1/4 (Strukturen, Aufbau des Staates; GG , Staatsformmerkmale und Strukturprinzipien; Art. 20 GG, Staatsziele; NK) Flashcards

1
Q

Demokratieprinzip: P: Welche Anforderungen stellt das Demokratieprinzip an die Legitimation funktionaler Selbstverwaltungstätigkeit?

A

Dogmatik: Art. 20 I (Strukturentscheidung: Demokratischer Staat); Art. 20 II 1 (Staatsgewalt vom Volk); Art. 20 2 Hs. 1 (In Wahlen und Abstimmungen) -> Legitimationsmodell des BVerfG:

a) organisatorisch-personelle Legitimation (ununterbrochene Legitimationskette von Volksgewalt auf jew. Amtswalter)
b) sachlich-inhaltliche Legitimation (Inhalt wird vom Volkswillen abgeleitet: 1) durch parl. Gesetzgebungsrecht 2) durch Kontrollrechte der Amtswalter)
c) Außerhalb dieses Modells (bspw): funktionale Selbstverwaltung: bestimmte Aufgaben wird aus unmittelbarer Staatsverwaltung ausgegliedert und zu eigenverantwortlichen Erledigung einem eigenständigen ÖRlichen Rechtssubjekt übertragen (nur bedingt weisungsgebunden)

  1. Theorie des Legitimationsdefizits: Legitimationserfordernisse gelten auch dann, wenn Wahrnehmung der Aufgaben durch fSVerw die Allgemeinheit betreffen
    pro: Verf gibt keinen Anhaltspunkt, fSVerw anders zu behandeln als Ministerialverwaltung. Art 87 GG erlaubt zwar Selbstverwaltung, diese soll aber ihrem Wesen nach nur die Angehörigen der Selbstverwaltungseinheit betreffen. Sofern die Allgemeinheit betroffen ist, gelten die allgemeinen Legitimationskriterien
    pro: Bestellung der Verw ist körperschaftsintern (personell-organisatorisches LegDefizit)
    pro: körperschaftsinterne Wahl genügt nicht Wahl iSd Art 20 II 2 Hs 1, da es ein bloßes “Körperschaftsvolk” ist
  2. Theorie der pluralistischen Legitimationsansätze: Modifikation der LegErfordernisse möglich bzw. ein LegStrang kann den anderen kompensieren
    pro: Staatsvolk als ganzes muss nicht für jede Legitimation Voraussetzung sein: Landesvolk ausreichend - jedoch ist Identität von Herrschaftsbefugnissen und Herrschaftsunterworfenen nötig (con 1. Theorie)
    pro: Demokratieprinzip wurzelt in Vorstellung der individuellen Selbstbestimmung: wenn Betroffene Amtswalter wählen bzw. die Bestimmungsgremien derselben, braucht keine umfassende Legitimationskette an das Gesamtvolk bestehen
    pro: Personelle Legitimation kann durch Gesetz hergestellt werden (durch Regelung der Berufung von Amtsverwaltern)
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2
Q

Rechtsstaatsprinzip: Gesetzmäßigkeit der Verwaltung: P: Gilt im Bereich der Leistungsverwaltung der Gesetzesvorbehalt?

A

Dogmatik: Gesetzesvorbehalt (hoheitliche Tätigkeit bedarf einer formell-gesetzlichen Grundlage - Parlamentsvorbehalt meist gleichbedeutend, außer wenn Parlament zur Regelung durch Beschluss handelt) aus Rechtsstaats- oder/und Demokratieprinzip / GR abgeleitet

  1. Theorie des Totalvorbehalts: GVB besteht (nur mit Ausnahme von Notfällen) auch bei Leistungsverwaltung; bloße Einstellung der Mittel im Haushaltsplan (Gesetz) genügt nicht
    pro: Aus der Stellung des Parlaments als primus inter pares der Gewalten in einer parlDemo (entgegen einer parl./konst. Monarchie) erfolgt die umfassende Notwendigkeit parl. Ermächtigung für exekutives Handeln
    pro: im modernen Sozialstaat können Vorenthaltungen von Leistungen Bürger härter treffen als Eingriffe
    pro: Haushaltsgesetz lässt Modalitäten der Leistung völlig offen und genügt insofern nicht dem GVB
    pro: Leistungshandeln trifft (bspw. bei Subventionen) mittelbar auch Konkurrenten des Empfängers (deren GR oder Interessen)
    pro: Gleichbehandlung von gleichen Fällen durch parlRegelung besser gewährleistet als durch bloße Verwaltungsvorschriften
    pro: Ausnahmefälle (Soforthilfen nach Naturkatastrophen etc) sind derart selten, dass sie eine Aufweichung des GVB nicht rechtfertigen können
  2. Ablehnende Theorie: GVB besteht nicht (Bereitstellung im Haushaltsplan genügt), es sei denn, Leistungsgewährung stellt für Dritten einen GREingriff dar
    pro: Flexibilität der Verwaltung, auf Bedarfssituationen zu reagieren, wird gemindert
    pro: Übernormierung / Überlastung des Parlaments
    pro: Argument der Gegenseite des modernen Sozialstaats überzeugt nicht, da Parlament ohne GBV auch zur Regelung der Leistungseingriffe befugt ist; aber durch Totalvorbehalt wird es auch dazu verpflichtet, was den Bürger Leistungsgewährung eher erschwert (Gesetzgeber muss tätig werden und tut dies jedoch nicht, unbewusst oder bewusst)
    pro: nur bei Betroffenheit Dritter folgt Erfordernis des GVB aus Rechtsstaatsprinzip bzw. GR
    pro: Art 110 GG als GVB-Regelung auffassbar: Haushaltsimplementierung als bedeutende Entscheidung des Parlaments
    pro: Exekutive ist durchaus auch demokratisch zu Handlungen legitimiert und nicht umfassend vom Parlament abhängig
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3
Q

