2/2 (Begründung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses) Flashcards
Begründung des Arbeitsverhältnisses: Anbahnung des Arbeitsvertrages: Informationsrechte des Arbeitgebers: Aufklärungspflicht des Bewerbers
- Interessenskollision zwischen umfangreichen Informationsinteresse des Arbeitgebers (Art. 2 I, 12 I GG) und Privatsphäre (Art. 2 I, 1 I GG und weitere GR) sowie “Verkauf der eigenen Person” des Arbeitnehmers
1. Grundsatz: Arbeitgeber trägt Informationslast und Informationsrisiko
- Ausnahme: wenn Arbeitgeber Mitteilung nach Treu und Glauben, § 242 BGB, erwarten darf
a. die betreffenden Umstände machen dem Arbeitnehmer die Erfüllung des Arbeitsvertrags unmöglich
oder
b. sind sonst für den Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung
Begründung des Arbeitsverhältnisses: Anbahnung des Arbeitsvertrages: Informationsrechte des Arbeitgebers: Fragerecht des Arbeitgebers
- nur, soweit im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse
- > je näher an der beruflichen Sphäre und je entfernter von der Privatsphäre, desto eher zulässig
a. Generell zulässig: Fragen nach der fachlichen Qualifikation, der Ausbildung und den Ergebnissen fachlich einschlägiger Prüfungen sowie nach dem beruflichen Werdegang einschließlich der Dauer und der Anzahl früherer Arbeitsverhältnisse (“Zugvogel”)
b. Begrenzt zulässig: - > Vorstrafen (nur solche, die im Hinblick auf Arbeitsverhältnis relevant)
- > Behinderung (nach §§ 7, 1 AGG iVm § 8 AGG rechtfertigbar)
c. Generell unzulässig: - > Intimsphäre
- > Schwangerschaft
Begründung des Arbeitsverhältnisses: Anbahnung des Arbeitsvertrages: Informationsrechte des Arbeitgebers: Rechtsfolge bei Falschauskunft
- Zulässige Frage
- > Anfechtung, § 123
- > cic
- > Delikt (ggf. § 823 II iVm § 263) - Unzulässige Frage
- > würde eine Antwort verweigert, würde Stelle kaum erteilt, daher “Recht zur Lüge” -> keine Anfechtbarkeit und keine SEA
Begründung des Arbeitsverhältnisses: AGG: Schadensersatz nach § 15 I AGG
I. Anwendbarkeit des AGG
- Sachlicher Anwendungsbereich, § 2 I AGG
- Kein Vorrang anderer Gesetze, § 2 II–IV AGG
- Persönlicher Anwendungsbereich der §§ 7–18 AGG, § 6 AGG
II. Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 I AGG
- Benachteiligungsgründe, §§ 1, 4 AGG
- Benachteiligungsformen, § 3 AGG
a) Unmittelbare Benachteiligung (§ 3 I AGG)
b) Mittelbare Benachteiligung (§ 3 II Hs. 1 AGG)
c) Belästigung (§ 3 III AGG)
d) Sexuelle Belästigung (§ 3 IV AGG)
e) Anweisung zur Benachteiligung (§ 3 V AGG) - Keine Rechtfertigung gemäß § 3 II Hs. 2 AGG oder §§ 8–10 AGG
a) Allgemeiner Rechtfertigungsgrund: § 8 AGG
b) Bezüglich Religion oder Weltanschauung: § 9 AGG
c) Bezüglich des Alters: § 10 AGG
III. Besondere Voraussetzungen des § 15 AGG
- Pflichtverletzung vom Arbeitgeber zu vertreten, § 15 I 2 AGG (str.)
- > tw.: europarechtswidrig - Keine Haftungseinschränkung nach § 15 III AGG (str.)
