Klausuraufgaben Flashcards
Die Mikroweich AG (M) kauft bei der Apfel GmbH (A) fünf gebrauchte PCs, die diese
ausgemustert hat. Bei einem Testlauf unmittelbar nach Ablieferung fällt dem Systemadministrator
auf, dass einer der PCs aufgrund eines Kurzschluss nicht funktionsfähig
ist. Eine Reparatur des Geräts würde €1.000 kosten, wobei der Wert des PCs nach der
Reparatur €800 betragen würde.
Die Mikroweich AG verlangt von der Apfel GmbH zunächst die Reparatur des Geräts
und als dies abgelehnt wird, die Lieferung eines Ersatzgeräts. Bestehen diese Ansprüche?
Die M könnte gem. §437 Nr. 1 BGB einen Anspruch auf Nacherfüllung gem. §439 BGB
gegen die A haben.
Voraussetzung hierfür ist ein Sachmangel gem. §434 BGB, der bereits bei Gefahrübergang
vorlag. Mangels spezieller Vereinbarungen kommt hier ein Mangel gem. §434 I 2
Nr. 2 BGB in Betracht. Demnach müsste der PC sich für die gewöhnliche Verwendung
eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist
und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Ein defekter PC eignet sich
schon nicht für die gewöhnliche Verwendung. Zusätzlich weist er auch nicht die Beschaffenheit
auf, die die M üblicherweise erwarten durfte. Ein Sachmangel liegt daher
vor.
Grundsätzlich besteht dann auch ein Anspruch auf Nacherfüllung gem. §439 BGB, wobei
die M als Käuferin das Wahlrecht zwischen Nachbesserung (= Reparatur) und Nachlieferung
(= Austausch) hat.
Zuerst wählte die M die Nachbesserung gem. §439 I 1. Alt. BGB. Dieses Verlangen
lehnte die A allerdings ab. Eine solche Ablehnung wäre gem. §439 III 1 BGB zulässig,
wenn die Reparatur nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich wäre, wobei sich die
Kosten gem. §439 II BGB aus Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zusammensetzen.
Hier stehen Reparaturkosten i.H.v. €1.000 einem wirtschaftlichen Wert
von €800 entgegen. Dies ist unverhältnismäßig (Richtwert 30% höhere Kosten) und
darf daher berechtigt abgelehnt werden. Der Anspruch besteht somit nicht.
Der anschließend geltend gemachte Anspruch auf Nachlieferung gem. §439 I 2. Alt.
BGB besteht ebenfalls nicht, weil ein Ersatz der Geräte nicht möglich ist. Bei gebrauchten
Gegenständen handelt es sich üblicherweise um Einzelstücke, für die es
keinen vergleichbaren Ersatz gibt. Der Nachlieferung steht daher die Unmöglichkeit
gem. §275 I BGB entgegen.
Die Apfel GmbH (A) vertreibt über ihren Flagshipstore das hauseigene Vorzeigeprodukt
Ei-Pott (= MP3-Player). Friedrich von Feuerstein (F) erwirbt stolz einen solchen.
Kaum in Betrieb genommen fällt Friedrich aber auf, dass das Gerät im Gegensatz zum
Verpackungsaufdruck, der 8 GB nennt, lediglich über 4 GB Speicher verfügt.
Zurück im Laden erklärt der Verkäufer, dass man zwar mittlerweile von dem Problem
wisse, aber leider auf die AGB hinweisen müsse. An der Kasse stehe schließlich ein
offensichtlicher Hinweis auf die AGB, die auch in einer Schublade neben der Kasse
aufbewahrt würden.
In §3 der AGB steht folgender Passus: „Der Käufer ist damit einverstanden, dass ein
Gewährleistungsanspruch gegenüber der Apfel GmbH nicht besteht.“
Friedrich besteht darauf, dass ihm eines der (tatsächlich auch verfügbaren) 8 GB Geräte
übergeben wird.
Ist F im Recht?
F könnte gem. §437 Nr. 1 BGB einen Anspruch auf Nachlieferung gem. §439 I 2. Alt.
BGB haben.
Voraussetzung ist das Vorliegen eines Sachmangels gem. §434 BGB. Ein Fall des §434 I
1 oder 2 BGB liegt nicht vor, da vertraglich nichts vereinbart wurde und ein MP3-
Player nicht üblicherweise 8 GB Speicher besitzt.
Es könnte aber sein, dass ein Sachmangel gem. §434 I 3 BGB gegeben ist. Die Produktverpackung
ist eine öffentliche Äußerung des Herstellers. Diese hat F wahrgenommen
und sie ist der A auch zuzurechnen. Somit gelten die 8 GB Speicher als übliche Beschaffenheit
gem. §434 I 2 Nr. 2 BGB. Diese liegt nicht vor. F hat daher grundsätzlich
einen Anspruch auf Gewährleistung.
Es stellt sich allerdings die Frage, wie sich §3 der AGB auf den Fall auswirkt. Ist dieser
wirksam, hätte F am Ende doch keinen Anspruch.
AGB werden gegenüber einem Verbraucher gem. §305 II BGB nur dann Bestandteil des
Vertrags, wenn bei Vertragsschluss darauf hingewiesen wurde, die Möglichkeit der
Kenntnisnahme bestand und diese vom Vertragspartner des Verwenders akzeptiert
wurden.
Ein ausdrücklicher Hinweis auf die AGB erfolgte hier nicht. Es genügt aber in Fällen,
bei denen ein ausdrücklicher Hinweis einen zu großen Aufwand erfordert, ein deutlich
sichtbarer Aushang am Ort des Vertragsschluss. Folgt man der h.M. erfolgt der Vertragsschluss
an der Kasse. Dort befand sich auch ein gut erkennbares Hinweisschild.
