1 Kapitel Was ist Völkerrecht und welche Rolle spielt es in den internationalen Beziehungen Flashcards

1
Q

Lotus-Fall (Frankreich v. Türkei)

A

Zwischenfall auf Hoher See bei dem Mitglieder der Türkischen Besatzung zweier französischer Dampfer ums leben kamen. Türkei eröffnete gegen den französischen Schiffsoffizier eine Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung.

Frankreich behauptat, dass dies Völkerrechtswidrig sei, da es keine Norm gibt, die einem Staat die strafrechtliche Zuständigkeit für Handlungen, die sich ausserhalb seines Hoheitsgebietes ereignen gibt.

Die Türkei ist der Ansicht, dass sie Jurisdiktion ausüben könne, solange dadurch keine völkerrechtlichen Schranken verletzt werden. Einer expliziten völkerrechtlichen Ermächtigung bedarf es nicht.

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2
Q

Überdehnungen und Brüche des Völkerrechts ab den 1990er Jahren.
Wurde die Völkerrechtsordnung ausgehölt?

A

a.) 1994 Völkermord in Ruanda von ca. 1 Mio. Tutsi

b.) Bei der Auflösung der SFRJ bombardierten NATO-Staaten 1999 Serbien mit der Begründung, dass ein Völkermord an Kosovaren unmittelbar bevorstehe und auch um eine vertragliche Ablösung Kosovo von Serbien zu erzwingen. Eine Ermächtigung durch den UN-Sicherheitsrat war wegen des russichen Vetos nicht zu erlangen.

c.) 2003 führte die USA eine militärische Offensive gegen den Irak, der im Verdacht stand Nuklearwaffen zu produzieren. Eine Ermächtigung des UN-Sicherheitsrates fehlte.

d.) 2014 verleibte sich Russland unter Einsatz von Waffengewalt die zur Ukraine gehörende Halbinsel Krim ein. (Ukraine seit 2018 offizieler NATO-Beitrittskandidat)

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3
Q

Gibt es das Völkerrecht auch im Cyberspace?

A

Das Völkerrecht gilt auch im Cyberspace. Dies wurde von China und Russland zunächst bezweifelt.

Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien muss u.a. die UN-Charta, die Grundsätze des humanitären Völkerrechts und die Staatensouveränität beachten.

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4
Q

Was heisst Völkerrecht?

A

Völkerrecht kommt vom römischen Ius gentium (im römischen Reich waren dies allerdings die Normen die für Personen galten, die keine römischen Bürger waren).

Im 17. Jahrhundert entstand in Europa eine neue juristische Disziplin, das Ius gentium et naturae, die sich mit dem zwischenstaatlichen Verkehr befasst.

Als Geburtsstunde des modernen Völkerrechts gilt der Westfällische Frieden von 1648, der den Dreissigjährigen Krieg in Europa beendete.
Er symbolisiert das sog. Westfällische System.

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5
Q

Das Westfällische System

A

Westfälisches System ist im engeren Sinn die politische Ordnung, die sich in Europa auf der Grundlage der Staatstheorie von Jean Bodin und der Naturrechtslehre von Hugo Grotius nach dem Westfälischen Frieden des Jahres 1648 entwickelt hat. Nach diesem Konzept sind Staaten nicht nur die rechtlichen Monopolisten des Krieges, sondern auch die faktischen Monopolisten der Fähigkeit zur Kriegführung.

Im weiteren,politikwissenschaftlichen Sinn wird damit auch grundsätzlich ein System von nach innen und außen souveränen Nationalstaaten bezeichnet.

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6
Q

Völkerrechtssubjekt

A

Völkerrechtssubjekte sind jene Einheiten, die Träger von völkerrechtlichen Rechten und Pflichten sein können. Dies sind vor allem die Staaten, teilweise auch internationale Organisationen (UN, WTO, WHO). Manchmal regelt das Völkerrecht auch Pflichten von Individuen bspw. dem IKRK (Internationales Kommitee vom Roten Kreuz)

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7
Q

Regelungsbereich des Völkerrechts

A

diplomatische Beziehungen (Gesandtschaftsrecht), Staatsgrenzen und der Staatsgebietserwerb sowie die Nutzung der Meere, Schutz der Menschenrechte, Frieenssicherung, Abrüstung, Umweltschutz, Terrorismusbekämpfung, Migration und Epidemiebekämpfung.

