Geschichte und Kultur: ein historisches Spannungsfeld Flashcards
Motiv der Geschichte im späten 18. Jhdt.
Das Motiv der Weltgeschichte war ein unablässiger Fortschritt des Menschengeschlechts.
(Diese begriffsgeschichtlichen Grundlinien auf dem Feld der Kultur waren in Frankreich, England und Deutschland gleich.)
Wann wurde der Kulturbegriff geprägt?
1780
In England und Frankreich 1760: civilisation
Wann und wo erwähnt Friedrich Schiller “Kultur” zum ersten Mal?
Friedrich Schiller erwähnt Kultur bei seiner Antrittsvorlesung 1789
an der Universität Jena.
historia
griechische Abstammung
gemeint war die “Kenntnis”, streng empirisch, auf sinnlicher Erfahrung beruhende “Kunde”
theoria
griechische Abstammung
gemeint war die “Erkenntnis”, reines Denken, über das sinnlich erfahrbare hinausgehend
Was war der Sinn der Welt bzw. der Universalgeschichte nach Schiller?
Das Ziel war eine friedliche Gesellschaft aufgeklärter Bürger.
Was war die Definition von Kultur nach Johann Gottfried Herder?
Das geistige und materielle Erbe der verschiedensten Völker sollte in Gestalt ihrer sprachlichen und dinglichen Zeugnisse in den kollektiven Fundus der Menschheit eingehen.
(aus “Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit”, 1784-91)
Die Verbindung von Volk, Nation und Kultur nach Herder:
Volk: innere politische Seite und kollektive Identität (gemeinsame Sprache, Geschichte, Sitten, Gebräuche, Empfindungen) - “Volk” wurde bis zu diesem Zeitpunkt und danch abwertend gebraucht (gemeiner, einfacher Mann); “Gesellschaft” meint damals nur den kleinen Teil der Eliten (feine Gesellschaft, gebildete Stände).
Nation: äußere politische Seite
Volk und Nation sind bei Herder austauschbar.
Die Verbindung von Volk, Nation und Kultur zu Kulturnation ist spezifisch deutsch.
Durch “Kulturnation” wurde dem “deutschen Volk” durch seine Sprache und Geschichte eine kulturelle Identität zugeschrieben, die politische kam erst 1871.
(England und Frankreich konnten bereits im 17. u. 18. Jhdt. ihre nationale Identität politisch definieren)
deutsch “Kultur” vs. englisch “culture” und “civilisation”
Mit “culture” bezeichnen die Engländer und Franzosen die Erziehung und Bildung des Einzelnen.
Mit “civilisation” beschreiben sie die ökonomischen, sozialen, politischen und kulturellen Errungenschaften einer Gesellschaft als Ganzen oder der Menschheit insgesamt.
Wie unterschied Immanuel Kant zwischen “Kultur” und “Zivilisierung”?
“Kultur” war die wahre, sittlich geläuterte Pflege von Kunst und Wissenschaft.
“Zivilisierung” zielte nur auf “äußere Anständigkeit” und “gesellschaftliche Artigkeit”.
(aus “Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht”, 1784)
Welche Gesellschaft war für Herder unvorstellbar?
Eine kulturlose Gesellschaft oder eine Gesellschaft ohne Sprache war für Herder unvorstellbar.
Daraus folgte, daß jede Kultur als auch Sprache ihre unverwechselbare Eigenständigkeit besitzt (“Jede Nation hat ihren Mittelpunkt der Glückseligkeit in sich, wie jede Kugel ihren Schwerpunkt”, 1774).
Was sind die zwei Motive, die aus Herders Grundsatz der unverwechselbaren Eigenständigkeit der Kultur/Sprache hervorgingen?
- Das Individualitätspostulat:
jede Kultur kann nur aus sich selbst heraus verstanden werden. - Der Kulturrelativismus:
alle Kulturen sind gleichwertig und es macht keinen Sinn, “gute” von “schlechten” oder “bösen” zu unterscheiden.
Aus welcher Quelle enspingen die eng zusammenhängenden Begriffe “Kuktur” und “Volk”?
Sie enspringen einer Vorstellung, die bereits bei Schiller aufgetaucht ist, nämlich die emphatische Imagination der Weltgeschichte als einer Schöpfung der menschlichen Gattung, in der sich diese langsam zur vollkommenen Humanität hocharbeitet.
Welchen gemeinsamen Fluchtpunkt haben “Kultur” und “Zivilisation” (die zwei Seiten einer Medaille) gegen Ende des 18. Jahrhunderts?
Sie sind das Projekt einer freien Gemeinschaft vernunftgeleiteter Weltbürger.
Zugleich markieren sie unterschiedliche Perspektiven, die sich aus den unterschiedlichen nationalen und sozialen Erfahrungsräumen der Protagonisten ergeben.
Was ist ein elementares geschichtswissenschaftliches Prinzip?
Historisierung der Leitbegriffe
Bezeichnet die historischen Ausganspunkte eines Begriffes sowie den Prozess des allmählichen Wandels der Wahrnehmung und Interpretation einer Sache oder Vorstellung mit der Zeit. Historisierung bedeutet gleichzeitig Distanzierung.