Epidemiologie psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen Flashcards
Eine narrative Übersichtsarbeit unter Berücksichtigung österreichischer Daten
Wie hat sich die gesundheitliche Situation von Kindern und Jugendlichen in den letzten Dekaden verändert?
- Fortschritte bei akut behandelbare somatische Krankheiten
- Zunahme von chronischen Krankheiten
- Zunahme von psychischen Störungen
- Diese Entwicklung wird als “Neue Morbidität” bezeichnet
Was ist das Verhältnis zwischen psychischen Problemen bzw. Störungen bei Erwachsenen bzw. Kindern und Jugendlichen?
- Ca. die Hälfte aller psychisch erkrankten Erwachsenen waren bereits als Jugendliche oder Kinder erkrankt
- Der Anteil an Menschen mit psychischen Störungen ist etwa gleich in der Gruppe der Kinder und Jugendliche sowie der der Erwachsenen
Was war die Schwierigkeit für weltweite Meta-analysen von Prävalenzzahlen der psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen?
- es gelingt noch nicht Daten zu finden die überall (weltweit) mit der exakt gleichen Methodik erhoven wurden
- unterschiedliche diagnostische Verfahren, Stichprobenauswahl und Fall-Definitionen sind einschränkend
*
Wie sah die Metaanalyse von Polanczyk et al. aus?
- 41 Originalarbeiten
- methodische Mindestanforderungen
- insg. 90.000 Jugendliche Probanden
- Zeitraum: 1985 - 2012
- 27 Länder
- schloss nur die vier größten Störungsbilder
- Angststörungen
- exteranlisierte Sozialverhaltensstörung
- ADHS
- emotionale Störungen
- Studien untersuchten sehr unterschiedliche Zeiträume: Punkt-Prävalenzen, 6-Monats-Prävalenzen und Lebensprävalenzen
Was sind die Prävalenzbefunde von Polanczyk et al.?
- Gesamtprävalenz der vier Störungsbilder: 13.4%
- Angsterkrankungen: 6.5%
- externalisierenden Sozialverhaltensstörungen: 5.7%
- ADHS: 3.4%
- Depression: 2.6%
Welches waren die größten EInflüsse für Polanczyk’s Meta-analyse?
- Ursache für Heterogenität war vor allem die:
- Stiichprobenauswahl
- Art des diagnostischen Interviews
- allerdings nicht:
- Zeitpunkt (Jahr) der Studie
- Geographische Lage
Dies spricht gegen die Wahrnehmung der Menschen das psychische Störungen bei Kindern in den letzten Jahren zugenommen hätten
Inwiefern unterstützt die deutsche Meta-analyse von Barkmanet al. (2012) die Polanzcyk’s?
- Sie fand eine ähnliche Gesamtprävalenz: 17%
- Sie fand ebenfalls keinen Einfluss des Zeitraums (1953-2007)
- Sie fand ebenfalls das diagnostische Verfahren für Prävalenzunterschiede verantwortlich waren
Prävalenz von Störungen durch problematischen Substanzkonsum:
- 6.1% der 11 - 17-jährigen: problematische Alkoholkonsum
- 3.5%: regelmäßiger Drogenkonsum
- scheinbahr fünfthäufigste Störungsgruppe
- US-studie: 8.3% berichten von problematischen Substanzkonsum
- bei Männern höher
Prävalenzzahlen für Essstörungen:
- Anorexia Nervos, Bulimia Nervos und Binge-Eating Disorders kombiniert: ca. 3%
- ca. 50% der Anorexie-Neuerkrankungen zwischen 14. und19. Lebensjahr
- scheinbahr verschiebt sich ersterkrankungsalter nach unten