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8
Q

Auswirkungen des Völkerrechts auf den Nationalstaat

A

Zum einen müssen völkerrechtliche Verpflichtungen eines Staates durch nationales Recht dem Völkerrecht angepasst werden, d.h. staatliche Politik hat völkerrechtliche Angaben zu beachten. Völkerrecht bezieht sich nicht nur auf das Aussenverhältnis von Staaten, sondern kann ihnen auch im Innenverhältnis vorschreiben, welches Massnahmen sie ergreifen müssen (Sozialstandards, Umweltstandards, Sanktionsbeschlüsse es UN-Sicherheitsrates, Menschenrechtsschutz)

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9
Q

Auswirkungen des Völkerrechts auf den Nationalstaat (Beispiel)

A

Das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen verpflichtet die Vertragsparteien zur Bekämpfung und Ahndung dieses Verbrechens.
Die Schweiz unterzeichnete den Vertrag 2011. Sie musste den neuen Straftatbestand “Verschwindenlassen (Art. 185bis StGB) einführen sowie ein nationales Netzwerkerschaffen, nach verschwundenen Personen unterstützen soll.

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10
Q

WHO

A

Die Internationalen Gesundheitsvorschriften (International Health Regulations 2005) der WHO verpflichtet die WHO-Mitgliedstaaten, eine Infrastruktur aufzubauen, mit der sie ansteckende Krankheiten erkennen und bewerten können. Sie müssen andere Mitgliedstaaten über den Ausbruch von Seuchen und neuartigen Gesundheitsrisiken rechtzeitig informieren. Es handelt sich hierbei um rechtlich verbindliche, generell-abstrakte Akte einer internationalen Organisation.

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11
Q

Rechtsquellen des Völkerrechts

A

Es gibt keine Gewalten- und Funktionsaufteilung in eine zentrale Legislative, Exekutive und Judikative.

Es gibt im Völkerrecht auch kein zentrales Rechtsetzungsorgan.

Völkerrecht wird dezentral von den Staaten selbst unter Mitwirkung anderer Völkerrechtssubjekte erzeugt.

Die Rechtsquellen des Völkerrecht sind vor allem völkerrechtliche Verträge, Völkergewohnheitsrecht und die Allgemeinen Rechtsgrundsätze (Aufzählung in Art. 38 Abs. 1 IGH-Statut)

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12
Q

Souveräne Gleichheit der Staaten

A

Die beteiligten Hauptrechtssubjekte, die Staaten, sind gleichrangig (Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten, Art. 2 Ziff. 1 UN-Charta)

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13
Q

Konsensprinzip

A

Hauptentscheidungsmodus im Völkerrecht ist Einstimmigkeit (nicht Mehrheitsprinzip). Die Rechtserzeuger sind gleichzeitig die Rechtsunterworfenen. Rechtsbindung ist Selbstbindung.

Ein völkerrechtlicher Vertrag kommt zustande, wenn alle Vertragspartner zustimmen.

Ein völkergewohnheitsrechtliche Norm bindet nicht den Staat, der beharrlich dagegen protestiert (sog. Persistent Objector).

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14
Q

Offenheit völkerrechtlicher Normen

A

Problematik der inhaltlichen OFfenheit vieler völkerrechtlicher Normen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es politisch ausgehandelte Deals sind. Die verabschiedeten Texte sind oft Formelkompromisse, in denen jede Vertragspartei ihre Auffassung wiedererkennen kann.
Im Völkergewohnheitsrecht resultiert die Vagheit daraus, dass es sich um ungeschriebenes Recht handelt.

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15
Q

Prinzipiencharakter

A

Völkerrecht besteht über weite Strecken nicht aus präzisen Regeln, sondern aus allgemeinen Prinzipien. Prinzipien sind Optimierungsgebote

Bsp.: Einsatz der NATO 1999 im Kosovo. hier musste das Prinzip des Gewaltverbots gegen das Verbot des Genozids abgewogen werden (umstritten).

