StGB AT Flashcards
Abgrenzung Täterschaft/Teilnahme nach st. Rspr.
Ausgangspunkt ist die subjektive Abgrenzung, jedoch ergänzt um objektive Gesichtspunkte bei der Ermittlung des Willens. Zur Feststellung des Täterwillens sind im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung zusätzlich der Grad des Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft und der Wille zur Tatherrschaft zu berücksichtigen.
(+) objektive Gesichtspunkte verhindern die gesetzeswidrigen Ergebnisse einer extrem-subjektiven Theorie
(-) Rechtsunsicherheit, da wegen der Vielzahl der Kriterien (die auch nur „Anhaltspunkte“ sein sollen) bei entsprechender Schwerpunktsetzung jedes Ergebnis möglich ist
Tatherrschaftslehre (hL, Roxin)
Täter ist, wer als Zentralfigur des Geschehens die planvoll-lenkende oder mitgestaltende Tatherrschaft besitzt. Tatherrschaft ist dabei das vom Vorsatz umfasste „In-den-Händen-Halten“ des Tatgeschehens. Entscheidend für die Täterschaft ist, ob und inwieweit der einzelne Beteiligte nach Art und Gewicht seines objektiven Tatbeitrags sowie auf Grund seiner Willensbeteiligung das Ob und Wie der Tatbestandsverwirklichung beherrscht oder mitbestimmt, so dass der Erfolg als das Werk (auch) seines zielstrebig lenkenden oder mitgestaltenden Willens erscheint. Diese Tatherrschaft existiert in folgenden Ausprägungen:
- als Handlungsherrschaft bei unmittelbarer Täterschaft;
- als Willensherrschaft oder Herrschaft kraft überlegenen Wissens bei der mittelbaren Täterschaft;
- als funktionelle Tatherrschaft bei der Mittäterschaft.
Allen „Unterformen“ ist gemeinsam, dass der Täter eine maßgeblich steuernde Rolle im Tatablauf hat. Teilnehmer ist hingegen, wer ohne eigene Tatherrschaft als „Randfigur“ des realen Geschehens die Begehung der Tat veranlasst oder fördert.
Vrss. Mittäterschaft
B) Strafbarkeit der weiteren Beteiligten als Mittäter
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) keine eigenhändige Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale durch die geprüfte Person
b) Zurechnung der Tatbeiträge anderer Beteiligter nach § 25 II StGB
aa) gemeinsamer Tatplan, bewusstes und gewolltes Zusammenwirken
bb) gemeinsame Tatausführung:
Hier erfolgt die Abgrenzung zur Teilnahme: Für die Annahme von Mittäterschaft müssen die Tatbeiträge des Einzelnen nach der h.L. so wesentlich für die Verwirklichung des Tatbestandes sein, dass sie ihm funktionelle („arbeitsteilige“) Tatherrschaft verleihen. Die abweichende Position der Rspr. wird dann auch an dieser Stelle diskutiert. Gelangen beide Ansätze zum selben Ergebnis, kann die Entscheidung offen gelassen werden.
- Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz bezüglich sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale (inkl. der Voraussetzungen des § 25 II)
b) Sonstige subjektive Merkmale
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
Anforderungen an den Tatbeitrag im Rahmen der Mittäterschaft
A. Rspr.
Auf der Grundlage der subjektiv akzentuierten Ansicht der Rechtsprechung kann auch jemand, der nur im Vorbereitungsstadium mitwirkt, als Täter behandelt werden, solange er insbesondere ein hinreichend starkes Tatinteresse hat.
B. Tatherrschaftslehre
a) wohl überwiegende Ansicht
Tatherrschaft liegt vor, wenn der geleistete Tatbeitrag sich im Ausführungsstadium auswirkt. Ein „Minus“ im Bereich der Tatausführung kann durch ein „Plus“ an anderer Stelle (u.U. bei der Vorbereitung) ausgeglichen werden, solange der Tatbeitrag die „funktionelle Tatherrschaft“ des Handelnden begründet.
(+) Banden- und Organisationskriminalität kann nur so angemessen erfasst werden; Wichtig ist, wann sich Tatherrschaft auswirkt, nicht wann Tatbeiträge gesetzt wurden.
(-) Hat jemand die Herrschaft über eine Tat, der „machtlos“ zu Hause sitzt? Die Grenzen der Mittäterschaft werden verwischt, obwohl eine Bestrafungsmöglichkeit wegen Teilnahme besteht (die beim Anstifter sogar „gleich einem Täter“, d.h. ohne Strafmilderung, erfolgt); die sehr ergebnisorientierte Ausdehnung der Tatherrschaft auf den im Hintergrund planenden Bandenchef ist daher unnötig.
b) Gegenansicht (zB Roxin)
Die Annahme von Mittäterschaft ist nur bei einer wesentlichen Mitwirkung im Ausfüh-rungsstadium (wenn auch ggf. ohne Anwesenheit vor Ort) gerechtfertigt.
(-) Der Bandenchef, der die Tatausführung bis ins Detail festlegt und nur die ‚Arbeit vor Ort andere erledigen lässt, wird nicht als Täter bestraft, obwohl die Tat als „sein Werk“ erscheint.
(+) Echte Tatherrschaft setzt eine gewisse Einwirkungs- und Steuerungsmöglichkeit zum Zeitpunkt der Tatausführung voraus; Klare Kontur eines solchen Begriffs der Tatherrschaft.
Exzess eines Mittäters
Der Tatentschluss (Tatplan) ist zugleich Grund und Grenze der wechselseitigen Zurechnung von Tatbeiträgen.
Wer über einen eindeutigen Tatplan hinausgeht, steht für diesen Exzess daher alleine ein; eine Zurechnung zu Lasten der übrigen Mittäter ist ausgeschlossen, wenn diese mit der weiteren Begehung weder gerechnet noch diese in Kauf genommen haben.
Aber: Bei der Annahme eines Exzesses ist Zurückhaltung geboten:
- Tatpläne sind häufig recht offen gestaltet (hier ist eine „Auslegung“ des Tatentschlusses erforderlich). Kleine Abweichungen vom ursprünglichen Tatplan sind deshalb unerheblich, wenn mit ihnen gerechnet werden muss und der Schwere- und Gefährlichkeitsgrad der Tat nicht verändert wird.
- Zum anderen ist eine stillschweigende Erweiterung des Planes durch die Beteiligten im Ausführungsstadium denkbar.
- Ebenso ist der Beteiligte für jede Ausführungsart einer von ihm gebilligten Straftat verantwortlich, wenn ihm die Handlungsweise seiner Tatgenossen gleichgültig ist und deswegen darauf geschlossen werden kann, dass er sie billigt.
(!) Achtung: Wenn eine Handlung eines Mittäters nicht vom ursprünglichen Tatplan gedeckt ist, kann das erforderliche Einvernehmen ausdrücklich oder stillschweigend noch während der Tatbegehung herbeigeführt werden (soweit unstr.).
Nach sehr str. Ansicht der Rspr. ist darüber hinaus bis zur Beendigung des Delikts sogar eine sukzessive Mittäterschaft möglich.