Dem F wurde hier also die Geltung von AGB mitgeteilt.
Eine Möglichkeit der Kenntnisnahme war im vorliegenden Fall ebenso gegeben, denn
die AGB waren auch direkt an der Kasse verfügbar. Eine tatsächliche Kenntnisnahme
vom Inhalt der AGB ist dagegen nicht erforderlich.
Da F der Verwendung nicht widersprochen hat, hat er sich durch sein Verhalten konkludent
akzeptiert. Die AGB der A sind somit wirksam Bestandteil des Kaufvertrags geworden.
Es muss nun geprüft werden, ob §3 der AGB an sich wirksam ist. Hier könnte §475 I 1
BGB entgegenstehen, wenn es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt. Gem. §474
I 1 BGB handelt es sich dann um einen Verbrauchsgüterkauf, wenn ein Verbraucher
gem. §13 mit einem Unternehmer gem. §14 I BGB einen Kaufvertrag über einen beweglichen
Gegenstand geschlossen hat. F ist Verbraucher, die A als GmbH zwangsläufig
Unternehmer. (Eine GmbH besitzt keine Privatsphäre.) Da F mit dem Ei-Pott auch
eine bewegliche Sache von A gekauft hat, handelt es sich hier tatsächlich um einen
Verbrauchsgüterkauf, auf den §475 I 1 BGB Anwendung findet.
Demnach sind u.a. Vereinbarungen, die von §437 BGB abweichen, unwirksam. Durch
§3 der AGB wird von der gesetzlichen vorgeschriebenen Gewährleistung zu Lasten des
F als Verbraucher abgewichen. Die Klausel ist deshalb ungültig.
Ebenso steht der Klausel §309 Nr. 8 b) aa) BGB entgegen, weil durch sie die Gewährleistung
bezüglich neuer Sachen komplett ausgeschlossen wird.
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IT-Recht
Übungsfälle
Da somit ein Anspruch auf Gewährleistung besteht und §3 der AGB ohne Wirkung ist,
hat F auch einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung eines Ei-Pott mit 8 GB
Speicher.
Die Mikroweich AG (M) kauft von der Apfel GmbH (A) die Software „Skynet“ zur Steuerung
der neuen Industrieroboter der Reihe T-X. Aufgrund eines Fehlers in der Software
kommt es zu Fehlfunktionen der Roboter, wodurch massive Schäden am Personal
sowie den Betriebsmitteln der Mikroweich AG angerichtet werden. Der Schaden wird
zutreffenderweise auf €150.000 beziffert. Wie sich durch Nachforschungen herausstellt,
entstand der Fehler durch einen Mitarbeiter der Apfel GmbH, Herrn Johannes
Konnor (J), der anstatt einer CD mit der finalen Software, eine CD mit der Beschriftung
„Pre-Alpha“ verwendete, um die Roboter zu programmieren.
Die Mikroweich AG verlangt nun Schadensersatz von der Apfel GmbH. Zu Recht?
Hinweis: Deliktische Ansprüche müssen nicht geprüft werden.
Die M könnte gem. §§280 I, 437 Nr. 3 BGB gegen die A einen Anspruch auf Schadensersatz
i.H.v. €150.000 haben. Dazu müsste die A gegenüber der M schuldhaft eine
Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt haben. Dies könnte hier der Fall sein, weil
möglicherweise mit der mangelhaften Software gegen eine Hauptpflicht aus dem
Kaufvertrag verstoßen wurde.
Gem. §433 I 2 BGB muss der Verkäufer, also hier die A, eine der M die Software frei
von Sach- und Rechtsmängeln übereignen. Dies scheint wohl nicht der Fall gewesen zu
sein. Die Software wäre dann frei von Sach- und Rechtsmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang
den Voraussetzungen des §434 BGB entspricht.
Ein Sachmangel kann insoweit anhand verschiedener Kriterien bejaht werden. Zum
einen hat eine Pre-Alpha Software gem. §434 I 2 Nr. 2 BGB nicht die übliche Beschaffenheit,
die die M erwarten durfte. Zum anderen kann man im Verhalten des J auch
eine fehlerhafte Montage gem. §434 II 1 BGB sehen.
Ein Sachmangel und somit eine Pflichtverletzung liegt deshalb vor.
Es stellt sich nun abschließend die Frage, ob die A die Pflicht aus dem Schuldverhältnis
gem. §280 I 2 BGB schuldhaft verletzt hat. Zwar hat die A selbst nicht gehandelt,
sie muss sich aber das Verhalten ihres Mitarbeiters J gem. §278 S.1 BGB zurechnen
lassen. Dieser verwendete trotz deutlicher Aufschrift eine untaugliche Software und
verursachte dadurch förmlich eine Rebellion der Maschinen. Ein solches Verhalten
eines Fachmanns kann man als grob fahrlässig einstufen, weil er die im Verkehr erforderliche
Sorgfalt in einem ungewöhnlich hohen Grad verletzt hat und dasjenige unbeachtet
gelassen hat, was im vorliegenden Fall jedem hätte einleuchten müssen.
Die M hat daher einen Anspruch gegen die A auf Schadensersatz gem. §§280 I, 437 Nr.
