Allgemeine Grundlagen, Materien und Anknüpfungsmodelle Flashcards

1
Q

Was bedeutet Völkerstrafrecht

A

Im engeren Sinne die Gesamtheit der Normen, welche eine unmittelbare Strafbarkeit begründen auf der Grundlage supranationaler Rechtsquellen als echtes internationales Strafrecht, z.B. Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord.

Im weiteren Sinne außerdem die spezifische Umsetzung des Völkerrechts in die nationale Rechtsordnung, z.B. VStGB.

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2
Q

Was bedeutet supranationales Strafrecht

A

Im engeren Sinne alle Straftatbestände innerhalb supranationaler Rechtsordnungen, welche unmittelbar in den einzelnen Mitgliedsstaaten anwendbar sind, z.B. RO der EU.

Im weiteren Sinne außerdem sämtliche Einwirkungen der supranationalen RO auf das nationale Strafrecht der MS, z.B. im Rahmen der Harmonisierung oder durch europarechtskonforme Auslegung.

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3
Q

Was bedeutet Rechtshilferecht

A

Alle Regelungen, die der grenzüberschreitenden Rechtsdurchsetzung dienen, insb. Auslieferung, Vollstreckungshilfe und Beweisbeschaffungsunterstützung.

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4
Q

Was bedeutet Strafanwendungsrecht

A

Gesamtheit aller nationaler Normen, welche den territorialen Anwendungsbereich des innerstaatlichen Strafrechts festlegen, z.B. §§ 3 ff. StGB.

interlokales Strafrecht, d.h. innerhalb unterschiedlicher partikulärer Strafrechtsordnungen für mehrere inländische Teilgebiete (sofern Kompetenzen der Teilstaaten bestehen, z.B. USA, UK, Mexiko, Australien) gelten nicht die §§ 3 ff. StGB, sondern vielmehr gewohnheitsrechtliche Kollisionsregelungen.

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5
Q

Funktionen des Strafanwendungsrechts

A

1) Frage nach der Strafberechtigung, d.h. ob ein konkreter Sachverhalt überhaupt der eigenen Strafgewalt zugeführt werden darf.
2) Frage nach der Anwendbarkeit des nationalen Strafrechts, d.h. ob auf einen konkreten Sachverhalt das eigenen materielle Strafrecht Anwendung findet oder nicht (entweder-oder; Ausnahme: echtes Kollisionsrecht z.B. Art. 5 Schweizer StGB a.F.). Wird die 2. Frage positiv beantwortet besteht automatisch auch eine Strafberechtigung.

Ausganspunkt: Kompetenz-Kompetenz der Staaten, d.h. diese sind selbst dazu berufen das nationale Strafanwendungsrecht auszugestalten. Insofern gilt der völkerrechtliche Nichteinmischungsgrundsatz, d.h. die Souveränität der einzelnen MS darf nicht verletzt werden, denn insb. das Strafrecht ist eine hochgradig interne Angelegenheit, geprägt von nationalen und kulturspezifischen Wertvorstellungen und gesellschaftlichen Grundprinzipien. Demnach bedarf es stets eines Anknüpfungspunktes (sog. genuine link) zwischen dem Lebenssachverhalt und dem Staat, welcher diesen aburteilen möchte.

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6
Q

Territorialitätsprinzip

A

sog. Gebietsgrundsatz, d.h. maßgeblich ist der Begehungsort der Tat (= Handlungs- und Erfolgsort –> Ubiquitätsprinzip) gem. §§ 3, 8 I, 9 I StGB.

Ausprägung: Flaggenprinzip, § 4 StGB.

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7
Q

Aktives Personalitätsprinzip

A

Maßgeblich ist die Staatsangehörigkeit des Täters, denn jeder Bürger hat seiner eigenen RO gegenüber eine gewisse Treupflicht, § 7 II Nr. 1 StGB. Voraussetzung lex loci Strafbarkeit.

Ausprägung: aktives Domizilprinzip.

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8
Q

Schutzprinzipien

A

Staatsschutzprinzip = Schutz von Rechtsgütern des Staates selbst, insb. seiner Integrität, § 5 StGB). Ausprägung: Unionsschutzprinzip.

Individualschutzprinzip/passives Personalitätsprinzip = Schutz der eigenen Staatsangehörigen, § 7 I StGB. Ausprägung: passives Domizilprinzip.

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9
Q

Weltrechtsprinzip

A

Schutz vor gemeinsamen Interessen aller Staaten im Rahmen supranationaler Kulturgüter, sodass eine Beziehung zu allen RO besteht (Universalitätsprinzip), § 6 StGB, § 1 VStGB.

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10
Q

Stellvertretende Strafrechtspflege

A

Ausübung der eigenen Strafgewalt an Stelle des ausländischen Staates aus Gründen der Solidarität, da dieser, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen daran gehindert ist seine Strafgewalt auszuüben (z.B. Verweigerung der Auslieferung). Voraussetzung ist, dass das Verhalten lex loci strafbar ist.

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11
Q

Kompetenzverteilungsprinzip

A

Der zur Verfolgung berechtigte Staat überträgt die Zuständigkeit nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auf einen anderen Staat.

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12
Q

Vertragsprinzip, str.

A

Verpflichtung zur Strafanwendung über vertragliche Regelungen. Vergleichbar mit aktivem Personalitätsprinzip jedoch ohne das Erfordernis der lex loci Strafbarkeit.

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13
Q

Kompetenzkonflikte im Falle der Überscheidung verschiedener Strafgewalten

A

Gefahr der mehrfachen Strafverfolgung, Gefahr der mehrfachen Bestrafung (ne bis in idem gilt nicht grenzüberschreitend), Vorhersehbarkeitsdefizite (überraschender Anknüpfungspunkt insb. bei Internetkonstellationen, Bestimmtheitsgebot gilt nicht grenzüberschreitend), Gefahr des forum-Shopping, sodass keine Möglichkeit einer effektiven Verteidigung besteht und ferner auf Seiten des Staates ein Strafanspruch verloren geht bzw. Ermittlungsmaßnahmen sinnlos waren.

Lösungsansätze:
1) Art. 50 GRC, Art. 54 SDÜ als internationales ne bis in idem, jedoch Folgeproblem der Windhundproblematik

2) Rechtsakte und Übereinkommen, jedoch meist nur bereichsspezifisch oder reiner Konsultationsansatz
3) Behördliche Koordinierung, jedoch ohne bindenden Charakter, d.h. nur Beratungsgremium
4) strikte Festlegung des anwendbaren Rechts, jedoch Fremdrechtsanwendung gerade im Strafrecht enorm problematisch, da fundamental nationale Angelegenheit
5) Europäische Zuständigkeitsordnung, jedoch politische Utopie
6) Bindendes Konsultationsmodell mit vorhersehbaren Kriterien unter Berücksichtigung der individuelle Beschuldigteninteressen

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14
Q

Deutsches Strafanwendungsrecht

A

Partiell erweitertes Territorialitätsprinzip.

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15
Q

Tat i.S.d. §§ 3 ff. StGB

A

Übernahme des weiten prozessualen Tatbegriffs, d.h. die Tat ist im Sinne eines einheitlichen Lebenssachverhalts zu verstehen und nicht abhängig von täterschaftlichen Einordnungen.

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