- Vollständig abgeschlossene (= beendete) Tatbeiträge können nicht mehr zugerechnet werden. Davon ist auszugehen, wenn der Hinzutretende den Erfolgseintritt nicht mehr fördern kann
− Eine bloße nachträgliche Billigung durch einen Beteiligten genügt nicht für die Erwei-terung des ursprünglichen Tatplans, vielmehr ist ein (konkludenter oder verbaler) Kommunikationsvorgang erforderlich
Versuchsbeginn bei der Mittäterschaft
- h.M. Gesamtlösung
Sobald ein Mittäter zu seiner tatbestandlichen Ausführungshandlung dem gemeinsamen Tatplan entsprechend unmittelbar ansetzt, kann dies – als Folge des Prinzips der Gesamtzurechnung – allen anderen als Versuchshandlung zugerechnet werden.
(+) Struktur der Mittäterschaft (Gesamtzurechnung): Zurechnung objektiver Merkmale unter arbeitsteilig agierenden Tätern. Daher erscheint es nur konsequent, auch den Eintritt ins Versuchsstadium wechselseitig zuzurechnen, denn alle Tatbeiträge sind so zu betrachten, wie wenn sie von einer Person erbracht werden. - Einzellösung (Roxin)
Entscheidend ist, wann der einzelne Mittäter zu seinem Tatbeitrag unmittelbar ansetzt.
(+) Prinzip der Eigenverantwortlichkeit
(-) Verlagert in manchen Fällen die Versuchsstrafbarkeit zu stark vor – nämlich wenn einer der Mittäter nur im Rahmen der Vorbereitung aktiv werden soll. (Das wiederum ist dann kein Problem, wenn man mit Teilen der Lit. Mittäterschaft ohnehin nur bei Leis-tung von Beiträgen im Ausführungsstadium der Tat annimmt)
sog. vermeintliche Mittäterschaft
Genügt es für Versuchsstrafbarkeit, dass sich der Täter ein unmittelbares Ansetzen des vermeintlichen Mittäters nur vorstellt?
1. BGH: Ja
Es liegt ein Fall des untauglichen Versuchs vor. Nach der Vorstellung des Täters setzt sein (vermeintlicher) Mittäter zur Tat an.
(+) Gem. § 22 ist bzgl. des unmittelbaren Ansetzens auf die Tätervorstellung von der Tat abzustellen
- h.L.: Versuchsstrafbarkeit nur bei eigenem Ansetzen
Auch ein untauglicher Versuch setzt ein unmittelbares Ansetzen voraus. Setzt der Täter (wie hier) nicht selbst an, muss ihm das Ansetzen eines Anderen zurechenbar sein – da die Voraussetzungen des § 25 II objektiv nicht vorliegen, fehlt es hieran.
(+) Um zurechnen zu können, müssen wenigstens die Voraussetzungen der Zurechnungsnorm vorliegen. Hier fehlt es aber objektiv an den Voraussetzungen einer Mittäterschaft. Die Zurechnung wird hier ersetzt durch den subjektiven Glauben daran.
Nach BGH wäre ein Mittäter schon dann wegen Versuchs zu bestrafen, wenn er sich bloß vorstellt, dass der andere Mittäter unmittelbar ansetzt, dieser aber in Wirklichkeit gar nichts tut.
Der BGH vernachlässigt daher die objektive Komponente des unmittelbaren Ansetzens (die hier ja fehlt). Folge: Bedenkliche Nähe zu Gesinnungsstrafrecht.
Vrss. mittelbare Täterschaft
B) Strafbarkeit des Hintermanns als mittelbarer Täter
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) besondere Tätermerkmale
b) keine eigenhändige Verwirklichung aller TB-Merkmale [= Ausgangspunkt für die weitere Diskussion]
c) Zurechnungsvoraussetzungen gem. § 25 I Var. 2
aa) kausaler Tatbeitrag: Einwirkungshandlung auf den Tatmittler
bb) Täterschaftliche Qualität dieser Einwirkung: Überlegener Wille des Hintermanns? Regelmäßig unstr. bei Strafbarkeitsdefizit („Defekt“) des Tatmittlers. Grds. aber an dieser Stelle zu behandeln: Streit zwischen Rspr. und Tatherrschaftslehre
2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz bzgl. aller Elemente des obj. TB (inkl. Tatherrschaftswille)
b) sonstige subj. TB-Merkmale
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
Überblick: welche Defizite können die mittelbare Täterschaft begründen?
• Objektiver Tatbestand
- Werkzeug handelt tatbestandslos (Bsp.: Suizid)
- Werkzeug fehlt Tätereigenschaft, „qualifikationslos-doloses Werkzeug“ (str.)
• Subjektiver Tatbestand
- Werkzeug handelt ohne Vorsatz; „vorsatzlos-doloses Werkzeug“
- Werkzeug fehlt besondere Absicht, „absichtslos-doloses Werkzeug“ (str.)
• Rechtswidrigkeit: Werkzeug handelt gerechtfertigt / in Erlaubnistatbestandsirrtum (beachte: je nach Einordnung des Irrtums entfällt ggf. auch die [Vorsatz]Schuld!)
• Schuld
- Werkzeug ist nicht schuldfähig
- Werkzeug handelt entschuldigt
• darüber hinaus str.: „Täter hinter dem Täter“
-,Organisationsherrschaft
- vermeidbarer Verbotsirrtum des Handelnden (Katzenkönig-Fall)
- Werkzeug unterliegt einem für ihn unbeachtlichen error in persona (Dohna-Fall, Rose-Rosahl-Fall)
- Hintermann täuscht über Unrechts- und Schuldumfang
Unmittelbares Ansetzen des mittelbaren Täters
Unstr. Versuchsbeginn spätestens dann, wenn das Werkzeug zur Vornahme der Tatbestandshandlung unmittelbar ansetzt. Str. ist, ob unm. Ansetzen schon früher zu bejahen ist:
- Gesamtlösung
Hintermann tritt ins Versuchsstadium ein, wenn Vordermann unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt.
(+) Einwirkung des Täters und Verhalten des Tatmittlers bilden normative Einheit (Zurech-nungsstruktur; Parallele zur Gesamtlösung bei Mittäterschaft); Einschaltung eines Tatmittlers darf nicht zur Vorverlegung der Strafbarkeit führen; regelmäßig gerät Rechtsgut erst mit der Ausführungshandlung des Vordermanns unmittelbar in Gefahr
(-) anders als Mittäterschaft ist mittelbare Täterschaft nicht durch arbeitsteiliges Vorgehen gekennzeichnet. Hier gibt es eigentlich nur einen Angreifer – den Hintermann. Deshalb ist auch auf diesen abzustellen. - Strenge Einzellösung
Hintermann tritt ins Versuchsstadium ein, wenn er zu der von ihm vorzunehmenden Einwirkungshandlung unmittelbar ansetzt.
(+) Mittelbare Täterschaft ist im Gegensatz zur Mittäterschaft Alleintäterschaft. Tatbestandsmäßige Handlung ist die Einwirkung auf das Werkzeug, also muss Versuchsbeginn sich daran orientieren.
(-) Zu starke Vorverlagerung; Solange Täter Einfluss nehmen kann, wird nach seiner Vorstellung von der Tat i.d.R. kein unmittelbares Ansetzen zur Deliktsverwirklichung vorliegen � § 22 (-). - Modifizierte Einzellösung (h.M.)
Abstellen auf den Moment, in dem aus der Sicht des Täters das betroffene Rechtsgut unwiederbringlich gefährdet ist. Wichtige Indizien: Hat mittelbarer Täter das Geschehen aus der Hand gegeben? Soll ohne wesentliche Zwischenschritte bzw. ohne längere Unterbre-chung das Rechtsgut gefährdet werden?