3 BGB. Es ist daher gem. §249 I und II BGB Schadensersatz i.H.v. €150.000 zu leisten.
Fall 4:
Die Mikroweich AG hat bei der Apfel GmbH einen Farblaserdrucker bestellt. Bei der
für den 15. Mai vereinbarten Anlieferung durch die Apfel GmbH fällt dem Bürovorsteher
auf, dass das Gerät am Gehäuse starke Transportschäden aufweist. Er verweigert
deshalb die Annahme. Wenig später meldet sich der Geschäftsführer der Apfel GmbH
und äußert Unverständnis. Der Schaden hätte doch in den nächsten Tagen leicht repariert
werden können. Der Prokurist der Mikroweich AG lehnt dies ab und verlangt dagegen
die Lieferung eines einwandfreien Druckers. Derzeit müsse man sich mit einem
Mietgerät herumärgern. Die Kosten hierfür solle die Apfel GmbH übernehmen.
Hätte die Mikroweich AG den Drucker annehmen müssen?
Muss die Apfel GmbH die Mietkosten für den Ersatzdrucker bezahlen?
A könnte einen Anspruch gegen die M auf Abnahme der Ware gem. §433 II BGB
haben. Demnach ist der Käufer als Nebenpflicht aus dem Kaufvertrag neben der Kaufpreiszahlung
auch zur Abnahme verpflichtet. Umgekehrt hat der Käufer gem. §433 I 2
BGB einen Anspruch auf Lieferung einer mangelfreien Sache.
Im Ergebnis kann der Verkäufer daher nur vom Käufer die Abnahme verlangen, wenn
er mangelfrei anbietet (vgl. §294 BGB).
Hier wies der Drucker starke Transportschäden auf. Dies ist ein Sachmangel gem. §434
I 2 Nr. 2 BGB. Somit durfte die M den Drucker ablehnen.
Ein Anspruch auf Ersatz der Mietkosten könnte die M als Verzugsschaden gem. §§280 I,
II, 286 BGB geltend machen. Voraussetzung ist ein Verzug der A gem. §286 I 1 BGB.
Die M müsste dazu gegen die A einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch haben und
die A nach Fälligkeit gemahnt haben. Hier hat die M einen Anspruch gem. §433 I 1
BGB gegen die A auf Lieferung eines Druckers. Dieser Anspruch war zum 15. Mai fällig
und ist auch durchsetzbar. Es fehlt allerdings die Mahnung.
Gem. §286 II Nr. 1 BGB ist eine Mahnung entbehrlich, wenn für die Leistung eine Zeit
nach dem Kalender bestimmt worden ist. Hier war dies der 15. Mai.
Somit befand sich die A ab dem 16. Mai im Schuldnerverzug (oder auch Lieferverzug)
und muss daher der M als Gläubiger den Verzugsschaden ersetzen. Dies sind eben die
Kosten für das Mietgerät, da diese bei rechtzeitiger Leistung nicht entstanden wären.
(Die M wird sich aber den ersparten Verschleiß und Toner am eigenen Gerät anrechnen
lassen müssen.)
Die Mikroweich AG (M) kauft bei der Apfel GmbH (A) im Hinblick auf die kommende
Fußball WM für die Belegschaft einen riesigen Flachbildfernseher. Vereinbarungsgemäß
wird das Gerät am 13. Mai 2010 geliefert. Sofort unterziehen es das vertretungsbefugte
Vorstandsmitglied Weißbier (W) und der Hausmeister Grause (G) im Rahmen
eines ausgedehnten Videoabends einem Stresstest. Dabei fällt ihnen auf, das besonders
an den Kanten des Bildes ein starkes Flackern und Flimmern auftritt, welches bei
Geräten dieser Art keinesfalls vorkommen darf. Da Grause in der Nähe der Apfel
GmbH wohnt, erklärt er sich bereit, dieses Problem persönlich dort mitzuteilen.
Weißbier ist einverstanden.
Als Grause am 14. Mai 2010 bei der Apfel GmbH die Fehler am Gerät nennt, will der
Prokurist der Apfel GmbH dies nicht akzeptieren. Er wisse schließlich nicht, wer da
vor ihm stünde und von einem „Hausl“ lasse er sich ohnehin nichts sagen. Wenn dann
müssten schon die Verantwortlichen der Mikroweich AG selbst an ihn herantreten. So
lasse er die Behauptung, das gelieferte Gerät sei mangelhaft, nicht gelten. Da könnte
ja jeder daherkommen und etwas behaupten. Grause verlässt daraufhin die Geschäftsräume.
Bei der nächsten Videosession am 20. Mai 2010 teilt Grause dem Weißbier die Vorkommnisse
bei der Apfel GmbH mit. Weißbier ist entsetzt über dieses Verhalten,
schließlich sei Grause offiziell von Weißbier beauftragt worden. Das könne man ruhig
glauben. Am 21. Mai 2010 meldet sich Weißbier persönlich bei der Apfel GmbH und
teilt den Fehler erneut mit. Die Apfel GmbH verweigert allerdings jedes Entgegenkommen.
Hat die M einen Anspruch gegen die A auf Gewährleistung?
Handelskauf. Ein Kaufvertrag liegt
vor. Sowohl die M als auch die A sind Formkaufleute gem. §3 I AktG bzw. §13 III
GmbHG, da sie ein Handelsgewerbe betreiben.
Die M hätte also die Ware unverzüglich nach Ablieferung untersuchen und falls ein
Mangel vorliegt auch unverzüglich rügen müssen.
Eine unverzügliche Untersuchung des Fernsehers hat durch die sofortige Inbetriebnahme
stattgefunden. Ob eine unverzügliche Rüge stattgefunden hat, ist allerdings
fraglich.
