Evolutions- und Populationsgenetik Flashcards
Evolutionsgenetik
Beschäftigt sich mit den evolutionären Triebkräften und Prozessen, wie Mutation, Selektion, genetischer Drift und Genfluss, die zur Veränderung von Gen-Häufigkeiten (Frequenzen) und somit der genetischen Struktur der Populationen führen
Population
Gruppe von Individuen einer Art, die eine mehr oder weniger abgegrenzte geografische Region bewohnen und sich über mehrere Generationen kontinuierlich fortpflanzen
Evolution
Neutral und adaptiv
Veränderung von Genfrequenzen in Populationen
Bsp.: die Frequenz des mutierten MC1R Gens nimmt im Laufe von Generationen in der Mauspopulationen auf dunklem Untergrund zu (Evolution)
Neutral: durch zufällige Prozesse (Mutation, Drift; laufen im Hintergrund ab)
Adaptiv: durch Selektion
Gen
Funktionelle Grundeinheit der Vererbung
Genotyp
Der Satz an Genen eines Individuums (oft jedoch bezieht man sich auf einen bestimmten Genort=Lokus)
Allel
Eine von verschiedenen Zustandsformen desselben Gens, die sich in der DNA-Sequenz unterscheiden (diploider Organismus: jedes Individuum besitzt 2 Allele pro Lokus)
Unterschiedliche Länge der Wiederholungseinheiten
Genpool
Die Gesamtheit aller Gene (oder genauer gesagt Allele) in einer Population
Polymorphismus
In einer Population gibt es verschiedene Allele an einem Lokus
Mehr genetische Vielfalt
Die meisten Polymorphismen in Populationen sind selektionsneutral
Neutrale Mutation
Vergleichbar mit stummer Mutation -> es verändert nicht das Protein bzw. Die Funktion des Proteins
Führt zu einem Polymorphismus, der aber rasch wieder verloren gehen kann
Große Populationen erhalten mehr genetische Vielfalt (Polymorphismus), weil es länger dauert, bis neutrale Mutationen fixiert werden
Fitness
(Lebenszeit-) Reproduktionserfolg; durchschnittlicher Beitrag eines Allels (oder Gens oder Genotyps) zu der nächsten und nachfolgenden Generation
Fähigkeit von Organismen, Nachkommen zu produzieren und damit zum Genpool der nachfolgenden Generation beizutragen
Voraussetzung für adaptive Evolution/ die drei Komponenten nach Darwin als Grundlage der Evolution Anpassung
Variation, Erblichkeit und Selektion
Genotyp-Phänotyp-Fitness Relation
Unterschiedliche Phänotypen können dieselbe Fitness besitzen (=neutral)
Unterschiedliche Genotypen können zu demselben Phänotypen führen
Derselbe Phänotyp kann in verschiedenen Populationen durch dieselbe oder unterschiedliche Genotypen hervorgerufen werden
Birkenspanner-Beispiel
Durch die Industrialisierung wurden die schwarzen Birkenspanner mehr als die weißen auf Grund der besseren Tarnung
-> Evolution kann rasch erfolgen, aber Gründe können komplexer sein, als es zunächst erscheint
Ideale Population
Unendlich groß, zufällige Paarung, Allele an Genlocus sind selektionsneutral, keine Migration, keine Mutation
Hardy- Weinberg - Gesetz
P^2 + 2pq + q^2 = 1 -> alle Genotypen addieren sich zu 1
Beschriebt die Häufigkeit von Genotypen in einer idealen Population; Abweichungen liefern Hinweise auf Evolutionsprozesse
Wichtige Populationsparameter:
Heterozygotie = Anteil heterozygoter Individuen = 2pq
In idealen Populationen gilt: beobachtete Heterozygotie = erwartete Heterozygotie
Abweichung = Hinweis auf Evolutionsprozesse
Genetische Drift
Evolutionsfaktor der zufällige Veränderungen des Genpools in einer Population beschreibt
Ultimate Ursache für Drift: kleinste Einheit der Erbinformation sind unteilbar (sind gequantelt)
Fst: Fixierungskoeffizient (Subpop. Zu totaler Population)
Gibt Rückschlüsse auf wichtige Prozesse wie Migrationsrate, Isolationsgrad, Verinselung
Misst den Grad der Fixierung er Subpopulationen relativ zur maximal möglichen Heterozygotie in der gesamten Population, oder: Fst = (Htotal -Hsub) / Htotal Mit Htotal: Heterozygotie der gesamten Population
0= keine Fixierung, keine differenzierten Subpopulationen 1= maximale Fixierung der Subpopulationen, ausgeprägte Populationsstruktur
(Genetisch) ‚effektive Populationsgröße Ne‘