(+) nach der Vorstellung des Hintermannes wird häufig nicht erst dann eine unmittelbare Gefährdung des Opfers eintreten, wenn der Vordermann (oder Tatmittler) zur Tat an-setzt, sondern schon früher.
Vrss. Anstiftung, § 26 StGB
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) tatbestandsmäßige, rechtswidrige Haupttat
b) Anstifterhandlung: „Bestimmen zur Tat“
2. Subjektiver Tatbestand – „Doppelvorsatz“ (dolus eventualis genügt jeweils)
a) Vorsatz hinsichtlich der Vollendung (!) der tbm, rw Haupttat (genauer unten Fall 3)
b) Vorsatz hinsichtlich des Bestimmens
3. § 28 II (nur ansprechen, wenn besondere persönliche Merkmale eine Rolle spielen)
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. § 28 I (nur ansprechen, wenn besondere persönliche Merkmale)
Fallgruppe Risikoverringerung (Objektive Zurechnung)
Die Fallgruppe der Risikoverringerung im Rahmen der obj. Zurechnung wird unterschied-lich gehandhabt (vgl. Roxin: Kein Zurechnungsausschluss, wenn Täter Risiko nicht verringert, sondern durch ein anderes, weniger gewichtiges, ersetzt).
• Bloße Bremsung der Ursachenreihe ➡️ obj. Zurechnung (-)
Bsp.: A lenkt einen auf B zufliegenden Stein so ab, dass er B am Bein anstatt am Kopf trifft.
• Schaffung einer neuen Ursachenreihe ➡️ obj. Zurechnung (+), aber § 34
Bsp.: A verhindert, dass B durch einen Steinwurf verletzt wird, indem er ihn zur Seite stößt und dabei sein Hemd zerreißt.
Wie muss der Tatentschluss bei § 26 hervorgerufen werden?
Wie muss der Tatentschluss bei § 26 hervorgerufen werden?
Ansicht 1: jede Verursachung genügt, also z.B. auch die Schaffung einer sozial-inadäquat anreizenden Lage
(+) so können auch die mit subtileren Methoden arbeitenden, und daher besonders gefähr-lichen Täter als Anstifter erfasst werden.
(-) Anstifter wird „gleich einem Täter“ bestraft, also hohe Strafdrohung; Mit Wortsinn „bestimmen“ kaum vereinbar
Ansicht 2 (h.M.): Anstiftung verlangt Willensbeeinflussung durch geistigen Kontakt bzw. durch kommunikativen Akt mit hinreichend bestimmter Gedankenerklärung (auch konkludent möglich).
Bsp.: Überredungen, Anregungen, Belohnung, Drohung, Herbeiführung Motivirrtum, etc.
(+) Einschränkendes Erfordernis geistiger Beeinflussung durch kommunikativen Akt ergab sich zwingend aus § 48 a.F., der Modalitäten wie Versprechen, Drohung u. ä. nannte. An dieser Voraussetzung sollte durch § 26 n.F. nichts geändert werden. ; Wortlaut „Bestimmen“ spricht für irgendwie geartete Kommunikation ; Für erhöhte Anforderung an Qualität der Anstiftungshandlung spricht die im Vergleich zur (psychischen) Beihilfe höhere Strafdrohung („gleich dem Täter“).
Ansicht 3: Anstiftung verlangt gesteigertes Zusammenwirken von Anstifter und Täter im Sinne eines „Unrechtspaktes“
(+) Bestrafung des Anstifters „gleich einem Täter“
(-) Anforderungen an „Unrechtspakt“ unklar; Grenze zur Mittäterschaft wird verwischt
sog. agent provocateur
Behandlung der Tatprovokation durch polizeiliche Lockspitzel?
- Ansicht (EGMR ; Teil der Lit.): Prozesshindernis möglich
(+)Präventionspflicht des Staates wird ins Gegenteil verkehrt, wenn er Unrecht provoziert. ; staatliche Tatprovokation verletzt Art. 6 I EMRK (Recht auf faires Verfahren) folglich besteht eine Pflicht zur Kompensation bis hin zur Annahme eines Prozesshindernisses. - Ansicht (BGH): Strafzumessungslösung, also lediglich Strafmilderung
(+) Provokateur darf nicht über staatlichen Strafanspruch disponieren können ; Auch sonst führen selbst schwerste Rechtsverstöße, etwa bei § 136a StPO nicht zu Pro-zesshindernis - Lit: Strafausschließungsgrund in extremen Fällen, sonst wie BGH
Anforderungen an den Anstiftervorsatz bezüglich der Haupttat
Stufe 1 (allg. Meinung): Will der agent provocateur nur, dass die Haupttat ins Stadium des Versuchs gelangt, liegt kein ausreichender Vorsatz vor. Grund: Strafgrund der Teilnahme (Mitverursachung der Rechtsgutsverletzung) nicht erfüllt.
Stufe 2: Strittig ist aber, wie weit darüber hinaus der Bereich der Straflosigkeit zu ziehen ist:
- Ansicht: keine weiteren Voraussetzungen (Theorie der formellen Vollendungsgrenze)
(+) Anbindung an Gesetzesvorgaben (Vollendung ergibt sich aus Tatbeständen)
(-) kriminalpolitisch oft sinnvoll, Vollendung abzuwarten, um Täter überführen zu können - Ansicht: Vorsatz bzgl. Beendigung nötig (Theorie der materiellen Vollendungsgrenze)
(+) kriminalpolitisches Argument von oben
(-) Beendigung oft schwer feststellbar, deshalb unsichere Grenzziehung - Ansicht (h.M.): Theorie der irreparablen Rechtsgutsverletzung Vorsatz (+), wenn Anstifter dem Rechtsgutsinhaber Schaden zufügen will (etwas weiter als Ansicht 2, da Vorsatz gerade bzgl. irreparabler Schädigung des Rechtsguts gefordert wird)
(-) schwer bestimmbare Grenzziehung
(+) bei sicherer Beherrschung des Geschehens auch keine Einbuße im Hinblick auf den Rechtsgüterschutz • Einsatz von Lockspitzeln zur Kriminalitätsbekämpfung wird nicht unnötig eingeschränkt
Vrss. Beihilfe, § 27 StGB
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) teilnahmefähige (= vorsätzliche und rechtswidrige) Haupttat
b) Hilfe leisten (=physisches oder psychisches Fördern der Haupttat)
2. Subjektiver Tatbestand: („Doppel-„) Vorsatz bzgl.
a) teilnahmefähiger Haupttat
b) Hilfeleisten
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
Anforderungen an die Hilfeleistung bei § 27
Ansicht 1 (Rspr., Teil der Lit.): Reine Förderung genügt
Es genügt, dass die Handlung des Haupttäters (egal ob mit dessen Wissen) irgendwie tatsächlich gefördert, u.U. auch nur erleichtert wurde
Bsp.: Auch erfasst: Von dem Gehilfen gelieferter Nachschlüssel wird mitgeführt, aber für Einbruch nicht benö-tigt, weil Fenster offen steht
Beachte aber: In vielen Fällen, in denen die Rspr. betont hat, dass keine Kausalität erforderlich sei, lag diese in Wirklichkeit sogar vor, weil bei der Kausalitätsbestimmung hypotheti-sche Kausalverläufe (wie immer) nicht hinzugedacht werden dürfen.
Bsp.: Gehilfe trägt dem Dieb die Leiter, die dieser auch selbst hätte tragen können – für das konkrete Erschei-nungsbild der Tat war der Beitrag des Gehilfen (sogar) kausal!
