2/4 (Wirksamkeitsvoraussetzungen) Flashcards

1
Q

Geschäftsfähigkeit

A

Fähigkeit, WE wirksam abzugeben und entgegenzunehmen

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2
Q

Existenz der “relativen Geschäftsunfähigkeit”?

A

= wenn eine Person besonders schwierigen Geschäften geistig nicht gewachsen ist

con: nicht geregelt in §§ 104 ff
con: aus Schutz des Rechtsverkehrs (Rechtssicherheit) nicht anzunehmen

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3
Q

partielle Geschäftsunfähigkeit

A

Geschäftsunfähigkeit bezieht sich auf einen bestimmten gegenständlich abgegrenzten Kreis von Angelegenheiten (§ 104 I Nr. 2)
-> Bsp. krankhafte Spielsucht schließt Geschäftsfähigkeit für Spielverträge aus

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4
Q

P: Geltung des Vertrages als wirksam in Ansehung von Leistung und Gegenleistung (Rechtsfolge bei § 105a)

A
  • eA: Vertrag kommt durch Leistungsbewirkung vollwirksam zustande
  • hM: Nichtigkeit nach § 105, lediglich Ausschluss der Leistungskondiktion
  • wA: Teilwirksamkeit: halbseitige Wirksamkeit des Vertrags, der Geschäftsunfähige erlangt alle Ansprüche, der Vertragspartner hat dann keine vertraglichen Ansprüche

Streitentscheid:
pro eA: dogmatisch klar und Zweck rechtl. Möglichkeiten zu erweitern
con eA: Gesetzeswortlaut: nur Fiktion in Ansehung der Leistungen
pro wA: Schutz der Geschäftsunfähigen-> hat alle Ansprüche eines Geschäftsfähigen
con eA und wA: verkennen, dass ein Geschäftsunfähiger nur sehr einfache Geschäfte tätigen kann. Nicht in der Lage seine Interessen darüber hinaus eigenverantwortlich wahrzunehmen und Erklärungen abzugeben, deren rechtl. Bedeutung er idR nicht verstehen kann, überfordert diesen und vereitelt damit den von der Norm bezweckten Schutz, auch wenn dieser ihm nachteilig sein kann. Fiktion nur bzgl. des Behaltensdürfens soll ihn gerade vor weiteren Folgen bewahren.
pro hM: Schutz des Geschäftsunfähigen und Wortlaut

zudem:
! Nach dem Wortlaut zielt sie primär auf Verpflichtungsgeschäfte, soll aber nach hM auch die Wirksamkeit der dinglichen Übereignungsgeschäfte erfassen.
(+) Der Rückforderungsausschluss für das Bereicherungsrecht laufe sonst ins Leere, wenn der Verkäufer die Kaufsache nach § 985 zurückfordern könnte,
(-) überzeugt nicht. Man wird insoweit annehmen müssen, dass der (für die Rückabwicklung als wirksam fingierte) Kaufvertrag auch der Vindikation nach § 986 entgegensteht.

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5
Q

P: Teleologische Reduktion des § 107 (“lediglich rechtlich vorteilhaft”)

A
  • Einigkeit: Ausschluss sehr entfernter Rechtsnachteile
  • eA: Differenzierung danach, ob Nachteil unmittelbar vs nur mittelbar aus dem Geschäft resultiert
    con: Unschärfe
    con: mittelbare Nachteile können genauso gravierend sein
  • aA: Sorgerechtliche Betrachtungsweise: Art und Umfang der mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Nachteile gebieten Kontrolle durch gesetzlichen Vertreter
    con: zirkulär und schwer handhabbar
    con: § 107 will nicht nur schützen, sondern auch auf Volljährigkeit vorbereiten
    con: dem Unmittelbarkeitskrite-riumfehlt ein spezifischer Bezug zur Gefährdung des Minderjährigen
  • wA: kombinierend: entfernte rechtliche Nachteile, deren Inkaufnahme zu keiner relevanten Gefährdung des Minderjährigen führen und damit auch keine nennenswerte Beeinträchtigung der Entscheidungsbefugnis des gesetzlichen Vertreters darstellen
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6
Q

Arten der Einwilligung gem. § 107

A
  1. Einzeleinwilligung: auf ein einzelnes RG beschränkt
  2. Beschränkter Generalkonsens: Mehrheit von nicht individualisierten Geschäften (klar abgegrenzt)
    - > eng auszulegen (Grenze: §§ 112, 113)
  3. Unbeschränkter Generalkonsens: Einwilligung in alle RGe des Minderjährigen (nicht zulässig!)
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7
Q

Nichtigkeit aus Verstoß gegen ein Verbotsgesetz, § 134 BGB

A

= Normen, die den Inhalt oder die Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte missbilligen und deren rechtlichen oder wirtschaftlichen Erfolg zu verhindern bezwecken
(abzugrenzen von bloßen Ordnungsvorschriften, welche sich gegen bestimmte Umstände des Zustandekommens von RG richten)

  • > bei beiderseitigen Handlungsverboten grundsätzlich, bei einseitigen Handlungsverboten ausnahmsweise nichtig
  • -> auch wenn nur Erfüllungsgeschäft unwirksam sein soll, wird nach hM auch Verpflichtungsgeschäft umfasst (Einheit der Rechtsordnung)
  • > teleologische Reduktion: Schwarzarbeit bei Arbeitsvertrag: Nichtigkeit betrifft nur Vereinbarungen, die gegen SchwarzArbG verstoßen (Arbeitnehmerschutz)
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8
Q

