betont die Vertreterposition der Mitglieder (stehen für Land - sollen nicht individuell abstimmen)
I. Theorie der endgültigen Stimmungültigkeit (außer bei offensichtlichem Versehen oder Missverständnis)
pro: nach uneinheitlicher Abgabe der Stimmen wirkt Nachfrage wie unzulässiger Eingriff in den eigenen Verantwortungsbereich des Landes (Präsi möchte “wahren Landeswillen” ermitteln)
pro: einzelnes BRMitglied hat keine Weisungs- oder Selbsteintrittsrechte, und selbst wenn diese in LandesVerf normiert wären, hätten sie wegen des GG als das Außenverhältnis zwischen Bund und Ländern regelnde System keine Anwendungsrelevanz
pro: Gefahr der Rechtsunsicherheit / endloser Abstimmungen
II. Theorie der Korrekturmöglichkeit
pro: Uneinheitlichkeit der Stimmabgabe bedeutet nach Wortlaut des Art. 52 III 2 keine wirksame Stimmabgabe - weitere Nachfragen sind keine Korrekturen etc, da es noch gar keine Stimmabgabe im Rechtssinne gegeben hat
pro: § 32 S. 1 GOBR: Beschlüsse werden erst mit Ende der Sitzung wirksam; § 32 S. 2 GOBR: Wiederholung von Abstimmung in bestimmten Fällen ausgeschlossen, e contrario also erlaubt (con hiergegen: GOBR ist nicht Verfassung, normenhierarchisch problematisch)
pro: bloße Nachfrage bei Unklarheiten ist noch keine unzulässige Lenkung
Mehrheitsbegriffe im GG
Zum einen ist nach der Bezugsgröße für die Berechnung der Mehrheit zu unterscheiden:
- Anwesenheitsmehrheit = Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen, Enthaltungen zäh-len als nicht abgegebene Stimmen – dies ist die Grundregel im Bundestag, Art. 42 Abs. 2 GG, außerdem Art. 63 Abs. 4 S.1 GG (Gegenausnahme zu anderen Fällen des Art. 63)
- Mitgliedermehrheit = Mehrheit der gesetzlich vorgesehenen Mitglieder (= „Kanzler-mehrheit“), vgl. Art. 121 GG, Bsp.: Art. 63 Abs. 2 S. 1, Abs. 3, Art. 68 Abs. 1 S.1, Art. 79 Abs. 2 GG; der Bundesrat fasst seine Beschlüsse stets so, Art. 52 III 1 GG
Zum anderen bestehen unterschiedliche Quoren für die erforderliche Stimmenzahl:
- „die meisten Stimmen“ = mehr Stimmen als jeder andere für sich genommen, Bsp.: Art. 63 Abs. 4 S.1 GG
- einfache Mehrheit = mehr Stimmen als alle anderen zusammen, d.h. > 50 % der Stim-men, Bsp.: Art. 63 Abs. 4 S.2, 68 Abs. 1 S.1 GG
- qualifizierte Mehrheit = M. bedarf bestimmter Qualität, Bsp.: Art. 79 Abs. 2 GG (⅔)
Gesetzgebungszuständigkeit: Prüfung
I. Art. 70 GG als Grundregel
II. Positiver Kompetenztitel für den Bund
- Art. 73 (ausschließlich)
- Art. 74 (konkurrierend)
- Spezielle Kompetenznorm (“Das Nähere regeln Bundesgesetze”)
- Ungeschriebene Kompetenzregeln
III. Voraussetzungen der Wahrnehmung des Kompetenztitels
- Art. 71 (ausschließlich)
- Art. 72 (konkurrierend)
- > ggf. Abweichungskompetenz gem. Art. 72 III GG zugunsten der Länder
- Auslegung der Kompetenztitel: starke Berücksichtigung der normativen Tradition / historischen Auslegung (“vom GG-Geber vorgefundene Rechtsmaterien”)
Gesetzgebungszuständigkeit: ungeschriebene Bundeskompetenzen
- Kraft Natur der Sache: Regelung kann begriffsnotwendig (!) nur durch Bund getroffen werden