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16
Q

Meist dezentrale Anwendung des Völkerrechts (Beispiel)

A

In Art. 2 Abs. 1 lit. a Pariser Klimaabkommen verpflichten sich die Vertragsparteien den Anstieg der Erderwärumung auf unter 2 Grad zu halten. Gleichzeitig erlaubt Art. 2 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 1 es den Vertragsparteien, die unterschiedlichen nationalen Umstände sowie die Armutsbekämpfung zu berücksichtigen. Die genaue vertragliche Verpflichtung kann somit von Staat zu Staat unterschiedlich sein.

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17
Q

Meist dezentrale Anwendung des Völkerrechts

A

Mehrdeutigkeit der Texte (constructive ambiguity) führt dazu, dass die genaue Klärung des Norminhalts auf die Phase der Anwendung und Umsetzung der Völkerrechtsnorm verlagert wird.

Die Umsetzung obliegt (dezentral) den Staaten und internationalen Institutionen.

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18
Q

Besonderheiten auf der Ebene der Rechtsdurchsetzung

A

Die konsensuale, horizontale Struktur setzt sich auf der Ebene der Rechtsdurchsetzung fort.

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19
Q

Besonderheiten auf der Ebene der Rechtsdurchsetzung:
a.) Keine obligatorische Gerichtsbarkeit

A

Es gibt im Völkerrecht keine zwingende (obligatorische) Gerichtsbarkeit. D.h. es besteht keine Garantie, dass ein Gericht über einen Rechtsstreit entscheidet.

Das Hauptrechtsprechungsorgan der UN ist der Internationale Gerichtshof in Den Haag.
Der Internationale Seegerichtshof hat seinen Sitz in Hamburg.
1998 wurde der ICC (international Criminal Court) oder IStGH gegründet, er hat seinen Sitz ebenfalls in Den Haag.

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20
Q

Besonderheiten auf der Ebene der Rechtsdurchsetzung:
Voraussetzung: Unterwerfung

A

Aufgrund des Respekts vor der staatlichen Souveränität sind die internationalen Gerichte nur nach einer vorherigen Unterwerfung der Staaten zuständig.Ein Staat kann also letztlich nicht ohne seine Zustimmung verklagt werden.

21
Q

Besonderheiten auf der Ebene der Rechtsdurchsetzung: Diplomatisch-politische Streitbeilegung

A

Neben den Gerichten gibt es im Völkerrecht ausserdem diplomatisch-politische Methoden der Streitbeilegung. Bsp. sind Verhandlungen, Fact Finding und Mediation. Der Schweiz kommt hierbei eine historische Rolle zu.

22
Q

Besonderheiten auf der Ebene der Rechtsdurchsetzung:
b.) Durchsetzungsmechanismen: kaum zwangsweise Rechtsdurchsetzung

A

Das Völkerrecht wird praktisch nie mit (zentralisiertem) Befehl und Zwang durchgesetzt.
Wenn dann druch Anreize, Vorteile oder umfassende Monitoring-Systeme.

Internationale Gerichtsurteile sind i.d.R. keine Leistungs-, sondern Feststellungsurteile. Ein Staat wird also nicht zu einem Tun oder UNterlassen verurteilt, das Gericht stellt lediglich fest. dass ein bestimmtes Verhalten völkerrechtswidrig war.

23
Q

Besonderheiten auf der Ebene der Rechtsdurchsetzung:
c.) Prinzipielle Zulässigkeit der Selbsthilfe (Sanktionen)

A

Die Reaktionsmöglichkeit der SElbsthilfe existiert im Anschluss an ein Feststellungsurteil oder auch in Fällen in denen es gar nicht zu einem Gerichtsverfahren kam.
Dies ist notwendig, da auch der UN-Sicherheitsrat über kein umfassendes zentrales Gewaltmonopol verfügt.

Die Staaten dürfen alle Arten nicht militärischer Zwangmassnahmen wie z.B. Wirtschaftssanktionen verhängen. Solche Sanktionen werden auch kollektiv im Rahmen der UN oder Eu verhängt.

24
Q

Machtabhängigkeit des Völkerrechts

A

Völkerrecht ist ein dezentrales, horizontales Recht.

Es handelt sich um ein Recht unter Gleichen.

Der Einfluss der tatsächlichen Macht, die in der Staatenwelt sehr ungleich verteilt ist ist im Völkerrecht deutlich spürbar.

Die Wirksamkeit des Völkerrechts ist abhängig vom jeweiligen nationalen Recht, mit dem es um gesetzt wird.