Tatbestand des Wucher gem. § 138 II

A
  1. Objektiver TB:
    a. auffälliges Missverhältnis - Faustformel: objektive Wertdiskrepanz von 100 %
    -> Darlehen: entweder relativ um 100 % oder absolut um 12 Prozentpunkte (erste Variante schützt in
    Niedrigzins-, die zweite in Hochzinsphasen)
    b. objektive Ausbeutungslage:
    -> Zwangslage: zwingendes Bedürfnis nach einer Geld- oder Sachleistung
    -> Unerfahrenheit: Mangel an Lebens- oder
    Geschäftserfahrung
    -> mangelndes Urteilsvermögen: nicht in der Lage, die beiderseitigen Leistungen richtig zu bewerten
    -> erhebliche Willensschwäche: wegen verminderter psychischer Widerstandsfähigkeit kein sachgerechtes Verhalten
  2. Subjektiver TB
    a. Kenntnis oder leichtfertige Unkenntnis des objektives TB
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9
Q

Umfang der Nichtigkeit bei Wucher gem. § 138 II

A
  • Nichtigkeit des Kausalgeschäfts
  • Bewucherter: Anspruch aus § 812 I S. 1 Alt. 1
  • Wucherer: Anspruchsausschluss gem. § 817 S. 2 analog
  • Ausnahmen: teleologische Reduktion der Gesamtnichtigkeit
    -> Mietwucher: Wuchermietzins wird bei fortbestehendem Vertrag auf die gem. § 5 WiStrG zulässige Höhe reduziert
    -> Lohnwucher: Anspruch auf übliche Vergütung aus § 612 II analog
    [hM: § 138 II auch hinsichtlich des Verfügungsgeschäfts, arg.: Wortlaut “versprechen oder gewähren lässt”]
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10
Q

Tatbestand des § 138 I

A
  • allgemein: Sittenwidrigkeit: Verstoß gegen das Rechts- und Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden
  • > empirisches Element: herrschende Sozialmoral (problematisch)
  • > normatives Element: Rechtsordnung/Grundrechte
  1. Objektiver TB
    a. Inhaltssittenwidrigkeit (Inhalt des RG selbst sittenwidrig, bspw. Rückzahlungszusage bei Lenkzeitüberschreitung)
    b. Umstandssittenwidrigkeit (Gesamtschau, die neben Inhalt des RG auch Rahmenbedingungen miteinbezieht, bspw. wucherähnliche RG: wenn zusätzlich zu Missverhältnis noch weiterer Faktor hinzukommt)
  2. Subjektiver TB
    a. bei Inhaltssittenwidrigkeit: durch Kenntnisnahme vom RG selbst evident
    b. bei Umstandssittenwidrigkeit:
    - > Sittenverstoß gg Geschäftspartner: Kenntnis oder leichtfertige Unkenntnis der zugrundeliegenden Tatsachen
    - > Sittenverstoß gg Allgemeinheit: Kenntnis oder leichtfertige Unkenntnis der zugrundeliegenden Tatsachen durch alle am RG Beteiligten
  3. Maßgebender Zeitpunkt
    - > grundsätzlich: Geschäftsabschluss - bei späterer Sittenwidrigkeit: Durchsetzung kann als unzulässige Rechtsausübung gewertet werden oder über § 313 wegfallen
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11
Q

Kasuistik: Sittenwidrigkeit gem. § 138 I

A
  1. Sittenwidrigkeit gegenüber dem Geschäftspartner
    - > sittenwidrige Ratenkredite
    - > Knebelungsverträge = Verträge, durch die die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des anderen Teils so sehr beschränkt wird, dass er praktisch dem sittenwidrig Handelnden mehr oder weniger ausgeliefert ist
    - > Übermäßig lange Vertragsbindungen
    - > Überfordernde Bürgschaften in sozialen Abhängigkeitsverhältnissen
  2. Sittenwidrigkeit gegenüber der Allgemeinheit
    a. Verstöße gegen die Ehe- und Familienordnung (Entlohnung bei Scheinehe; Leihmutter-Vertrag)
    b. Standeswidrige RGe (Vereinbarung eines Erfolgshonorars zwischen RA und Mandant; Kauf akademischer Titel)
    c. Sicherungsgeschäfte zum Nachteil unbeteiligter Gläubiger (Gläubigergefährdung)
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12
Q

Rechtsfolge bei sittenwidrigen RGen

A
  • grds. Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäft (nur auch Erfüllungsgeschäft, wenn Sittenwidrigkeit gerade im Vollzug der Leistung liegt); teleologische Reduktion zugunsten des Sittengeschädigten möglich
  • außer bei sittenwidrigen Dauerschuldverhältnissen (Aufrechterhaltung mit angemessener Laufzeit nach § 139)
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13
Q

Formarten

A

1) Schriftform (§ 126),
2) öffentliche Beglaubigung (§ 129),
3) notarielle Beurkundung (§ 128 i.V.m. BeurkG),
4) elektronische Form (§ 126 a)
5) Textform (§ 126 b)

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14
Q

Kasuistik der treuwidrigen Berufung auf Formmangel (§ 242)

A

= Wirkungen der Nichtigkeit wären für den Betroffenen nicht nur hart, sondern schlechthin unerträglich

  1. Arglistige Täuschung über die Formbedürftigkeit (Treuepflichtverletzung) -> Wahlrecht des Getäuschten analog §§ 124, 143f.
    - > auch: „Edelmannswort“
  2. Fahrlässige Nichtbeachtung der Form: Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, ob Überwindung der Nichtigkeit in Betracht kommt
    - pro: Existenzgefährdung der belasteten Partei
    - pro: Treuepflichtverletzung der begünstigten Partei
    - pro: Begünstigte Partei hat aus dem nichtigen Vertrag längere Zeit Vorteile gezogen
    - con: Schutz der belasteten Partei bereits durch andere Institute (§§ 812ff, cic)
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15
Q

P: Grundstückserwerb lediglich rechtlich vorteilhaft?