- Kompetenz kraft Sachzusammenhang: Materie kann nicht sinnvoll geregelt werden, ohne dass Gesetzgeber nicht in eine andere, ihm nicht ausdrücklich zugewiesene Materie ausgreift
- > “geht in die Breite”
- > restriktiv; es darf kein substanzieller Eingriff in die zusammenhängende Materie erfolgen - Annexkompetenz: Nicht ausdrücklich umfasste Materie dient der Vorbereitung und/oder Durchführung der Regelung der Hauptmaterie
- > “geht in die Tiefe”
Gesetzgebungszuständigkeit: Art. 72 II: Wahrung der Rechtseinheit
= wenn und soweit die mit der Regelung erzielbare Einheitlichkeit der rechtlichen Rahmenbedingungen Voraussetzung für die Vermeidung einer Rechtszersplitterung mit aus gesamtstaatlicher Perspektive problematischen Folgen ist
-> restriktiv, da Föderalismus gerade Rechtsvielfalt ermöglichen soll
Gesetzgebungszuständigkeit: Art. 72 II: Wahrung der Wirtschaftseinheit
= wenn unterschiedliche Landesregelungen oder das Untätig-Bleiben der Länder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich brächten
-> genügt, dass im Falle einer Regelung durch die Länder das Eintreten der problematischen Folgen erwartet werden kann
Gesetzgebungszuständigkeit: Art. 72 II: Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse
= wenn sich die Lebensverhältnisse in den Ländern in erheblicher, das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigender Weise auseinanderentwickelt haben oder sich eine derartige Entwicklung konkret abzeichnet
Gesetzgebungszuständigkeit: Art. 72 I: Sperrwirkung
- wenn Gesetzgeber mit Regelung eine abschließende Kodifikation treffen wollte (Kompetenzsperre)
- wenn der Gesetzgeber absichtlich auf eine Regelung verzichtet hat (“absichtsvoller Regelungsverzicht”, BVerfG)
Gesetzgebungsverfahren: Gesetzesinitiative: “Aus der Mitte des Bundestages”, Art. 76 I
- hM: zumindest Fraktionsstärke
pro: Wertung des § 76 GOBT (jedoch nur Auslegungshilfe) - > jedoch führt Mangel nicht zur Nichtigkeit des Gesetzes
pro: Art. 82 GG erklärt allein die Vorschriften des GG für maßgeblich
pro: Bundestag macht sich Gesetzesvorlage mit Beschluss zu eigen - > hM: auch einzelner Abgeordneter
pro: offene Formulierung
pro: Telos: Initiativrecht soll nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden
Gesetzgebungsverfahren: Gesetzesinitiative: Zuleitung von Vorlagen der Bundesregierung und Stellungnahme des Bundesrats, Art. 76 II
- Folge des Verstoßes gegen Zuleitungsvorschrift: Nichtigkeit
con: Stellungnahme des Bundesrates ist weder zwingend vorgeschrieben noch bindend
pro: Wortlaut (“sind … zuzuleiten”) iVm Art. 82 GG - > Einbringen der Regierungsvorlage durch Regierungsfraktion(en) ist keine unzulässige Umgehung des Bundesrates, da dessen Rechte im zweiten Durchgang gewahrt bleiben
- Stellungnahme muss dem Bundesrat als solchem zurechenbar sein (und nicht einzelnen Ministern oder Ministerpräsidenten, Koch/Steinbrück-Papier)
Gesetzgebungsverfahren: Gesetzesinitiative: P: Outsourcing und Kooperation bei Gesetzesvorlagen
- grds. zulässig, es sei denn, dass Bundesregierung oder Bundestag ohne eigene Willensbildung die fremde Vorlage übernommen hat oder kollusiv mit den jeweiligen Interessenten zu dessen Erstellung zusammengewirkt hat -> Zu-eigen-Machen der Vorlage erforderlich