Rechtsstaatsprinzip: Gesetzmäßigkeit der Regierung: P: Gilt für die Informations- und Warntätigkeit der Regierung, mit denen GREingriffe verbunden sind, der GVB?

A

Dogmatik: Liegt überhaupt ein GR-Eingriff vor, der dann dem GVB-basierten verfassungsrechtlichen Rechtfertigungserfordernis unterliegt

I. Theorie der Informations- und Warnbefugnis: verfassungsunmittelbare Warnbefugnis der BReg ohne einfach-ges. Ermächtigungsgrundlage

pro: nicht explizit normierte, aber sich aus der Gesamtschau der Art 62 ff. ergebende Aufgabe der BReg, staatsleitend tätig zu werden und die Öffentlichkeit über aktuelle politische Fragen zu informieren: das Tätigsein beschränkt sich nicht auf Art 83 oÄ
pro: auch dann befugt, wenn mittelbare GRBeeinträchtigung - typische GBV-Lage (Rechtsklarheit und sicherheit) bei mittelbarer GRB nicht gegeben - gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zu Informationshandeln müsste so allgemein sein, dass sie keine zusätzliche Information für Bürger hätte, was Rechtsklarheit etc anbelangt

II. Theorie des umfassenden Erfordernisses des Gesetzesvorbehalt

pro: BReg als Teil der vollziehenden Gewalt an GVB gebunden, wie jeder andere Teil der Exekutive auch: Verbot des Schlusses von der Aufgabe (Art. 62 ff.) auf die Befugnis im Verwaltungsrecht (besonders Polizei- und Ordnungsrecht)
pro: Unnormierbarkeit einer Befugnisnorm als Argument verfängt nicht: auch im PolizeiR existieren solche umfassenden Generalklauseln, die zumindest ein Mindestmaß an Rechtssicherheit bieten
pro: Öffentlichkeitsarbeit ist mit Warnung der Öffentlichkeit nicht gleichzusetzen (Warnung sind staatliche Aktionen, Öffentlichkeitsarbeit ist Information über staatliche Aktionen)
pro: auch eine eventuelle Schutzpflicht gibt keine ausreichende Ermächtigung, sondern könnte nur als Rechtfertigung bei dem Erlass eines entsprechenden Gesetzes angeführt werden
pro: GGText ist abstrakt gefasst und kann die vom GVB bezweckte Bestimmung und Berechenbarkeit staatlichen Handelns aufgrund Gesetzes bzw. eng umgrenzten EingriffsTB nicht ersetzen, schon gar nicht, wenn diese aus einer systematischen Gesamtschau der Art. folgen, die die BReg betreffen
pro: Ausnahme der außergewöhnlichen Not- und Gefahrenlage dennoch möglich

  • Voraussetzungen des BVerfG (Glykol)
    1. Aufgabe des Staates (Art. 62 ff. GG)
    2. Zuständigkeit der handelnden Stelle (Regierung)
    3. Inhaltliche Richtigkeit der Äußerungen
    4. Angemessenheit von Form und Inhalt (keine Diffamierungen)
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4
Q

Demokratieprinzip: P: Was ist das “Volk” iSd Art 20 II?