A
  • hM: grds. (+)
  • > Belastung mit Grundschuld/ Hypothek: auch (+), keine persönliche Haftung, allein der Grundstückswert ist ggf. gemindert
  • > öffentlichrechtliche Verpflichtung: Differenzierung nach geringfügig (Grundsteuer) vs. erheblich (Erschließungsbeiträge) anhand der Kriterien der teleologischen Reduktion des § 107
  • > automatischer Eintritt in den Mietvertrag (§§ 566, 581 II): (-), da unbegrenzte persönliche Haftung möglich (§§ 536b I, 539 I)
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16
Q

P: Erforderlichkeit für Ergänzungspflegerschaft bei Schenkung eines Grundstücks mit einem rechtlichen Nachteil

A
  • eA: bereits beim Schenkungsversprechen (Gesamtbetrachtungslehre)
    pro: durch die Verfügung sicher eintretende Belastung muss bereits beim Verpflichtungsgeschäft angesichts des umfassenden Minderjährigenschutzes Berücksichtigung finden
  • aA: erst beim Verfügungsgeschäft (teleologische Reduktion des § 181 aE: der für § 181 typische Interessenskonflikt ist auch hier präsent, da die Erfüllung einer Verbindlichkeit hier nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist)
    pro: Einhaltung des Trennungs- und Abstraktionsprinzips
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17
Q

P: Bewirken der Leistung mit eigenen Mitteln bei Ansparen?

A
  • grds: Auslegungsfrage unter Berücksichtigung des Kindeswohls
  • mögl. con: erklärter Wille der Mittelüberlassenden; Höhe des Betrages im Vergleich zu monatlichen Zuwendungen
  • mögl. pro: keine weiteren Mittel werden benötigt; keine Beschränkung durch Mittelüberlassende; sonst würde der Minderjährige zum steten Ausgeben der Mittel angehalten und hätte erst mit der Volljährigkeit vollen Zugriff auf die Mittel; Telos des § 110: selbständiger Umgang mit Geld soll erlernt werden (wozu auch sparen zählt)
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18
Q

Rechtsfähigkeit

A

Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Die Rechtfähigkeit beginnt mit der Vollendung der Geburt, § 1, und endet erst mit dem Tod,
vgl. § 1922 Abs. 1

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19
Q

Annahme einer Leistung als Erfüllung gem. § 362 bei Minderjährigen

A
  • Zustimmung des Vertreters erforderlich
  • > analog § 107 fehlt dem beschränkt Geschäftsfähigen die Empfangszuständigkeit
  • Verfügungsgeschäft dagegen ist regelmäßig ggü dem beschränkt Geschäftsfähigen wirksam (Abstraktionsprinzip!)

=> Minderjähriger behält Forderung aus dem Grundgeschäft!

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20
Q

Rechtsfolgen: Erklärung der Einwilligung des Vertreters ggü Geschäftspartner und Widerruf ggü beschränkt Geschäftsfähigen

A
  • hM: Vertrauensschutz des Geschäftspartners analog §§ 170, 173
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21
Q

P: Folgegeschäft bei § 110

A
  • Auslegung gem. §§ 133, 157, ob Umsatzgeschäft mit dem durch eigene Mittelbewirkung erworbenen Gegenstand noch von Zustimmung des Vertreters gedeckt
  • > bei Gleichwertigkeit des Surrogats: idR umfasst (bspw. Tausch gleichwertiger Sachen)
  • > bei Ungleichwertigkeit des Surrogats: idR problematisch (bspw. Geschäfte, die mit Wettgewinn bewirkt werden, der ursprünglich mit eigenen Mitteln bewirkt worden war)
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22
Q

P: Genehmigung des einseitigen RG des Minderjährigen durch den Vertreter bei Einverständnis des Geschäftspartners

A
  • eA: (-), Wortlaut des § 111 S. 1
  • aA: (+)
    pro: Telos des Rechtsverkehrsschutzes und Minderjährigenschutzes entfällt
  • > §§ 108, 109 analog
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23
Q

P: § 108 analog bei Unsicherheiten des Geschäftspartners bezüglich der Einwilligung

A
  • eA: (+)
    pro: Geschäftspartners kann bei der Einwilligung ein ebensolches Interesse an der Beseitigung von Unklarheiten haben wie bei der Genehmigung
  • aA: (-)
    pro: Geschäftspartner nicht schutzwürdig, wenn er trotz Unsicherheiten Vertrag eingeht
    pro: bei einer Einwilligung besteht keine schwebende Unwirksamkeit, die mithilfe der Aufforderung beseitigt werden müsste
24
Q

Minderjährigkeit und cic

A
  • Minderjährigenhaftung nur dann (hM), wenn Vertreter der Aufnahme des RGlichen Kontakts zugestimmt haben
    pro: Rechtsgedanke der §§ 104ff.
    pro: Eingreifen in Schutzpflichten setzt RGliche Handlungsfähigkeit voraus
    pro: Wertung des § 179 III
  • > ansonsten: Haftung aus §§ 823 II, 263 StGB / 826 möglich bei Vorspiegelung der Volljährigkeit
  • Geschäftspartnerhaftung ggü Minderjährigen auch dann, wenn Vertreter Aufnahme des RGlichen Kontakts nicht zugestimmt haben
    pro: Telos der §§ 106ff besteht nicht in der Verringerung des RGschutzes
25
Q

