Arbeitslosigkeit Flashcards
definition
Arbeit wird gemeinhin als das Fehlen von Erwerbstätigkeit definiert! Durch diese Definition wird jedoch der Gegenstand der Arbeitslosigkeit simplifiziert, da viele verschiedene Formen nicht von dieser gegriffen werden.
Ein-Euro-Jobber:
- keine Bezahlung, sondern eine Mehraufwandsentschädigung
- Maßnahme zur Re-Integration in das Leben: Schaffen von Selbstwirksamkeitserleben
- Grundsätzlich psychologisch eine gute Idee
- Praktisch: Minderwertige Arbeit und lediglich eine Beschönigung der Arbeitslosenstatistik
Hausfrauen und Hausmänner:
- Wie werden diese gewertet?
- Nach der Definition erwerbslos; dennoch ist es Arbeit
Aufstocker“
- Menschen, die weniger als das Hartz IV-Niveau verdienen und deshalb vom Staat auf dieses aufgestockt werden.
- Eigentlich NICHT arbeitslos, aber dennoch bedürftig.
Diese Beispiele verdeutlichen, dass eine einfache dichotome Einteilung nicht ohne weiteres möglich ist. Dennoch verwendet(e) die Klassische Forschung diese Einteilung.
Der psychologische Druck des Arbeitslosengelds
ALG 1 UND 2
ALG I wird aus der Arbeitslosenversicherung eingezahlt (1-12 Monate erwerbslos). Während der eigenen Arbeitstätigkeit zahlt man jeden Monat in diese Versicherung ein. Eine Funktion nach dem SOLIDARITÄTSPRINZIP. Alle zahlen in diese Kasse ein. Einschließlich einem selbst. Somit ist man abgesichert, sollte etwas geschehen! Eine Zahlung aus dieser Kasse zu bekommen, ist psychologisch gut zu verkraften, da man genau für diesen Fall selbst eingezahlt hat.
ALG II oder HARTZ IV wird komplett aus Steuermitteln finanziert. Alle Mitglieder des Landes zahlen dort ein. Man lebt dann auf Kosten des Staates und ist ein Nutznießer der Steuerzahlungen anderer. Der psychologische Druck ist hier weitaus größer! Gleichwohl geht mit dem Erhalt von HARTZ IV eine große Stigmatisierung einher, die ebenfalls verkraftet werden muss.
Empirische Untersuchungen zu den Auswirkungen von Arbeitslosigkeit Marienthal-Studie von 1933
Jahoda
- Eine Textilfabrik in Marienthal versorgte 80% der Bevölkerung dieser kleinen Stadt mit Arbeit. Diese wurde geschlossen. Von einem Tag zum anderen waren nahezu alle Bürger dieser Stadt arbeitslos.
DIE perfekte Arbeitslosenforschung wurde geschaffen!
Es wurde sowohl verdeckt, als auch teilnehmend geforscht. - Messungen der Dauer von Brückenüberquerungen
- Oder Installation einer Suppenküche und andere caritative Tätigkeiten um am Leben der Menschen von Marienthal aktiv partizipieren zu können.
—– Marie Jahoda und ihre Kollegen fanden EINE MÜDE STADT. Der Großteil der Bevölkerung war in eine tiefe Lethargie gestürzt.
Die Anzahl registrierter Nutzer in der Bibliothek, als auch die Entleihungen gingen massiv zurück.
Der Park verwahrloste, obwohl viele Bürger die Zeit gehabt hätten ihren geliebten Park zu pflegen.
Die Abonnements einer Arbeiterzeitschrift gingen massiv zurück.
Die Vereine und Parteien verloren ihre Mitglieder, obwohl die Menschen auch hier genug Zeit gehabt hätten sich dort engagieren.
Es gab für diese Rückgänge keinerlei ökonomische Beweggründe. Im Zuge der Arbeitslosigkeit wurde die Mitgliedschaft in der Bibliothek kostenlos erworben.
Gleiches galt für die Arbeiterzeitung.
- Tatsächlich fanden die Forscher sogar eine Verlangsamung der Bewegung der Bürger (z.B. in der Überquerung der besagten Brücke).
- Anhand ihrer historisch bedeutenden Studie identifizierte Jahoda verschiedene Funktionen von Arbeit. Eine weitere Unterscheidung bestand in manifesten und latenten Funktionen!
Anhand ihrer historisch bedeutenden Studie identifizierte Jahoda verschiedene Funktionen von Arbeit. Eine weitere Unterscheidung bestand in manifesten und latenten Funktionen!