*
Prävalenzzahlen von bipolar affektiven Störungen in Kindheit und Jugend:
- Diagnosezahlen explodierte in den 1990er Jahren in den USA allerdings nicht im Rest der Welt
- zurückzuführen auf eine Diagnoseveränderung zum “broad phenotype”
- beinhaltet Affektschwankungen, Gereiztheit und aggressive Perioden
- nich unbedinkt distinkt “bipolare” Episoden
- die meisten K&J mit dieser Diagnose entwickeln keine BS
- zurückzuführen auf eine Diagnoseveränderung zum “broad phenotype”
- ca. 1.8% der Kinder und Jugendliche (K&J) nach klassischem Verständnis Bipolar
- oft diagnostisch stabil
- 1/3 der Erwachsenen hatten Symptomatik schon im K&J
Autismus-Spektrum Erkrankungen im K&J
- steigende Prävalenzzahlen
- unklar ob sie durch reale Veränderungen oder Diagnostische ENtwicklungen verursacht werden
Prävalenzzahlen bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen (BPS) in K&J:
- wichtiger Paradigmenwechsel passiert:
- vorher: verbreitete Annahme des BPS als Lebenslanges Schicksal
- das führte zu therapeutischen Nihilismus
- Sorge vor Stigmatisierung
- jetzt:
- 85 - 99% remitieren in Symptomatik innerhalb von 10Jahren
- 2013 wurde die Alterbeschränkung für BPS aufgehoben
- frühstmögliche Diagnose wird für Interventionen als Sinnvoll erachtet
- vorher: verbreitete Annahme des BPS als Lebenslanges Schicksal
- Prävalenz:
- Ca. 1% der K&J (relative selten)
- 10% der ambulanten Patienten haben BPS
- 50% der stationären
- Ca. 1% der K&J (relative selten)
BPS, Verlauf:
Naturalistische Verlauf:
- erste Symptomatik: Pubertät
- Erkranungsgipfel: Späte Adoleszenz
- lineare Abnahme im Jungen Erwachsenenalter
- 85-99% remittieren nahezu komplett auf der Symptomebene
- allerdings: eingeschränktes Psychosozialverhalten
- niedrige Lebensqualität
- Risiko für Depression, Substanzabusus, zwischenmenschliche Schwierigkeiten
- somatische Erkrankungen
- erhöhte Mortalität
- Deshalb ist frühe Diagnostik und Intervention wichtig
Nicht-suizidale Selbstverletzungen (NSSV) bei Jugendlichen, Prävalenz:
- Forschungsdiagnose des DSM-5 seit 2013
- 20-30% europäischer K&J
- weniger als die Hälfte regelmäßig
- 30-50% der stationären K&J
- Häufigkeitsgipfel um das 15. Lebensjahr
- kann eigene STörungsgruppe sein ist aber auch wichtige komorbide symptomatik von Borderline und affektiven Störungen
problematischen oder suchtartigen Gebrauch des Internet
bzw. digitaler Medien, Prävalenz:
- 2-4% Suchartiger Internetgebrauch
- 6-7% problematischer Mediengebrauch (Risikogruppe)
- Suchtartiger Mediengebrauch als dynamisches Konstrukt zu verstehen
- d.h. nur ein Teil der K&J werden Verhalten auch später zeigen (ohne Intervention)
- Phase von problematischen Gebrauch könnte aber auch ein Risikofaktor für spätere Zeitpunkte darstellen - “erworbene Vulnerabilität”
- mögliche maladaptive Bewältigungsstrategie
- „Störung durch Spielen von Internetspielen“ DSM-5 Forschungsdiagnose seit 2013
Warum sind psychische Störungen in K&J für die Erwachsenen relevant ud was sind typische Verläufe?