(+) Wortlaut: § 27 spricht nur von Hilfeleisten; Kausalbeziehung sei Grundlage einer (Erfolgs-)Zurechnung; da Gehilfe kein Täter ist, müsse ihm aber nichts zugerechnet werden; Ob Täter auf den vom Gehilfen geleisteten Beitrag tatsächlich angewiesen ist, hängt letztlich vom Zufall ab und soll deshalb nicht über Strafbarkeit entscheiden.
Ansicht 2 (h.L.): Kausalität erforderlich
Der Tatbeitrag des Gehilfen muss kausal für die Tat geworden sein. Oft wird zwar gesagt, dass die conditio-sine-qua-non-Formel hier nicht passe; stellt man jedoch konsequent auf die Verursachung der Tat in ihrer konkreten Erscheinungsform ab, erscheint dies nicht zwingend (s. das obige Bsp.).
Bsp.: Nicht erfasst: Von dem Gehilfen gelieferter Nachschlüssel wird mitgeführt, aber für Einbruch nicht benö-tigt, weil Fenster offen steht
(+) Strafgrund der Teilnahme ist der akzessorische Rechtsgutsangriff durch Mitverursachung der Haupttat.; Wortlautargument der Rspr. überzeugt nicht: Handlung des Täters zielt auf Tatbestandsverwirklichung, also kann sie nur durch ein Verhalten gefördert werden, das sich ebenfalls auf die Verwirklichung des Tatbestands auswirkt. ; Verzicht auf Kausalität umgeht Straflosigkeit der versuchten Beihilfe.
Ansicht 3: Risikoerhöhungslehre (a.A. innerhalb Lit.): Der Gehilfenbeitrag muss das Risiko des Erfolgseintritts erhöhen.
Bsp.: Erfasst: Gehilfe begleitet Täter zum Tatort, muss dort aber nicht eingreifen, weil Täter die Lage auch allein im Griff hat.
(-) Beihilfe wird in Gefährdungsdelikt umgedeutet, das findet weder eine Stütze im Wort-laut noch im Strafgrund der Teilnahme (Mitverursachung der Haupttat).
Anforderungen an das Hilfeleisten bei psychischer Beihilfe
Ausgangspunkt: Unstr. ist psychische Beihilfe bei der Erteilung von Ratschlägen anzunehmen, wenn sich diese auf die Tat auswirken. Str. ist die Annahme psychischer Beihilfe, wenn nur der Tatentschluss bestärkt wird.
e.A.: Voraussetzung ist zumindest Intensivierung des Tatentschlusses Erforderlich ist eine Modifizierung des äußeren Tatbildes (bspw. durch Anfeuerungsrufe, die Täter zu stärkeren Verletzungen ermutigen).
dafür: • Wortlaut: Gefördert werden muss die Tat, nicht der Täter.
• Abgrenzung von strafloser versuchter und vollendeter Beihilfe wird sonst verwischt.
h.M.: Ausreichend ist auch Stabilisierung des Tatentschlusses Erscheinungsbild der Tat muss sich nicht ändern, es genügt, wenn Entschluss dazu gefes-tigt wird, bspw. durch Lieferung weiterer Motive.
dafür: • Wortlautargument der a.A. überzeugt nicht: Förderung des Täters und Förderung der Tat lassen sich nicht wirklich trennen.
• Wahrscheinlichkeit, dass Tat begangen wird, erhöht sich, dadurch wird zusätzliches Risiko für Opfer geschaffen – Strafgrund der Teilnahme passt daher.
Beachte:
Es genügt nach allg. Meinung nicht eine für den Tatentschluss irrelevante Billi-gung/Zustimmung (= bloße Gesinnungsbekundung), ebensowenig die bloße Kenntnisnah-me oder eine rein passive Anwesenheit (sonst würde Unterlassen in Tun umgedeutet und Erfordernis einer Garantenpflicht umgangen)
Nach wessen Sichtweise bestimmt sich die Verbrechensqualität i.S.d. § 30?
Bsp.: O verlangt ernstlich von A, sie zu töten. A versucht vergeblich, T zur Tötung der O zu bewegen, aller-dings ohne T vom Verlangen der O zu berichten. Strafbarkeit des A?
Aus der Sicht des A stellt sich die Tat lediglich als Tötung auf Verlangen dar (§ 216), die nur Vergehen ist. Aus Sicht des potenziellen Haupttäters T wäre die Tat allerdings als Verbrechen (Totschlag, ggf. auch Mord) zu bewerten, da er vom Verlangen der O keine Kenntnis hatte. => ?
Ansicht 1: (BGH)
relevant ist Verbrechenseigenschaft der Tat für den (gewünschten) Haupttäter
(+) Zweck des § 30, Vorfeldhandlungen zu besonders gefährlichen Taten zu bestrafen
Ansicht 2: (h.Lit)
relevant ist die Verbrechenseigenschaft der Tat für den Anstifter
(+) volle Geltung des § 28 II auch bei der versuchten Anstiftung und damit keine Widersprüche zwischen versuchter und vollendeter Anstiftung
Vrss. versuchte Anstiftung § 30 I
Vorprüfung
1. Nichtvollendung der Anstiftung
2. Strafbarkeit der versuchten Anstiftung: nur bei Verbrechen, § 30 I
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Tatentschluss
a) Vorsatz zumindest hinsichtlich der Vollendung (!) der tbm, rw Haupttat
b) Vorsatz hinsichtlich des Bestimmens
2. unmittelbares Ansetzen zur Anstiftung
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Rücktritt nach § 31 I Nr. 1 oder II
Vrss. § 30 II
I. Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
a) Bezugstat: Endgültig und konkret geplantes Verbrechen
b) Tathandlung: Vorbereitungshandlung in Form
- des Sich-Bereit-Erklärens oder
- des Annehmens des Erbietens oder
- der Verabredung,
ein Verbrechen täterschaftlich zu begehen oder dazu anzustiften
- Subjektiver Tatbestand: Erfolgswille bzgl. der Tat und Wille zur Beteiligung
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Rücktritt nach § 31 I Nr. 2, 3 oder II
Vrss. Notwehr
- Objektive Voraussetzungen
a) Notwehrlage: gegenwärtiger rechtswidriger Angriff
b) Notwehrhandlung
- gegen den Angreifer gerichtet
- erforderlich = geeignet und relativ mildestes Mittel
- geboten - Subjektive Voraussetzung
= Kenntnis der Notwehrlage / Verteidigungswille
Grundgedanken der Notwehr
§ 32 gewährt dem Verteidiger ein sehr weitreichendes Eingriffsrecht in Rechtsgüter des Angreifers. Dieses „schneidige“ Notwehrrecht lässt sich damit begründen, dass in § 32 zwei Grundgedanken verwirklicht sind:
o Individualschutz: = Schutzrecht des Einzelnen, Folge: Nur Individualrechtsgüter sind notwehrfähig.
o Rechtsbewährung (Gedanke der Generalprävention): Der Verteidiger handelt (stellvertretend) für die Gemeinschaft der Rechtstreuen und das Notwehrrecht soll auch in Abwesenheit von Staatsorganen von Unrecht abschrecken („Recht braucht Unrecht nicht zu weichen“). Folge: Grundsätzlich keine Güterabwägung
Nothilfe
Das angegriffene Rechtsgut kann sowohl dem Verteidiger selbst (Notwehr) als auch einem Dritten (Nothilfe) zustehen. Für die Nothilfe sind ebenfalls nur Individualrechtsgüter relevant, bei Angriffen auf Kollektivrechtsgüter ist insoweit der Staat zur Sicherung berufen.