Eine hypothetische ideale Populationsgröße, die sich populationsgenetisch wie die untersuchte natürliche Population mit N Individuen verhält
Quantifiziert die erwartete Drift in einer natürlichen Population, dabei ist Ne oft «_space;N
Faktoren, die zu niedrigem Ne/N-Verhältnis führen:
Geschlecht-Verhältnis verschoben, fluktuierende Populationsgröße, ungleichmäßig verteilter Fortpflanzungserfolg, Verwandschaftsstruktur im Raum, Selbstbefruchtung
Flaschenhalseffekt
Die Gendrift, die sich aus der Reduzierung einer Population ergibt, im typischen Fall durch eine Naturkatastrophe, in deren Folge die Überlebende Population nicht mehr genetisch repräsentativ für die Ausgangspopulation ist
Die genetische Diversität nimmt ab
Neutrale genetische Marker (Mikrosatelliten)
Kurze, nicht kodierende DNA-Sequenzen, die im Genom eines Organismus oft wiederholt werden
Selektion
Nicht-zufällige unterschiedliche Überlebens- und Fortpflanzungsrate (d.h. Differentielle Reproduktion) von Organismen oder Genotypen
Wirkung:
Ein vorteilhaftes dominantes Allel nimmt erst sehr schnell zu, dann ganz langsam
Negative rezessive Allele bleiben lange in der Population erhalten
Bei rezessiv: Selektion wirkt zuerst sehr langsam, da bei niedriger Frequenz die meisten Träger des Allels Heterozygotie sind und somit keinen Fitnessvorteil besitzen
Vorteilhafte Allele werden irgendwann fixiert, d.h. Nachteilige Allele verschwinden aus der Population
Negativ (oder Invers) Frequenz- abhängige Selektion
Je seltener ein Phänotyp in der Population ist, desto größer ist seine Fitness
Pleiotropie
1 Genort beeinflusst mehrere Merkmale
Polygene Merkmale
Ein Merkmal wird von mehreren Genorten (=Loci) beinflusst
Unabhängige Segregation
Gleichmäßige Aufteilung auf die Gameten bei der Meiose
-> Merkmale werden unabhängig voneinander vererbt -> ungekoppelt
Genetische Kopplung (Linkage)
Die ‚physikalische‘ Kopplung von 2 Loci auf demselben Chromosomen
Keine unabhängige Segregation d.h Merkmale werden u.a. zusammen vererbt
-> der Abstand zwischen den Genorten ist wichtig: je kleiner, desto stärker die Kopplung
Kopplungskarte
Physikalische Karte, wenn crossing over (Rekombination) überall gleich häufig ist
Je weiter entfernt 2 Loci voneinander sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines crossing over zwischen Ihnen, d.h. desto größer ist die Rekombinationshäufigkeit
Koppplungs- Ungleichgewicht (Linkage disequilibrium)
Ein ‚statischer‘ Zusammenhang zwischen 2 (oder mehr) Loci -> ein Maß für dir Kombination von Allel-Frequenzen in der Populationen
Zwei Loci befinden sich im Kopplungs-Ungleichgewicht, wenn es eine nicht-zufällige Assoziation zwischen Allelen an diesen Loci gibt, d.h. Wenn man das Allel am ersten Locus kennt, so weiß man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, welches Allel am zweiten Locus zu finden ist
-> LD ist nicht dasselbe wie genetische Kopplung (Linkage), welche die ‚physikalische‘ Kopplung von Loci bezeichnet
Sexuelle Fortpflanzung eliminiert dieses durch Rekombination
Ursachen: reduzierte Rekombination, Vermischung von Populationen, Mutation und Selektion in endlichen Populationen, epistatische Wechselwirkungenö
Epistasis
Ein Maß für die Fitness-Interaktionen zwischen 2 (oder mehr) Loci d.h. Träger bestimmter Allel-Kombinationen besitzen höhere oder niedrigere Fitness als bei rein additiven Effekten zu erwarten wäre
Fisher-Müller-Hypothese
Sexuelle Populationen evolvieren schneller, da unabhängig voneinander entstandene, vorteilhafte Mutationen durch Rekombination zusammengebracht werden können
Müllers Rätsche
In endlichen Populationen (Drift) gehen Individuen ohne/ mit sehr wenigen nachteiligen Mutationen verloren und können durch Rekombination neu entstehen
Quantitative Merkmale
Viele Merkmale biologischer Spezies in der Natur variieren kontinuierlich, ihnen liegen viele Gene zugrunde (sie sind polygen )
Dihybrider Erbgang
Es werden zwei Merkmale betrachtet
Laut der Unabhängigkeitsregel kombinieren sich die Merkmale unabhängig voneinander
Zentraler Grenzwertsatz von Carl Friedrich Gauß
