1/2 (Verlöbnis, Eheschließung, fehlerhafte Ehe; Allg. Wirkungen (insb. §§ 1357, 1359, 1362); Schlüsselgewalt; Haftung; Eigentum- und Besitz; Grundlagen GüterR; Verfügungsbeschr) Flashcards
Allgemeine Ehewirkungen: Generalklausel § 1353 I
- S. 1: Auf Lebenszeit geschlossen
- S. 2: Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft
- > geistig-sittliches Band
- > räumliche Dimension
- S. 2: Ehegatten tragen füreinander Verantwortung
- Ehepflichten als echte Rechtspflichten (wenn auch in beschränktem Maße mit Rechtszwang durchsetzbar)
- > hM: Grundbestand, wie Leben in räumlicher Gemeinschaft, Geschlechtsgemeinschaft, Wahrung der ehelichen Treue, Sorge um gemeinsame Angelegenheiten (dem steht gewisse Rollenverteilung nicht entgegen), gemeinsame Haushaltswarenbenutzung, Beistandsschaft (-> Garantenpflicht), Rücksichtnahme hinsichtlich Religions- und Berufsausübung, gleichberechtigte Partnerschaft)
- > Bereitschaft zur Nachkommenschaft: abhängig von den Vorstellungen der jeweiligen Ehepartner (zählt nicht zum Kernbestand, wie bspw. gleichberechtigte Partnerschaft)
Allgemeine Ehewirkungen: Haushaltsführung, § 1356 I
- jeder Ehegatte ist verpflichtet, nach seinen Kräften und Möglichkeiten persönlichen Einsatz für die Bedürfnisse der Gemeinschaft zu erbringen
- > einen Bereich dieser Sorgetätigkeit bildet der Haushalt
- “Einvernehmen” -> kein Vertrag, aber rechtliche Wirkung (Vertrauenstatbestand, aus dem jedoch kein SEA resultiert)
pro: Rücksichtnahmepflicht des anderen Teils hinsichtlich neuem Willen des Partners
Allgemeine Ehewirkungen: Erwerbstätigkeit, § 1356 II
- Beruf ist dem persönlichen Bereich des einzelnen Ehegatten zugeordnet (nicht dem familiären)
- beide Ehegatten sind berechtigt, erwerbstätig zu sein
- jedoch sind bei der Wahl und Ausübung des Berufs die Belange des Ehegatten und der Familie zu berücksichtigen (Rücksicht!)
- Typen: Alleinverdienerehe, Zuverdienstehe, Doppelverdienerehe
- P: Verpflichtung des Ehepartners, im Betrieb des anderen mitzuarbeiten
- > hM: Bereich der Erwerbstätigkeit ist grds. den Ehepartnern selbst überlassen
- > hM: ausnahmsweise aus § 1360, Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 1356 II 2), eheliche Lebensgemeinschaft (§ 1353 I 2) - eher Eingrenzung auf Notlagen / Existenzbedrohung des Betriebs
Ausgleich für geleistete Mitarbeit
- Aufgrund einer ausdrücklichen Vereinbarung
- Wenn keine ausdrückliche Vereinbarung
- > eA: Zweckverfehlungskondiktion nach § 812 I 2 Alt. 2
- > aA: Vergütungsanspruch aus § 1353 I 2
- > wA: Wegfall der Geschäftsgrundlage (auf Grundlage eines Vertrages sui generis: Kooperationsvertrag)
- > BGH: konkludente Verträge möglich; zwischen Ehegatten stillschweigende Innengesellschaft; bei Beendigung: Auseinandersetzung gem. §§ 730-735
con: § 1360, Unterhaltspflicht
Allgemeine Ehewirkungen: Rechtliche Durchsetzung von Ehepflichten und SEA
- Personale Pflichten aus dem höchstpersonlichen Ehebereich
- > zwar Antrag auf Herstellung des ehelichen Lebens möglich -> keine Vollstreckbarkeit, § 120 III FamG
- > hM: auch kein SEA, um Vollstreckbarkeitsausschluss nicht zu umgehen
- > Beschluss soll nur Appellfunktion haben
pro: Pflichten soll aus “freier sittlicher Gesinnung” gefolgt werden (BGH) - Wirtschaftliche Pflichten aus dem vermögensrechtlichen Ehebereich:
- > Klag- und Vollstreckbarkeit
- > SEA aus §§ 280 I, 1353 I (ggf iVm § 241 II)
- > bspw. Unterhaltspflicht, Mitwirkung an der steuerlichen Veranlagung
- Deliktsrecht:
- > § 823 wegen Verletzung absoluter Rechtspositionen (+), insb. auch Verletzung des Rechts der elterlichen Sorge möglich
- > P: Ehe selbst als von § 823 geschütztes sonstiges Recht?