Minderjährigkeit und GoA

A
  • grds. § 682 (nur Delikts- und Bereicherungshaftung)
  • > bei Zustimmung des Vertreters: teleologische Reduktion des § 682, dann §§ 677, 678, 681 S. 2 BGB
  • Aktivlegitimation für Ansprüche ggü Geschäftsherrn (+) lediglich rechtlicher Vorteil
26
Q

Minderjährigkeit und Rechtsscheinhaftung

A
  • Diff:
    1. Glaube an Geschäftsfähigkeit durch Geschäftspartner: Minderjähriger schutzwürdig
    2. Veranlassungsunabhängige RechtsscheinTB: hier ist die Zurechnung zu einem Verhalten des Belasteten ist keine Voraussetzung der Rechtsscheinwirkung (bspw. gutgläubiger Erwerb nach § 892) -> treten stets auch zulasten des MJ ein
    3. Haftung aus veranlasstem Rechtsschein: hierbei setzt der RechtsscheinTB einen Zurechnungsbeitrag des Belasteten voraus. Die Wertungen der §§ 107ff. sind enstprechend anzuwenden, sofern eine hinr. Nähe des Zurechnungsbeitrags zu rechtsgeschäftlichem Handeln besteht. ZB Anscheins- und Duldungsvollmacht wirkt zulasten des MJ bei Zustimmung des Vertreters; iRv § 935 I 1 BGB ist darauf abzustellen, ob der MJ einen hinreichend gefestigten Besitzaufgabewillen fassen konnte-> eine Zustimmung des Vertreters ist nicht nötig, weil das Besitzverhältnis ein tatsächl. Rechtsverhältnis ist und nur von der tatsächl. Willenssteuerung des Besitzers abhängig ist.
27
Q

P: Bösgläubigkeit bei § 819 und Minderjährigkeit

A
  • eA: §§ 107f, 166 I analog: allein Kenntnis des Vertreters entscheidend
  • aA: § 828: Kenntnis und Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen
  • hM: Diff:
  • > Leistungskondiktion: Kenntnis des Vertreters (Nähe zum Schuldrecht)
  • > Eingriffskondiktion: Kenntnis des Minderjährigen (Nähe zum Deliktsrecht)
    pro: Sachnähe zu den Wertungen der jeweiligen Regelungsmaterie
28
Q

P: Formzwang der ursprünglichen Form bei Aufhebung der gewillkürten Formvorschirft?

A
  • Grds. formfrei wirksam
    pro: Formfreiheit als Ausfluss der Privatautonomie
  • Doppelte Schriftformklausel zwischen Kaufleuten (auch Formzwang für Aufhebung der Schriftformklausel):
  • > pro: bewusste Abweichung von der noch weitergehenden Formfreiheit des § 350 HGB (BGH)
  • > con: Vorrang der Individualabrede gem. § 305 b
  • Doppelte Schriftformklausel unter Privatleuten
    pro: kein Differenzierungskriterium zum Fall zwischen Kaufleuten
    pro: ansonsten würde gewillkürter Formzwang regelmäßig leerlaufen
29
Q

Kasuistik: teleologische Extension des Formzwangs

A
  1. Vertragsverbindung
    - > bspw. Gesellschafter verpflichtet sich im GesellschaftsV zur Übertragung eines Grundstückes an die Gesellschaft
  2. Vorvertrag, der auf den Abschluss eines formbedürftigen Hauptvertrages gerichtet ist, wenn die Norm Warnfunktion hat
  3. Rechtsgeschäfte, die erheblichen Druck auf den Abschluss einer formbedürftigen Verpflichtung ausüben
    - > bspw. Maklervertrag mit Versprechen der Vertragsstrafe oder erhebliches “Bemühungsentgelt” (mehr als 10% der Maklerprovision), wenn der Grundstücksvertrag unterbleibt
30
Q

P: Abweichung von § 167 II (Vollmachterteilung formlos) jenseits der gesetzlichen Ausnahmen

A
  • hM: wenn sich der Geschäftsherr mit Erteilung der Vollmacht hinsichtlich des formbedürftigen Vertretergeschäfts endgültig bindet
    pro: Warnfunktion der Vorschrift hat nur dann Sinn
  • > v.a.: § 311 b I S. 1 bei
  • -> Aufhebung der freien Widerruflichkeit der Vollmacht bzw. nach Vorstellung des Vollmachtgebers tritt tatsächliche Bindungswirkung ein
  • -> Erteilung der Vollmacht, die überwiegend im Interesse des Bevollmächtigten ist
  • -> Aufhebung des Verbotes der Selbstkonraktion des Vertreters (§ 181), die zu einer tatsächlichen Bindung des Vollmachtsgebers führt
31
Q

P: Falsa demonstratio und Formzwang: ist der Inhalt der falsa demonstratio Erklärungen von der Formeinhaltung umfasst?