A
  • Wortlaut:
    a) Volk als die Betroffenen von Herrschaftsgewalt (Volkssouveränität: Selbstunterwerfung)
    b) Einheit von substanziell gleichartigen Menschen, die sich in einer Schicksalsgemeinschaft einander zugehörig fühlen
  • Systematik:
    a) Art 38 II: nur Ausschluss aufgrund des Alters; e contrario: keine anderen Ausschlussgründe (spricht für Wortlaut a)
    b) Art 3: alle sind vor dem Gesetz gleich und dürfen nicht aufgrund ihrer Herkunft benachteiligt werden (jedoch con: Herkunft iSd Art 3 meint soziale Herkunft, nicht nationale; kann durch andere Art, wie 33 II, überlagert werden)
    c) Art 1 I: Staatsgewalt soll prinzipiell von allen dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen legitimiert sein (con: Ausländern ist nicht dauerhaft Mitbestimmung über die Herrschaftsgewalt, der sie unterworfen sind, versagt, solange es adäquate Einbürgerungsmöglichkeiten gibt)
    d) GG: herausgehobene Stellung für Deutsche iSd des GG (Art. 116)
  • > Präambel
  • > DeutschenGR, insbes. Zugang zu öffentlichen Ämtern Art 33 II
  • > Art 25 II: spricht von “Bewohnern des Bundesgebiets”
  • Historie:
    a) Denken in nationalen Kategorien in den 40er Jahren, selbst nach dem Krieg
    b) klassische Verfassungstheorie: Staat im Anschluss an Georg Jellinek neben den Elementen Staatsgebiet und Staatsgewalt durch das Staatsvolk charakterisiert, das als „Schicksalsgemeinschaft“ verstanden wurde
    c) Jedoch: Verfassung als “living instrument” vs. “Originalism”
  • Telos:
    a) als Mitgliedschaftsrecht: im Hinblick auf den Organisationsakt ist zu beachten, dass der Staat als juristische Person ähnlich einem Verein im Privatrecht klare formale Strukturen benötigt
    b) Praxis (Staatsgewalt wird von Staatsangehörigen abgeleitet) als fundamental: Könnte ein derart grundlegender Inhalt der Verfassung durch einen „Verfassungswandel“ im Wege der Interpretation geändert werden, würde die normative Kraft der Verfassung vernachlässigt
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5
Q

Freiheitlich-demokratische Grundordnung

A

umfasst gem. BVerG:

  1. Anerkennung der Menschenrechte des GG
  2. Grundprinzipien der Staatsorganisation (Volkssouveränität, Verantwortlichkeit der Regierung, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Unabhängigkeit der Gerichte)
  3. Grundprinzipien der politischen Willensbildung (Mehrparteiensystem, Chancengleichheit der Parteien, Recht auf Opposition)
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6
Q

Rechtsstaatsprinzip: Wesentlichkeitsvorbehalt

A

= in normativ grundlegenden Bereichen (hauptsächlich: GR) muss der Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen – für GR von wesentlicher Bedeutung, dh weiter als direkter GR-Eingriff

  • Abgrenzung zum Gesetzesvorbehalt: Wesentlichkeit stellt inhaltliche Anforderung (die wesentlichen Fragen muss der Gesetzgeber im Gesetz selbst bereits entschieden haben)
  • > Parlamentsvorbehalt meint lediglich, dass sich das Parlament öffentlich damit auseinandersetzen muss (ggf. auch einfach Beschluss ausreichend)
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7
Q

Staatsziele: Begriff

A

= offen gefasste Verfassungsnormen, die den Staat verpflichten, auf die Verwirklichung bestimmter Ziele hinzuwirken – Vorbehalt des Möglichen: normative Qualität bleibt hinter den Verfassungsprinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie oder der Bundesstaatlichkeit

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8
Q

Staatsziel: Sozialstaatlichkeit

A
  • Grundlagen des sozialen Rechtsstaats
  • > Art. 20 I: sozialer Bundesstaat; Art. 28 I 1: sozialer Rechtsstaat
  • > Abgrenzung zum liberalen Rechtsstaat (alleiniges Anliegen ist hier die Abgrenzung eines gesellschaftlichen Freiraumes ggü dem Staat); Gewährleistung eines status negativus (Schutz vor Eingriffen)
  • > Soziale Sicherung und soziale Gerechtigkeit (offene Ziele, Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers)
  • > Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 I iVm Art. 20 I): materielle Voraussetzungen, die für physische Existenz wichtig sind, + Mindestmaß an Teilnahmemöglichkeit am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben
  • Positive Bindungswirkung des Sozialstaatsprinzips:
  • > Risiken absichern, sozialen Ausgleich herstellen, Schutz des Schwächeren gewähren
  • > Stern: „sozialstaatliche Imprägnierung der Wirtschaft“
  • > Grds. Entstehen aus dem Sozialstaatsprinzip keine Leistungsansprüche des Bürgers gegen den Staat; aber: Bürger hat Anspruch auf die Gewährung von gesetzlichen Ansprüchen!
  • > Gesetzgeber hat großen Gestaltungsspielraum; es gilt allgemein der Vorbehalt der vorrangigen Selbsthilfe
  • > Gesetzliche Ausgestaltung darf nicht mit dem Normbestand der Sozialstaatlichkeit selbst verwechselt werden, da diese entwicklungsoffen bleiben muss!
  • > Im Kernbereich aber existiert eine unmittelbare Schranke gegen Eingriffe des Gesetzgebers (Garantie des Existenzminimums; Bereiche sozialer Sicherung in der Sozialversicherung)
  • > Aber: keine Bestandsgarantie auf individuelle, einzelne Leistungen (aber natürlich Garantie von Ansprüchen aus Eigenleistung aus Art. 14 I (Eigentum!) bspw. aus Beitragszahlungen; Anwartschaften aus gesetzlicher Rentenversicherung)
  • > Eingriff zur Verwirklichung sozialpolitischer Ziele in die Rechte Einzelner möglich, jedoch:
  • > Muss durch öffentliches Interesse gerechtfertigt sein
  • > Abwägung des öffentlichen Interesses gegen die Belange des Betroffenen
  • > „Sozial“ keine undifferenzierte Billigkeitsformel, sondern Rückgriff auf differenzierte Inhalte notwendig
  • Verhältnis von Rechtsstaat und Sozialstaat:
  • > Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Gleichheit
  • > Sozialstaat: plant und sorgt für Dasein der Bürger vor
  • > Rechtsstaat: Freiraum gegen planenden und sorgenden Staat (und dafür nötige Eingriffe) soll geschützt werden
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9
Q