- -> eA: Recht am ungestörten Fortbestand der ehelichen Gemeinschaft (sowohl ggü anderen Ehegatten als auch Drittem)
pro: Art. 6 I (besonderer staatlicher Schutz der Ehe)
con: Verletzung von § 1353 I (personale Pflichten) soll nicht über § 823 sanktionierbar gemacht werden - -> BGH: Ehe selbst kein Rechtsgut iSd § 823
pro: innerer höchstpersönlicher Lebenbereich
pro: Verschuldensprinzip, das durch Zerrüttungsprinzip abgelöst wurde, würde wieder entscheidungserheblich im Rahmen von § 823
pro: auch Scheidungskosten sind abschließend geregelt, § 150 FamFG - Deliktsrecht: räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe
- > BGH: Ausnahme von der grundsätzlichen Nichtanerkennung der Ehe als geschütztes Rechtsgut (= Bereich, der die äußere sachliche Grundlage für das gemeinsame Ehe- und Familienleben abgibt und zugleich den einzelnen Familienmitgliedern die Entfaltung ihrer Persönlichkeit ermöglichen soll)
- -> § 1004 (+)
- -> auch Vermögensschäden, die in direktem Zusammenhang stehen (bspw. Hotelkosten bei Auszug)
Allgemeine Ehewirkungen: Haftungsmaßstab, § 1359 I
- personeller Anwendungsbereich
- > hM: analog bei neLG
- sachlicher Anwendungbereich
- > jedenfalls §§ 1353, 1357 (Wortlaut)
- > hM Ausdehnung auch auf Fälle des sonstigen Privatlebens (bspw.Freizeitsport)
- Ausnahme: Verkehrsunfälle
pro: Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer (gestörte Gesamtschuld), kein Raum für individuellen Haftungsmaßstab
pro: Haftpflichtversicherung würde dann nicht zahlen - Schutz des § 1359 würde sich ins Gegenteil umkehren
Allgemeine Ehewirkungen: Unterhaltspflicht, § 1360: Familienunterhalt
- Pflicht, die Familie angemessen zu unterhalten, § 1360 S. 1
- geprägt durch starkes persönliches Element
- geschuldet: Erbringung persönlicher Leistungen und Gewährung wirtschaftlicher Mittel
- Haushaltsführung wird als Arbeit iSd Gesetzes angesehen
Allgemeine Ehewirkungen: Art und Umfang des Unterhalts
- Quellen des Unterhalts: Arbeit (einerseits Sorgetätigkeit für Haushalt und Kinder, andererseits Erwirtschaftung wirtschaftlicher Mittel) und Vermögen
- Anteil und Umfang bemisst sich nach dem Verhältnis der Höhe der jeweiligen Einkünfte und dem benötigten Lebensbedarf
- § 1360a I: Ableitung des ehelichen Taschengeldanspruches der Eheleute untereinander
-> bei nur tw. Erwerbstätigen: Anspruch auf 5-7% des Nettoeinkommens der Familie - erst dann aber Anspruch gegen anderen Ehepartner, wenn der Betrag des Taschengeldes den des eigenen Verdienstes übersteigt, zuvor wird Betrag von eigenem Verdienst einfach einbehalten
(relevant vor allem, wenn Gläubiger Zugriff auf TG-Anspruch nehmen wollen)
Allgemeine Ehewirkungen: Geltendmachung des Unterhalts
- Unterhalt = wirtschaftliche Leistung -> Antrag bei FamG auf Leistung, §§ 111 Nr. 8, 231 Nr. 2 FamFG -> vollstreckbar
- Unterhalt = Haushaltsführung -> nicht Gegenstand von Rechtszwang
Allgemeine Ehewirkungen: Ersatzansprüche bei Verletzung oder Tötung eines Ehegatten