zusätzlich zu prüfen, ob kein Fall der „aufgedrängten Nothilfe“ vorliegt: Möchte der Rechtsgutsinhaber den Angriff nicht abwehren oder sich selbst verteidigen, so fehlt es an der Gebotenheit der Notwehrhandlung des Nothelfers
Notwehrvoraussetzungen und Einschränkungen sind allein im Verhältnis Angreifer – Angegriffener zu ermitteln
Fallgruppen fehlende Gebotenheit der Notwehr
- Krasses Missverhältnis zw. verteidigtem und geopfertem Rechtsgut und absolute Bagatellangriffe
- Angriffe von Kindern, ersichtlich Irrenden, sonst schuldlos Handelnden: Trutz-wehr ist hier nur unter größtmöglicher Schonung des Angreifers zulässig. Häufiger Fehler: Es kommt nicht darauf an, ob Schuldlosigkeit für den Verteidiger erkenn-bar ist. Fehlt es hieran, kommt aber Erlaubnistatbestandsirrtum in Betracht.
- enge familiäre Beziehung / Angriff innerhalb Garantenbeziehungen: Grund: Ga-rantenstellung i.S.d. § 13 verpflichtet zu Erfolgsabwendung und steht in unmittel-barem Gegensatz zum Eingriffsrecht auf Grund von § 32. Konsequenz – Stufenfol-ge: Ausweichen, Schutzwehr, nur als ultima ratio u.U. tödliche Schutzwehr.
- Aber: Neuere Tendenz in Lit. (s. auch BGH JZ 2003, 50): Dies droht dazu zu füh-ren, dass der drangsalierte Ehepartner ein gewisses Maß an Misshandlungen nur wegen familiärer Beziehung hinnehmen müsste (bislang h.M.: nur bei intensiven Misshandlungen entfällt Einschränkung des Notwehrrechts) � Tendenz zu Abkehr von Einschränkung des Notwehrrechts auf Grund enger familiärer Beziehung.
- Notwehrprovokation (s. sogleich): Wird teils nicht über die Gebotenheit gelöst, sondern über eine Verneinung des subjektiven Rechtfertigungselements oder über die Figur der sog. actio illicita in causa, bei der ähnlich dem Gedanken der actio libera in causa (dort bzgl. der Schuld) auf das rechtswidrige provozierende Vorver-halten als Tathandlung abgestellt wird: Wer gezielt einen Angriff provoziert, um dann im Schutz des Notwehrrechts eine Verletzungshandlung zu begehen, soll sich nicht auf die formale Rechtmäßigkeit seines Tuns zum Zeitpunkt der Verletzung berufen können
- Art. 2 II EMRK: Relevanz bei „absichtlicher“ Tötung zur Verteidigung von Sach-werten (vgl. Wortlaut des Abs. 2); aber h.M.: Art 2 betr. nur Verhältnis Staat – Bür-ger (sehr str.).
- Folterverbot
- Aufgedrängte Nothilfe (soweit nicht schon Erforderlichkeit verneint)
- Erpressungsangriff / Chantage: Sonderproblem der Notwehr gegen die Schwei-gegelderpressung (= „Chantage“). Nach h.M. (mit verschiedenen Begründungen) hat Erpressungsopfer gegenüber Erpresser, der z.B. droht, diskreditierende Fotos zu veröffentlichen, nur eingeschränktes Notwehrrecht: Wird z.T. als Fallgruppe fehlender Gebotenheit angesehen , aber in der neue-ren Literatur eher bei der Erforderlichkeit diskutiert (Einschaltung der Polizei für Erpressten i.d.R. zumutbar, Geheimhaltungsinteresse bzgl. wahrer Tatsache nicht ohne Weiteres schutzwürdig). S. auch BGHSt 48, 207, wo zumindest bei „gemischter Drohkulisse“ aus Schutz- und Schweigegelderpressung eine Notwehreinschränkung verneint wurde.
Behandlung der Notwehrprovokation
I. Lehre von der Actio illicita in causa
II. Dagegen heute ganz hM: Einschränkung Notwehrrecht
Anknüpfung beim Merkmal der Gebotenheit, zwei Fallgruppen :
- Absichtsprovokation
Objektive Anforderungen: Jeder Verursachungsbeitrag, ausreichend sind auch Sticheleien unterhalb der Schwelle des § 185; subjektive Anforderungen: Absicht, eigene Notwehrlage herbeizuführen. Die Konsequenzen sind umstritten:
hM: gänzlicher Wegfall Notwehrrecht
aA: abgestuftes Notwehrrecht (erst Schutz-, dann Trutznotwehr) - In sonstiger Weise vorwerfbares Verhalten
➡️ nur eingeschränktes Notwehrrecht, Maß der Einschränkung bemisst sich nach Grad der Vorwerfbarkeit des Vorverhaltens. Grundsätzlich: „3-Stufen-Theorie“:
- Ausweichen
- (nur wenn Ausweichen nicht möglich) Schutzwehr, d.h. bloße Abwehr der aktuellen Angriffshandlung, z.B. durch Parieren eines Schlages, Drohung mit Waffe
- (nur wenn Schutzwehr nicht ausreichend) Trutzwehr, d.h. Gegenangriff zur Unterbindung weiterer Angriffshandlungen
Sonst vorwerfbare Notwehrprovokation
Sonst vorwerfbare Notwehrprovokation
- überwiegende Literaturansicht: Rechtswidrigkeit des Vorverhaltens erforderlich (auch nach dieser Ansicht kommt es aber nicht darauf an, ob das Vorverhalten auch strafbar ist).
(+) Klares Kriterium, gerade das schneidige Notwehrrecht sollte nicht von so unscharfen Kriterien wie der sozialen Missbilligung abhängen. - Rechtsprechung: Schon „sozialethisch missbilligtes Verhalten“, das „seinem Gewicht nach schwerer Beleidigung“ gleichkommt, genügt. Voraussetzung ist aber, dass zwischen der Provokation und dem provozierten Angriff ein enger räumlich-zeitlicher Ursachenzusammenhang besteht und dass der Provokateur Kenntnis davon hatte, dass sein Verhalten geeignet war, einen Angriff auszulösen (= objektiver und subjektiver Provokationszusammenhang).
(-) Kriterien zu unklar; Nur Verstoß gegen das Recht führt dazu, dass Täter sich insgesamt nicht mehr auf Rechtsbewährung berufen kann.
Angriff i.S.d. § 32 durch Unterlassen?
- Ansicht (h.M.): Ja, aber nur, wenn Garantenpflicht des Unterlassenden besteht.
(+) Wenn auf Tatbestandsebene Unterlassen nur bei bestehender Garantenpflicht mit Tun gleichgestellt wird, so muss dies auch bei Rechtfertigungsvoraussetzung („Tatbestandsvoraussetzung des Erlaubnistatbestands“) der Fall sein. - Ansicht: Immer, also auch bei Jedermann-Rechtspflicht wie bei § 323c.
(-) Echtes Unterlassen ist nur als Verletzung der allg. Hilfspflicht (nur Allgemeingut) und nicht als handlungsgleiche Verletzung des hier beeinträchtigten Rechtsguts (körperli-che Integrität des Unfallopfers) strafbar, kann daher auch keinen Angriff darstellen
Subjektives Rechtfertigungselement
Problem 1: Ist ein subjektives Rechtfertigungselement überhaupt erforderlich?