25
Q

Herausforderungen im Völkerrecht

A

Die Veränderung des globalpolitischen Machtgefüges im neuen Millenium (Gestaltungsansprüche Russland und China)

Rechtsstaatlichkeitskrisen in europäischen Staaten

Neue technische Auffälligkeiten (Internetüberwachung, Cyber-Attacken)

Wirtschaftskrisen

vorläufige Scheitern demokratischer Reformen im arabischen Raum und der bisher mangelnde Erfolg westlicher Interventionen, (Libyen, Afghanistan, Irak, Kosovo)

Migrations- Flüchtlingsbewegungen.

26
Q

Ist Völkerrecht wirklich Recht?

A

Leugner des Völkerrechts: Thomas Hobbes, Georg W.F. Hegel und John Austin.

John Austin definierte Recht als Befehle, d.h. Recht muss zwangsbewehrt sein. Weil Völkerrecht nur sehr eingeschränkt zwangsweise durchsetzbar ist, handelt es sich nach dieser Definition nicht um Recht. (zu engstiernige positivistische Rechtsdefinition)
Ob Völkerrecht wirklich Recht ist kann festgestellt werden, indem man überprüft, pb Völkerrecht die zwei Hauptfunktionen von Recht, nämlich Legitimitätsstiftung und Verhaltenslenkung/ Konfliktlösung erfüllt.

27
Q

Legitimierende Kraft

A

Völkerrecht hat eine legitimiertende Kraft, was man daran erkenn kann, dass Völkerrechtsverletzungen typischerweise mit rechtlichen Argumenten gerechtfertig werden und nicht mit der Behauptung, dass Völkerrechtsnormen gar nicht gälten.

Die Tatsache, dass eine staatliche handlung öffentlich anhand des Völkerrechts gerechtfertig werden muss hat entscheidende Rückwirkungen auf das Handlen des Staates selbst.

Es wird oft über die Legalität, d.h. die Völkerrechtskonformität des jeweiligen staatlichen Verhaltens diskutiert.

28
Q

Verhaltenssteuerung

A

Das Völkerrecht hat auch eine verhaltenssteuerende Funktion.

Völkerrechtsbestimmungen die praktisch immer beachtet werden sind: Völkerrechtsnormen über Vertragsabschlüsse, Normen über internationale Rechtshilfe, die Verträge zur Regelung des Flugverkehrs oder die Achtung der Gebietshoheit anderer Staaten.

29
Q

Globale Probleme

A

Institutionalisierte internationale Zusammenarbeit, die Rechte und Pflichten mit sich bringt, erweist sich als unabdingbar, um Probleme zu bewältigen, welche die Staaten nicht alleine lösen können.

30
Q

Verlässlichkeit und Stabilität

A

Die Gründe für die Befolgung des Völkerrechts wurden von Andrew Guzman als die “three R of compliance” bezeichnet: retaliation, reciprocity and reputation”.

31
Q

Harte Sanktionsdrohung (retaliation)

A

Retaliation (harte Sanktionsdrohung) ist meistens nicht der Grund für die Befolgung von Völkerrecht (Sanktionsmechanismen des Völkerrechts sind schwach), sondern aufgrund der Einsicht in die Vorteile der Rechtstreue. Zum einen benötigen die Staaten eine rechtliche Ordnung , da nur diese die Verläslichkeit und Stabilität gewährt, die notwendig ist, um den zwischenstaatlichen Austausch von Waren, Dientsleistungenund Kapital zu erreichen.

32
Q

Gegenseitigkeitserwartung (reciprocity)

A

Eng mit der Einsicht in die Vorteile und Rechtstreue hängt die Gegnseitigkeitserwartung zusammen (reciprocity). Nur ein rechtstreuer Staat kann damit rechnen, dass seine Partner ebenfalls die Rechtsverpflichtungen einhält.

33
Q

Internationale öffentliche Meinung (reputation)

A

Ein Staat muss im Falle einer Völkerrechtsverletzung einen Prestigeverlust (reputation) hinnehmen. Hierdurch erleidet er zumindest mittelfristig Nachteile.

