03418 Flashcards
Warum ist Psychologische Diagnostik wichtig?
Psychologische Diagnostik als zentrale Methodenlehre und Querschnittsdisziplin, da sie sich durch alle Grundlagen und Anwendungsfächer zieht
Mit welchen Methoden und bei welchen Fragestellungen werden relevante Daten sachgerecht erhoben, weiterverarbeitet und interpretiert
Garbage in – garbage out / GIGO
Die sachgemäße und valide Feststellung von psychischen Zuständen und Eigenschaften ist eine zentrale Voraussetzung für psychologische Forschung und für die Vorbereitung von praktisch-psychologischen Entscheidungen, d.h. wer Datenmüll erhebt, der wird auch ungültige Ergebnisse erzielen (in der Forschung als auch in der psychologischen Praxis)
Warum Diagnostik - Verminderung von Leiden, Verhinderung finanzieller Verluste und Ressourcenorientierung
- Valide Diagnostik welche Störung vorliegt und Behandlung mit einer passenden, effizienten Methodik
- Fundierte Eignungsdiagnostik zur Auswahl der richtigen Person für eine Besetzung und Vermeidung finanzieller Einbußen durch Fehlbesetzung
- Aufdecken von Ressourcen und Potentialen von Individuen und Gruppen
- Verstärkt ressourcenorientierte Sichtweise durch das Positive Psychology Movement mit Ansätzen zur Diagnostik menschlicher Stärken (z.B. Optimismus, Hoffnung, Selbstwirksamkeit, Mut, Selbstwert, Empathie, Kreativität etc.) (Shane Lopez und C.R. Snyder „Positive Psychological Assessment“, 2003)
- Diagnostische Kompetenzen werden von Psychologen erwartet
Definition Diagnostik Amelang & Schmidt-Atzert, 2006, S. 3
Psychodiagnostik ist eine Methodenlehre im Dienste der Angewandten Psychologie. Soweit Menschen die Merkmalsträger sind, besteht ihre Aufgabe darin, interindividuelle Unterschiede im Verhalten und Erleben sowie intraindividuelle Merkmale und Veränderungen einschließlich ihrer jeweils relevanten Bedingungen so zu erfassen, [dass] hinlänglich präzise Vorhersagen künftigen Verhaltens und Erlebens sowie deren evtl. Veränderungen in definierten Situationen möglich werden
Definition Diagnostik Eid & Petermann, 2006
Die Inhalte und Methoden der Psychologischen Diagnostik beziehen sich auf die regelgeleitete Sammlung und Verarbeitung von gezielt erhobenen Informationen, die für das Verständnis menschlichen Erlebens und Verhaltens bedeutsam sind.
Aus den gewonnenen Informationen sollen Fragestellungen (eines Auftraggebers) bearbeitet und Entscheidungen getroffen werden. Die Prinzipien der Entscheidungsfindung müssen wissenschaftlichen Kriterien entsprechen. Die Schritte der Entscheidungsfindung müssen nachvollziehbar sein und die Schlussfolgerungen ethischen Standards genügen.
Die Fragestellungen der Psychologischen Diagnostik können sich dabei beziehen auf die
- Beschreibung
- Klassifikation,
- Erklärung,
- Vorhersage (Prognose)
- Evaluation von Zuständen und/oder Verläufen
Definition Diagnostik Jäger und Petermann, 1999
Psychologische Diagnostik ist das systematische Sammeln und Aufbereiten von Informationen mit dem Ziel Entscheidungen und daraus resultierende Handlungen zu begründen, zu kontrollieren und zu optimieren. Die Entscheidungen basieren auf einem komplexen Informationsverarbeitungsprozess. In diesem Prozess wird auf Regeln, Anleitungen, Algorithmen usw. zurückgegriffen. Man gewinnt damit psychologisch relevante Charakteristika von Merkmalsträgern und integriert die gegebenen Daten zu einem Urteil (Diagnose, Prognose). Als Merkmalsträger gelten Einzelpersonen, Gruppen, Institutionen, Situationen, Gegenstände etc. .