Staatsziel: Umweltschutz

A
  • Art. 20a (1994 eingefügt): Schutz der natürlichen (im Ggs. zu sozialen oder ökonomische, sprich geschaffenen) Lebensgrundlagen und der biologischen Vielfalt
  • Schutz eines artgerechten Lebens aller Tier- und Pflanzenarten
  • Schutz von: Luft, Wasser, Boden, Pflanzen- und Tierwelt, klimatischen Bedingungen, Unversehrtheit einer Landschaft
  • Keine subjektiven Rechte daraus ableitbar, eher als Programmnorm
  • Schutzgebot:
  • > Unterlassen schädigender Eingriffe
  • > Abwehr drohender Gefahren
  • > Vorsorgen gegen eventuelle Risiken
  • Kompensationsprinzip: Eingriffe in natürliche Lebensgrundlagen sind weitestgehend auszugleichen
  • Richtet sich primär an Gesetzgeber
  • Art. 20a führt nicht direkt zur Unzulässigkeit umweltbelastender Eingriffe; sondern zur Verpflichtung, umweltbelastende Eingriffe in Abwägung mit konkurrierenden Belastungen zu begrenzen
  • Gestaltungsfreiraum des Gesetzgebers hinsichtlich der Umsetzung; Staatsziel Umweltschutz kann Eingriffe in Grundrechte rechtfertigen
  • Für Exekutive: keine selbstständige Eingriffsgrundlage (ersetzt nicht gesetzliche Ermächtigung!); Bedeutung für Auslegungsmaßstab (was sind „öffentliche Interessen“ oder „öffentliche Belange“?)
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10
Q

Staatsziel: Tierschutz

A
  • 20a seit 2002: Verpflichtung zum Schutz der Tiere (zuständigen Organen kommt aber weiter Gestaltungsspielraum zu!)
  • Grundrechte können eingeschränkt werden (Religionsfreiheit; Berufsfreiheit)
  • Auslegung: durch gesetzliche Regelung (TierSchG) – aber nicht umfassende Erfassung des 20a! -> Verletzung einfachen Rechts (TierSchG) kann auch eine Verletzung der Verfassung darstellen, wenn die betroffenen Bereiche zum Kern der Norm gehören!
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11
Q

Demokratieprinzip: Begriff

A
  • Demokratie als Herrschaft des Volkes
  • > Volk ist Träger der Staatsgewalt (= die ursprüngliche und prinzipiell unbeschränkte Herrschaftsmacht des Staates in seinem Gebiet über die dort sich aufhaltenden Menschen)
  • > “Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft” (BVerfG)
  • GG ist nicht auf indirekte Demokratie festgelegt, sondern auch für direktdemokratische Elemente offen
  • > ggf. Verfassungsänderung erforderlich (Gesetzgebungsverfahren abschließend geregelt)
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12
Q

Demokratieprinzip: Wahlrechtsgrundsätze: Allgemeinheit

A

= grundsätzlich können alle Bürger wählen und haben somit Zugang zur Wahl
- Voraussetzung: gewisses Mindestmaß an Einsicht und Verantwortungsbewusstsein (Mindestalter)

  • typisierende Betrachtung angesichts der Rechtssicherheit zulässig
  • nur Angehörige des deutschen Volkes (deutsche Staatsangehörige), str.: dauerhafte Beziehung zwischen Bürger und Staat erforderlich (dauerndes Unterworfensein der Staatsbürger erfordert entsprechende Legitimation der sie beherrschenden Staatsgewalt)
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13
Q

Demokratieprinzip: Wahlrechtsgrundsätze: Unmittelbarkeit

A

= Entscheidung des Wählers erfolgt ohne vermittelnde Instanzen
- Listenwahlen sind zulässig, soweit die Zusammensetzung und Reihenfolge der Bewerber (inklusive Nachrücker) im Voraus öffentlich bekannt ist

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14
Q

Demokratieprinzip: Wahlrechtsgrundsätze: Geheimheit

A

= Stimmabgabe ist keinem anderen bekannt

-> Briefwahl (Ausgleich zwischen Allgemeinheit und Geheimheit der Wahl; eidesstattliche Versicherung)