- Kein Haftungsausschluss nach § 15 IV AGG
Begründung des Arbeitsverhältnisses: Wirksamkeit der Einigung, §§ 134, 138 BGB
- Arbeitsvertrag insgesamt
- > selten - Einzelne Arbeitsbedingungen
- > entgegen § 139 BGB nicht gesamter Vertrag unwirksam, da Verbotsgesetze idR Arbeitnehmer schützen sollen - Entgeltabrede
a. § 134: bei einem Lohn von etwa einem Drittel unter Tarif oder unter der üblichen Vergütung: strafbarer Lohnwucher nach § 291 I 1 Nr. 3 StGB (BGH)
b. § 138 II (Wucher)
c. § 138 I (wucherähnliches Geschäft)
- > übliche Vergütung gilt als vereinbart, § 612
Begründung des Arbeitsverhältnisses: Grenzen der Einstellungsfreiheit
I. Einstellungshindernisse
- Abschlussverbote (Folge: Nichtigkeit des Arbeitsvertrags)
- > Beispiel: § 5 I JArbSchG - Gegensatz: Bloße Beschäftigungsverbote (Ausübungsverbote)
- > Beispiele: §§ 3 ff. MuSchG - Abgrenzung durch Auslegung zu ermitteln (idR bloße Beschäftigungsverbote)
II. Einstellungsgebote
- aus Gesetz (Beispiel: § 154 I SGB IX)
- aus Tarifvertrag (Beispiel: Besetzungsregeln)
III. Einstellungsansprüche
- aus Verfassung oder Gesetz
- > Beispiele: Art. 33 II GG, § 78a BetrVG - aus dem Arbeitsvertrag
- > Beispiel: Befristung i.V. m. § 242 BGB
IV. Gesetzliche Entstehungstatbestände
- Gesetzliche Begründung eines Arbeitsverhältnisses
- > Beispiele: § 24 BBiG, § 10 I 1 AÜG - Gesetzlicher Übergang eines Arbeitsverhältnisses
- > Beispiel: § 613a I 1 BGB
Begründung des Arbeitsverhältnisses: Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis
I. Grundsatz: Unwirksamkeit von Anfang an („ex tunc“)
- Nichtigkeit z. B. nach §§ 105 I, 125 Satz 1, 134, 138 BGB
- Anfechtung wirkt ebenfalls zurück (§ 142 I BGB)
- Rechtsfolge: Rückabwicklung nach §§ 812 ff. BGB
II. Ausnahme: Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis
pro: Arbeitnehmerschutz
pro: Rückabwicklungsschwierigkeiten
1. Voraussetzungen
a) Nichtiger oder wirksam angefochtener Arbeitsvertrag
b) Invollzugsetzung des Arbeitsverhältnisses
c) Keine entgegenstehenden grundlegenden Interessen
2. Rechtsfolgen
a) Vergangenheit: Arbeitsvertrag wird als wirksam behandelt
b) Zukunft
aa) Nichtigkeit: Beendigung durch „Lossagung“ (einseitige, empfangsbedürftige WE !)