Wenn eine Variable vielen unabhängigen Einflussquellen unterliegt, dann folgt diese einer Normalverteilung
Parameter einer Normalverteilung: Mittelwert, Varianz (Maß für die Streuung um den Mittelwert), Standartabweichung
Totale phänotypische Varianz
Vp = Ve + Vg
Ve = Variabilität durch die Umwelt/Umweltvarianz Vg = genetische Varianz
h^2
Maß für die Ähnlichkeit zwischen Eltern und Nachkommen
h^2 = Va/ Vp (Va= additive genetische Varianz, Vp= totale phänotypische Varianz)
Erblichkeit im engeren Sinne (narrow sense heriability), kann durch Vergleich der Phänotypen der Eltern mit ihren Nachkommen abgeschätzt werden (Regression)
Selektionsantwort R
Bezeichnet erbliche Änderung des Populationsmittelwertes für ein bestimmtes Merkmal in der F1 gegenüber der elterlichen Generation
R = h^2 x S (S= Selektionsdifferential, h^2= Erblichkeit im engeren Sinne ‚narrow sense heriability‘)
Selektionsantwort ist größer, je höher die Erblichkeit h^2 ist und je stärker das Selektionsdifferentiak S (also die ausgeübte Selektion)
Genom-Umwelt-Interaktion
Genotypen sind nicht überall ‚gut‘, ihre erblich bestimmte Merkmalsausprägung ändert sich mit der Umwelt -> Home Site-advantage (= lokale Anpassung)
Transformierende/ dynamische/ Direktkontakt/ verschiedene/ gerichtete Selektion
Liegt vor, wenn die Träger eines Merkmals, das am Rand des Merkmalsspektrums der Population liegt, begünstigt werden
Muss sich z.b. eine Population an neue Umweltfaktoren anpassen, werden Individuen bevorzugt, deren Merkmale bereits vorher zufällig am besten auf die veränderte Umgebung gepasst haben und/oder Individuen, deren Anpassung besser für die neuen Bedingungen geeignet sind
Disruptive/ aufspaltende Selektion
Die Formen, die am häufigsten Vorkommen, werden zurückgedrängt, z.B auf Grund von Parasiten, Fressfeinden oder ansteckenden Krankheiten
Individuen, die seltene Merkmale besitzen, haben dann einen Vorteil (können ökologische Nischen besetzen)
Stabilisierende Selektion
Findet statt, wenn die Individuen einer Population über viele Generationen hinweg unter konstanten Umweltbedingungen leben
Individuen, deren Merkmale nahe dem Mittelwert der Population liegen, zeigen eine höhere Fitness
Fischers ‚fundamentales Theorem‘
Ausdauernde Selektion führt zum Verschwinden der genetischen Variation für das betreffende Merkmal
Folge: Je stärker ein Merkmal sich auf die Fitness auswirkt (d.h. je stärker die Selektion darauf), desto geringer ist die genetische Varianz, und somit die Erblichkeit
Die beobachtete phänotypische Varianz besteht aus
Genetischer Varianz und Umwelt-induzierter Varianz
Züchtergleichung
R = h^2 x S
Sagt die erbliche Veränderung des Populationsmittelwerts eines Merkmals voraus
Erblichkeit bleibt in Populationen erhalten z.b. durch
Räumliche und zeitliche Schwankungen der Selektion
Molekulare Evolution
Prozess der Evolution auf Ebene der DNA, RNA und Proteine
Single nucleotide polymorphism (SNP)
Eine Variation eines einzelnen Basenpaares in einem komplementären DNA- Doppelstrang
SNPs sind geerbte und vererbbare genetische Varianten
Molekulare Uhr
Linearer Zusammenhang zwischen Zeit Und Anzahl der Aminosäurenaustausche
Substitution
Eine Genmutation, hervorgerufen durch eine spontane oder umweltinduzierte Veränderung einer Base der DNA
Ist die FIXIERUNG des neuen Allels (erfolgt durch Drift oder Selektion)
Mutation
Die ENTSTEHUNG eines neuen Allels (durch Veränderung der Nucleotidsequenzen der DNA bzw. der Aminosäuresequenz des Proteins)
Synonyme Substitution
Der Austausch eines Nukleotids im Codon führt nicht zu einer Änderung der kodierten Aminosäure
Nicht-Synonyme Substitution
Der Austausch eines Nukleotids im Codon führt zu einer Änderung der Aminosäure
Erwartungen: nicht-Synonyme Substitutionen sollten seltener sein bzw. sich über die Zeit langsamer anhäufen als Synonyme Substituionen
Das Verhältnis von nicht-Synonymen zu synonymen Substitutionen kann Aufschluss geben über das Wirken von Selektion:
Dn < Ds -> ?
Dn = Ds -> ?
Dn > Ds -> ?