Hier könnte G der A im Namen der M den Mangel angezeigt haben. Problematisch ist
allerdings, dass G als Stellvertreter der M eine einseitige rechtsgeschäftliche Handlung
vorgenommen hat, auf die §174 S.1 BGB entsprechend Anwendung findet. (Würde
man G als Boten einordnen, so würde §174 S.1 BGB analog auch auf diesen Anwendung
finden.)
G hätte daher eine Vollmachtsurkunde vorlegen müssen, als er den Mangel rügte. Dies
hat er aber nicht getan. Aus diesem Grund hat die A durch ihren Prokuristen die Erklärung
zurückgewiesen. Die Zurückweisung konnte dabei sowohl gegenüber der M als
auch gegenüber dem G erfolgen. Das Wort „Zurückweisung“ muss nicht ausdrücklich
verwendet werden. Hauptsache es wird klar, dass man aufgrund der fehlenden Vollmacht
das Rechtsgeschäft nicht akzeptiert.
Dadurch ist die Rüge der M ex tunc unwirksam. (Übrigens: Auch die Zurückweisung ist
gem. §174 S.1 BGB als einseitiges Rechtsgeschäft durch eine Vollmachtsurkunde zu
belegen. Allerdings liegt hier ein Fall des §174 S.2 BGB vor, da die Stellung des Prokuristen
auch für den G bekanntlich mit der Befugnis zu solchen Erklärungen verbunden
ist.)
Die neue Rüge des W erfolgte dann erst eine Woche später, was insbesondere im
Handelsrecht nicht mehr als unverzüglich erachtet werden kann. (Üblicherweise muss
eine Untersuchung und Rüge noch am Tag der Ablieferung oder spätesten am darauffolgenden
Tag erfolgen.)
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Da also nicht unverzüglich gerügt wurde, gilt der Fernseher gem. §377 II HGB als genehmigt.
Als Folge verliert die M alle Gewährleistungsansprüche.
Die M kann daher von der A keine Gewährleistung verlangen.
Die Mikroweich AG (M) bestellt bei der Apfel GmbH (A) 30 Netzwerkkarten. Die Karten
werden vereinbarungsgemäß geliefert. Direkt nach Erhalt der Lieferung wird die Ware
vom Lageristen Ludwig (L) geprüft, wobei er feststellt, dass die Karten nicht den vertraglich
vereinbarten Qualitätsstandard entsprechen. Ludwig schafft es aber nicht,
diesen Umstand dem Geschäftsführer mitzuteilen, da er nach der Warenprüfung auf
der Treppe stürzt und für zwei Wochen nicht ansprechbar ist.
Erst nach drei Wochen kommt Ludwig wieder zur Arbeit und holt pflichtbewusst die
Meldung nach. Der Geschäftsführer der Mikroweich AG rügt daraufhin den Mangel bei
der Apfel GmbH und verlangt Nachlieferung der vereinbarten hochwertigen Netzwerkarten.
Die Apfel GmbH ist aber der Ansicht, dass der Mikroweich AG dieser Anspruch
gar nicht mehr zusteht.
Kann die M von der A Nachlieferung verlangen?
Berücksichtigen Sie dabei auch §377 HGB:
§ 377 HGB
(1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich
nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem
Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt,
dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.
(2) Unterläßt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn,
daß es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.
(3) Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muß die Anzeige unverzüglich nach der
Entdeckung gemacht werden; anderenfalls gilt die Ware auch in Ansehung dieses
Mangels als genehmigt.
(4) Zur Erhaltung der Rechte des Käufers genügt die rechtzeitige Absendung der Anzeige.
(5) Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so kann er sich auf diese
Vorschriften nicht berufen.
Anspruch könnte sich aus §437 Nr. 1, 439 BGB ergeben. Ein Mangel gem. §434 I 1 BGB
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liegt insoweit vor. Problematisch ist hier die Erfüllung der Untersuchungs- und Rügeobliegenheit
gem. §377 HGB.
Voraussetzungen für einen Ausschluss der Mängelrechte gem. §377 II HGB sind:
- Handelskauf für beide Teile gem. §343 HGB
- Ablieferung der Ware
- Sach- oder Rechtsmangel gem. §434 oder §435 BGB
- Verletzung der Untersuchungs- und Rügeobliegenheit
- Keine Arglist des Verkäufers
Hier hat die M den Mangel zwar rechtzeitig erkannt aber zu spät gerügt. Dass sie hieran
womöglich keine Schuld trifft ist ohne Bedeutung. §377 HGB stellt insoweit nicht
auf eine schuldhafte Verletzung der Obliegenheit ab. Lediglich im Rahmen des „ohne
schuldhaftes Zögern“ ist ein Verschuldensmoment von Bedeutung. Hier hätte die M
aber durch eine erneute Untersuchung den Mangel früher (wieder-)erkennen und dann
auch entsprechend rügen können.
Der Anspruch auf Nachlieferung besteht daher nicht.
Die Apfel GmbH (A) vertreibt über ihren Flagshipstore das hauseigene Vorzeigeprodukt
Ei-Pott (= MP3-Player). Friedrich von Feuerstein (F) erwirbt stolz einen solchen.
Kaum in Betrieb genommen fällt Friedrich aber auf, dass das Gerät im Gegensatz zum
Verpackungsaufdruck, der 8 GB nennt, lediglich über 4 GB Speicher verfügt.
Zurück im Laden erklärt der Verkäufer, dass man zwar mittlerweile von dem Problem
wisse, aber leider auf die AGB hinweisen müsse. An der Kasse stehe schließlich ein
offensichtlicher Hinweis auf die AGB, die auch in einer Schublade neben der Kasse
aufbewahrt würden.