- Störungen in K&J wirkt auf die Entwicklung von schützenden und bewältigungsrelevanten Fertigkeiten aus
- erhöht Wahrscheinlichkeit von gesundheitlichen, ökonomischen und sozialen Schwierigkeiten als Erwachsene
- ca. 1/4 der psychisch erkrankten K&J haben eine Erkrankung im Erwachsenenalter (EA)
Verläufe:
- Homotypic continuity: auf eine bestimmte Krankheit in K&J folgt eine Gleichartige im EA
- typisch für: ADHS, Angststörungen, Depression & Dissoziale Störungen
- Heterotypic continuity: Auf Störung in K&J folgt eine völlig ander Krankheit im EA
- typisch für: Störung des Sozialverhalten im K&J folgen oft: affektiven Erkrankungen, Angststörungen, Störungen durch Substanzgebrauch sowieantisozialen Persönlichkeitsstörungen im EA
Prävalenzen von Störungen in Österreich (Mental
Health in Austrian Teenagers (MHAT)-Studie):
- Mental Health in Austrian Teenagers (MHAT)-Studie ist erste in Österreich
- zweistufiges Diagnoseverfahren (Screening-Fragebogen und Interview)
- Schulstichprobe + aus klinischen und Arbeitssettings ergänzend
- insg. Punkt- bzw. Lebenszeitprävalenz von 23,9% bzw.
35,8% - Angststörungen: 15.6%
- Störungen der psychischen/ euronalen Entwicklung: 9.3%
- davon 5.2% ADHS
- Depressive Sörung: 6.2%
- 40% der K&J hatten Symptomatik für 2 oder mehr Störungen
- 20% der K&J hätten sich professionelle Hilfe gewünscht
- Ich-Syntone Störungen (z.B. Essstörungem) hatten besonders geringe Behandlungsrate (25%)
Warum enthält die österreichische Studie höhere Prävalenzzahlen als die weltweite von Polanzcyk?
- polanscyk’s Studie enthält nur die vier größten Diagnosegruppen, die Östrreichische Studie enthält 27 Diagnosegruppen (auch Forschungsdiagnosen)
Risikogruppe bei K&J für Essstörungen
- SCOFF-Fragebogen wurde verwendet\
- MHAT studie (beinhaltet 3500 Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren)
- ca. 1/3 der weiblichen Jugendlichen in Risikogruppe
- ca. 15% der männlichen Jugendlichen
- deutlicher Zusammenhang SCOFF-Risikoprofil und internalisiernder/externalisierender Psychopathologie, sowie gesundheitsbezogener Lebensqualität
Longitudinalstudie von Fuchs et al. Auswirkungen von Störungen im K&J Alter:
- beobachteten K&J öber 23 Jahre
- 26% der erkrankten K&J erkrankten auch im EA
- deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit im EA zu erkranken gegenöber Normalbevölkerung
- unabhängig der Diagnose waren bei K&J Patientten im EA Suchterkrankrankunge, Persönlichkeitsstörungen und Angsterkrankungen häufig
- 60% der Jugendliche mit Substanzbezogenen Problemen hatten stationären Aufenthalt auch im EA
Zwei österreichische Studien zu Medien und Internet Abusus:
- Batthyány et al.:
- 1200 Wiener Schüler
- Fragebogen zum Computerspielverhalten CSVK-R
- 12,4% missbräuchliches oder Suchtartiges Spielverhalten (SV)
- Riedl et al.:
- 400 Tiroler Schüler
- 11% auffäliggges SV
- 7.7% Problematisches SV
- 3.3% Suchartiges SV
- höhere Raten für Jungen als für Mädchen
Inhaftierte Jugendliche:
- Plattner et al.
- 300 Jugendliche
- zwischen 14 und 21
- erfüllen sehr viel häufiger die Kriterien für eine psychische Störung
Schlussfolgerunge für Prävalenzen in Österreich:
- erste Österreichische Studien im Einlang mit vorherigen Daten
- ca. 1/4 aller K&J in Österreich derzeit ein psychische störung haben
- ca. 1/3 aller K&J in Österreich bis zur Volljährigkeit eine psychische Störung haben werden
- wegen den weitreichenden ökonomischen, gesundheitlich und sozialen folgen ist Prävention besonders wichtig
Wie sollten diese epidemiologischen Daten benutzt werden?
- staatliche Resourcen sollten mit Prävalenzzahlen abgestimmt werden (in Optimaler Welt)
- mangelnder Zugang zu professioneller Hilfe werden durch mangelnde Versorgungsstrukturen begünstigt
- epidomiologische Daten sollten als Mahnung und Ansporn dienen