Steuerliche Methodenlehre Flashcards
Bedeutung Art. 20 Abs. 3 GG
1, “Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.”
2. auch: Weiterentwicklung von Gesetzen durch Rechtsprechung
Arten von Gesetzen und sonstigen Rechtsakten (F-R-V)
- Formelle Gesetze
Nationales Gesetzgebungsverfahren (Art. 105 GG)
EU-Verordnungen (Art. 288 AEUV)
Doppelbesteuerungsabkommen - Rechtsverordnungen (Art. 80 GG)
- Verwaltungsvorschriften
Richtlinien, Erlasse, Verwaltungsgrundsätze, Verfügungen
Zweck: Arbeitshilfe für Beamte, gleichmäßige Rechtsanwendung, Selbstbindung der Verwaltung
Funktionen des Steuerrechts (L-B-P-G)
- Leistungsfähigkeit (Nettoprinzip)
- Bedürfnisprinzip
- Praktikabilitätsprinzip
- Gleichmäßigkeitsprinzip
Verhältnis Gesetzgebung und Rechtsprechung
- Grundsatz: Art. 20 Abs. 3 GG Rspr. ist an Gesetz und Recht gebunden
- Rspr. überwacht vollziehende Gewalt (Exekutive)
Problem: Nichtanwendungserlasse - Gesetzgeber ist nicht an Gerichtsentscheidungen gebunden
Problem: Nichtanwendungsgesetze
NICHTANWENDUNGSERLASS:
Ein vom BMF veröffentlichter Nichtanwendungserlass weist die Finanzverwaltung an, die Grundsätze eines Urteils des BFH nur in dem konkret entschiedenen Sachverhalt zu berücksichtigen und nicht auf vergleichbare Fälle analog anzuwenden.
NICHTANWENDUNGSGESETZ:
Ein Nichtanwendungsgesetz ändert im Nachgang an ein höchstrichterliches Urteil das monierte Steuergesetz, sodass die Rechtslage, die dem Urteil zugrunde gelegen hatte, mit Wirkung für die Vergangenheit oder für die Zukunft nicht mehr besteht.
Ziel der wissenschaftlichen Methodenlehre
Falllösung
- nach konkreter Rechtsnorm ODER
- ohne konkrete Rechtsnorm
Lösungsansätze Falllösung ohne konkrete Rechtsnorm (sog. Rechtsforblidung)
- Auslegung, d.h. intra legem
- Analogie, d.h. prater legem
- bewusste Nichtanwendung, d.h. contra legem
Arbeitsschritte der Methodenlehre (S-S-S-F)
- Sachverhaltsermittlung
- Suche nach Rechtsnormen
- Subsumtion
- Feststellung der Rechtsfolge
Sachverhaltsermittlung (T-U-B-F-H)
- TBM (O-S-A-A-N): objektiv, subjektiv, alternativ, additiv, negativ
- § 88 AO: Untersuchungsgrundsatz
- § 92 AO: Beweismittel
- Fokus auf den rechtlich relevanten Bereich
- Herausarbeiten mit Blick auf die Rechtsfolge
Erleichterung der Sachverhaltsermittlung (F-V-T)
- Fiktion, d.h. unwiderlegbare Unterstellung einer nicht vorhandenen oder schwer beweisbaren Tatsache
- Vermutung, d.h. widerlegbare Annahme eines Sachverhalts
- Typisierung durch Gesetz, Verwaltung oder Rechtsprechung
Definition Subsumtion
Prüfung, ob ein bestimmter Lebenssachverhalt die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsnorm erfüllt
Gutachtenstil vs. Urteilsstil
Rechtsfolgen (G-A-L-G-E)
- Gebot
- Anspruch
- Legaldefinition
Gebundene Verwaltungsakte (“ist, muss, hat zu”) VS. Ermessensentscheidungen (“kann, darf, soll”)
Arten der Rechtsfortbildung
- Intra legem, d.h. innerhalb des Gesetzes durch AUSLEGUNG
- Praeter legem, d.h. ERGÄNZUNG durch Schließen einer Gesetzeslücke im Wege der Analogie
- Contra legem, d.h. NICHTANWENDUNG eines Gesetzes aufgrund Konflikts mit höherrangigen Rechts
Auslegung des Normtexts intra legem
- Definition
- Anwendungsbereich
- Ziel
- Auslegungsmethoden (G-H-L-V-T-W)
- Abwägung verschiedener, möglicher, vom Gesetzeslaut gedeckter Bedeutungen und Auswahl der richtigen und maßgeblichen Bedeutung. Der Normtext hängt oft von objektiven (Kontext) und subjektiven Kriterien (Empfängerhorizont) ab, v.a. Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe.