In §3 der AGB steht folgender Passus: „Der Käufer ist damit einverstanden, dass ein
Gewährleistungsanspruch gegenüber der Apfel GmbH nicht besteht.“
Friedrich besteht darauf, dass ihm eines der (tatsächlich auch verfügbaren) 8 GB Geräte
übergeben wird
Ist F im Recht?
F könnte gem. §437 Nr. 1 BGB einen Anspruch auf Nachlieferung gem. §439 I 2. Alt.
BGB haben.
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Voraussetzung ist das Vorliegen eines Sachmangels gem. §434 BGB. Ein Fall des §434 I
1 oder 2 BGB liegt nicht vor, da vertraglich nichts vereinbart wurde und ein MP3-
Player nicht üblicherweise 8 GB Speicher besitzt.
Es könnte aber sein, dass ein Sachmangel gem. §434 I 3 BGB gegeben ist. Die Produktverpackung
ist eine öffentliche Äußerung des Herstellers. Diese hat F wahrgenommen
und sie ist der A auch zuzurechnen. Somit gelten die 8 GB Speicher als übliche Beschaffenheit
gem. §434 I 2 Nr. 2 BGB. Diese liegt nicht vor. F hat daher grundsätzlich
einen Anspruch auf Gewährleistung.
Es stellt sich allerdings die Frage, wie sich §3 der AGB auf den Fall auswirkt. Ist dieser
wirksam, hätte F am Ende doch keinen Anspruch.
AGB werden gegenüber einem Verbraucher gem. §305 II BGB nur dann Bestandteil des
Vertrags, wenn bei Vertragsschluss darauf hingewiesen wurde, die Möglichkeit der
Kenntnisnahme bestand und diese vom Vertragspartner des Verwenders akzeptiert
wurden.
Ein ausdrücklicher Hinweis auf die AGB erfolgte hier nicht. Es genügt aber in Fällen,
bei denen ein ausdrücklicher Hinweis einen zu großen Aufwand erfordert, ein deutlich
sichtbarer Aushang am Ort des Vertragsschluss. Folgt man der h.M. erfolgt der Vertragsschluss
an der Kasse. Dort befand sich auch ein gut erkennbares Hinweisschild.
Dem F wurde hier also die Geltung von AGB mitgeteilt.
Eine Möglichkeit der Kenntnisnahme war im vorliegenden Fall ebenso gegeben, denn
die AGB waren auch direkt an der Kasse verfügbar. Eine tatsächliche Kenntnisnahme
vom Inhalt der AGB ist dagegen nicht erforderlich.
Da F der Verwendung nicht widersprochen hat, hat er sich durch sein Verhalten konkludent
akzeptiert. Die AGB der A sind somit wirksam Bestandteil des Kaufvertrags geworden.
Es muss nun geprüft werden, ob §3 der AGB an sich wirksam ist. Hier könnte §475 I 1
BGB entgegenstehen, wenn es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt. Gem. §474
I 1 BGB handelt es sich dann um einen Verbrauchsgüterkauf, wenn ein Verbraucher
gem. §13 mit einem Unternehmer gem. §14 I BGB einen Kaufvertrag über einen beweglichen
Gegenstand geschlossen hat. F ist Verbraucher, die A als GmbH zwangsläufig
Unternehmer. (Eine GmbH besitzt keine Privatsphäre.) Da F mit dem Ei-Pott auch
eine bewegliche Sache von A gekauft hat, handelt es sich hier tatsächlich um einen
Verbrauchsgüterkauf, auf den §475 I 1 BGB Anwendung findet.
Demnach sind u.a. Vereinbarungen, die von §437 BGB abweichen, unwirksam. Durch
§3 der AGB wird von der gesetzlichen vorgeschriebenen Gewährleistung zu Lasten des
F als Verbraucher abgewichen. Die Klausel ist deshalb ungültig.
Ebenso steht der Klausel §309 Nr. 8 b) aa) BGB entgegen, weil durch sie die Gewährleistung
bezüglich neuer Sachen komplett ausgeschlossen wird.
Da somit ein Anspruch auf Gewährleistung besteht und §3 der AGB ohne Wirkung ist,
hat F auch einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung eines Ei-Pott mit 8 GB
Speicher.
Die Mikroweich AG (M) hat bei der Apfel GmbH (A) für eine Zweigniederlassung ein
komplettes IT-System bestehend aus PCs, Netzwerk und Servern geordert. Auch den
Aufbau und die Verkabelung soll von der Apfel GmbH übernommen werden.
Zum vereinbarten Zeitpunkt machen sich die Arbeiter der Apfel GmbH ans Werk, sind
dabei aber so ungeschickt, dass das System am Ende nicht funktionsfähig ist.
Die Mikroweich AG verlangt daher von der Apfel GmbH Nachbesserung. Die Apfel
GmbH weigert sich allerdings beharrlich und wiederholt, diesem Verlangen nachzukommen.
Laut der Apfel GmbH würde sich das für das Unternehmen nicht rentieren.
Genauere Ausführungen erfolgen allerdings nicht.
Die Mikroweich AG erklärt daraufhin den Rücktritt vom Vertrag. Zu Recht?
Die M könnte gem. §437 Nr. 2 i.V.m. §323 I BGB ein Rücktrittsrecht haben.
Auch hier müsste ein Sachmangel vorliegen, dies ist gem. §434 II 1 BGB der Fall, denn
die Montage des Kaufgegenstands erfolgte nicht sachgemäß. Dies steht einem Mangel
gleich.