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15
Q

Demokratieprinzip: Wahlrechtsgrundsätze: Freiheit

A

= ohne auch nur mittelbaren Druck oder Zwang von außen

  • > sowohl für Vorbereitungsphase als auch für Wahlakt selbst
  • > Wahlbeeinflussung durch staatliche Autorität: unzulässig, jedoch in Abwägung mit den Zielen einer ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl und allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit in Abwägung zu bringen
  • > Verbot appellativer Gestaltung des Stimmzettels
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16
Q

Demokratieprinzip: Wahlrechtsgrundsätze: Öffentlichkeit

A

= Nachvollziehbarkeit des Wahlvorschlagsverfahrens, der Auszählung der Stimmen und der Feststellung des Wahlergebnisses

  • > aus Art. 38 I 2 iVm Art. 20 I, II GG: Demokratieprinzip fordert die öffentliche Kontrollierbarkeit staatlicher Gewalt
  • > problematisch bei Wahlcomputern oder Internetwahlen (Nachvollziehbarkeit nur durch IT-Spezialisten)
    con: realitätsferne Betrachtung von IT-Vorgängen?
17
Q

Demokratieprinzip: Wahlrechtsgrundsätze: Gleichheit

A
  1. Zählwertgleichheit = jede abgegebene Stimme zählt gleich (one man one vote)
  2. Erfolgswertgleichheit = jede abgegebene Stimme hat die gleiche rechtliche Erfolgschance
    - > Wahlkreise müssen annähernd gleich groß sein
18
Q

Demokratieprinzip: Wahlrechtsgrundsätze: Allgemeinheit: P: Verfassungsmäßigkeit des Wahlrechtsentzug für Strafgefangene

A
  • Rechtfertigung der Einschränkung der Allgemeinheit der Wahl:
    a) Wahlrecht als politisches Ehrenrecht
    Unabhängig davon, dass es bereits zweifelhaft ist, ob in jeder Straftat eine Missachtung des Staats insgesamt zum Ausdruck kommt, ist nicht ersichtlich, dass das Grundgesetz den Ausschluss von „Staatsfeinden“ vom Wahlrecht legitimiert. Art. 18 GG zeigt, dass das Gegenteil der Fall ist: Danach können nur bestimmte Grundrechte, darunter nicht das Wahlrecht, im Missbrauchsfall entzogen werden, und zwar nur durch das BVerfG

b) Straffunktion des Wahlrechtsentzugs
müsste aber in Ermangelung eines Gesetzesvorbehalts in Art. 38 GG von anderen Verfassungsnormen besonders legitimiert sein (anders als etwa die Freiheitsentziehung, die nach Art. 2 Abs. 2 S.3 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes grundsätzlich zu jedem Ziel möglich ist, soweit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt). Auch insoweit ist nichts ersichtlich

c) Erschwerung der Meinungsbildung in der Haft
Fraglich ist allerdings, ob der Ausschluss aller Strafgefangener vom allgemeinen Wahlrecht überhaupt dazu geeignet ist, den Informationsstand der Wählenden zu stärken. Es ist ohne weiteres möglich, Strafgefangenen Zeitungen und Radio- bzw. Fernsehgeräte zur Verfügung zu stellen. Das Verständnis der Bürgerrechte darf sich nicht nach den Haftbedingungen richten, vielmehr müssen die Haftbedingungen den Bürgerrechten angepasst werden.

19
Q

Demokratieprinzip: Wahlrechtsgrundsätze: Freiheit: Verfassungsmäßigkeit einer Wahlpflicht

A

I. Umfasst Art 38 nicht nur die Wahlentscheidungsfreiheit, sondern auch die Wahlbeteiligungsfreiheit?
pro: Wahlrecht nicht nur ein Element der Staatsorganisation darstellt, sondern auch ein subjektives Freiheitsrecht der Bürger (negative Dimension)
II. Rechtfertigung
a) Art 20 II: Staatsgewalt soll sich von möglichst vielen Bürgern ableiten lassen
b) Art 38: “Vertreter des ganzen Volkes”
c) praktisches Konkordanz:
- Geeignetheit: zwar ungültige Stimmen zu erwarten, jedoch auch einige, die gültige Stimmen abgeben werden, daher (+)
- Erforderlichkeit: Informationskampagnen, politische Bildung und insbesondere auch die Briefwahl: wohl nicht so effektiv wie Pflicht, daher (+)
- Angemessenheit: zwar gewissen Anstieg zu erwarten, aber auch Protestwähler, die dennoch keine gültige Stimmen abgeben; Wahlbeteiligung mit 70% wohl ausreichende Legitimationsbasis, daher wohl bei momentaner Lage (-)

20
Q

Demokratieprinzip: Wahlrechtsgrundsätze: Gleichheit: P: Verfassungsmäßigkeit eines stellvertretenden Elternwahlrechts