Dn= Rate der nicht-synonymen Substitutionen Ds= Rate der Synonymen Substitutionen
Dn < Ds -> negative Selektion
Dn = Ds -> neutral
Dn > Ds -> positive Selektion
McDonald-Kreitman (MK) Test
Sequenz-Unterschiede (nicht-synonyme und synonyme) innerhalb einer Art (Polymorphismus) vergleichen mit Unterschieden zwischen den Arten (D.h. solche die fixiert sind in der jeweiligen Art)
Hintergrund: Nach der neutralen Theorie sollte für einen bestimmten Lokus Dn/Ds konstant über die Zeit sein
Folge: Dn/Ds sollte innerhalb einer Art und zwischen Arten nicht unterscheiden; falls doch: Hinweis auf Selektion
Hitchking (selektive Sweep)
Wenn eine positive Mutation schnell fixiert wird, dann werden nah benachbarte neutrale (oder sogar leicht negative) Mutationen mit fixiert, sofern Rekombination dazwischen selten ist
Allopatrischer Artbildung
Findet in geografisch getrennten Populationen statt -> Barriere gegen Genfluss
Sympatrische Artbildung
Erfolgt in geografisch überlappenden Populationen
Morphospezies-Konzept
Traditionelles Konzept, basierend auf Unterschieden im Phänotyp (v.a. Morphologie)
+: breit anwendbar, auch auf Fossilien
-: keine Unterscheidung von sogenannten kryptischen Arten
Biologisches Spezies-Konzept
Wesentliches Kriterium ist reproduktive Isolation: Organismen die sich nicht untereinander fortpflanzen können, gehören unterschiedlichen Arten an
+: biologisch sinnvoll, da Abwesenheit von Genfluss im Mittelpunkt
-: oft nicht Testat (z.B. Fossilien) oder nicht anwendbar (z.B. asexuelle Arten)
Phylogenetisches (genealogisches) Spezies-Konzept
Basiert auf genetischer Divergenz zwischen Gruppen gemeinsamer Abstammung (Phylogenie)
+: breit anwendbar, auch auf asexuellen Arten, gut (statistisch) tastbar
-: Konfusion, wenn traditionelle Artenzugehörigkeiten verändert und Arten aufgespaltet werden
Genetische Korrelation
Genetischer Zusammenhang zwischen zwei Merkmalen z.B. aufgrund von Pleiotropie, genetische Kopplung oder Kopplungsungleichgeeicht
Ektodermale Dysplasien
Gruppe von erblichen Fehlbildungen an Strukturen, die aus dem äußeren Keimblatt (Ektoderm) hervorgehen (z.B. Haare, Nägel, Haut, Zähne)
H^2
Erblichkeit im weiteren Sinne (‚broad Sense heriability‘
H^2 = Vg/ (Vg + Ve) = Vg/ Vp (Vg= genetische Varianz, Vp= totale phänotypische Varianz)
Formeln der quantitativen Genetik
H^2 = Vg/ Vp (H^2= Erblichkeit im weiteren Sinne (broad sense heriability), Vg= genetische Varianz, Vp= totale phänotypische Varianz)
h^2 = Va/ Vp (h^2 = Erblichkeit im engeren Sinne (narrow sense heriability), Va=;additive Varianz)
R= h^2 x S (R= Selektionsantwort, S= Selektionsdifferential)
Quantitative Genetik
Erlaubt Bestimmung der Erblichkeit (Heriabilität) eines Merkmals
Erblichkeit
Der Anteil der phänotypische Varianz, der erblich ist (also der Anteil der genetischen Varianz an der gesamten phänotypische Varianz)
Je größer die Erblichkeit, desto stärker verändert sich ein Merkmal unter dem Einfluss der Selektion. Bei andauernder stärker Selektion reduziert sich die genetische Varianz und somit die Erblichkeit
Zwei Methoden zur Bestimmung der Erblichkeit eines Merkmals, wie z.B. der Körpergröße +Formel
- Möglichkeit: Erblichkeit kann als Ähnlichkeit eines Merkmals zwischen Eltern und Nachkommen bestimmt werden:
Steigung der Regressionsgeraden zwischen dem Mittelwert im Phänotyp der Eltern x und dem Mittelwert im Phänotyp der Nachkommen
h^2 = cov xy /Sx^2
2.Möglichkeit: Über die Stärke der Selektionsantwort R in Relation zur ausgeübten Selektion S
Züchtergleichung: h^2 = R/S
Frequenzabhängige Selektion
Wenn Parasiten sich an häufige Wirts-Genotypen anpassen, dann haben die seltenen Wirts-Genotypen einen Vorteil und werden daher in der Frequenz zunehmen, bis sie so häufig sind, dass sich die Parasiten an Sie anpassen, usw.