2/4 (Wirksamkeitsvoraussetzungen) Flashcards
Geschäftsfähigkeit
Fähigkeit, WE wirksam abzugeben und entgegenzunehmen
Existenz der “relativen Geschäftsunfähigkeit”?
= wenn eine Person besonders schwierigen Geschäften geistig nicht gewachsen ist
con: nicht geregelt in §§ 104 ff
con: aus Schutz des Rechtsverkehrs (Rechtssicherheit) nicht anzunehmen
partielle Geschäftsunfähigkeit
Geschäftsunfähigkeit bezieht sich auf einen bestimmten gegenständlich abgegrenzten Kreis von Angelegenheiten (§ 104 I Nr. 2)
-> Bsp. krankhafte Spielsucht schließt Geschäftsfähigkeit für Spielverträge aus
P: Geltung des Vertrages als wirksam in Ansehung von Leistung und Gegenleistung (Rechtsfolge bei § 105a)
- eA: Vertrag kommt durch Leistungsbewirkung vollwirksam zustande
- hM: Nichtigkeit nach § 105, lediglich Ausschluss der Leistungskondiktion
- wA: Teilwirksamkeit: halbseitige Wirksamkeit des Vertrags, der Geschäftsunfähige erlangt alle Ansprüche, der Vertragspartner hat dann keine vertraglichen Ansprüche
Streitentscheid:
pro eA: dogmatisch klar und Zweck rechtl. Möglichkeiten zu erweitern
con eA: Gesetzeswortlaut: nur Fiktion in Ansehung der Leistungen
pro wA: Schutz der Geschäftsunfähigen-> hat alle Ansprüche eines Geschäftsfähigen
con eA und wA: verkennen, dass ein Geschäftsunfähiger nur sehr einfache Geschäfte tätigen kann. Nicht in der Lage seine Interessen darüber hinaus eigenverantwortlich wahrzunehmen und Erklärungen abzugeben, deren rechtl. Bedeutung er idR nicht verstehen kann, überfordert diesen und vereitelt damit den von der Norm bezweckten Schutz, auch wenn dieser ihm nachteilig sein kann. Fiktion nur bzgl. des Behaltensdürfens soll ihn gerade vor weiteren Folgen bewahren.
pro hM: Schutz des Geschäftsunfähigen und Wortlaut
zudem:
! Nach dem Wortlaut zielt sie primär auf Verpflichtungsgeschäfte, soll aber nach hM auch die Wirksamkeit der dinglichen Übereignungsgeschäfte erfassen.
(+) Der Rückforderungsausschluss für das Bereicherungsrecht laufe sonst ins Leere, wenn der Verkäufer die Kaufsache nach § 985 zurückfordern könnte,
(-) überzeugt nicht. Man wird insoweit annehmen müssen, dass der (für die Rückabwicklung als wirksam fingierte) Kaufvertrag auch der Vindikation nach § 986 entgegensteht.
P: Teleologische Reduktion des § 107 (“lediglich rechtlich vorteilhaft”)
- Einigkeit: Ausschluss sehr entfernter Rechtsnachteile
- eA: Differenzierung danach, ob Nachteil unmittelbar vs nur mittelbar aus dem Geschäft resultiert
con: Unschärfe
con: mittelbare Nachteile können genauso gravierend sein - aA: Sorgerechtliche Betrachtungsweise: Art und Umfang der mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Nachteile gebieten Kontrolle durch gesetzlichen Vertreter
con: zirkulär und schwer handhabbar
con: § 107 will nicht nur schützen, sondern auch auf Volljährigkeit vorbereiten
con: dem Unmittelbarkeitskrite-riumfehlt ein spezifischer Bezug zur Gefährdung des Minderjährigen - wA: kombinierend: entfernte rechtliche Nachteile, deren Inkaufnahme zu keiner relevanten Gefährdung des Minderjährigen führen und damit auch keine nennenswerte Beeinträchtigung der Entscheidungsbefugnis des gesetzlichen Vertreters darstellen
Arten der Einwilligung gem. § 107
- Einzeleinwilligung: auf ein einzelnes RG beschränkt
- Beschränkter Generalkonsens: Mehrheit von nicht individualisierten Geschäften (klar abgegrenzt)
- > eng auszulegen (Grenze: §§ 112, 113) - Unbeschränkter Generalkonsens: Einwilligung in alle RGe des Minderjährigen (nicht zulässig!)