- Norm muss auslegungsbedürftig sein.
- Erzielen einer möglichst gerechten Lösung durch das widerspruchsfreie Einfügen der Norm in das Gesamtsystem höherer und gleichartiger Normen.
- Grammatikalisch
Historisch
logisch-systematisch
verfassungs-/EU-konform
teleologisch
wirtschaftliche Betrachtungsweise
Grammatikalische Auslegung (A-L-B-G-G-G)
- Ausgangspunkte: Wortsinn und Grammatik
2, Legaldefinitionen: gesetzliche Auslegungsregeln - Begriffsauslegung: nach allgemeinem Sprachgebrauch
Begriffskern: keine Zweifel, ob SV erfasst
Begriffshof: zweifelhafter Bereich - Grenze: möglicher Wortsinn bei mehrdeutigen Wörtern
- Gleicher Begriff im gleichen Gesetz: idR. gleiche Bedeutung
- Gleicher Begriff in verschiedenen Gesetzen: kann verschiedene Bedeutungen haben
Historische Auslegung
Ermittlung des gesetzgeberischen Willens durch Bewertung der Entstehungsgeschichte und Zweck, welcher in Präambel, Gesetzesentwürfen, Stellungnahmen etc. geäußert wird.
Logisch-systematische Auslegung
Einordnung der anzuwendenden Norm in die Systematik des Einzelgesetzes und der gesamten Rechtsordnung.
Verfassungs-/EU-konforme Auslegung
Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Wenn (-), dann:
- verfassungswidrig Art. 100 GG
- EU-rechtswidrig Art. 288 AEUV
Teleologische Auslegung
- Auslegung nach Sinn und Zweck der Norm
- Gegenwärtiger (nicht: historischer) Zweck
- Gesetzeszwecke (S-S-V-W-Ö):
Steuererhebung
soziale Zwecke
Verfahrensökonomie
Wirtschaftslenkung
ökölogische Zwecke
Wirtschaftliche Betrachtungsweise §§ 39-42 AO
- Ausgangspunkt für die Beurteilung eines Sachverhalts ist die zivilrechtliche Gestaltung.
- Steuerlich kommt es nicht nur auf die Gestaltung, sondern auch auf den wirtschaftlichen Sinn von Vorgängen und Vereinbarungen an.
§ 39 AO: Zurechnung von Wirtschaftsgütern
§ 40 AO: Gesetz- und sittenwidriges Tun
§ 41 AO: Unwirksame Rechtsgeschäfte
§ 42 AO: Gestaltungsmissbrauch
Verhältnis der Auslegungsmethoden (K-G-V)
- Keine feste Reihenfolge, Methoden ergänzen sich.
- Gleiches Ergebnis verschiedener Methoden bestätigt die Normauslegung.
- Verschiedene Ergebnisse sind wertend gegeneinander abzuwägen.
Auslegung durch Rechtsprechung
- Gerichtsurteil wirkt nur unter den Parteien
2. Ausnahme: BVerfG erklärt Norm für nichtig Art. 95 Abs. 3 BVerfGG
Folgen der Änderung der BFH-Rechtsprechung (V-Ü-N)
- Vertrauensschutz (§ 176 Abs. 1 Nr. 3 AO)
- Übergangsregelungen
- Nichtanwendungsgesetzen
Ergänzung des Normtexts praeter legem
- Voraussetzungen + Grenze
- Gründe für Regelungslücken (N-Ü-N)
- Lückenschließungsmethoden (A-U-E-T-T-A-R)
- Lebenssachverhalt wird im Gesetz nicht geregelt + planwidrige Gesetzeslücke wird im Wege der Rechtsergänzung geschlossen. Auslegung im Rahmen des möglichen Wortsinns.
- Gesetzgeber wollte nicht regeln oder hat existenten Sachverhalt übersehen oder unvorhersehbarer neuer Sachverhalt.
- Methoden
Analogie
Umkehrschluss
Erstrechtschluss
Teleologische Extension
Teleologische Reduktion
Allgemeine Rechtsgrundsätze
Rechtsfortbildung aus Verfassung/durch Rechtsprechung/durch Verwaltung
Analogie
- Definition
- Zweck
- Voraussetzungen
- Rechtsfolge eines im Gesetz geregelten Tatbestand wird auf einen vergleichbaren nicht geregelten Tatbestand B übertragen.
- Analogie dient der Realisierung des Gleichbehandlungsgebots
- a. Planwidrige Gesetzeslücke
b. Anderer Sachverhalt ist im Gesetz geregelt
c. Beide Sachverhalte stimmen im Wesentlichen überein und sollen daher gleich behandelt werden.