1) Verletzung des haushaltführenden Ehegatten, § 842
- Erwerbsschaden
- Anspruch steht Verletztem selbst zu
- Höhe richtet sich nach tatsächlich erbrachten Leistungen (Kosten einer Ersatzkraft/Haushaltshilfe)
2) Tötung des haushaltführenden Ehegatten
- Überlebender hat Anspruch gem. § 844 II
- Höhe richtet sich nach gesetzlich geschuldetem Unterhalt
3) Tötung des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen
- Unterhaltsschaden nach Nettoverdienst zu ermitteln
4) Hinterbliebenengeld, § 844 III
5) § 845 S. 1 (-)
- > nicht “kraft Gesetzes” zu Dienstleistungen verpflichtet, sondern allenfalls durch Vereinbarung im Rahmen des Umfangs der Unterhaltspflicht
Allgemeine Ehewirkungen: Schlüsselgewalt, § 1357: Überblick
- Früher: Schlüsselgewalt der Frau, heute: beide Ehegatten betroffen
- Rechtsnatur:
- > hM: gesetzliche Verpflichtungsermächtigung
- > eA: gesetzliche Stellvertretung
con: keine Offenkundigkeit
con: “Mitverpflichtung” des Vertreters - > aA: Mitverpflichteter wird nicht Vertragspartner, sondern nur kraft Gesetzes akzessorisch zur Zahlung und zur Geltendmachung des Anspruchs berechtigt oder verpflichtet
- keine AGL, sondern Prüfung anstelle der Stellvertretung
- Wirkungen sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis
- > Verpflichtet und berechtigt sind beide Ehegatten unabhängig von der Kenntnis der anderen Partei bezüglich der Ehe
- trotz der Rechtsfolge zu Lasten der Ehegatten ist § 1357 verfassungsgemäß
- > nach § 1357 II abdingbar
Allgemeine Ehewirkungen: Schlüsselgewalt, § 1357: Voraussetzungen
- Wirksame Ehe
- > gilt auch nicht (analog) für neLG - Wirksamer Abschluss eines Rechtsgeschäfts durch den anderen Ehegatten
- Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs, § 1357 I S. 1
= Geschäft, das seiner Art nach der Deckung des Lebensbedarfs dient (enger Bezug zur familiären Konsumgemeinschaft)
a. Geschäft muss der Bedarfsdeckung der Familie dienen (kommt auf Lebensbedürfnisse der Familie an)
b. Angemessenheit (wenn nach Art und Umfang den durchschnittlichen Verbrauchsgewohnheiten von Familien in vergleichbarer sozialer Lage entspricht)
-> maßgeblich sind jedoch die nach außen in Erscheinung getretenen Verhältnisse (BGH) - wer über seine Verhältnisse lebt, muss sich daran festhalten lassen
c. Ausgenommen sind Grundlagengeschäfte der Familie (Hauskaufvertrag, Wohnungsmietvertrag,…) - Keine Umstände, aus denen sich etwas anderes ergibt, § 1357 I S. 2
- > Vertragspartner ggü wird Mitverpflichtung des Ehegatten (ausdrücklich oder konkludent) ausgeschlossen
- > auch als ausdrückliches Vollmachtsgeschäft (aber auch hier wiederum Mitverpflichtung, sofern nicht ausgeschlossen) - Kein Ausschluss der Schlüsselgewalt, § 1357 II
- Kein Getrenntleben (bei Vertragsschluss), § 1357 III
- > bei Dauerschuldverhältnissen: Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich
Allgemeine Ehewirkungen: Schlüsselgewalt, § 1357: Fallgruppen