Heute allgemeine Meinung: Ja Vollständige Rechtfertigung kommt nur in Betracht, wenn sich der Täter zumindest der Rechtfertigungslage bewusst war (zum Streit um weitere Voraussetzungen s.u.).
dafür: • Das Unrecht des Vorsatzdelikts wird durch den objektiven Tatbestand (Erfolgsunrecht) und den subjektiven Tatbestand (Handlungsunrecht) gekennzeichnet.
• Das objektive Vorliegen einer Rechtfertigungslage mag zwar das Erfolgsunrecht aus-gleichen, bei Unkenntnis des Täters von der Situation kann aber zumindest das Hand-lungsunrecht nicht kompensiert werden.
Problem 2: Welche Anforderungen sind an das subj. Rechtfertigungselement speziell im Rahmen des § 32 zu stellen?
- Ansicht (Rspr.): Verteidigungswille, wobei dieser nicht das einzige Motiv darstellen muss, solange er nicht ganz „zurücktritt“.
dafür: • Wortlaut § 32: „um einen Angriff abzuwehren“.
- Ansicht (Roxin und h.Lit.): Kenntnis der Notwehrsituation genügt.
dafür: • „Zurücktreten“ eines entsprechenden Willens ist nicht prozessual feststellbar.
• Verlangt man mehr als Kenntnis, gelangt man zu Gesinnungsstrafe, weil bestraft wird, nur weil der Betreffende nicht in Notwehr etc. handeln wollte.
Ergänzender Hinweis: Wegen der geringen Anforderung, die Rspr. an Verteidigungswillen stellt, sind hier kaum ergebnisrelevante Unterschiede vorstellbar.
Problem 3: Was ist die Folge, wenn das subj. Rechtfertigungselement fehlt?
- Ansicht: Vollendungslösung
Der Täter wird wegen vollendeten Delikts bestraft.
(+) Derjenige, der sich in Angriffsabsicht gegen das Recht wendet und so gerade auch den Taterfolg herbeiführt, kann nur aus vollendetem Delikt strafbar sein. - Ansicht: Versuchslösung bzw. entsprechende Anwendung der Versuchsregeln. Ist der Versuch nicht mit Strafe be-droht, führt dies zur Straflosigkeit.
(+) Das Vorliegen einer Rechtfertigungslage kompensiert das vom Täter herbeigeführte Erfolgsunrecht. Übrig bleibt das Handlungsunrecht, das ohne Kenntnis der Rechtfertigungslage nicht ausgeglichen werden kann. Eine solche Konstellation (volles Hand-lungsunrecht / fehlendes Erfolgsunrecht) entspricht aber dem Unrecht des Versuchs)
• Die Tatsache, dass der Täter den Erfolg herbeiführt, ist kein Argument für eine Vollendungsstrafbarkeit, da dies auch in Fällen vollständiger Rechtfertigung gegeben ist.
Vrss. Notstand, § 34 StGB
- Objektive Voraussetzungen
a) Notstandslage: gegenwärtige Gefahr für notstandsfähiges Rechtsgut
b) Notstandshandlung:
- Erforderlichkeit: geeignetes und relativ mildestes Mittel
- Interessenabwägung
- Angemessenheit [kann auch nach dem subj. Element geprüft werden
2. Subjektive Voraussetzung (= subjektives Rechtfertigungselement)
Notstandslage
Notstandsfähiges Rechtsgut: Rechtsgüter aller Art (egal, ob Individual- oder Allge-meinheitsrechtsgüter, unabhängig von ihrem Schutz durch strafrechtliche Vorschrif-ten), des Täters (Notstand) oder eines Dritten („Notstandshilfe“ – aber dabei unzuläs-sig: Aufgedrängte Notstandshilfe, vgl. Parallele bei § 32).
- Gefahr für Rechtsgut, wenn aus der Sicht eines objektiven Beobachters, dem auch ein etwaiges Sonderwissen des Notstandstäters zugrunde zu legen ist, der Eintritt oder die Intensivierung eines Schadens nicht ganz unwahrscheinlich erscheint.
- Gegenwärtigkeit der Gefahr, wenn mit Eintritt/Intensivierung des Schadens ernstlich zu rechnen ist, sofern nicht alsbald Abwehrmaßnahmen ergriffen werden (zeitliches Krite-rium). Also:
o Schadenseintritt in allernächster Zeit möglich (Normalfall)
o Schadenseintritt jederzeit möglich (Dauergefahr i.e.S.)
o Schadenseintritt droht erst nach Ablauf einer gewissen Zeit, eine wirksame Scha-densverhinderung erfordert aber sofortiges Tätigwerden (Dauergefahr i.w.S.,)
Notstandshandlung
a) Erforderlichkeit
• Geeignet ist diejenige Abwehrhandlung, die eine sofortige Beendigung der Gefahr mit Sicherheit erwarten lässt und deren endgültige Beseitigung am besten gewährleistet.
• Die Handlung muss aus Sicht eines obj. Betrachters das relativ mildeste Mittel zur Abwendung der Gefahr sein. Dafür darf es keine anderen geeigneten, gleich wirksamen Mittel geben, die weniger einschneidend sind. Ausweichmöglichkeiten und erreichbare obrigkeitliche Hilfe sind vorrangig (im Gegensatz zur Notwehr).
b) Interessenabwägung – Prüfung in zwei Schritten:
• Ausgangspunkt ist abstraktes Rangverhältnis der kollidierenden Rechtsgüter zueinander. Orientierung: Reihenfolge in § 34, grundgesetzliche Wertung, Strafrahmen. Achtung: Rechtsgut Leben nicht abwägbar!
• Zweiter Schritt: Entscheidend ist konkrete Abwägung der Interessen. Kriterien:
o Grad der drohenden Gefahren (insoweit auch minimale gegen ganz hohe Lebensgefährdung abwägbar)
o Ausmaß drohender Rechtsgutsverletzungen
o Größe der Rettungschance
o Verhalten beteiligter Personen, z.B. schuldhafte Herbeiführung der Notstandslage. Bei Absicht kein § 34, da kein Anspruch auf Solidarität. Bei sonstigem Verschulden: Reduzierte Eingriffsbefugnisse
o Gefahrtragungspflichten
o Blick auf die Rechtsordnung insgesamt: Sprechen allgemeine Rechtsprinzipien / höchste Rechtswerte gegen eine nach obigen Kriterien möglichen Rechtfertigung?
Bsp.: Mittelloser Schwerkranker darf nicht einen Millionär bestehlen, um an Geld für eine lebensrettende OP zu kommen; dies ist Aufgabe der Sozialgemeinschaft.
Handeln auf dienstliche Weisung
Unterscheide verbindliche und unverbindliche Weisungen:
• Weisungen sind grds. verbindlich. Dies gilt in Ausnahmefällen auch bei rechtswidriger Weisung (etwa zur Begehung einer OWi), vgl. z.B. § 11 II SoldG. Handeln aufgrund verbindlicher Weisung ist gerechtfertigt.