A
  1. Verstoß gegen die Wahlrechtsgrundsätze Unmittelbarkeit und Gleichheit
    pro: keine Unmittelbarkeit (zwar Vertreterhandeln der Eltern aus Zivilrecht bekannt, jedoch auch Ausnahme bei höchstpersönlichen RG; Wahlentscheidung wohl eine solche höchstpersönliche Handlung)
    pro: keine Gleichheit, da Eltern nur formal “für” Kindern Stimmen; faktisch jedoch (auch aufgrund der Geheimheit der Wahl) können Eltern einfach ihre Wahlentscheidung verstärken
    - > Rechtfertigung durch verstärkte Allgemeinheit der Wahl? Fraglich, da Eltern nicht im Sinne des Kindes stimmen würden bzw dies aufgrund der mangelnden politischen Willensbildungsfähgikeit gar nicht möglich ist
  2. Änderungsfestigkeit der betroffenen Wahlrechtsgrundsätze (Art. 79 III)
    - „Ewigkeitsklausel“ fordert keine Versteinerung aller Einzelheiten der bisherigen Ausgestaltung der Demokratie, verbietet aber doch Änderungen, die grundlegende Werte beseitigen, die die Identität des Grundgesetzes ausmachen
    - Unmittelbarkeit nicht absolut zwingend (s. USA)
    - Gleichheit aller Staatsbürger ein entscheidendes Charakteristikum der modernen Vorstellung von Demokratie; werden einzelnen Gruppen formal stärkere Mitentscheidungsrechte als anderen eingeräumt, so wird damit letztlich ein Ständestaat wieder eingeführt, den demokratische Verfassungen seit der Französischen Revolution aufheben wollten: Beeinträchtigungen der Zählwertgleichheit -> Berühren der Verfassungsidentität des GG
21
Q

Demokratieprinzip: Wahlrechtsgrundsätze: Gleichheit: P: Ist die Sperrklausel in § 6 VI 1 Alt. 1 BWahlG verfassungsgemäß?

A

Dogmatik: Erfolgswertgleichheit, Art. 38 I 1 (jede abgegebene gültige Stimme hat gleiches Gewicht für die Zusammensetzung des BT)

  1. Verfassungsmäßigkeit (+)
    pro: Sicherung der Funktionsfähigkeit der zu wählenden Volksvertretung -> Zersplitterung nach Kleingruppen und Verhinderung von Mehrheitsbildung
    pro: Charakter der Wahl als Integrationsvorgang: große Parteien stellen sicher, dass breites Wahlprogramm mit Berücksichtigung unterschiedlicher Interessensgruppen im BT vertreten sind, und nicht nur kleiner Splittergruppen, die lediglich Lobbyarbeit betreiben
    pro: Lehren aus Weimar: Erschwernis der Regierungsbildung
    pro: (gegen con-Argument der bereits bestehenden hinreichenden Stabilität) Stabilität des parlamentarischen Systems gerade Ausdruck des jahrzehntelangen Bestehens des Wahlrechts mit Sperrklausel
    pro: Etablierung und Aufstieg der Grünen und AfD zeigt, dass 5%-Sperrklausel einer Veränderung der Parteienlandschaft nicht entgegensteht
  2. Verfassungsmäßigkeit (-)
    pro: Braucht es wirklich noch eine 5%-Hürde, um das an sich legitime (und verfassungsrechtlich verankerte) Ziel der Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit des Parlaments zu erreichen?
    pro: demokratische Kosten: kann zu Frustration führen, sich neu parteipolitisch zu engagieren: Gefahr der Verkrustung
    pro: Sperrklausel derart gravierender Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit, dass er nicht einfachgesetzlich, sondern zumindest in seinen Grundzügen in der Verfassung explizit verankert sein müsste
    pro: con Argument, das Splitterparteien per se Gemeinwohlorientierung ab- und bloßen Lobbyismus zuspricht - schlichtweg nicht notwendigerweise so
    pro: Selbst in Weimarer Zeit waren Splitterparteien mitunter koalitions- und regierungswilliger - Lehren aus Weimar insofern nicht eindeutig auf Absperrung kleiner Parteien zu richten
22
Q

Demokratieprinzip: Wahlrechtsgrundsätze: Gleichheit: P: Ist die Grundmandatsklausel in § 6 VI 1 Alt. 2 BWahlG verfassungsgemäß?