Definition Diagnostik Krohne & Hock, 2007
Beim psychologischen Diagnostizieren geht es (…) nicht, wie der psychologische Laie vielleicht meinen könnte, um das Erkennen des „Wesens“ eines Menschen, sondern um das Erfüllen eines praktischen (und damit eingegrenzten) Auftrags. Tatsächlich ist Diagnostizieren überhaupt kein Erkenntnisvorgang (im Alltagsverständnis dieses Begriffs), sondern (…) ein Handlungs- und Entscheidungsprozess (…). In einen Entscheidungsprozess mündende Aufträge können etwa darin bestehen, unter mehreren Bewerbern den für eine bestimmte Position geeignetsten herauszufinden, Eltern hinsichtlich des für ihr Kind passenden Schulzweigs zu beraten, gesundheitsrelevante Einstellungen einer Person zu er- heben, um evtl. ein Programm zur Modifikation ungünstiger Einstellungen einzuleiten, oder zu bestimmen, ob bei einem Klienten eine behandlungsbedürftige Ausprägung von Depression vorliegt (…)
Definition Diagnostik Kubinger, 2006
Psychologisches Diagnostizieren ist ein Prozess, der unter Zuhilfenahme verschiedener Verfahren zielgerichtete Informationen über psychische Eigenschaften einer Person gewinnen will. Der Prozess bezieht sich auf
- Klärung der Fragestellung
- Auswahl diagnostischer Verfahren
- Anwendung und Auswertung der Verfahren
- Interpretation und Gutachtenerstellung
- Festsetzen der Intervention
Psychologische Diagnostik ist die wissenschaftliche Disziplin („Lehrfach“), die psychologisches Diagnostizieren für die Praxis vorbereitet
Bestimmungsstücke der Psychologischen Diagnostik
- Die Psychologische Diagnostik ist eine Methodenlehre im Dienste der Angewandten Psychologie.
- Ihr Gegenstand ist die gezielte und regelgeleitete Sammlung und Verarbeitung von Daten, die für die Bearbeitung von Fragestellungen relevant sind. Spezielle diagnostische Verfahren (z.B. Tests, Fragebögen, Interview, Verhaltensbeobachtung), die sowohl empirisch und praktisch bewährt, als auch theoretisch fundiert sein müssen, werden zur Datensammlung eingesetzt. Da nicht nur in der Angewandten Psychologie, sondern auch in der Grundlagenforschung Daten erhoben und verarbeitet werden, ist die Psychologische Diagnostik auch für die Grundlagendisziplinen, insbesondere die Differentielle Psychologie, bedeutsam.
- Zu den grundlegenden Fragestellungen der Diagnostik zählen die Beschreibung, Klassifikation, Vorhersage und Evaluation von Unterschieden zwischen und innerhalb von Personen im Hinblick auf psychische Zustände (z.B. Angst), Eigenschaften (z.B. Intelligenz) und deren Veränderungen sowie damit einhergehender relevanter Bedingungen.
- Psychologische Diagnostik untersucht nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Gruppen, Organisationen, Situationen und andere Merkmalsträger. (keine Gegenstände, Institutionen, Situationen, da das auch einen Ausweitung der Methoden bedeuten würde)
- Psychologische Diagnostik bereitet Entscheidungen (z.B. zur Berufseignung, zur Wirksamkeit von Interventionsprogrammen) nach wissenschaftlichen Kriterien und ethischen Standards vor.
- Psychologisches Diagnostizieren ist ein Prozess, der mehrere Phasen umfasst:
a) Klärung der Fragestellung
b) Auswahl von psychologisch- diagnostischen Verfahren
c) Anwendung
d) Auswertung
e) Interpretation
f) Gutachtenerstellung
g) Interventions- bzw. Maßnahmenvorschlag.