• Weisungen sind u.a. dann unverbindlich, wenn durch ihre Ausführung eine Straftat begangen, die Menschenwürde verletzt oder gegen allgemein anerkannte Regeln des Völkerrechts verstoßen würde (vgl. z.B. § 11 II SoldG)
Handeln auf unverbindliche Weisung ist dann aber Entschuldigungsgrund, wenn der Handelnde sie als verbindlich angesehen hat, die Unverbindlichkeit für ihn nicht hin-reichend erkennbar war und die Strafbarkeit des Handelns nicht erkennbar war (beachte allerdings die Privilegierung von Soldaten, hier ist Entschuldigung nur ausgeschlossen, wenn die Strafbarkeit offensichtlich erkennbar war, § 11 II 2 SoldG, § 5 I WStG)
Wann sind Handlungspflichten gleichwertig?
Im Grundsatz gilt: Das Rangverhältnis der Pflichten beurteilt sich
• nach der Nähe der Gefahr, der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (hier in allen Fällen identisch)
• nach dem Wert der gefährdeten Güter (ebenso)
• nach der rechtlichen Stellung des Normadressaten zum geschützten Objekt
Umstritten ist die Frage, ob es einen Unterschied macht, dass bereits zur Rettung des einen Opfers angesetzt wurde die Frage der schuldhaften Verursachung der Gefahr
Vrss. § 127 I StPO
A) Objektive Voraussetzungen
I. Festnahmelage
- Berechtigter iSd § 127 I: Jedermann, also Personen der Polizei, der StA und Privatpersonen (nicht notwendig durch Tat Verletzter)
- Festnahmesituation: Auf frischer Tat betroffen oder verfolgt
a) Tat i.S.v. § 127 ist eine Straftat (auch Versuch, wenn strafbar, § 23 I StGB), die zum Erlass eines Haftbefehls (§ 112 StPO) oder Unterbringungsbefehl (§ 126 a StPO) berechtigen würde.
b) auf frischer Tat betroffen ist, wer bei der Begehung der Tat oder unmittelbar danach am Tatort oder dessen unmittelbarer Nähe gestellt wird (örtlicher u. zeitlicher Zusammenhang zur Tat“) - Festnahmegründe:
a) Fluchtgefahr: Voraussetzungen von § 112 II Nr. 2 StPO nicht erforderlich, genügend nach er-kennbaren Umständen des Falles unter Berücksichtigung allgemeiner Erfahrung Annahme ver-nünftigerweise gerechtfertigt, dass Betroffene sich der Verantwortung durch Flucht entzieht.
b) Unmöglichkeit der Identitätsfeststellung: An Ort und Stelle nicht möglich ohne Vernehmung / weitere Nachforschung
II. Festnahmehandlung
Alle zur Festnahme unmittelbar erforderlichen Handlungen: Nötigung und Festnahme (+); Körperverlet-zung (+), soweit zur Festnahme erforderlich; NICHT aber ernsthafte Beschädigung der Gesundheit; Durchsuchung (-); Gezielter Schusswaffengebrauch (-) (s. Beulke, StPO Rn. 237, str.)
B) Subjektive Voraussetzungen Kenntnis bzgl. Festnahmelage und Zweck, Täter der Strafverfolgung zuzufüh-ren (Festnahmewille)
Erziehungs- und Züchtigungsrecht als Rechtfertigungsgrund
Nach Neufassung des § 1631 II BGB ist str., inwieweit das Erziehungs- bzw. Züchtigungsrecht noch als Rechtfertigungsgrund herangezogen werden kann:
o Bzgl. Körperverletzungen ist dies grundsätzlich zu verneinen.
Aber: Nach wohl h.M. muss Spielraum für maßvolle erzieherische Maßnahmen bleiben, auch wenn diese unter einen Straftatbestand wie § 223 subsumiert werden könnten, Bsp.: „Klaps“ auf den Hintern. Begründung: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz / verfassungskonforme Reduktion des Tatbestands (Art. 6 I GG!) oder Rechtfertigung, da diese Maßnahmen keinen entwürdigenden Charakter haben, so dass § 1631 II BGB nicht entgegensteht.
o Bzgl. anderen Tatbeständen, die dürfte dieser Rechtfertigungsgrund weiter rele-vant sein – Bsp.: Eltern nehmen dem 12jährigen Sohn ein Playboy-Heft ab, das ihm von einem älteren Kumpel geschenkt wurde und werfen es weg (§ 303) oder wol-len es selbst behalten (je nach Fallgestaltung §§ 242 / 246).
- Nach Ansicht aller wäre unzulässig: Zufügung blutender Wunden; Schläge mit Rohr-stock auf nackten Po, ungewöhnlich starke Ohrfeigen gegenüber 14-Jähriger, die zwei Wochen blutunterlaufene Backen hat
- Jedenfalls kein Züchtigungsrecht besitzen Dritte (z.B. Lehrer).
BAK Faustregeln der Rechtsprechung
(!) bloße Indizien, stets Einzelfallprüfung (!)
- BAK unter 2,0 ‰: es ist regelmäßig von der vollen Schuldfähigkeit auszugehen
- BAK von 2,0 bis 3,0 ‰ (bei Tötungsdelikten ab 2,2‰, hier spielt auch die sog. „Hemmschwellentheorie“ der Rspr. eine Rolle, s. auch Einheit 7): Evtl. verminderte Schuldfähigkeit gem. § 21, bei verschuldeter Trunkenheit aber i.d.R. zu verneinen, da § 21 eine bloße „Kann“-Regelung ist (vgl. BGH 3. Senat, NStZ 2003, 597).
- BAK ab 3,0 ‰ (bei Tötungsdelikten und anderen schweren Straftaten erst ab 3,3‰): Schuldunfähigkeit ist hier regelmäßig nicht mehr auszuschließen.
Prüfung actio libera in causa
I. Prüfung der actio subsequens
- Diskussion des Ausnahmemodells in der Schuld
Als Ausnahme zu § 20 (zeitliche Koinzidenz zwischen Unrecht und Schuldvorwurf) wird für den Fall der vorsätzlichen alic auf die Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt verzichtet. Es ge-nügt die schuldhafte Setzung der Ursache des Sich-Betrinkens.
(+) Gewohnheits- und richterrechtliche Anerkennung der alic Figur, die auch dem Gesetzgeber bei Schaffung des § 20 bekannt war und durch ihn nicht beseitigt werden sollte ; im Allgemeinen Teil gilt das Gesetzlichkeitsprinzip nur eingeschränkt (str.) ; teleologische Reduktion des § 20 soll Rechtsmissbrauch verhindern
(-) Gesetzlichkeitsprinzip (Art. 103 II GG, § 1 StGB), das auch für AT gilt, ist verletzt, da das Ausnahmemodell entgegen dem Wortlaut des § 20 zu einer Strafbarkeit gelangt; strafbarkeitsbegründendes Gewohnheitsrecht verstößt gegen Art. 103 II GG; außerdem ist die Figur seit jeher sehr umstr., so dass von einer ständigen Übung in Rechtsüberzeugung (Voraussetzung für Entstehen von Gewohnheitsrecht), keine Rede sein kann
II. Prüfung der actio praecedens
- bei objektiver Zurechnung oder Schuld:
h.M.: Tatbestandsmodell / Vorverlagerungsmodell
Von den meisten Vertretern dieser Ansicht wird als Beginn der Tatbestandsverwirklichung bereits die – im Zustand der Schuldfähigkeit erfolgende – Herbeiführung des Defektzustandes herangezogen. Anders als beim Ausnahmemodell ist tatbestandliches Verhalten also die Herbeiführung der Schuldunfähigkeit (actio praecedens), nicht die Tat, die im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen wird (actio subsequens).