A
  • eA (mM): formgerechtes Erklärungssubstrat ist ausreichend, wenn der Wille der Parteien auch außerhalb der Urkunde mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt
    con: unbegrenzte Gültigkeit steht mitunter im Widerspruch zum jeweiligen Zweck der Formvorschrift
  • aA (hM): wenn Wille nicht andeutungsweise im formgerechten Erklärungssubstrat deutlich ist, ist auch falsa demonstratio/ § 133 möglich, wenn dem Formzweck hinreichend genügt ist
  • > Falschbezeichnung einer Parzelle beim Grundstückskauf
    pro: Warnung und Beratung auch dann erfüllt, wenn nur die technische Bezeichnung falsch ist
  • > Testamentsauslegung: wenn sich aus Umständen eine andere Auslegung als nach dem prima facie eindeutigen Wortlaut ergibt
  • > Bürgschaft: besondere Schutzwürdigkeit (insbes. genaue Bezifferung der Bürgenverpflichtung notwendig)
32
Q

Begriff und Zulässigkeit des Blanketts

A

= wenn eine Urkunde vom Aussteller unterschrieben, im Übrigen aber unvollständig gelassen worden ist und durch den Blankettnehmer vervollständigt werden soll

  • Zulässigkeit: positiv nicht geregelt, aber Analogie zur Stellvertretung
  • > a fortiori Stellvertretungsrecht: wenn es schon zulässig ist, einen anderen zur Abgabe einer WE in fremdem Namen zu ermächtigen, muss auch die Ermächtigung zu einer bloßen Vervollständigung einer WE zulässig sein
33
Q

P: Teleologische Reduktion des § 167 II bei einer Ausfüllungsermächtigung zu Bürgschaftserklärungen (Blankettvollmacht)

A
  • eA: (+), wenn Erklärung unwiderruflich oder starkes Eigeninteresse; Bevollmächtigung des Gläubigers: Parallele zum Interessenskonflikt der Selbstkontraktion (§ 181)
    pro: vergleichbare Schutzwürdigkeit
  • aA (BGH): (+), genereller Formzwang bei der Ausfüllungsermächtigung
    pro: § 766 S. 1 dient ausschließlich dem Schutz des Bürgen
    pro: Rechtsgedanke des § 492 IV (abgeleiteter Formzwang für die Bevollmächtigung zum Abschluss eines Verbraucherdarlehens)
    con: Repräsentationsgedanke des § 167: generelle Ausnahme für den Formzwang bei der Bürgschaftsbevollmächtigung ist keine teleologische Reduktion, sondern eine unzulässige Rechtsfortbildung contra legem
34
Q

P: Schriftformwahrung der Ausfüllungsermächtigung durch das Blankett selbst

A
  • eA: (+)
    pro: mit Unterschrift (§ 126) wird Warnwirkung immerhin teilweise erreicht
    pro: leeres Blankett (ohne Haftungsangabe) führt dem Bürgen das Haftungsrisiko deutlich vor Augen
  • aA: (-) (BGH)
    pro: Übertragung der BGH-Anforderungen an die Wahrung des § 766 S. 1 (Bezeichnung von Gläubiger, Hauptschuldner, verbürgte Forderung erforderlich) auf Ausfüllungsermächtigung
35
Q

P: Rechtsschein bei fehlender Ausfüllungsermächtigung (Blankettvollmacht)

A
  • eA (BGH): (+) bei verdeckter Blankettausfüllung, (-) bei offener Blankettausfüllung (§ 172 analog)
    pro: bei offener Blankettausfüllung sieht der Geschäftspartner, dass der Bürge nicht selbst die Erklärung ausfüllt, und ist damit nicht schutzwürdig
  • aA: (-)
    pro: ist eine spezifische Ermächtigung zur Ausfüllung erforderlich (BGH-Meinung), dann kann das Blankett allein keinen zurechenbaren Rechtsschein setzen
36
Q

Sittenwidrigkeit gem. § 134: Bereicherungsausgleich bei Schwarzarbeit (Werkvertrag)

A
  1. Nichtigkeit des Werkvertrags gem. § 134 BGB, § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG
  2. § 812 I S. 1 Alt. 1?
    a. Anspruchsvoraussetzungen
    b. Anspruchsausschluss
    aa. § 817 S. 2
    aaa. Anwendungsbereich: ausreichend, dass nur der Leistende ein Verbotsgesetz erfüllt
    bbb. Gesetzesverstoß gerade durch die Leistung: sowohl Unternehmer als auch Besteller verstoßen mit ihren Leistungen gegen die Zielsetzungen des SchwarzArbG
    ccc. Einschränkende Auslegung?
    - > wenn Verbotsgesetz gerade zum Schutz eines Leistenden erlassen wurde
    - > SchwarzArbG ist auf umfassende Prävention ausgerichtet und soll keine Partei im Speziellen schützen
  3. Grds. kein Bereicherungsausgleich bei Schwarzarbeit
37
Q

P: Geschäftspartner des Minderjährigen fordert zur Genehmigung auf, um Schwebezustand wiederherzustellen, und widerruft das Geschäft

A
  • eA (hL): § 242 (venire contra factum proprium)
    pro: Vertragspartner könne nicht selbst Schwebezustand herbeiführen, nur um ihn dann selbst wieder zu beenden
  • aA: Aufforderung und Widerruf möglich, jedoch muss der Geschäftspartner dem Vertreter eine angemessene Frist zur Genehmigung einräumen
  • wA: § 242 (Verbot rechtsmissbräuchlichen Verhaltens): Gesamtwertung unter Ansehung der Motive und Umstände des Widerrufs (Umstandsmoment) und der eingeräumten Bedenkzeit des Vertreters (Zeitmoment)
  • neA: § 242 (-); Aufforderung und Widerruf kombinierbar
    pro: zielt auf Beseitigung der unsicheren Rechtslage ab, der sich Geschäftspartner durch etwaige Innengenehmigung ggü dem Minderjährigen ausgesetzt sieht
    con: parallel zur Versagung des Reurechts bei der Anfechtung, da es sich um sachfremdes Motiv handelt
38
Q