Bevor die M zurücktreten kann, müsste sie gem. §323 I BGB allerdings der A zuerst die
Chance zur Nacherfüllung eingeräumt und eine Frist gesetzt haben. Laut Sachverhalt
verlangte die M die Nachbesserung, eine Frist wurde aber nicht gesetzt. Diese war
aber hier entbehrlich, da die A gem. §323 II Nr. 1 BGB ernsthaft und endgültig die Erfüllung
der Gewährleistungspflicht verweigerte.
Es bestand daher ein Rücktrittsrecht, welches die M durch ihre Erklärung auch wirksam
ausübte.
Paul Pech (P) kauft sich einen nagelneuen PC, um für das kommende Spiel „Duke
Nukem Forever“ auf dem aktuellen Stand der Technik zu sein. Als Verkäufer hat er
sich den Händler Gerd Günstig (G) ausgesucht. Beim Vertragsschluss macht Günstig
ordnungsgemäß auf seine allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) aufmerksam. Darin
heißt es u.a. „Sachmängel müssen innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis schriftlich
angezeigt werden. Bei Nichteinhaltung der Frist besteht kein Anspruch auf Gewährleistung.“
Vier Wochen nach Lieferung des PC, kommt es aufgrund der schlechten Verarbeitung
zu einem Totalausfall des Geräts. Weil Pech aber zu einer Geschäftsreise aufbrechen
muss, kommt er erst nach drei Wochen dazu, bei Günstig anzurufen und den Mangel
zu rügen. Günstig verweist auf seine AGB und meint, Pech sei zu spät dran und könne
keine Ansprüche geltend machen.
Frage 1:
Hat P gegen G einen Anspruch auf Gewährleistung?
Frage 2: Beurteilen Sie die AGB des G anhand folgender Normen des Gesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb (UWG). Liegt ein Wettbewerbsverstoß vor?
Frage 1:
Grundsätzlich hat P einen Anspruch auf Gewährleistung gem. §437. Ein Sachmangel
liegt gem. §434 I 2 Nr. 2 BGB vor, weil der PC aufgrund des Totalausfalls nicht die übliche
Beschaffenheit aufweist.
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Fraglich ist aber, wie sich die AGB-Klausel des G auswirkt. P hätte insoweit den Mangel
rechtzeitig anzeigen müssen, was er hier aber nicht tat.
Dass die Klausel wirksam vereinbart wurde ergibt sich aus §305 II BGB bzw. dem Sachverhalt.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Klausel auch inhaltlich wirksam ist.
Ein Gewährleistungsausschluss ist grundsätzlich möglich. Hier liegt ein Verbrauchsgüterkauf
gem. §474 I 1 BGB vor, denn P ist Verbraucher gem. §13 BGB und G Unternehmer
gem. §14 I BGB.
Gegenüber Verbrauchern, besteht daher die Einschränkung des §475 I 1 BGB.
Eine Beeinträchtigung der Gewährleistungsansprüche ist insoweit unzulässig. Die AGBKlausel
ist also unwirksam, denn sie auferlegt dem P eine Rügeobliegenheit, die gesetzlich
nicht vorgesehen ist und erschwert ihm damit die Geltendmachung seiner
Rechte.
Frage 2:
Das Verhalten des G stellt eine geschäftliche Handlung gem. §2 I Nr. 1 UWG dar, die
gem. §3 UWG verboten ist. Dass die Handlung unlauter ist, ergibt sich aus §7 I Nr. 7
UWG. Durch die Verwendung der fehlerhaften AGB wird der Verbraucher (hier P) über
seine Gewährleistungsansprüche getäuscht. Die Spürbarkeit der Beeinträchtigung darf
vermutet werden.
Paul Pech (P) kauft im Internetshop des Holger Handel (H) einen Monitor zum
Schnäppchenpreis. Entgegen der Bestellbestätigung des Handel wird das Gerät in der
Folgezeit aber nicht geliefert. Auf Rückfrage teilt Handel dem Pech mit, er habe es
sich anders überlegt. Bei dem vereinbarten Preis, wäre das Geschäft für Handel unrentabel.
Falls Pech weiterhin die Lieferung wünscht, müsste er noch €50,00 „drauflegen“.
Als Pech insistiert erklärt Handel den Widerruf des Vertrags, schließlich sei es
hier ein Fernabsatzvertrag,
Hat P einen Anspruch auf Lieferung des Monitors?
P könnte einen Anspruch gem. §433 I 1 BGB auf Übergabe und Übereignung des Monitors
haben. Ein wirksamer Vertrag liegt insoweit vor. Es stellt sich allerdings die Frage,
ob H daran noch gebunden ist.
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Zum einen könnte ein Widerruf des Fernabsatzvertrags gem. §355 i.V.m. §312 d BGB
erfolgt sein. Allerdings stellen schon §355 und §312 d BGB klar, dass das
Widerrufsrecht nur einem Verbraucher gem. §13 BGB zusteht, worunter H als Unternehmer
gem. §14 I BGB gerade nicht fällt.
Durch Auslegung gem. §140 BGB könnte man den Widerruf notfalls auch als eine Anfechtungserklärung
werten. Dem H fehlt aber ein Anfechtungsgrund. Ein Irrtum über
die Rentabilität eines Geschäfts berechtigt nicht zur Anfechtung.
Der Vertrag ist daher weiter wirksam und bindend. P kann somit weiterhin die Lieferung
des Monitors verlangen.