Die Anwendung der alic auf eigenhändige Delikte (bzw. verhaltensgebundene/reine Tätig-keitsdelikte) wie § 315 c StGB wird mit dieser Konstruktion abgelehnt (BGH, s.u. Fall 8).
(+) Wahrung des Koinzidenzprinzips, weiter Begriff der „Begehung der Tat“ in § 20 StGB, dadurch Wortlautgrenze nicht überschritten
• auch in anderen Konstellationen (z.B. Schreiben eines beleidigenden Briefes, der erst Tage später beim Opfer ankommt) muss nicht während der gesamten Begehungsphase die Schuldfähigkeit gegeben sein
• z.T.: Vergleich mit Situation der mittelbaren Täterschaft, wobei der schuldlos handeln-de Täter gleichsam sein eigenes Werkzeug ist (� daraus folgt eine Einschränkung hin-sichtlich eigenhändiger Delikte, da bei diesen eine mittelbare Täterschaft ausscheidet)
• es gilt, Strafbarkeitslücken zu vermeiden, ohne Art. 103 II GG zu verletzen
(-) das Herbeiführen eines Defektzustandes ist etwas anderes als die Tatbegehung (z.B. Sich-Berauschen ist nicht Töten); warum sollte „Begehung der Tat“ in § 20 StGB ab-weichend von §§ 8, 16, 17 StGB zu verstehen sein?
- Straftat beginnt frühestens mit unmittelbarem Ansetzen (§ 22), was aber mit dem Sich-Berauschen noch nicht bejaht werden kann, sondern erst mit dem unmittelbaren Ansetzen zur tatbestandlichen Ausführungshandlung
- wegen § 323a entstehen regelmäßig keine Strafbarkeitslücken
- es ist Aufgabe des Gesetzgebers, eine mit dem Gesetzlichkeitsprinzip vereinbare Figur in das Strafrecht einzuführen
- der z.T. angestellte Vergleich mit mittelbarer Täterschaft hinkt, da § 25 I 2. Alt voraus-setzt, dass „ein anderer“ die Tat begeht. Die Person des Täters bleibt jedoch identisch.
- Unvereinbarkeitstheorie: Die alic ist mit dem geltenden Recht unvereinbar.
(+) Gegenargumente bei beiden vorgenannten Theorien
Voraussetzungen Notwehrexzess § 33 StGB
III. Schuld: Notwehrexzess nach § 33?
- Vorliegen einer Notwehrlage; Problem: extensiver Notwehrexzess
- Asthenischer Affekt, der (mit-) kausal für konkrete Handlung ist
= (auf Schwäche beruhende) Affekte: “Verwirrung, Furcht oder Schrecken”
- sog. sthenische Affekte, d.h. auf Stärke beruhende Gemütsregungen (z.B. Wut, Kampfeslust), sind
- müssen nicht einziges Motiv, nicht einmal vor-herrschend in einem Motivbündel sein; dürfen aber wiederum nicht lediglich völlig nebensächliche Motivation sein - Überschreiten der Grenzen der Notwehr: Mangelnde Erforderlichkeit
- Str.: Einschränkungen, die aus Erwägungen der Gebotenheit der Notwehr folgen?
- Str.: Verteidigungswille
dolus eventualis
Billigungstheorie / Ernstnahmetheorie:
Erforderlich für bedingten Vorsatz ist nach h.Lit., dass der Täter den Erfolgseintritt als möglich voraussieht, diese Möglichkeit auch ernst nimmt, sich aber damit abfindet und weiter handelt.
Die Rspr. stellt dagegen auf ein „billigendes In-Kauf-Nehmen“ ab. In der Sache ergeben sich aber kaum Unterschiede, da der BGH „billigen“ im Rechtssinn versteht, vgl. BGHSt 7, 363, 369 („Lederriemenfall“): „Im Rechtssinne billigt er diesen Erfolg trotzdem, wenn er, um des erstrebten Zieles Willen, notfalls, d.h. sofern er anders sein Ziel nicht erreichen kann, sich auch damit abfindet, dass seine Handlung den an sich unerwünschten Erfolg herbeiführt, und ihn damit für den Fall seines Eintritts will“.
Faustformel: Wenn Täter auf Ausbleiben des Erfolgs vertraut („wird schon gut gehen“) bewusste Fahrlässigkeit, andernfalls („na wenn schon“) bedingter Vorsatz
Objektive Voraussehbarkeit der Tatbestandsverwirklichung
Objektiv voraussehbar ist, was ein umsichtig handelnder Mensch aus dem Verkehrskreis des Täters unter den jeweils gegebenen Umständen auf Grund der all-gemeinen Lebenserfahrung in Rechnung stellen würde.
• Umfang der Voraussehbarkeit:
o der Erfolg in seiner konkreten Gestalt (bei schlichten Tätigkeitsdelikten muss die Tatbestandsverwirklichung als solche erkennbar sein)
o der Kausalverlauf in seinen wesentlichen Grundzügen
- Maßstab: ex-ante-Betrachtung auf der Grundlage der dem Täter in der Tatsituation bekannten und erkennbaren Umstände
- Beachte: Aus dem eben Dargestellten ergibt sich, dass objektive Voraussehbarkeit und objektive Sorgfaltspflichtverletzung zwar verschiedene Fragestellungen, aber keine iso-liert zu betrachtenden Kriterien sind, sich vielmehr ergänzen. Insbesondere in den Fäl-len, in denen keine generalisierten Regeln mit Indizwirkung existieren, wird bei der Frage der Sorgfaltspflicht die objektive Vorhersehbarkeit des Schadenseintritts eine entscheidende Rolle spielen.
Objektive Zurechenbarkeit
Objektiv zurechenbar ist ein Erfolg, wenn der Täter eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat, die sich im Erfolg realisiert hat.
Pflichtwidrigkeitszusammenhang
Die vom Täter durch seine objektive Sorgfaltspflichtverletzung geschaffene Gefahr realisiert sich im tatbestandlichen Erfolg nur, wenn dieser Erfolg seinen Grund gerade in der Sorgfaltspflichtverletzung als solcher hat.
- Das ist jedenfalls gegeben, wenn der Erfolgseintritt bei sorgfaltsgemäßem Verhalten in der konkreten Tatsituation sicher oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeblieben wäre (rechtmäßiges Alternativverhalten). Umgekehrt wird der Zurechnungszusammenhang gerade nicht durch ein eigenes pflichtwidriges Verhalten des Opfers ausgeschlossen, wenn der Erfolg selbst bei rechtmäßigem Opferverhalten sicher eingetreten wäre.
- Ob dies auch dann noch der Fall ist, wenn der Erfolg bei sorgfaltsgemäßem Verhalten nur wahrscheinlich oder möglicherweise ausgeblieben wäre, ist umstritten
Tatbestandsausschließendes Einverständnis
Lässt bereits den Tatbestand entfallen. Voraussetzung hierfür ist, dass sich der Unwert der Tat gerade daraus ergibt, dass sie gegen oder ohne den Willen des Verletzten erfolgt.
Das trifft z.B. für die §§ 123, 248b, 235-237 und 242 StGB sowie für diejenigen Straftaten zu, die einen Angriff auf die Freiheit der Willensentschließung oder Willensbetätigung enthalten. Das Einverständnis muss denknotwendig bereits zum Zeitpunkt der Ausführungshandlung vorliegen. Insoweit ist aber nicht vorauszusetzen, dass der Täter in Kenntnis des Einverständnisses handelt; in diesen Fällen ist jedoch an einen Versuch zu denken.