- ärztliche Behandlung: Mitverpflichtung (jedoch nur soweit als notwendig)
- Kreditgeschäft
- > eA: (+), sofern Verwendungsabsicht für angemessene Deckung des Lebensbedarfs
- > hM: (-)
pro: zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses muss Zuordnung bereits feststehen -> Darlehen kann jedoch für andere Zwecke verwendet werden (wenn nicht Darlehenszweck vertraglich vereinbart)
pro: Bankenpraxis überprüft nur Bonität des jeweiligen Darlehensnehmers - Doppelanschaffungen
- > eA: Gesamtbetrachtung
- > aA: Einzelbetrachtung
pro: beim jeweiligen Vertragsschluss muss feststehen, ob für angemessene Deckung des Lebensbedarfs - Veräußerungsgeschäfte
- > hM: auch hier sind lediglich mittelbare Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs von § 1357 ausgeschlossen
Allgemeine Ehewirkungen: Schlüsselgewalt, § 1357: Wirkung
- Verpflichtungsgeschäfte:
- > beide als Gesamtschuldner, § 421
- > Rechte aus dem Geschäft stehen beiden (hM: § 428)
- > str., ob § 425 und § 351 anwendbar; hM: Gesamtwirkung, dh Eheleute können auch mit Wirkung für den anderen Änderungen der Rechte und Pflichten vornehmen
- Gestaltungsrechte
- > BGH und hM: wenn Grundgeschäft im Anwendungsbereich des § 1357, stehen Gestaltungsrechte beiden zu (§ 1357 analog)
pro: Rechtssicherheit durch Betrachtung der Ehegatten als Vertragseinheit
pro: Spiegelbildlichkeit - > aA: stehen nur dem vertragsschließenden Ehegatten zu
pro: analoge Anwendung ist Übergriff in Privatautonomie des Ehegatten, Art. 2 I GG - Rechtsdurchsetzungshandlungen (Fristsetzung, Mahnung)
- > hM: wirkt ggü beiden Ehegatten, wenn nur ggü einem abgegeben; beide Ehegatten können Erklärungen mit Wirkung für den jeweils anderen abgeben
- Verfügungsgeschäfte:
- > eA: § 1357 I 2 entfaltet auch dingliche Wirkung: Ehegatten erwerben ohne Weiteres Miteigentum zu gleichen Teilen
- > BGH, hLit: (-) -> hängt vom Willen der handelnden Parteien bei Übereignung ab (allerdings sind die Regeln des Erwerbs “für den, den es angeht” zu beachten -> Einzelfallprüfung wichtig)
pro: historischer Wille des Gesetzgebers
pro: Wortlaut legt rein schuldrechtliche Wirkung nahe
pro: idR ist durch Auslegung unabhängig von § 1357 auch die direkte Begründung von Miteigentum zugunsten des anderen Ehegatten möglich
Ehename, § 1355
- gemeinsamer Ehename als Zeichen der Eheleute
- früher: zwingend Ehename der Mannes
- heute: Eheschließende sollen gemeinsamen Ehenamen wählen, müssen aber nicht
- wird kein Ehenamen bestimmt, führen Eheleute ihre jeweiligen Namen weiter, § 1355 I 3 > aber Name gemeinsamer Kinder muss bestimmt werden
- wird Ehename bestimmt -> Name der Frau oder Name des Mannes möglich, § 1355 II -> zu diesem kann dann Ehegatte, dessen Name nicht Ehename wird, einen persönlichen Namenszusatz hinzufügen, § 1355 IV (Doppelname) (maximal zwei Namensbestandteile, § 1355 IV 2)
- nach Scheidung wird Ehename fortgesetzt, kann aber nach den Regeln des § 1355 IV 2 geändert werden
- Schutz über APR