Nachdem Pech nicht nachgibt und auf Leistung besteht, teilt Handel mit, dass das
Gerät leider beim verpacken irreparabel zerstört worden sei. Er könne daher nicht
mehr liefern. Pech besteht aber dennoch auf Lieferung. Schließlich könne Handel einen
entsprechenden Monitor bei fast jedem Fachhändler unproblematisch und kurzfristig
beziehen und diesen dann ausliefern.
Hat Pech einen Anspruch gegen Handel auf Lieferung eines Monitors?
Wie bereits zuvor festgestellt, hat P einen wirksamen Kaufvertrag gem. §433 BGB, der
den H zur Leistung verpflichtet. Nun könnte die Leistung aber gem. §275 I BGB unmöglich
geworden sein. Dazu müsste die Leistung für jedermann oder zumindest für H
unmöglich sein. Dies ist aber hier nicht der Fall. Der Monitor stellt eine Gattungsschuld
dar, die solange zur Leistung verpflichtet wie die Gattung noch besteht. Hier
hat nur H keinen passenden Monitor, kann aber unproblematisch ein Ersatzgerät beziehen.
Eine Konkretisierung hat ebenso noch nicht stattgefunden. Es liegt also gerade
kein Fall der Unmöglichkeit vor.
Für ein Vorliegen des §275 II BGB finden sich keine Anhaltspunkte im Sachverhalt.
P hat also weiterhin den Anspruch auf Lieferung des Monitors gem. §433 I 1 BGB.
Aufgabe 1:
Beurteilen Sie folgende AGB-Klauseln eines Versandhändlers für Konsolen und Videospiele
auf ihre wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit.
A.
Offensichtliche Mängel, an der von uns gelieferten Ware, sind uns innerhalb von sieben
Werktagen schriftlich per Fax, Mail oder telefonisch mitzuteilen.
B.
Defekte an der Ware, welche durch Herstellerfehler verursacht wurden, werden umgehend
kostenfrei ausgetauscht oder wenn möglich repariert. Dazu ist die Vorlage der
von uns erstellten Originalrechnung notwendig.
C.
Es ist ausschließlich die Stadt Leipzig für alle aus dem Vertragsverhältnis entstandenen
Streitigkeiten Gerichtstand.
Lösung:
A.
Im Verbrauchsgüterkauf gem. §474 ff. BGB können die Gewährleistungsrechte des
Verbrauchers praktisch nicht eingeschränkt werden. Das Gesetz kennt bei Verbrauchern
keine Rügeobliegenheit (vgl. §377 HGB) und auch die Anzeige eines Mangels
kann formfrei erfolgen.
B.
Das Wahlrecht liegt gem. §439 I BGB beim Käufer. Davon kann beim Verbrauchsgüterkauf
ebenfalls nicht abgewichen werden kann.
Zusätzlich ist die Vorlage einer Originalrechnung keine Voraussetzung des §437 Nr. 1
BGB und deshalb ebenfalls ein Verstoß gegen die Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs.
Da im Verbrauchsgüterkauf die Gefahrtragungsregelung des Versendungskaufs gem.
§447 I BGB nicht zur Anwendung kommt, liegt das Transportrisiko beim Unternehmer.
Folglich sind nicht nur Defekte aufgrund von Herstellerfehlern, sondern auch Transportschäden
von der Gewährleistung erfasst. (Von durch den Verkäufer herbeigeführten
Mängeln ganz zu schweigen.)
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C.
Mit Verbrauchern ist eine Gerichtsstandsvereinbarung gem. §38 III Nr. 1 ZPO grundsätzlich
erst nach Entstehung der Streitigkeit zulässig.
Georg Günstig (G) verkauft über die Internetplattform „eBay“ alte Radios, die er auf
Flohmärkten ersteht und wieder herrichtet. Mittlerweile hat er sich so einen einträglichen
Nebenverdienst geschaffen.
Eines Tages bekommt Günstig eines seiner Radios ohne weitere Mitteilung wieder zurückgeschickt.
Absender ist der Privatkäufer Sebastian Sammler (S), der dem Paket
einzig und allein seine Kontoverbindung beigefügt hat.
G ist ein wenig überrascht und fragt sich, was nun geschehen soll.
Frage 1: Besteht zwischen G und S noch ein wirksamer Vertrag? Bitte begründen Sie
Ihre Antwort.
Frage 2: In welcher Höhe müsste der G dem S sein Geld erstatten, wenn der Kaufpreis
des Radios €75,00, die Hinsendekosten €15,00 und auch die Rücksendekosten €15,00
betragen und alle drei Posten von S gezahlt wurden. Bitte begründen Sie Ihre Antwort.
der
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Ware gem. §355 I 2 BGB auch ausgeübt hat.
Eine eventuelle Widerrufsfrist galt es gem. §355 IV 3 BGB mangels einer Belehrung
nicht einzuhalten.
Der Vertrag ist dadurch beendet und wandelt sich in ein Rückgewährschuldverhältnis
um. (Deshalb ist G auch verpflichtet, dem S sein Geld zu erstatten.)
Frage 2
Die Höhe des zu erstattenden Betrags beinhaltet naturgemäß den Kaufpreis.
Die Rücksendekosten sind gem. §357 II 2 BGB in jedem Fall vom Unternehmer zu tragen,
da die Möglichkeit gem. §357 II 3 BGB nicht gegeben ist. (Der Kaufpreis übersteigt
€40,00.)
Die Hinsendekosten sind einer Entscheidung des EuGH ebenfalls vom Unternehmer zu
tragen, da sonst der Verbraucher in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt werden
könnte.
G muss dem S daher die vollen €105,00 erstatten.