Potestativbedingung

A

= wenn das Geschehen, an das die Bedingung anknüpft, vom Willen einer Vertragspartei abhängt

39
Q

P: Wollensbedingung

A

= ausschließlich auf die Willensäußerung einer der Vertragsparteien gerichtet, das besprochene Geschäft zu wollen oder nicht, wobei die Erklärung, das Geschäft gelten zu lassen, ins freie Belieben der Betreffenden gestellt ist

  • eA: unzulässig
    con: passt nicht zum Bedingungscharakter, da bis zum Eintritt der Bedingung bereits gewisse Rechtsfolgen eintreten sollen
  • aA: zulässig
    pro: Privatautonomie: Parteien wollen sich noch nicht endgültig binden
    pro: Parallele zum Rücktrittsvorbehalt, der auch individuell ausbedungen werden kann - tw. ist Abrede auch als solche zu identifizieren, und nicht als Wollensbedingung (Auslegungsfrage)
40
Q

Bedingungsfeindliche Rechtsgeschäfte

A
  • insb. einseitige RG (Aufrechnung, Anfechtung, Kündigung, Rücktritt, Widerruf)
  • > aber: Ausnahmen möglich (bspw. Kündigung unter dem Eintritt einer Bedingung, die vom Vertragspartner abhängt)
41
Q

§ 139: einheitliches Rechtsgeschäft

A

= wenn unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten und ihres erklärten Willens mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§ 157) ein zu ermittelnder Einheitlichkeitswille der Beteiligten zzt. der Vornahme der mehreren Geschäftsakte besteht, sodass diese miteinander „stehen und fallen“ sollen

42
Q

P: Bestätigung (§ 144) als empfangsbedürfitge vs nicht-empfangsbedürftige WE

A
  • eA (hM): nicht empfangsbedürftig
    pro: Wille des histor. Gesetzgebers
    pro: Anfechtungsberechtigter wirkt nur auf seine Rechtsmacht ein
    pro: Telos: Fehler der Willensbildung liegt auf Seite des Anfechtungsberechtigten; ist seine Willensbildung durch die Bestätigung fehlerfrei nachvollzogen, besteht kein Wirksamkeitshindernis mehr - für Wirksamkeit ist es unerheblich, ob Anfechtungsgegner hiervon Kenntnis erlangt
  • aA: empfangsbedürftig (mM Lit)
    pro: Verkehrssicherheit
  • -> dagegen con: warum sollte der Anfechtungsgegner davon erfahren müssen?
43
Q

P: Erstreckt sich die Wirkung der Bestätigung auch auf andere schuldrechtliche Instrumente (Rücktritt, Schadensersatz)

A
  • eA (RG): (+)
    pro: Wirkung der Bestätigung soll nicht umgangen werden dürfen dergestalt, dass der Anfechtungsberechtigte so stünde, wie wenn er sein Anfechtungsrecht auch ausgeübt hätte
  • aA (hM): Auslegungsfrage - strenge Anforderungen: nur anzunehmen, wenn der Anfechtungsberechtigte eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, aus dem zur Anfechtung berechtigenden Umstand unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt mehr Rechte herleiten zu wolle
  • > bzgl. SEA (BGH): Auslegung der Erklärung als konkludentes Angebot auf Erlassvertrag gem. § 397 (wiederum: hohe Anforderungen)
44
Q

Ausbildungsverhältnis als Dienst- oder Arbeitsverhältnis iSd § 113?

A
  • hL: § 113 (-) bei Ausbildungsverhältnissen
    pro: Telos § 113: BGB-Gesetzgeber wollte auch Minderjährigen Arbeit ermöglichen (keine Nachteile für Arbeitsgeber durch ständiges Nachfragen bei Vertretern)
  • > bei Ausbildungsverträgen treten Minderjährige nicht in Konkurrenz zu Erwachsenen bzw. tritt nicht als Arbeitskraft auf
45
Q

Fünf gesetzliche Formzwecke

A
  1. Beweis- und Klarstellungsfunktion
  2. Warnfunktion
  3. Beratungsfunktion
  4. Information
  5. Kontrollfunktion (des RG durch staatliche Stellen)
46
Q

Bsp. Formerfordernisse mit Warnfunktion

A
  • § 311 b I S. 1
  • § 518
  • § 766 S. 1
  • § 925
  • hM (-) bei § 780f.; (+) aber laut hL
47
Q

Anforderungen an die Schriftform gem. § 126 anhand ihrer Funktionen

A
  1. Abschlussfunktion (des Textes)
  2. Identitätsfunktion (lässt Aussteller erkennen)
  3. Deckungsfunktion (zwischen vorausgehendem Text und Wille des Erklärenden)
  4. Warnfunktion
48
Q

Rechtsscheinhaftung und Geschäftsfähigkeit: Besitzaufgabewille/Freiwilligkeit bei § 935 I 1

A
  • grds. auf die tatsächliche Besitzwillensfähigkeit des beschränkt Geschäftsfähigen abzustellen (Besitzverhältnis nicht RGlich ausgestaltet)
  • bei Geschäftsunfähigen: Besitzverlust stets unfreiwillig (kein gutgläubiger Erwerb vom Geschäftsunfähigen möglich)
49
Q

Neutrales Geschäft von § 107 erfasst?

A
  • pro: Wortlaut spricht von “lediglich rechtlich vorteilhaft”
  • con: Telos des Minderjährigenschutzes auch erfüllt, wenn lediglich keine Nachteile gegeben sind (hM)
50
Q

Erwerb von Wohneigentum lediglich rechtlich vorteilhaft?