Bsp. Nach der völkerrechtswidrigen Annextion der Krim durch Russland
entzog die EU Russland alle Beteiligungsrechte in diesem Organ (die Rechte wurden 2019 wieder eingeräumt, obwohl die Völkerrechtsverletzung fortbestand).

China wurde vorgeworfen, es habe die WHO nicht unverzüglich über das Auftreten des neuartigen Virus SARS-CoV-2 informiert. China bot später anderen Staaten Hilfe an und lieferte Atemschutzmasken nicht zuletzt um den drohenden Reputationsverlust auszugleichen.

34
Q

Kosten-Nutzen Kalkül

A

Staaten wägen zwischen dem Vorteil des Glaubwürdigkeitsgewinns und dem Nachteil der Einschränkung ihres Handlungsspielraums ab. Das Ziel der Trade-offs ist es für den jeweiligen Akteur/Staat ein bestmögliches Verhältnis von Vor- und Nachteilen der Verrechtlichung von internationalen Beziehungen zu schaffen. Dies erklärt auch, weshalb möchtigere Staaten völkerrechtliche Bindungen weniger gerne eingehen. Sie haben grössere Chancen, ihre politischen Ziele auch auf einem anderen Weg zu erreichen.

35
Q

Grundsätzliche Befolgung

A

Fast alle Nationen beachten fast alle Prinzipien des Völkerrechts und fast alle völkerrechtlichen Verpflichtungen fast immer.

36
Q

Historische Entwicklung des Völkerrechts:

3 Strukturen

A

Die strukturelle Entwicklung des Völkererchts kann mit den Schlagworten Koordination, Kooperation, Konstitutionalisierung gekennzeichnet werden. Seit 1945 sind immer mehr Kooperationsstrukturen hinzugekommen.

37
Q

1.) Entstehung moderner Territorialstaaten in Europa (Westfällischer Friede bis Wiener Kongress 1648-1815)

A

Vater des Völkerrechts: Hugo Grotius 1625 (De iure belli ac pacis libri tres, in quibus ius naturae et gentium, item juris publici praecipua explicantur).

Westfällische Friede von 1648: symbolisiert die Entwicklung von Personalverbänden zu Territorialstaaten. Es wurden Territorien festgelegt. Die deutschen Fürsten bzw. die von ihnen beherrschten Territorien wurden nach und nach immer unabhängiger und damit souverän. Die Unabhängigkeit von der Schweiz und der Niederlande wurde vom Deutschen Reich anerkannt.
So entstand das Völkerrecht als System voneinander unabhängiger, souveräner Nationalstaaten.
Themen des Völkerrechts waren die Begrenzung der Staatsgebiete, der Gebietserwerb, das Gesandtschaftswesen oder die Nutzung der Meere.

38
Q

2.) Wiener Kongress bis nach dem Ersten Weltkrieg (1815-1918)

A

Der Wiener Kongress etablierte das Gleichgewicht der Mächte. Das 19. und 20. Jahrhundert waren die Hochphase des Souveränitätsdogmas. Oft wurde die freie Kriegsführung als Staatensouveränität vertreten.

Es wurde auch ein Recht zur humanitären Intervention vor allem zum Schutz der Christen in muslimischen Gebieten in Anspruch genommen.

Als Geltungsgrund des Völkerrechts wurde der staatliche Wille angesehen.

Es begann jedoch auch eine gewisse internationale Kooperation(Handels- und Schifffahrtsverträge). Internationale Organisationen wurden gegründet (Flusskommissionen, Telegrafenverein, Weltpostverein).
Die Gründung dieser internationalen Organisationen war in dem Sinne wichtig, als dass sie neue Völkerrechtssubjekte darstellten.

39
Q

3.) Die Zwischenkriegszeit (1918-1945)

A

Nach Beendigung des Ersten Weltkriegs wurde 1919 der Völkerbund gegründet, welcher Teil des Versailler Vertrags war.

Ehemalige Kolonien wurden in das Mandatsystem des Völkerbunds überführt.

Es existierten ausdifferenzierte Minderheitenschuttzsysteme (vor allem für die Staaten Osteuropas, die aus Österreich-Ungarn hervorgingen).

1922 entstand der StIGH (ICC)

Es galt noch kein Gewaltverbot.

