3/4 (Willensmängel) Flashcards
P: Konkurrenz: § 123 vs. Vertragsaufhebung aufgrund vorvertraglicher Pflichtverletzung
eA: keine Anwendbarkeit der cic neben 123
pro: ansonsten Unterlaufen der 123-Regeln
- > nur Vorsatz, keine Fahrlässigkeit in 123
- > § 124: kürzere Frist als Schadensersatzanspruch
- > § 123 II
pro: historischer Wille des Gesetzgebers (Arglist-Erfordernis)
pro: § 123 lex specialis (wenn nur die Willensentschließungsfreiheit als cic-Interesse geschützt ist, ist der Schutzbereich kein anderer als bei § 123)
con: Bedürfnis, in einem neuen Markt mit vielfältigen Informationsgefällen, gegen deren Aufklärungspflichten oft nur fahrlässig verstoßen wird, Fahrlässigkeit auch zu inkorporieren (Lit.-Argument)
aA: Parallele Anwendbarkeit
pro: Funktional nicht vergleichbar: Schadensersatz setze Vermögensschaden voraus, was bei Anfechtung nicht erforderlich sei (Unterschiedliche Schutzzwecke: Vermögen und Wille)
con: Verlängerung der Frist wegen Täuschung nicht sachgerecht (bereits ein Jahr nach Entdeckung der Täuschung, vgl. neA)
BGH: parallele Anwendbarkeit bei Vermögensschaden, sonst nur § 123
pro: Anwendungsbereich der cic bei Vermögensschaden eröffnet
- > con: Vermögensschaden bei cic nicht erforderlich, § 249 I
con: fraglich, warum Vermögensschaden für die Loslösungsmöglichkeit entscheidendes Kriterium sein soll
- neA: parallele Anwendbarkeit, aber § 124 analog auf cic
pro: Bedürfnis für eine Ausdehnung der Verjährung auch bei nur fahrlässiger Informationspflichtverletzung nicht erkennbar
Stellungnahme
- de facto Funktionsäquivalenz:
- Abgrenzung über Schaden gelingt aA nicht (§ 249 I setzt nicht Vermögensschaden voraus; Belastung mit ungewollten Vertrag ausreichend)
- > somit aA abzulehnen
Bewusste Willensmängel
- Mentalreservation gem. § 116: wenn der Erklärende sich
bei der Abgabe seiner Willenserklärung insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen - Scheinerklärung gem. § 117: wenn der Erklärende eine empfangsbedürftige Willenserklärung mit Einverständnis des Erklärungsempfängers nur zum Schein abgibt
- Scherzerklärung gem. § 118: wenn der Erklärende eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung in der Erwartung abgibt, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden
Anfechtungsgründe nach §§ 119ff.
- Irrtumsanfechtung
a. Erklärungsirrtum (“Hier irrt die Hand”)
b. Inhaltsirrtum (“Hier irrt der Kopf”)
c. Eigenschaftsirrtum
- > § 122 - Anfechtung wegen Eingriffs in Entschließungsfreiheit
a. Arglistige Täuschung
b. Drohung
- > kein Berufen auf § 122
Fallgruppen: Inhaltsirrtum:
- Verlautbarungsirrtum: Der Erklärende irrt sich über die Bedeutung des von ihm verwendeten Erklärungsmittels
- Identitätsirrtum: Als Identitätsirrtum wird bezeichnet
• der Irrtum über die Person (error in persona)
• der Irrtum über die Sache (error in objecto) und
• der Irrtum über das Geschäft (error in negotio) - Rechtsfolgenirrtum: Beim Rechtsfolgenirrtum irrt der Erklärende über eine Rechtsfolge, die seine Willenserklärung auslöst (bei Inhaltsirrtum beachtlich; unbeachtlich bei Motivirrtum)
- Kalkulationsirrtum: Beim Kalkulationsirrtum irrt der Erklärende über einen Umstand (z.B. Rechnungsfaktor),
den er seiner Berechnung z.B. des Preises oder der Warenmenge zugrunde legt
Eigenschaften (s. Eigenschaftsirrtum)
= alle rechtlichen und tatsächlichen Merkmale, die einer Person oder Sache unmittelbar, gegenwärtig und für eine gewisse Dauer anhaften und die für die Wertschätzung von Bedeutung sind (=wertbildende Faktoren)
-> umfasst auch tatsächliche und rechtliche Verhältnisse, sofern der Bezug zur Sache/Person hinreichend konkret und nachhaltig ist
P: Verkehrswesentlichkeit der Eigenschaft
- eA (mM): Lehre vom geschäftlichen Eigenschaftsirrtum: § 119 II als Unterfall des § 119 I -> Irrtum nur dann, wenn er sich auf eine im Vertrag ausdrücklich oder stillschweigend bezuggenommene Eigenschaft bezieht
con: Erklärungsfiktion, da Verkehrswesentlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart sein dürfte - aA (hM): § 119 II als ausnahmsweise beachtlicher Motivirrtum -> Verkehrswesentliche Eigenschaft dann, wenn sie nach der Verkehrsanschauung objektiv für das konkrete Rechtsgeschäft derart von Bedeutung ist, dass sie die Tragfähigkeit der Vertragsentscheidung einer Partei grundlegend infragestellt
Vertrauensschaden
vs.
Erfüllungsschaden
Vertrauensschaden ist der Schaden, der jemandem dadurch entsteht, dass er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut (§ 122 Abs. 1). Der Vertrauende ist so zu stellen, wie er stände, wenn er von dem Geschäft nichts gehört hätte (negatives Interesse)
Erfüllungsschaden ist der Schaden, der jemandem dadurch entsteht, dass der Vertrag nicht wie vorgesehen durchgeführt wird. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn das Geschäft durchgeführt worden wäre (positives Interesse)
Das negative Interesse ist in seiner Höhe durch die Höhe des Erfüllungsinteresses beschränkt, d.h. falls das negative Interesse das positive Interesse übersteigt, muss der entstandene Schaden nur in Höhe des
Erfüllungsinteresses ersetzt werden.