Nichtigkeit aus Verstoß gegen ein Verbotsgesetz, § 134 BGB
= Normen, die den Inhalt oder die Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte missbilligen und deren rechtlichen oder wirtschaftlichen Erfolg zu verhindern bezwecken
(abzugrenzen von bloßen Ordnungsvorschriften, welche sich gegen bestimmte Umstände des Zustandekommens von RG richten)
- > bei beiderseitigen Handlungsverboten grundsätzlich, bei einseitigen Handlungsverboten ausnahmsweise nichtig
- -> auch wenn nur Erfüllungsgeschäft unwirksam sein soll, wird nach hM auch Verpflichtungsgeschäft umfasst (Einheit der Rechtsordnung)
- > teleologische Reduktion: Schwarzarbeit bei Arbeitsvertrag: Nichtigkeit betrifft nur Vereinbarungen, die gegen SchwarzArbG verstoßen (Arbeitnehmerschutz)
Tatbestand des Wucher gem. § 138 II
- Objektiver TB:
a. auffälliges Missverhältnis - Faustformel: objektive Wertdiskrepanz von 100 %
-> Darlehen: entweder relativ um 100 % oder absolut um 12 Prozentpunkte (erste Variante schützt in
Niedrigzins-, die zweite in Hochzinsphasen)
b. objektive Ausbeutungslage:
-> Zwangslage: zwingendes Bedürfnis nach einer Geld- oder Sachleistung
-> Unerfahrenheit: Mangel an Lebens- oder
Geschäftserfahrung
-> mangelndes Urteilsvermögen: nicht in der Lage, die beiderseitigen Leistungen richtig zu bewerten
-> erhebliche Willensschwäche: wegen verminderter psychischer Widerstandsfähigkeit kein sachgerechtes Verhalten - Subjektiver TB
a. Kenntnis oder leichtfertige Unkenntnis des objektives TB
Umfang der Nichtigkeit bei Wucher gem. § 138 II
- Nichtigkeit des Kausalgeschäfts
- Bewucherter: Anspruch aus § 812 I S. 1 Alt. 1
- Wucherer: Anspruchsausschluss gem. § 817 S. 2 analog
- Ausnahmen: teleologische Reduktion der Gesamtnichtigkeit
-> Mietwucher: Wuchermietzins wird bei fortbestehendem Vertrag auf die gem. § 5 WiStrG zulässige Höhe reduziert
-> Lohnwucher: Anspruch auf übliche Vergütung aus § 612 II analog
[hM: § 138 II auch hinsichtlich des Verfügungsgeschäfts, arg.: Wortlaut “versprechen oder gewähren lässt”]
Tatbestand des § 138 I
- allgemein: Sittenwidrigkeit: Verstoß gegen das Rechts- und Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden
- > empirisches Element: herrschende Sozialmoral (problematisch)
- > normatives Element: Rechtsordnung/Grundrechte
- Objektiver TB
a. Inhaltssittenwidrigkeit (Inhalt des RG selbst sittenwidrig, bspw. Rückzahlungszusage bei Lenkzeitüberschreitung)
b. Umstandssittenwidrigkeit (Gesamtschau, die neben Inhalt des RG auch Rahmenbedingungen miteinbezieht, bspw. wucherähnliche RG: wenn zusätzlich zu Missverhältnis noch weiterer Faktor hinzukommt) - Subjektiver TB
a. bei Inhaltssittenwidrigkeit: durch Kenntnisnahme vom RG selbst evident
b. bei Umstandssittenwidrigkeit:
- > Sittenverstoß gg Geschäftspartner: Kenntnis oder leichtfertige Unkenntnis der zugrundeliegenden Tatsachen
- > Sittenverstoß gg Allgemeinheit: Kenntnis oder leichtfertige Unkenntnis der zugrundeliegenden Tatsachen durch alle am RG Beteiligten - Maßgebender Zeitpunkt
- > grundsätzlich: Geschäftsabschluss - bei späterer Sittenwidrigkeit: Durchsetzung kann als unzulässige Rechtsausübung gewertet werden oder über § 313 wegfallen
Kasuistik: Sittenwidrigkeit gem. § 138 I
- Sittenwidrigkeit gegenüber dem Geschäftspartner
- > sittenwidrige Ratenkredite
- > Knebelungsverträge = Verträge, durch die die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des anderen Teils so sehr beschränkt wird, dass er praktisch dem sittenwidrig Handelnden mehr oder weniger ausgeliefert ist
- > Übermäßig lange Vertragsbindungen
- > Überfordernde Bürgschaften in sozialen Abhängigkeitsverhältnissen - Sittenwidrigkeit gegenüber der Allgemeinheit
a. Verstöße gegen die Ehe- und Familienordnung (Entlohnung bei Scheinehe; Leihmutter-Vertrag)
b. Standeswidrige RGe (Vereinbarung eines Erfolgshonorars zwischen RA und Mandant; Kauf akademischer Titel)
c. Sicherungsgeschäfte zum Nachteil unbeteiligter Gläubiger (Gläubigergefährdung)
Rechtsfolge bei sittenwidrigen RGen
- grds. Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäft (nur auch Erfüllungsgeschäft, wenn Sittenwidrigkeit gerade im Vollzug der Leistung liegt); teleologische Reduktion zugunsten des Sittengeschädigten möglich
- außer bei sittenwidrigen Dauerschuldverhältnissen (Aufrechterhaltung mit angemessener Laufzeit nach § 139)
Formarten
1) Schriftform (§ 126),
2) öffentliche Beglaubigung (§ 129),
3) notarielle Beurkundung (§ 128 i.V.m. BeurkG),
4) elektronische Form (§ 126 a)
5) Textform (§ 126 b)
Kasuistik der treuwidrigen Berufung auf Formmangel (§ 242)
= Wirkungen der Nichtigkeit wären für den Betroffenen nicht nur hart, sondern schlechthin unerträglich
- Arglistige Täuschung über die Formbedürftigkeit (Treuepflichtverletzung) -> Wahlrecht des Getäuschten analog §§ 124, 143f.