Enge Verbindung zwischen Diagnostik und Intervention
Intervention (enger Begriff): systematische, auf Veränderung abzielende therapeutische oder pädagogische Maßnahme ;
Intervention (erweiterter Begriff): jede Maßnahme ein, die für den Probanden eine Wirkung nach sich zieht, z.B. auch die Entscheidung für eine bestimmte Berufsausbildung oder einen Arbeitsplatz, die jemand aufgrund psychologisch-diagnostischer Beratung trifft
Übergänge sind fließend zw. Diagnostik und Intervention: z.B. kann das Ausfüllen eines Fragebogens durch die Iteminhalte Reflexionen auslösen und in einer anschließenden Therapie oder Maßnahme genutzt werden), besonders auch bei der Selbstbeobachtung z.B. beim Verhaltenstagebuch zur Raucherentwöhnung wirkt sich die Beobachtung auf das Beobachtete aus, d.h. die Beobachtung und Registrierung des eigenen Verhaltens führt häufig schon zu einer Veränderung des Verhaltens
Diagnostische Aufgabenfelder und Fragestellungen
- ABO-Psychologie, z.B. Personalselektion und –entwicklung, POA , Hilfe bei der Berufswahl
- Pädagogische Psychologie , z.B. Eignung für weiterführende Schulen und Studiengänge, Erziehungsprobleme, Leistungsstand messen, Teilleistungsstörungen und Verhaltensprobleme erkennen , Hochbegabtendiagnostik
- Klinische Psychologie, z.B. Diagnose psychischer Störungen (kategoriale Diagnostik), Auswahl und Evaluation von Interventionsmaßnahmen, therapiebegleitende Diagnostik
- Forensische Psychologie, z.B. Glaubwürdigkeitsdiagnostik, Bewährungsprognose, Schuldfähigkeit von Tätern, Sorgerecht, Rückfallprognose bei Straftätern
- Markt- und Werbepsychologie, z.B. Diagnose der „Anmutungsqualität“ eines neuen Artikels
- Ökologische Psychologie, z.B. subjektive Wahrnehmung von Wohn-, Arbeits-, und Schulumwelten
- Verkehrspsychologie, z.B. Erfassung der Fähigkeit zum Führen von Fahrzeugen, Fahreignung nach Entzug der Fahrerlaubnis, Fahreignung von Bus u. Taxifahrern
- Gesundheitspsychologie, Stress- und Krankeitsbewältigung und Prävention.
- Entwicklungsdiagnostik, Gerontopsychologie, Neuropsychologie, Entwicklungsstand feststellen, Leistungsfähigkeit nach Hirnschädigung messen
Zwei grundlegende Arten bzw. Strategien der Diagnostik
Selektionsdiagnostik
Modifikationsdiagnostik
Selektionsdiagnostik
Zielt im Rahmen personal-, organisations-, oder pädagogisch-psychologischer Aufgaben darauf ab, geeignete Personen oder Bedingungen auszuwählen (zu selegieren)
Personalselektion: es sollen geeignete Kandida- tinnen und Kandidaten ermittelt werden, die bestimmten Anforderungen genügen, die z.B. mit einem Arbeitsplatz, einer Schulart oder einem Studienfach verbunden sind. Bei der Personenselektion sind die Anforderungen fixiert und die Personen sozusagen variabel
Bedingungsselektion: Für Personen mit einem bestimmten Fähigkeits- und Merkmalsprofil, das als stabil angenommen wird, sollen geeignete Bedingungen ausgewählt werden, die zu dem jeweils persönlichen Profil passen. So können beispielsweise Empfehlungen für bestimmte Berufe oder geeignete Arbeitsplätze ausgesprochen werden
Basiert hauptsächlich auf dem Eigenschaftsmodell
Normorientierte Statusdiagnostik zur Messung bzw. Schätzung des Ausprägungsgrades von Eigenschaften
Modifikationsdiagnostik
Im Mittelpunkt stehen klinisch-psychologische Fragestellungen. Bei dieser Form der Diagnostik soll ermittelt werden, welche Erlebens- und Verhaltensweisen einer Person verändert (Verhaltensmodifikation) werden sollen oder welche externen Bedingungen verändert (Bedingungsmodifikation) werden müssen, damit ein Problemverhalten reduziert werden kann.
Bezieht sich in erster Linie auf verhaltensdiagnostische Prinzipien
Kriteriumsorientierte Prozessdiagnostik zur Entscheidungs- und Behandlungsoptimierung
Eigenschaftsmodell
Geht davon aus, dass Personen auf bestimmten (eignungsrelevanten) Dimensionen (z.B. Intelligenz, soziale Kompetenz, Gewissenhaftigkeit) verglichen werden können. Individuelle Ausprägungen einer Eigenschaft werden zu den Ausprägungen einer Normstichprobe in Beziehung gesetzt und es kann abgeschätzt werden, ob die Person unter-, über-, oder durchschnittliche Werte auf der interessierenden Dimension aufweist. Wegen der relativen zeitlichen Stabilität und transsituativen Konsistenz von Eigenschaften sind Prognosen möglich
( siehe Big Five Modell der Persönlichkeit, Konzept der Allgemeinen Intelligenz, gesichert durch zahlreiche Forschungsarbeiten und in Metaanalysen zusammengefasst)
Modellannahmen der Verhaltensdiagnostik
Die wesentlichen Modellannahmen der Verhaltensdiagnostik besagen, dass Verhalten erlernt ist, von Situation zu Situation variiert und sich prinzipiell verändern lässt. Eine zentrale diagnostische Frage ist es zu identifizieren, welche situativen Bedingungen ein Verhalten auslösen und aufrechterhalten