Manifeste Funktionen:
- Finanzielle Sicherheit
Nach Jahoda ist die Erwerbslosigkeit die DEPRIVATION MANIFESTER UND LATENTER FUNKTIONEN DER ERWERBSARBEIT. Als zusätzliche Belastung führt sie die (tägliche) Frustration der Arbeitssuche an. (Es handelt sich wohl um einen Botttom-Up-Prozess)
Latente Funktionen:
- Strukturierung des Tages/ der Woche/ des Monats/ des Jahrs durch die Wochenenden, den Urlaub etc.
- Aktivierung durch Tätigkeit (z.B. durch das regelmäßige morgendliche Aufstehen)
- Soziale Kontakte (Arbeitsumfeld schafft eine HETEROGENITÄT DER SOZIALEN INTERAKTION)
- Befriedung produktiver Bedürfnisse und Sinnstiftende Ziele
- Status und Identität (Jeder Beruf ist mit einem bestimmten Bild verbunden und hilft uns, uns
selbst zu identifizieren und im besten Fall stolz auf uns zu sein)
Macht Arbeitslosigkeit krank?
Bei dieser Studie ist ebenfalls die Stichprobe zu kritisieren. - zu kleine stichporbe und nur männer
- zum zeitpunkt t1 waren die probanden zum selben zeitpunkt in arbeitslosigkeit gerutscht. zwei jahre später wurden sie wieder befragt. Die abhängige Variable war eine Depressions-Skala um die psychische Gesundheit zu erfassen. Man konnte beobachten, dass sich die Stichprobe in vier Gruppen selektiert hatte.
- Dadurch, dass zu t1 alle arbeitslos waren, jedoch alle ähnlichen Depressions-Werte zeigten, kann man rückschließen, dass der ursächliche Faktor für die Verschlechterung des psychischen Zustands die Arbeitslosigkeit gewesen sein muss.
Weitere Konsequenzen von Arbeitslosigkeit
In ihrem Enzyklopädie-Beitrag vertieft Mohr (2010) weitere Konsequenzen und Effektbereiche der Arbeitslosigkeit:
- Ein Effekt von Arbeitslosigkeit auf politische Radikalisierung, Kriminalität, Suizid und somatische Veränderungen ist nicht nachweisbar.
a. Ausgenommen sind Jugendliche hinsichtlich der Kriminalität. Bei ihnen sorgt das Vorliegen von Arbeitslosigkeit für einen erhöhten Risikofaktor bzgl. Kriminalität. - Bei vorhandener Arbeitslosigkeit gibt es negative Effekte auf das Selbstwertgefühl, die psychische Gesundheit, Drogenkonsum (z.B. erhöhter Alkoholkonsum), und den Zustand der Familie (Gesundheit und die Entwicklung der Kinder).
Bei der Untersuchung der Fragestellung: „Macht Arbeitslosigkeit krank?“ konkurrieren zwei Hypothesen miteinander:
- Drift/Selektionshypothese:
Ein Merkmal der Person hat dazu geführt, dass die Person in die Arbeitslosigkeit rutscht. Bsp. Das Vorliegen der Depression hat dazu geführt, dass es zur Arbeitslosigkeit gekommen ist. - Verursachungs-/Selektionshypothese:
Die Arbeitslosigkeit hat dazu geführt, dass es zur Ausbildung einer Krankheit gekommen ist.
Eine Meta-Analyse zeigte beide Wirkmechanismen mit einem stärkeren Effekt für die Selektionshypothese.
Weiterhin kann man fragen: Macht die Arbeitslosigkeit dauerhaft krank oder handelt es sich um reversible Effekte?
problem bei der metaanalyse.
Die gefundenen Effektstärken einer Meta-Analyse deuten daraufhin, dass es sich um reversible Effekte handelt. Bei der Betrachtung bleibt jedoch die Frage offen: Warum ist der Effekt der Wiedereinstellung größer, als der Effekt des Arbeitsverlusts? Theoretisch sollten die Effektstärken gleich sein!
Es kann davon ausgegangen werden, dass die Effektstärken durch den Zeitpunkt der Erhebung zu t1 verzerrt wurden. Wenn man die Ausganslage „noch angestellt“ als Referenzwert (Baseline) der Effektstärke nimmt, kann man nicht davon ausgehen, dass die wirkliche Baseline des Wohlbefindens erfasst wird. Möglicherweise ist der erfasste Wert zu t1 schon deutlich geringer als er zu t0 wäre.
Verzerrung durch Peak zu t3 = „Anfängliche Euphorie der Wiedereinstellung“
Verzerrung durch Antizpationseffekt von t1 = „Ich weiß, dass eine Kündigung bevor steht! Angst steigt!“