- > auch: „Edelmannswort“ - Fahrlässige Nichtbeachtung der Form: Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, ob Überwindung der Nichtigkeit in Betracht kommt
- pro: Existenzgefährdung der belasteten Partei
- pro: Treuepflichtverletzung der begünstigten Partei
- pro: Begünstigte Partei hat aus dem nichtigen Vertrag längere Zeit Vorteile gezogen
- con: Schutz der belasteten Partei bereits durch andere Institute (§§ 812ff, cic)
P: Grundstückserwerb lediglich rechtlich vorteilhaft?
- hM: grds. (+)
- > Belastung mit Grundschuld/ Hypothek: auch (+), keine persönliche Haftung, allein der Grundstückswert ist ggf. gemindert
- > öffentlichrechtliche Verpflichtung: Differenzierung nach geringfügig (Grundsteuer) vs. erheblich (Erschließungsbeiträge) anhand der Kriterien der teleologischen Reduktion des § 107
- > automatischer Eintritt in den Mietvertrag (§§ 566, 581 II): (-), da unbegrenzte persönliche Haftung möglich (§§ 536b I, 539 I)
P: Erforderlichkeit für Ergänzungspflegerschaft bei Schenkung eines Grundstücks mit einem rechtlichen Nachteil
- eA: bereits beim Schenkungsversprechen (Gesamtbetrachtungslehre)
pro: durch die Verfügung sicher eintretende Belastung muss bereits beim Verpflichtungsgeschäft angesichts des umfassenden Minderjährigenschutzes Berücksichtigung finden - aA: erst beim Verfügungsgeschäft (teleologische Reduktion des § 181 aE: der für § 181 typische Interessenskonflikt ist auch hier präsent, da die Erfüllung einer Verbindlichkeit hier nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist)
pro: Einhaltung des Trennungs- und Abstraktionsprinzips
P: Bewirken der Leistung mit eigenen Mitteln bei Ansparen?
- grds: Auslegungsfrage unter Berücksichtigung des Kindeswohls
- mögl. con: erklärter Wille der Mittelüberlassenden; Höhe des Betrages im Vergleich zu monatlichen Zuwendungen
- mögl. pro: keine weiteren Mittel werden benötigt; keine Beschränkung durch Mittelüberlassende; sonst würde der Minderjährige zum steten Ausgeben der Mittel angehalten und hätte erst mit der Volljährigkeit vollen Zugriff auf die Mittel; Telos des § 110: selbständiger Umgang mit Geld soll erlernt werden (wozu auch sparen zählt)
Rechtsfähigkeit
Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Die Rechtfähigkeit beginnt mit der Vollendung der Geburt, § 1, und endet erst mit dem Tod,
vgl. § 1922 Abs. 1
Annahme einer Leistung als Erfüllung gem. § 362 bei Minderjährigen
- Zustimmung des Vertreters erforderlich
- > analog § 107 fehlt dem beschränkt Geschäftsfähigen die Empfangszuständigkeit
- Verfügungsgeschäft dagegen ist regelmäßig ggü dem beschränkt Geschäftsfähigen wirksam (Abstraktionsprinzip!)
=> Minderjähriger behält Forderung aus dem Grundgeschäft!
Rechtsfolgen: Erklärung der Einwilligung des Vertreters ggü Geschäftspartner und Widerruf ggü beschränkt Geschäftsfähigen
- hM: Vertrauensschutz des Geschäftspartners analog §§ 170, 173
P: Folgegeschäft bei § 110
- Auslegung gem. §§ 133, 157, ob Umsatzgeschäft mit dem durch eigene Mittelbewirkung erworbenen Gegenstand noch von Zustimmung des Vertreters gedeckt
- > bei Gleichwertigkeit des Surrogats: idR umfasst (bspw. Tausch gleichwertiger Sachen)
- > bei Ungleichwertigkeit des Surrogats: idR problematisch (bspw. Geschäfte, die mit Wettgewinn bewirkt werden, der ursprünglich mit eigenen Mitteln bewirkt worden war)
P: Genehmigung des einseitigen RG des Minderjährigen durch den Vertreter bei Einverständnis des Geschäftspartners
- eA: (-), Wortlaut des § 111 S. 1
- aA: (+)
pro: Telos des Rechtsverkehrsschutzes und Minderjährigenschutzes entfällt - > §§ 108, 109 analog