pro: Demokratiegebot
pro: Gesetzesvorlagen entstehen im politischen Raum, weite Gestaltungsmöglichkeiten
Gesetzgebungsverfahren: Hauptverfahren: Verstoß gegen die Geschäftsordnung (bspw. nicht vorgesehene Anzahl an Lesungen)
- grds. führt Verstoß nicht zur Nichtigkeit des Gesetzes
pro: Art. 82 (“nach den Vorschriften dieses GG”) - GOBT kann jedoch Ausdruck zugrundeliegender Regelungen oder Prinzipien des GG sein, sodass ein Verstoß hiergegen zur Nichtigkeit führt
- > bspw. GOBT sichert Recht der parlamentarischer Minderheit an der Mitwirkung des Gesetzgebungsverfahrens (Demokratieprinzip)
- > bspw. GOBT beschränkt Ergänzungsbefugnis des Ausschusses dahingehend, dass keine völlig neuen Inhalte hinzukommen, da Ausschuss gerade kein Initiativrecht besitzt (Art. 76 I GG)
Gesetzgebungsverfahren: Hauptverfahren: Einspruchsgesetz: Befugnisse des Vermittlungsausschusses, Art. 77 II
[- Grundsatz: Einspruchsgesetz, solange nicht GG die Zustimmung des Bundesrates fordert]
- Art. 77 Abs. 2 Satz 1 GG: Vermittlungsausschuss berät über „Vorlagen“
- > gebunden an die auf das Initiativrecht gemäß Art. 76 Abs. 1 GG zurückgehende und vom Bundestag gemäß Art. 77 Abs. 1 GG beschlossene Vorlage („Gesetzesidentität“)
- Begrenzung der Vorschläge des Vermittlungsausschusses zudem durch das Anrufungsbegehren („Anrufungsidentität“) und auf den bereits im Bundestag erörterten Rahmen
- P: neue Vorschläge möglich?
con: Art. 76 Abs. 1 GG sieht kein Initiativrecht des Vermittlungsausschusses vor
con: Art. 42 I (Beratungsrecht der Abgeordneten)
con: Art. 42 II (Öffentlichkeit der Beratungen)
Gesetzgebungsverfahren: Hauptverfahren: Zustandekommen, Art. 78
- zu unterscheiden von der äußeren Wirksamkeit
- Var. 1 (Zustimmung des Bundesrates): Zustimmungsgesetze
- Var. 2-5: Einspruchsgesetze
Gesetzgebungsverfahren: Hauptverfahren: Einspruchsgesetz
- Beratung und Beschluss durch Bundestag, Art. 77 I S. 1, II S. 5 GG
- Zuleitung an Bundesrat
a. Kein Antrag nach Art. 77 II GG : Gesetz kommt zustande, wenn nach Art. 79 II GG 2/3 der Stimmen des Bundesrates für das Gesetz sind
b. Antrag nach Art. 77 II GG
aa. Vermittlungsausschuss schlägt Änderung vor
- Erneuter Beschluss des BT
- Erneuter Beschluss des BR
- wenn Einspruch nach Art. 77 III GG -> BT kann Einspruch abweisen oder es kommt nach Art. 77 IV Gesetz zustande
bb. Vermittlungsausschuss macht keinen Vorschlag
- Einspruch nach Art. 77 III möglich
Gesetzgebungsverfahren: Hauptverfahren: Zustimmungsgesetz
- Beratung und Beschluss durch BT, Art. 77 I S. 1, II 5 GG
- Zuleitung an BR
a. Zustimmung
- Nach Art. 78 GG kommt Gesetz zustande
b. Zustimmung wird verweigert
- Gesetz kommt nicht zustande
- Möglichkeit der Einberufung des Vermittlungsausschusses nach Art. 77 II 4 GG
aa. Vermittlungsausschuss schlägt Änderung vor
- erneuter Beschluss durch BT
- erneuter Beschluss durch BR, falls (-) kein Gesetz zustande gekommen
bb. Vermittlungsausschuss schlägt keine Änderung vor
- erneuter Beschluss des BR, Art. 77 IIa GG, wenn Zustimmung (-) kein Gesetz zustande gekommen
c. BR stellt Antrag nach Art. 77 II GG
- wie aa. und bb.