Aufgabe 3:
Leo Lässig (L) möchte sein Auto verkaufen. Zu diesem Zweck fertigt er mehrere Bilder
des Fahrzeugs. Auf den Bildern erkennt man u.a. deutlich eine Standheizung. Anschließend
erstellt Lässig ein Angebot auf eBay und ergänzt dieses durch die Fotos. In
der Artikelbeschreibung wird bzgl. des Zubehörs die Standheizung nicht aufgelistet.
August Auge (A) ist am Ende der Auktion der Höchstbietende und erhält nach Zahlung
von Lässig das Kfz geliefert. Auge fällt allerdings auf, dass die Standheizung fehlt.
Lässig erwidert, dass er die Standheizung ausgebaut hätte. Schließlich habe diese
auch nicht im Angebot gestanden. Auge beruft sich dagegen auf die Fotos und besteht
auf das Gerät. So sehe er das Fahrzeug als defekt an.
Lösung:
A könnte einen Anspruch auf Nachbesserung gem. §437 Nr. 1 i.V.m. §439 I 1. Alt. BGB
haben.
Ein wirksamer Kaufvertrag wurde laut Sachverhalt über eBay geschlossen. Des Weiteren
müsste der Kaufgegenstand bei Gefahrübergang einen Mangel gem. §434 BGB
aufweisen.
Als Mangel kommt das Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit gem. §434 I 1 BGB in
Betracht. Demnach müsste die Standheizung vertraglich vereinbart worden sein. Die
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Standheizung wurde allerdings nur auf den Fotos gezeigt, nicht aber in der Artikelbeschreibung.
Es muss daher geklärt werden, ob auch Abbildungen zu den Eigenschaften der Sache
gehören.
Dagegen spricht, dass die Fotos nur das Angebot unterstützen sollen und die
Artikelbeschreibung die verbindlichen Punkte widergibt. Schließlich erwartet z.B.
niemand das Topmodel zusammen mit einer Couch oder den Baum im Hintergrund
beim Foto eines Gebrauchtwagens. Auch bei Lebensmitteln wird auf der Produktverpackung
mehr abgebildet als sich tatsächlich darin befindet.
Andererseits handelt es sich bei den eben genannten Beispielen um schmückendes
Beiwerk, welches der Käufer als solches auch unproblematisch erkennen kann. Bei
Lebensmitteln wird dies durch den Hinweis „Serviervorschlag“ zusätzlich verdeutlicht.
Eine Standheizung ist aber kein „Schmuck“ für das Auto, sondern stellt für den Käufer
eine relevante Eigenschaft dar, die die Kaufentscheidung zumindest auch beeinflusst.
Der Käufer kann auch nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Nichtnennung in
der Artikelbeschreibung beabsichtigt war. Es könnte ebenso gut sein, dass sich der
Verkäufer nur knapp auf das Wesentliche beschränken wollte oder die Nennung der
Standheizung schlichtweg vergessen hat. Auch ein Blick auf §434 I 3 BGB bzgl. Werbung
lässt den Rückschluss zu, dass sich der Käufer auch über die Artikelbeschreibung
hinaus auf Aussagen des Verkäufers verlassen kann.
Abschließend darf im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass die Standheizung
vereinbart war und somit ein Sachmangel gem. §434 I 1 BGB vorliegt. (Bei
Plüschwürfeln am Rückspiegel würde man wohl zum gegenteiligen Ergebnis kommen.)
Da die Standheizung bereits bei Ablieferung des Autos fehlte, liegt dieser Mangel auch
bei Gefahrübergang gem. §446 S.1 BGB vor.
A hat deshalb einen Anspruch gegen L auf Gewährleistung
Aufgabe 1:
Beurteilen Sie folgende AGB-Klauseln eines Versandhändlers für Computer und
Konsolen sowie Videospiele auf ihre wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit. Sprich:
sind die Klauseln mit geltendem Recht vereinbar.
A.
Bis zum achtzehnten Lebensjahr haften Eltern für Ihre Kinder.
B.
Alle von uns gelieferten Produkte deren Verpackung geöffnet bzw. beschädigt wurden
sind vom Widerrufsrecht ausgeschlossen.
C.
Der Rücksendung muss unsere Originalrechnung beiliegen.
A.
Dieser weitverbreitete Satz ist rechtlich nicht haltbar. Es gibt keine Sippenhaft. Wenn
überhaupt haften Eltern nur für ihr eigenes Verschulden z.B., wenn sie eine Aufsichtspflicht
verletzt haben. Tatsächlich sind Verträge von beschränkt Geschäftsfähigen
ohne Einwilligung der Eltern erst mal gem. §108 BGB schwebend unwirksam.
B.
Das Widerrufsrecht beim Fernabsatzvertrag gem. §312 d I BGB ist nur bei Öffnung von
Software ausgeschlossen gem. §312 d IV Nr. 2 BGB. Wird dagegen eine Konsole gekauft,
ist die Öffnung der Verpackung kein Problem.
C.
Da hier wohl häufig ein Verbrauchsgüterkauf gem. §474 ff. BGB vorliegen wird, ist
eine Einschränkung der Gewährleistung zu Lasten des Verbrauchers praktisch nicht
zulässig. Da §437 BGB als Voraussetzung für einen Gewährleistungsanspruch keine Originalrechnung
nennt, ist die AGB-Forderung eine unzulässige Benachteiligung des Verbrauchers
und damit wettbewerbswidrig.
Sofern sich die Klausel auf den Verbraucherwiderruf beziehen sollte, wäre diese
ebenso unwirksam. §355 I 2 BGB verlangt keine Originalrechnung.