A
  1. Verfassungsmäßigkeit (+)
    pro: Zweck der effektiven Integration des Staatsvolkes - Gesetzgeber kann besondere politische Kraft der Partei auch aus der besonderen Bedeutung anhand ihrer Erststimmen ableiten (besonderes Wählervertrauen bei Direktwahl)
    pro: Grundmandatsklausel als Ausnahme von der Sperrklausel, und somit Ausnahme von der Ausnahme: damit ist der verfassungsrechtlich bedenkliche Zustand der Erfolgswertungleichheit wieder aufgehoben
  2. Verfassungsmäßigkeit (-)
    pro: Schluss von der Menge der Direktmandate auf parteipolitische Bedeutung der anderen Meinung unzulässig, da Erststimme der Person zugerechnet wird, Zweitstimme der Partei, und somit Personen- und Verhältniswahl vermischt werden
    pro: Integrationsbestrebung der anderen Meinung verfangen nicht, da Partei iSe politischen Strömung nicht der Erfolg “ihrer” Direktkandidaten zugerechnet werden kann - GMK daher ein ungerechtfertigter Eingriff in die Chancengleichheit der “Unter-5%-Parteien”
    pro: Integrationskonzept nicht verträglich mit Demokratieprinzip, da manchen Parteien so eine Parlamentswürdigkeit verliehen wird, die andere nicht haben
    pro: Zusammenhang zwischen Mindestens-3-DM und größere politischer Integrationskraft bloße Behauptung
    pro: Unvereinbarkeit der GMK mit Sperrklausel-Argumenten: evtl. sogar geringeren Zweitstimmenanteil als solche Parteien, die zwar nicht ausreichend viele DM haben, aber immer noch unter 5%
    pro: nur Zirkelschlüsse für die schlichte Wertung von bestimmten Parteien als “parlamentswürdig”
    pro: Möglichkeit institutionellen Missbrauchs: größere Partei kann in drei Wahlkreisen auf eigene Kandidaten verzichten zugunsten einer (verbundenen) kleineren Partei, die dann mit ihren Zweitstimmen einziehen kann (Huckepackverfahren)
23
Q

Demokratieprinzip: Wahlrechtsgrundsätze: Gleichheit: Prüfung: Verstößt eine Wahlrechtsnorm gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 38 I GG?

A
  1. Ist die Wahlrechtsgleichheit beeinträchtigt, insbesondere der Erfolgswert der Stimmen unterschiedliche?
  2. Ist dieser Erfolgsunwert zwingend im geltenden Wahlsystem angelegt (vgl. verg. Überhangmandate)?
  3. Kann die Ungleichheit durch Gründe aus der Verfassung heraus legitimiert werden?
24
Q

Rechtsstaatsprinzip: Rechtsstaatlichkeit

A

= Ausübung staatlicher Gewalt im Rahmen der Rechtsordnung und damit Schutz einer rechtlich gesicherten Sphäre des Bürgers gegenüber dem Staat

25
Q

Rechtsstaatsprinzip: Materieller Rechtsstaat

A

= nicht nur formell durch rechtmäßige Verwaltung, unabhängige Gerichte und Gewaltenteilung – materieller Zusatz: unmittelbar verbindliche Grundrechte und allgemein-rechtsstaatliche Grundsätze (Rechtssicherheit und Verhältnismäßigkeit) -> staatsfreier Bereich individueller Freiheit

26
Q

Rechtsstaatsprinzip: Formeller Rechtsstaat

A
  • Gewaltenteilung (Art 20 II 2)
  • > Trennung muss funktionell, organisatorisch und personell erfolgen
  • Vorrang des Gesetzes (Art 20 III) Bindung der Verwaltung an das geltende Recht; kein Verstoß gegen Gesetze
  • Vorbehalt des Gesetzes: staatliches Handeln und Verwaltung erfordern eine gesetzliche Grundlage (Rückbindung an Volkswillen: Demokratieprinzip bestimmt Rechtsstaatsprinzip mit)
  • Unabhängigkeit der Gerichte (Art 19 IV, 2 I iVm Rechtsstaatsprinzip Art 97)
  • Bestehen einer Verfassungsgerichtsbarkeit (Art 93)
  • > LVerfG nur für Landesrecht zuständig; BVerfG kann sowohl Landes- als auch Bundesrecht prüfen
27
Q

Rechtsstaatsprinzip: Rechtssicherheit

A

= Bestimmtheit, Klarheit, Verlässlichkeit der Rechtsordnung und Vertrauensschutz
-> Klarheit der Normen
-> Bestimmtheit der Normen
= Norm muss in ihren Voraussetzungen und ihrem Inhalt so formuliert sein, dass die von ihr Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können
-> Rechtssystem insgesamt: klar, übersichtlich, widerspruchsfrei
-> Kontinuität gesetzgeberischen Handelns, Schutz des Vertrauens der Bürger in die Rechtsordnung

28
Q

Rechtsstaatsprinzip: P: Verfassungsrechtliche Zulässigkeit rückwirkender Gesetze

A

Dogmatische Verankerung: Vertrauensschutz aus Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III) oder aus GR direkt (Prüfung neben der Verhältnismäßigkeit in der verfassungsRlichen RechtsF)