A
  • mM: (+)
    pro: Eigentumserwerb
  • hM: (-)
    pro: rechtlich relevante Belastungen: Eintritt in die Gemeinschaft der Wohneigentümer und damit Verpflichtungen nach §§ 10 ff. WEG
    pro: Belastungen ergeben sich aus dem Wohnungseigentum selbst und sind nicht lediglich mittelbare Folgen (ebenso Inhalte ggf. der Gemeinschaftsordnung, da diese den Inhalt des Sondereigentums konkretisieren)
51
Q

P: Gutgläubiger Erwerb von einem beschränkt Geschäftsfähigen ohne Zustimmung der Vertreter noch von § 932 gedeckt?

A
  • eA (mM): (-)
    pro: Wäre der beschränkt Geschäftsfähige Eigentümer gewesen, wäre die dingliche Einigung gem. §§ 107 ff., 108 I unwirksam; der Schutz des guten Glaubens könne dem Erwerber keine Rechte verschaffen, die er auch dann nicht erhalten hätte, wenn sein Glauben zuträfe
    pro: Vertragpartner eines unberechtigten Minderjährigen stünde besser als der eines berechtigten Minderjährigen
  • > teleologische Reduktion
  • aA (hL): (+)
    pro: Minderjährigenschutz und gutgläubiger Erwerb dürften nicht vermischt werden
    pro: auch nach eA hätte der andere Eigentum erwerben können, wenn die Eltern zugestimmt hätten, da die dingliche Einigung dann auch im Falle der Eigentümerstellung des Minderjährigen wirksam gewesen wäre; die Eltern dürfen es aber nicht in der Hand haben, über den Erwerb durch den anderen zu bestimmen, da ihre Zuständigkeit sich im Schutz des Minderjährigen erschöpft
    pro: § 165, wonach die Minderjährigkeit nicht die Unwirksamkeit des Vertretergeschäfts bewirkt
    pro: Minderjähriger hat keinen rechtlichen Nachteil
  • > con: Regressansprüche des Berechtigten
52
Q

Automatisierte WE
d.h. wenn eine Willenserklärung von einem Computer aufgrund zuvor vorgenommener Softwareprogrammierung automatisch generiert – und dann häufig auch selbständig versandt wird

A
  • keine echte WE, da keine Rechtsfähigkeit und keine Geschäftsfähigkeit, denn im Umkehrschluss zu § 104 Nr. 2 wäre dazu die Fähigkeit zur freien Willensbildung erforderlich, was nicht bei vollprogrammierten Computern vorliegt
  • der obj. TB der Erklärung selbst wird computergesteuert erstellt und die subjektiven Tatbestandvoraussetzungen der WE liegen beim Menschen, der die Programmierung vornimmt oder veranlasst und damit die Bedingungen definiert, unter denen das System Erklärungen nach außen abgeben darf. Dieser Person wird die Willenserklärung zugerechnet
53
Q

P: WE eines Computers

A

Botenlösung: Computer als Bote: Wie bei Warenautomaten, soll bei Computererklärungen für die Herbeiführung eines Vertragsschlusses nicht zwingend eine weitere Willensbetätigung erforderlich sein. Jedoch speichert der Computer keine Erklärungen auf „Vorrat“, sondern erstellt diese nach vorprogrammierten Regeln und bis zur Analyse durch das System liegt keine hinreichend bestimmte Erklärung vor. Keine direkte und mangels Vergleichbarkeit auch die analoge Anwendung der Erklärungsbotenschaft iSd § 120.
Stellvertreterlösung: Direkte Anwendung der Stellvertretungsregeln scheitert mangels Rechts- und Geschäftsfähigkeit des Computers am Fehlen von dessen eigener Willenserklärung iSd § 164 I 1. Aber Regelungslücke, da Computer nicht bedacht. Es fehlt jedoch an einer vergleichbaren Interessenlage: Vom Vertreter wird im Umkehrschluss zu § 165 zumindest beschränkte Geschäftsfähigkeit verlangt. Außerdem wäre die Folge einer Haftung des Computers als Vertreter ohne Vertretungsmacht nach dem System des § 179 offensichtlich unpassend.
Pauschale Zuordnung an Verwender (hM): WE durch Inbetriebnahme des Computers. Dies sei eine vom Handlungswillen getragene Äußerung. Ferner ist kein Geschäftswille nötig und auch wenn kein konkretes Erklärungsbewusstsein da war, bei Inbetriebnahme des Computers lag ein generelles Bewusstsein vor, dass es zu rechtserheblichen Erklärungen kommen würde. Bei computergenerierten Erklärungen fallen die Bildung des generellen Erklärungsbewusstseins und die Abgabe der Erklärung stets zeitlich auseinander. Die automatisierte Abgabe der Erklärung beruht aber gleichwohl auf dem Willen des Betreibers.
Analogie zu Blankett-Erklärung: Rechtsscheinhaftung nach § 172 analog
Das unterschriebene Blankett verpflichtet auch bei abredewidriger Ausfüllung im Außenverhältnis. A maiore ad minus könnte dies erst recht gelten bei Einsatz eines nach vorgegebenen Parametern entscheidenden und kontrollierbaren Computersystems. Dagegen spricht jedoch, dass gerade der Einsatz eines vergleichsweise verlässlichen Computermediums keine so weitreichenden Folgen haben sollte wie der eines menschlichen Blankettnehmers, da kein Anlass von einem Risiko abredewidrigen Verhaltens auszugehen.