Grund: § 122 bezweckt nur, dass der Geschädigte durch die Anfechtung keinen wirtschaftlichen Nachteil hat. Er soll jedoch durch die Anfechtung nicht besser gestellt werden, als er ohne Anfechtung stünde.
Voraussetzungen des § 123 I Alt. 1
- Täuschungshandlung
(= widerrechtliche Täuschung durch positives Tun - Vorspiegeln falscher Tatsachen - oder Unterlassen)
= Hervorrufung, Verstärkung oder Aufrechterhaltung einer Fehlvorstellung über Tatsachen - Kausalität zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung
- Arglist des Täuschenden: Der Täuschende muss wissen und wollen, dass der Getäuschte aufgrund der Täuschung einem Irrtum unterliegt, der ihn zu seiner Erklärung veranlasst (Eventualvorsatz genügt - insbes. relevant bei “Angaben ins Blaue hinein”) -> Arglist bzgl. 2.
- Kein Ausschluss nach § 123 Abs. 2: Dritter i.S.d. § 123 Abs. 2 ist nur der am Geschäft Unbeteiligte, der „außen stehende Dritte“, nicht dagegen, wer auf Seiten des Erklärungsempfängers steht und maßgeblich am Zustandekommen des Vertrages mitgewirkt hat, so dass sein Verhalten dem des Erklärungsempfängers gleichzusetzen ist
Voraussetzungen des § 123 I Var. 2
- Drohung (das Inaussichtstellen eines künftigen empfindlichen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt)
- > vis compulsiva
- > vis absoluta? bereits mangels Handlungswille nach § 105 II analog nichtig
- > auch dann, wenn Drohung von Dritten ausging (e § 123 II) - Widerrechtlichkeit
a) des Mittels (Drohender droht mit einem rechtswidrigen Verhalten)
b) des Zwecks (Der erstrebte Erfolg ist rechtswidrig, d.h. verboten oder sittenwidrig)
c) der Zweck-Mittel-Relation (Selbst wenn Mittel und Zweck rechtmäßig sind, kann doch der Einsatz dieses Mittels zur Erreichung dieses Erfolges rechtswidrig sein) - Kausalität zwischen Drohung und Abgabe der
Willenserklärung
Fehleridentität bei §§ 119ff.
- Beim Inhalts- oder Erklärungsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 kommt es darauf an, ob der Irrtum beim Verpflichtungsgeschäft noch bis zum Verfügungsgeschäft fortwirkt und sich auf dieses auswirkt. Irrt sich eine Partei gemäß § 119 Abs. 2 über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Geschäftsgegenstandes, so betrifft dieser Irrtum regelmäßig nur das Verpflichtungsgeschäft. Das Verfügungsgeschäft ist dagegen grundsätzlich „wertneutral”
Ausnahme: Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft beruhen auf einem einheitlichen Willensakt. Dies ist wiederum regelmäßig dann der Fall, wenn die beiden Geschäfte zeitlich zusammenfallen - § 123: nach hM schlägt Täuschung/Drohung regelmäßig auf Verfügungsgeschäft durch
Motivirrtum
= Irrtum über Umstände, welche im Rahmen der Willensbildung maßgeblich und nicht Erklärungsbestandteil geworden sind
Unechte Scheingeschäfte (= keine Scheingeschäfte iSd § 117)
- Umgehungsgeschäft = die Parteien wollen gerade das vereinbarte Geschäft zur Erreichung des Umgehungsziels durchführen
- Treuhandgeschäfte = Partei ist mit überschießender Rechtsmacht im Außenverhältnis ausgestattet, jedoch schuldrechtlich an die Berechtigung im Innenverhältnis gebunden
- Strohmanngeschäfte = Parteien wollen auch hier die rechtlichen Wirkungen des Geschäfts tatsächlich herbeiführen
Konkurrenz: Anfechtung und Mängelhaftung
- Eigenschaftsirrtum: Mängelhaftung vorrangig
pro: Vorrang der Nacherfüllung, § 437
pro: Ausschluss bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers, § 442 I 2
pro: kürzere Verjährungsfrist, § 438 - Arglistige Täuschung: kein Vorrang, da Täuschender wegen gravierendem Verstoß gegen die Rechtsordnung nicht schutzwürdig (rechtsethischer Durchbruch; unterschiedliche Schutzzwecke)
P: Absichtliche Falschübermittlung (§ 120 anwendbar?)
- eA: (+)
pro: Interessenlage vergleichbar (Auftraggeber hat Gefahr der Falschübermittlung begründet)
pro: keine Differenzierung im Wortlaut - aA (hM): (-)
pro: keine WE des Geschäftsherrn, da sich der Bote bewusst seinem Willen gerade nicht unterwirft -> kein Zurechnungssubstrat
pro: Haftung bleibt auch über cic möglich (Auswahl- und Überwachungsverschulden) - > Bote als falsus procurator, §§ 177 ff.
P: Modifikationen der cic anhand der Anfechtungsregelung
- § 122 analog? (Begrenzung des negativen Interesses durch das positive Interesse) (P)
- auch für fahrlässiges Verschulden? (P)
- keine allgemeine Pflicht zu ungefragter Aufklärung aus § 241 II
- Zurechnung von Drittverhalten: § 278, aber in Billigkeitsfällen (Rspr.) auch § 123 II analog