  1. Echte Rückwirkung (Gesetz greift nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende TB ein, deren Rechtsfolgen vor Verkündung des Gesetzes eingetreten sind)
    a) Grds. unzulässig
    pro: Grundsatz des Vertrauensschutzes (Bürger hat sich damals auf die Herrschaft des früheren Rechts verlassen dürfen)
    b) Ausn. zulässig: besondere Gründe
    pro: musste mit Neuregelung rechnen
    pro: bisherige Rechtslage unklar
    pro: bisherige Regelung verfassungswidrig
    pro: resultierende Belastung bagatellhaft
    pro: Zwingende Gründe des öffentlichen Wohls
  2. Unechte Rückwirkung (Gesetz wirkt nur auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft ein)
    a) Grds. zulässig
    pro: Regelungsinteresse des Gesetzgebers überwiegt, die Rechtsordnung für die Zukunft neu gestalten zu können, auch wenn dabei auf gegenwärtige, begonnene SV eingewirkt wird
    b) Ausn. unzulässig (kumulativ):
    I. Eingriff konnte von Betroffenen gar nicht berücksichtigt werden (dispositionsirrelevant)
    II. Vertrauen im Einzelfall schutzwürdiger als Gesetzesanliegen (bspw. wenn unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich oder wenn Bestandsinteressen des Betroffenen Änderungsabsichten des Gesetzgebers klar überwiegen)
29
Q

Prüfung: Abstrakte NK, Art. 93 I Nr. 2 GG iVm §§ 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG

A

A. Zulässigkeit

I. Zuständigkeit des BVerfG, Art. 93 I Nr. 2 GG iVm §§ 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG

II. Antragsberechtigung, Art. 93 I Nr. 2 GG, § 76 I BVerfGG

  • Ein Viertel der Mitglieder des BT
  • > nicht: Fraktion
  • > nicht: wenn Große Koalition mehr als 3/4 der Mandate innehat (keine Minderheiten-NK, str.)

III. Antragsgegenstand

  • § 76 I BVerfGG: Bundes- oder Landesrecht = alle Parlamentsgesetze (Gesetze im formellen Sinn) und alle abstrakt-generellen Rechtsnormen (Gesetze im materiellen Sinne), insb. Rechtsverordnungen
  • grds. Verkündung (Inkrafttreten nicht notwendig, Grund: keine Präventivkontrolle), bei Zustimmungsgesetzen zu völkerrechtlichen Verträgen Beschluss des BT ausrei- chend (Vermeidung innerstaatlich verfassungswidriger Bindung nach außen)

IV. Antragsgrund

  • § 76 I Nr. 1 BVerfGG: Für-nichtig-Halten des Antragsgegenstands
  • Art. 93 I Nr. 1 GG: Meinungsverschiedenheiten oder Zweifel
  • > eA: unmittelbarer Rückgriff auf höherrangige Verfassungsnorm
  • > aA: verfassungskonforme Auslegung von § 76 I Nr. 1 BVerfGG

V. Klarstellungsinteresse

  • indiziert durch Antrag, keine besondere Antragsbefugnis
  • insb. (-), wenn Frage bereits verfassungsrichterlich geklärt

VI. Form und Frist
- Form, § 23 I BVerfGG (schriftlich und begründet)

B. Begründetheit

OS: Begründet, soweit die Norm verfassungswidrig ist (bzw. gegen sonstiges Bundesrecht verstößt)

C. Ergebnis
- Tenor: gem. §§ 78, 79 BVerfGG

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Q

Demokratieprinzip: Wahlrechtsgrundsätze: Allgemeinheit: Verfassungsmäßigkeit eines Wahlverbots für Strafgefangene

A
  • Rechtfertigung der Einschränkung der Allgemeinheit der Wahl:
    a) Wahlrecht als politisches Ehrenrecht
    Unabhängig davon, dass es bereits zweifelhaft ist, ob in jeder Straftat eine Missachtung des Staats insgesamt zum Ausdruck kommt, ist nicht ersichtlich, dass das Grundgesetz den Ausschluss von „Staatsfeinden“ vom Wahlrecht legitimiert. Art. 18 GG zeigt, dass das Gegenteil der Fall ist: Danach können nur bestimmte Grundrechte, darunter nicht das Wahlrecht, im Missbrauchsfall entzogen werden, und zwar nur durch das BVerfG

b) Straffunktion des Wahlrechtsentzugs
müsste aber in Ermangelung eines Gesetzesvorbehalts in Art. 38 GG von anderen Verfassungsnormen besonders legitimiert sein (anders als etwa die Freiheitsentziehung, die nach Art. 2 Abs. 2 S.3 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes grundsätzlich zu jedem Ziel möglich ist, soweit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt). Auch insoweit ist nichts ersichtlich

c) Erschwerung der Meinungsbildung in der Haft
Fraglich ist allerdings, ob der Ausschluss aller Strafgefangener vom allgemeinen Wahlrecht überhaupt dazu geeignet ist, den Informationsstand der Wählenden zu stärken. Es ist ohne weiteres möglich, Strafgefangenen Zeitungen und Radio- bzw. Fernsehgeräte zur Verfügung zu stellen. Das Verständnis der Bürgerrechte darf sich nicht nach den Haftbedingungen richten, vielmehr müssen die Haftbedingungen den Bürgerrechten angepasst werden.