bb) Anfechtbarkeit: Beendigung durch Anfechtung
III. Gegenausnahme bei Täuschungsanfechtung
- Voraussetzung: ab Zeitpunkt X nicht mehr gearbeitet (bspw. durch Krankheit oder Kündigung)
- Rechtsfolge: Rückwirkung der Anfechtung auf Zeitpunkt X
pro: Problematik der Rückabwicklung stellt sich nicht, wenn Arbeitnehmer nicht mehr gearbeitet hat
Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Ordentliche Kündigung: Kündigungserklärung
- Inhalt: Kündigungswille und Kündigungstermin hinreichend erkennbar („zum nächstzulässigen Termin“ (+), wenn die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder bestimmbar ist)
- > grds. bedingungsfeindlicher, außer bei Potestativbedingungen (v.a. Änderungskündigung) und für die auflösende Rechtsbedingung i. S. des § 158 II BGB, dass das Arbeitsverhältnis nicht schon aufgrund eines anderen Tatbestands beendet wurde
- Form: Schriftlich, § 623
- > Kein Begründungszwang
- Stellvertretung: beachte insb. §§ 174, 180 (einseitige Rechtsgeschäfte)
- > § 174: nicht anwendbar auf vertretungsberechtigte Organe, da keine Vollmacht (sondern gesetzliche Vertretungsmacht)
Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Ordentliche Kündigung: Ausschlussfrist, §§ 4, 7 KSchG
- materiell-rechtliche Ausschlussfrist (Kündigung gilt als wirksam - jedoch nicht hinsichtlich etwaiger Mängel der Kündigungserklärung)
- vorformulierte Klageverzichtserklärung
- > AGB-Kontrolle
- > nach § 307 BGB unwirksam, wenn ohne Gegenleistung (bspw. Abfindung)
- Anwendungsbereich: auch hinsichtlich anderer Gründe
- > § 23 I S. 2 KSchG
Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Ordentliche Kündigung: Besondere Unwirksamkeitsgründe: Verstoß gegen AGG
I. Kündigung könnte wegen Verstoßes gegen § 7 I Hs. 1 AGG i.V. m. § 134 BGB unwirksam sein (wenn Entlassungsbedingung, § 2, aus Grund aus § 1)
II. Jedoch bei Kündigungen: Bereichsausnahme des § 2 IV AGG
- > Mindestschutz (AGG europarechtlich determiniert) wird jedoch im Kündigungsschutz gewährleistet
1. Im Rahmen des allgemeinen Kündigungsschutzes, §§ 1 I, 23 I 2, 3 KSchG: Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe nach AGG
2. Außerhalb des Anwendungsbereiches: - > eA: §§ 138, 242 BGB
- > BAG: Ausnahme von der Bereichsausnahme: nach § 7 I Hs. 1 AGG i.V. m. § 134 BGB unwirksam
(III. SEA aus § 15 III unabhängig von § 2 IV AGG)
Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Ordentliche Kündigung: Besondere Unwirksamkeitsgründe: Verstoß gegen BGB-Vorschriften
I. Kein Anwendungsbereich des allgemeinen Kündigungsschutzes
- Kleinbetrieb, § 23
- Kündigung vor Wartezeitende
II. Unwirksamkeit nach §§ 138, 242 bei Kleinbetrieben
- Anwendbarkeit
a. Ausschluss von Arbeitnehmern in Kleinbetrieben aus allgemeinem Kündigungsschutz verfassungskonform
b. Diese Arbeitnehmer dürfen jedoch gem. Art. 12 I iVm Art. 20 I (Sozialstaatsprinzip) nicht gänzlich schutzlos gestellt sein (BVerfG) - Geltendmachung nach §§ 4, 7 KSchG (gerade unabhängig von der Betriebsgröße zu berücksichtigen)
- § 138 I BGB
- § 242 BGB
a. Plausibler Kündigungsgrund?
b. Evidenter Auswahlfehler (unter mehreren Arbeitnehmern)?
Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Ordentliche Kündigung: Allgemeiner Kündigungsschutz
I. Anwendbarkeit des KSchG
- Sachlicher Anwendungsbereich: Ordentliche Arbeitgeberkündigung
- Betrieblicher Anwendungsbereich (§ 23 I KSchG)
- Persönlicher Anwendungsbereich (§§ 1 I, 14 KSchG)
a) Mindestens sechsmonatiger ununterbrochener Bestand des Arbeitsverhältnisses (§ 1 I KSchG)
b) Unanwendbar bei gesetzlichen Vertretern juristischer Personen und Organen von Personengesellschaften (§ 14 I KSchG)
c) Bei leitenden Angestellten i. S. des § 14 II KSchG: Kein Bestands-, sondern Abfindungsschutz
II. Fristgemäße Erhebung der Kündigungsschutzklage
-> Binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung (§ 4 Satz 1 KSchG), sonst Fiktion der sozialen Rechtfertigung (§ 7 KSchG)
III. Soziale Rechtfertigung der Kündigung
- An sich geeignete Kündigungsgründe (§ 1 II 1 KSchG):
a) Gründe in der Person des Arbeitnehmers (= die Arbeitgeberinteressen beeinträchtigen und auf persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Arbeitnehmers beruhen)
b) Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers (= nicht unerhebliche Verletzung einer vertraglichen Haupt- oder Nebenleistungspflicht)
c) Dringende betriebliche Erfordernisse - Prognose: Gegenwärtige oder vergangene Umstände lassen für die Zukunft eine Störung des Arbeitsverhältnisses erwarten (bei falscher Prognose: Kündigung wirksam, aber Wiedereinstellungsanspruch)
- Ultima ratio: Störung lässt sich nicht anders als durch Kündigung beseitigen (vgl. § 1 II 2, 3 KSchG)
- > Abmahnung und anderweitige Beschäftigung bei verhaltensbedingter Kündigung - Interessenabwägung: Prüfung, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist; bei betriebsbedingter Kündigung stattdessen Sozialauswahl (§ 1 III, IV KSchG)
Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Ordentliche Kündigung: Allgemeiner Kündigungsschutz: Betriebsbedingte Kündigung
- Betriebliche Erfordernisse
a. Innerbetrieblich (Rationalisierung, Auslagern betrieblicher Tätigkeiten, Betriebsstilllegung)
b. Außerbetrieblich (Absatzprobleme, Auftragsmangel, Rohstoffknappheit)
c. Bloße Missbrauchskontrolle (hinsichtlich objektiv willkürlicher betrieblicher Entscheidung)
d. Wegfall des Arbeitsplatzes (= Prüfung, ob die inner- oder außerbetrieblichen Umstände tatsächlich vorliegen und ob die unternehmerische Entscheidung tatsächlich zum Wegfall führt)
e. Keine bloße Austauschkündigung (= kein Wegfall von Arbeitsplätzen, sondern Austausch von teurem gegen günstiges Personal) - Prognoseprinzip
- > im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung muss die Voraussage gerechtfertigt sein, dass am Ende der Kündigungsfrist eine Beschäftigungsmöglichkeit nicht mehr besteht
- > keine Vorratskündigung - Ultima-ratio
- > Kurzarbeit
- > Änderungskündigung - Sozialauswahl
Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Ordentliche Kündigung: Kündigungsfrist
- Kündigungsfrist = Zeitspanne, die zwischen dem Zugang der Kündigungserklärung und dem Ende des Arbeitsverhältnisses mindestens liegen muss
- Kündigungstermin = bestimmter Endtermin, zu dem die Beendigungswirkung des Arbeitsverhältnisses einsetzt
- Kündigungserklärungsfrist = Zeitspanne, die zwischen einem Ereignis und dem Zugang der Kündigungserklärung höchstens liegen darf
- Angabe des falschen Kündigungstermins:
1. Auslegung, §§ 133, 157: Ist Kündigung zum nächstmöglichen Termin gewollt? - > wenn (+): Geltendmachung eines falschen Kündigungstermins muss Dreiwochenfrist nicht beachten (da Kündigung nicht unwirksam, BAG)
2. Wenn (-): Umdeutung kommt in Betracht, wegen Unwirksamkeit der Kündigung aber Dreiwochenfrist zu beachten (sonst Fiktion)
Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Ordentliche Kündigung: Weiterbeschäftigungsanspruch
- im Zeitraum zwischen dem Ablauf der Kündigungsfrist und der rechtskräftigen Entscheidung über eine Kündigungsschutzklage
1. Betriebsverfassungsrechtlicher Anspruch, § 102 BetrVG
- Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch, § 242 BGB i.V.m. Art. 1, 2 I GG
- > aus Recht auf Persönlichtkeitsentfaltung durch Arbeit
- > bis zum Erlass eines erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Urteils: Anspruch nur bei offensichtlicher Unwirksamkeit der Kündigung
- > während der Dauer des Berufungsverfahrens: Anspruch, wenn der Arbeitgeber keine Umstände darlegen kann, die ihn auch im ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Freistellung berechtigen würden