Problem der Anfechtung

  • auch wenn der Mensch kein konkretes Erklärungsbewusstsein hatte, reicht das generelle Erklärungsbewusstsein, dass der erworbene Kühlschrank selbständig Erklärungen abgeben wird, zur Zurechnung, wenn er das Gerät bewusst in Betrieb nimmt
  • bei einem Softwareprogrammfehler liegt gerade kein Irrtum vor, denn der Fehler unterläuft nicht bei Abgabe der Willenserklärung, sondern aufgrund der Fehlprogrammierung im Vorfeld. Es handelt sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum (+) Risiko der Falschprogrammierung soll derjenige tragen, der das Gerät benutzt, nicht sein Vertragspartner
54
Q

Konkurrenz des § 119 II zu der kaufrechtlichen Gewährleistung nach §§ 437 ff.

A

h.M.: Vorrang der kaufrechtlichen Gewährleistung nach §§ 437 ff
(+) § 434 erfasst auch – wie § 119 Abs. 2 – tatsächliche und rechtliche Verhältnisse, soweit sie verwendungsrelevant sind, was einen Vorrang rechtfertigt
(+) Gewährleistungsrechte schaffen ein eigenständiges und in Tatbestand wie Rechtsfolge spezielleres Interessenausgleichssystem, das an die Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit, nicht an Willensmängel anknüpft.
(+) Durch die Anfechtung nach § 119 II würde das Erfordernis der Nachfristsetzung und die Möglichkeit des Verkäufers zur Nacherfüllung (§ 437 iVm §§ 439, 323) umgangen sowie die besonderen Verjährungsvorschriften und Umgehung des Ausschlusses nach § 442 bei grober Fahrlässigkeit
(+) Ein Käufer, der es versäumt, die für ihn wesentlichen Eigenschaften durch eine Beschaffenheitsvereinbarung mit dem Verkäufer abzusichern, darf nicht besser gestellt werden als ein Käufer, der eine solche Vereinbarung trifft
! str.: Vorrang nur ab Gefahrübergang, da vorher § 434ff. nicht abwendbar

55
Q

Anfechtungs- und Kündigungsrecht bei vollzogenen Dauerschuldverhältnissen

A

h.M. Willenserklärungen können auch nach Vollzug des Vertrags noch angefochten werden und werden nicht durch besondere Kündigungsrechte verdrängt (zB § 543 iRe Mietvertrags)
(+) aufgrund der verschiedenen Schutzzwecke. Während die Anfechtung die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit schützt, ermöglicht die Kündigung eine Beendigung des Vertrags wegen einer aktuellen Leistungsstörung.
str.: ob eine Anfechtung nach Überlassung der Mietsache den Mietvertrag gem. § 142 I rückwirkend (ex tunc) oder nur mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) beendet
e.A. bloße ex-nunc Wirkung
(+) Schwierigkeiten bei der andernfalls erforderlichen bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des vollzogenen Dauerschuldverhältnisses
(-) nicht ausreichende Schwierigkeiten, um von der gesetzlichen ex-tunc-Wirkung abzuweichen
h.M. ex-tunc-Wirkung und Mieter zahlt nach § 818 II Wertersatz

56
Q

(P) was ist lediglich rechtlich vorteilhaft?
Hier: Der schuldrechtliche Überlassungsvertrag ist rechtlich nachteilhaft, die Auflassung aber lediglich vorteilhaft. Schlägt der Nachteil des schuldrechtlichen Geschäfts auf die Bewertung der Auflassung durch?

A

eA: Wortlautgetreue Gesetzesanwendung:
Schenkungsvertrag einer Eigentumswohnung an MJ ist erstmal vorteilhaft, weil er nur einen Anspruch erlangt und noch nicht in die wohnungseigentumsrechtlichen Pflichten eintritt. Somit liegt bei wortlautgetreuer Gesetzesanwendung ein wirksamer Schenkungsvertrag vor.
Dann kann man § 181 wortlautgetreu auf die Einwilligung anwenden, sodass durch die Auflassung lediglich das Schenkungsversprechen vollzogen würde.
(-) Durch diese Konstruktion wird die Wertung des § 107 umgangen. Nach § 107 ist ein Ergänzungspfleger nötig zum Schutz des MJ, den der Schenkungsvertrag nicht beachtet
aA: Gesamtbetrachtungslehre
Wertungswiderspruch ist durch eine Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen und dinglichen Vertrags aufzulösen. Der Sinn und Zweck soll verwirklicht werden, indem die auch der Auflassung resultierenden Nachteile bereits auf der schuldrechtlichen Ebene einbezogen werden. Wenn der Eigentumserwerb nicht lediglich rechtl. vorteilhaft ist, dann ist die auf Abschluss des Schenkungsvertrags gerichtete WE schon nicht wirksam und auch die Einwilligung des gesetzl. Vertreters nicht (§§ 1795 II, 181). Der Schenkungsvertrag wäre schwebend unwirksam nach § 108 I und kann nach § 1909 I vom Pfleger genehmigt werden.
(-) Durchbrechung des Trennungsprinzips ist nicht gerechtfertigt
hM: Teleologische Reduktion von § 181 BGB
Der Wertung des § 107 kann durch die teleologische Reduktion beachtet werden. Der Schenkungsvertrag ist getrennt beurteilt wirksam. Aber bei Beurteilung der Auflassung bleibt die Ausnahme jedoch außer Anwendung, wenn und soweit das Erfüllungsgeschäft für den MJ nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist und dem daraus resultierenden Schutzbedürfnis nicht bereits iRd Schuldvertrags Rechnung getragen wurde.