40
Q

4.) Die Zeit der Ost-West-Spaltung (1945-1989)

A

1945 Gründung der Vereinten Nationen.

Erstmals wurde ein umfassendes Verbot der Anwendung von militärischer zwischenstaatlicher Gewalt aufgestellt (Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta).
Diese wurde mit einem System der kollektiven Sicherheit im Rahmen der UN kombiniert.

Dieses neue System war jedoch durch den Zweiten Weltkrieg, dem Fall der Berliner Mauer (1989) und der Rivalität zwischen Russland und den USA geprägt. Wegen des ideologischen Konflikts war der UN-Sicherheitsrat meist nicht handlungsfähig (Vetorecht der Grossmächte).

41
Q

5.) Globalisierung

A

Gegenseitige Abhängigkeit: Weltweite Vernetzung der Märkte, Politik, Recht und Kultur findet statt.

Ursachen: wirtschaftliche Globalisierung, Zunahme der wirtschaftsrelevanten grenzüberschreitenden Transaktionen

Globalisierung der Probleme und Bedrohungen: Umweltzerstörung, Migration, Terrorismus, Verkehr. Zahlreiche Situationen die von einem Staat alleine nicht mehr kontrolliert werden können. Die Folge ist eine Verringerung der Aufgabenerfüllungskapazität der Staaten im Alleingang.

Global Governance: Zur Wiedergewinnung der Problemlösungskapazität sind globale, d.h. nicht territorial gebundene, regulatorische Regime notwendig.

42
Q

6.) Neue Weltordnung (1989-?)

A

Ende der Ost-West-Spaltung: USA erlangte die Sonderstellung als Weltmacht, die teilweise als US-Hegemonie bezeichnet wurde. Dies führte dazu, dass einige annahmen, dass die Leitwerte Menschenrechte und liberale Demokratie nach westlicher Prägung nun universelle Werte darstellten.

Inhaltliche und personelle Ausdehnung des Völkerrechts: Völkerrecht und Landesrecht greifen immer stärker ineinander.

Humanisierung: Das Völkerrecht basiert heutzutage auf zwei Grundprinzipien der staatlichen Souveränität und den Menschenrechten.

Die Bedeutung der Menschenrechte zeigt sich darin, dass alle Völkerrechtsnormen menschenrechtskonform ausgelegt werden müssen. Menschenrechte müssen in allen Feldern des Global Governance beachtet werden (Entwicklungsarbeit, Katastrophenhilfe, Pandemiebekämpfung) —> Human Rights-based approach

Die Staatssouveränität und das Interventionsverbot werden durch die Schutzverantwortung( responsibility to protect, R2P) modifiziert. Dem Staat obliegt es seine Bevölkerung vor Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu schützen. (Militärische Massnahmen sind dem UN-Sicherheitsrat vorbehalten)

R2P kann als Marker der Humanisierung des Völkerrechts gelten.

43
Q

7.) Backlash seit der Jahrtausendwende?

A

Die Reichweite des Gewaltverbots wird seit 2001 (Militärschläge in Afghanistan) durch immer stärkere Ausdehnung des Selbstverteidigungsrechts verringert.

Die NATO-Intervention im Kosovo 1999 wird als missbräuchlich bewertet.

Die US-amerikanische Intervention im Irak (2003) und die russische Annexion der Krim (2014) ist eine Verletzung des Gewaltverbots.

11.09.2001 hat eine globale Politik der Terrorismusbekämpfung ausgelöst. Der sog. Krieg gegen den Terror droht internationale Menschenrechtsstandards und Garantien des humanitären Völkerrechts zu unterminieren.

Bsp.: USA hat Talibankämpfer in Guantanamo Bay inhaftiert, USA unternimmt gezielte Tötungen von Terrorverdächtigen vor, China hält unter Verweis auf Terrorbekämpfung Tausende von Figuren in Umziehungslagern fest.

Bsp: Russland und die Türkei setzen nur ca. 1/4 der EGMR-Urteile um. Nach einem russischen Gesetz von 2016 dürfen EGMR-Urteile, die der russischen Verfassung widersprechen innerstaatlich nicht angewendet werden.

44
Q

Vom Naturrecht zum Rechtspositivismus

A
45
Q

Soziologische und funktionale Theorien

A
46
Q

Critical Legal Studies

A
47
Q

Ökonomische u. empirische Ansätze

A
48
Q

Globaler Konstitutionalismus

A